Madden NFL 0617.09.2005, Mathias Oertel
Madden NFL 06

Im Test:

Ein neues Jahr, ein neues Madden Football von Electronic Arts. Und doch schafft es das Tiburon-Studio immer wieder aufs Neue, dem Spiel neue Reize abzugewinnen und neue Features hinzuzufügen. Auch mit der Ausgabe "06"? Der Test klärt auf.

Erfolgsrezept?

Im nunmehr 16. Jahr schickt Electronic Arts den American Football-Platzhirsch Madden NFL ins Rennen – und doch ist dieses Jahr einiges anders: Denn mit Madden NFL 06 (ab 29,90€ bei kaufen) wartet der einzige Genre-Vertreter dieses Jahres, der über die offiziellen Lizenzen verfügt - und abgesehen von Midways Blitz: The League der einzige ernst zu nehmende American Football-Titel überhaupt.

EA hat dieses Jahr vor allem die Offensiv-Strukturen überarbeitet.
Dementsprechend stellt sich natürlich die Frage, inwieweit sich EA auf die Lizenz alleine verlässt oder ob die Tiburon Studios auch dieses Jahr wieder mit zahlreichen Verbesserungen dafür sorgen, dass sich Fans der Sportart nicht an dem Titel vorbei mogeln können. 

An den Grundlagen hat sich wenig geändert. Wieso auch? Die übersichtliche Spielzugauswahl, das intelligente Verhalten der Spieler sowohl des eigenen als auch des gegnerischen Teams sowie die generelle Spielbarkeit befinden sich seit Jahren auf einem überdurchschnittlichen Niveau.

Und natürlich hat es sich das Tiburon Studio nicht nehmen lassen, auch dieses Jahr wieder einige Neuerungen einzubauen, die die gegenwärtige Ausgabe zum besten American Football-Titel dieses Jahres machen dürften – dazu gleich mehr.

Aber man muss auch sagen, dass die Änderungen Marke "06" bei weitem nicht mehr so deutliche Fortschritte bringen, wie es in den letzten Jahren z.B. mit der verbesserten Defense inkl. Hit Stick, den jeweils stark verbesserten Franchise-Modi, Trainingsmöglichkeiten usw. der Fall war.

Versteht mich nicht falsch: Auch für das vermutlich letzte Madden der gegenwärtigen Konsolengeneration hat man sich einige schöne neue Features einfallen lassen – doch die Durchschlagskraft und die Auswirkungen auf das Spielgefühl haben etwas an Wirkung verloren. 

Verstärkte Offense

Hat man sich letztes Jahr hauptsächlich auf die Verteidigungsreihen gestürzt und dem Spieler zahlreiche Möglichkeiten an die Hand gegeben, um die gegnerische Offense in den Wahnsinn zu treiben, findet mit Madden NFL 06 die Rache der Offensiv-Abteilung statt.

Optisch ist Madden NFL 06 gewohnt gut bis sehr gut, ohne jedoch große Fortschritte zu machen.
Vor allem das Pass-Spiel wurde mit den beiden Features "Quarterback Vision Control" und "Precision Passing" einer kompletten Überarbeitung unterzogen.

Das bedeutet zum einen, dass jeder Quarterback einen Sichtkegel besitzt, dessen Größe abhängig von seinen Eigenschafts-Werten ist, und in dem ihr zielgenau werfen könnt.

Natürlich könnt ihr nach einem Snap auf verschiedene Receiver umschalten oder auch manuell den Kegel bewegen, um einen freien Pass-Empfänger zu finden.

Habt ihr einen Receiver erspäht, kommt das Präzisions-Passen ins Spiel: Mit Hilfe des linken Sticks könnt ihr die Pässe höher oder flacher, länger oder kürzer spielen – gerade so, wie es die Spielsituation erfordert.

Zusätzlich haben die Ballträger mit dem Truck Stick ihr Gegenstück zum letztjährigen Hit Stick der Verteidigung erhalten und können versuchen, mit einem kleinen Tick nach vorne auf dem rechten Stick durch die Defense zu walzen. 

Die verbesserten Offensiv-Möglichkeiten haben aber ihren Preis: Selbst eingesessene Madden-Profis werden ein Weilchen benötigen, bis sie die sich anbietenden Möglichkeiten vollkommen verinnerlicht und schätzen gelernt haben. Und das bedeutet wiederum für Neueinsteiger, dass die Lernkurve extrem steil ist und die Frustgrenze dementsprechend schnell erreicht sein könnte. In diesem Fall empfehlen wir die Vorgänger-Version. Außerdem ist der gesamte Vorgang des Precision Passing vergleichsweise zeitaufwändig. Und vor allem auf höheren Schwierigkeitsgraden ist die Zeit, bis sechs Verteidiger euren Quarterback in Bedrängnis bringen, äußerst knapp bemessen.

Die PC-Version lässt sich zwar auch mit Tastatur steuern, doch ein Pad mit zwei Analog-Sticks und mind. acht Knöpfen ist sinnvoll. 
Madden sucht den Superstar

Neben minimalen Verfeinerungen am nach wie vor ausgezeichneten Franchise-Modus, der euch mit lang anhaltender Motivation und umfangreichen Statistiken verwöhnt, ist für Einzelspieler vor allem der neue Superstar-Modus interessant.

Hier sucht ihr euch für euer Football spielendes Alter Ego ein Elternpaar aus, nach dem sich eure Intelligenz und grundlegende Spielveranlagung hinsichtlich der Position richtet und versucht, zum absoluten Superstar aufzusteigen – sowohl auf als auch abseits des Spielfeldes.

Angereichert mit zahlreichen kleinen Mini-Games, von denen die meisten neuen allerdings erst nach ca. sechs bis acht Stunden freigegeben werden, haufenweise Ereignissen und den obligatorischen Trainings- und Matcheinheiten wird hier eine nette Alternative zum Franchise-Stress geschaffen, die nicht nur die Spielzeit nach oben schraubt, sondern sich auch positiv auf die Gesamtmotivation auswirkt.

Grafik-Update?

Auch wenn auf der Packung verbesserte Grafik propagiert wird, ist die Technik der Bereich, mit dem die Entwickler scheinbar die wenigste Zeit verbracht haben. Denn abgesehen von neuen Kameraperspektiven hat sich wenig an der Kulisse getan. Haben die letzten Jahre jeweils einen ganzen Haufen neuer Animationen eingeführt, muss man Anno 2005 schon gewaltig aufpassen, um eine der neuen Bewegungen zu erhaschen.

Auch dieses Jahr führt kein Weg an EAs "Schweine-Leder"-Umsetzung vorbei - nicht nur wegen der Exklusiv-Lizenz!
Doch abgesehen davon liefert die Engine auf allen Systemen eine gewohnt gute Leistung ab: Die Figuren bewegen sich äußerst geschmeidig und zusammen mit den englischen (zumeist passenden) Kommentaren und der leicht verbesserten TV-Präsentation finden sowohl alte als auch neue Madden-Fans schnell eine adäquate Umsetzung des amerikanischen Volkssports.

Unterschiede

Wie gehabt, unterscheiden sich PC- und Konsolen-Varianten in einigen kleinen, in mancher Hinsicht aber nicht unwesentlichen Punkten.

Vorausgesetzt, ihr spielt mit einem Pad, das über zehn Knöpfe und zwei Analog-Sticks verfügt, steuert sich die PC-Version identisch zu den Konsolen-Brüdern. Allerdings müsst ihr nach wie vor am Rechenknecht auf die Madden Cards verzichten. Dafür allerdings ist der PC die einzige Plattform, die Online-Spiele ermöglicht.

Wie? EA hat quasi das Football-Monopol in diesem Jahr und bietet auf Konsolen keinen Online-Modus an? Leider ja, weswegen den TV-Multiplayer-Duellen (so sehr sie auch Spaß machen) der Award versagt bleibt.  

Fazit

Ist Madden NFL 06 das beste derzeit am Markt erhältliche American Football-Spiel? Zweifellos! Und damit hat man sich auch dieses Jahr wieder den Award verdient! Doch angesichts der Lizenz-Exklusivität scheint man sich auf den in den letzten 15 Jahren wohl verdienten Lorbeeren etwas auszuruhen. Denn wenn man bedenkt, dass die aktuelle Ausgabe der langlebigen Sportspiel-Serie vermutlich die letzte Inkarnation auf gegenwärtigen Konsolen darstellt, sind die Änderungen bei weitem nicht so tief greifend wie in vergangenen Jahren. Ja: das Offensiv-Spiel gewinnt durch das Precision Passing genau so stark an Reiz wie durch die Truck Stick Control (das Gegenstück zum Hit Stick des letzten Jahres). Und ebenso ja: der nochmals erweiterte Franchise-Modus sorgt zusammen mit dem interessanten Superstar-Modus für extreme Langzeit-Motivation unter Einzelspielern. Doch das in Deutschland immer noch fehlende Online-Spiel sowie das Gefühl, das die Fortschritte insgesamt bei weitem nicht mehr so deutlich zu spüren sind wie in den letzten Jahren, hinterlässt leichte Sorgenfalten. Vielleicht war es doch nicht so gut, den ehemaligen Mitbewerbern das Wasser in Form von offiziellen Lizenzen abzugraben. Denn wie man weiß, belebt Konkurrenz das Geschäft und spornt zu neuen Höchstleistungen an. Und ohne den bedrängenden Hauch eines NFL-Spieles von Visual Concepts (ESPN NFL-Serie) im Nacken macht Tiburon nicht mehr als nötig, um dem Update-Gespenst zu entgehen - ohne jedoch wie in den letzten Jahren über sich hinauszuwachsen.

Pro

offizielle Lizenz
gewohnt gute Steuerung
umfangreicher Franchise-Modus
gelungener Superstar-Modus
verbesserte Offensiv-Möglichkeiten
gute KI
umfangreiche Statistiken
motivierende Mini-Games
haufenweise Madden-Cards

Kontra

kaum neue Animationen
Precision Passing sehr zeitaufwändig
kein Online-Spiel (Konsolen)
keine Madden Cards (PC)
kein Spiel für Neueinsteiger

Wertung

PlayStation2

XBox

PC

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