Nexuiz29.03.2012, Jens Bischoff
Nexuiz

Im Test:

Wo heute Battlefield und Call of Duty um die Gunst der Shooter-Fans buhlen, standen sich früher Quake und Unreal Tournament gegenüber. In dieser Zeit wurde auch der Grundstein für die Freeware-Ballerei Nexuiz (ab 0,30€ bei kaufen) gelegt, dessen kommerzielle Neuauflage mittlerweile Xbox Live Arcade unsicher macht. Doch ist die ihr Geld auch wert?

Hohle Fassade

Der größte Unterschied zum Original ist wohl der von der Cry Engine 3 angetriebene Grafikmotor. Die Begeisterung darüber bleibt jedoch aus. Dazu wirken sowohl Level- als auch Artdesign genauso wie Effekte, Animationen und Texturen einfach viel zu grob und generisch. Auch das nur knapp umrissene Szenario zweier sich in sportlichen Wettkampfübertragungen bekriegender Fraktionen, entlockt einem Unreal Tournament-Veteranen nur ein gelangweiltes Gähnen. Weitere Handlungsfetzen oder gar eine Kampagne gibt es genauso wenig wie spielerische Einführungen, einen Charakter-Editor oder lokale Mehrspielerfunktionen.

Nexuiz ist voll und ganz auf schnelle und schnörkellose Online-Gefechte für Team Deathmatch- und Capture the Flag-Fans getrimmt. Lediglich einsame Bot-Duelle sind auch abseits der schwach frequentierten Server möglich, die ausschließlich Partien mit exakt sechs oder acht Teilnehmern zulassen. Zu zweit, dritt, viert, fünft oder siebt lässt sich eine Begegnung gar nicht erst starten. Alternativer oder vorübergehender Bot-Ersatz ist ebenfalls tabu - und das selbst dann, wenn Spieler während einer laufenden Partie aussteigen und für akutes Ungleichgewicht sorgen. Nachträgliche Teamanpassungen oder Spieleinstiege kennen die Entwickler übrigens auch nicht...

Zwischen Frust und Langeweile

Ein Blick zurück

Die Entwicklung von Nexuiz begann als Quake-Mod im Sommer 2001. Vier Jahre später erfolgte die kostenlose Veröffentlichung, die weitere drei Jahre mit mehreren Versionsupdates versorgt wurde. 2010 erwarb Illfonic die Rechte an Nexuiz, um eine kommerzielle Neuauflage auf Basis der Cry Engine 3 zu schaffen, woraufhin die verärgerte Nexuiz-Community mit Projekt Xonotic ihren eigenen Nachfolger ins Leben rief. Hat man Pech, verschwindet gar der Host und das Spiel sucht sich tot oder friert die Konsole ein. Das letzte Update hat die Absturzanfälligkeit zwar verringert, aber der Netzcode ist teils noch immer ein Graus. Vor allem das Matchmaking ist abseits privater Partien eine Katastrophe. Die Zuteilung erfolgt völlig willkürlich ohne jede Auswahlmöglichkeit und lässt sich auch vorab einzig kartenspezifisch filtern. Mittlerweile regt man sich darüber aber eh nicht mehr auf, da man schon froh sein muss, überhaupt Mitspieler zu finden.

Den meisten wird es wohl einfach zu langweilig gewesen sein, sich immer wieder in zwei popeligen 08/15-Spielmodi auf den immer gleichen neun Karten zu bekriegen. Trotz teils durchaus brauchbarer Levelarchitektur inklusive mehrstöckiger Gebäude, Sprungfedern und Teleporter, sind Team Deathmatch und Capture the Flag einfach zu wenig, um langfristig bei Laune zu halten. Auch die gerade mal neun verfügbaren Schusswaffen sind alles andere als interessant, ihre sekundären Feuerfunktionen meist völlig unspektakulär.

Interessante Bonuslotterie

Dieser Screenshot stammt aus dem Original-Nexuiz von 2005.
Dieser Screenshot zeigt das Original-Nexuiz aus dem Jahr 2005.
Lediglich die über 70 verschiedenen Mutatoren, mit denen man vorübergehende Vor- oder Nachteile für sich, sein Team, den Gegner oder alle Beteiligten aktivieren kann, machen neugierig. Da gibt es Klassiker wie temporäre Schutzschilde, Geschwindigkeitsschübe oder Schadensmultiplikatoren, fiese Fallen wie explosive Spieler, Leichen oder Flaggen, nette Überraschungen wie Bildstörungen, Kamerawechsel oder Tonausfälle, aber auch Kurioses wie kollektiven Dauerhüpfzwang, pixeliger Retro-Anstrich oder Amok laufende Entwickler.

Taktikern sind die durch Fahneneroberungen, Killserien oder Pick-Ups zufällig offerierten Spielbeeinflussungen aber wohl eher ein Dorn im Auge, auch wenn man die Wahrscheinlichkeit bestimmte Mutatoren häufiger zu erhalten, mit mühsam verdienten Karrierepunkten schrittweise steigern kann. Auch Medaillen und Auszeichnungen kann man sich beim Erklimmen der Online-Ranglisten verdienen. Clanfunktionen gibt es hingegen keine und auch optische Charakteranpassungen fehlen leider gänzlich.

Fazit

Illfonics Neuauflage von Nexuiz entpuppt sich als reichlich altbackener und unspektakulärer Online-Arena-Shooter, den man nicht nur aufgrund der schon jetzt völlig verwaisten Server kaum jemandem ernsthaft empfehlen kann. Auch technisch und inhaltlich wird einfach viel zu wenig geboten: Neun Waffen, neun Karten, zwei Spielmodi - und nichts davon besonders interessant. Hinzu kommen fehlende Individualisierungen, Balanceprobleme sowie ein völlig misslungenes Matchmaking. Den einzigen Lichtblick stellen die zufällig angebotenen Mutatoren dar, mit denen man das Spielgeschehen auf sehr unterschiedliche Weise beeinflussen kann. Wer auf schnelle, unkomplizierte Balleraction mit hohem Glücksfaktor steht und regelmäßig genug Gleichgesinnte zur Hand hat, kann einen Blick riskieren. Mit dem wesentlich umfangreicheren Original oder dem Xonotic getauften Nachfolgeprojekt dürfte man jedoch weit mehr Spaß haben - und das sogar für lau.

Wertung

360

Chaotische Online-Ballerei, der es an Inhalt, Feinschliff und Spielern mangelt.

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