Test: Pro Evolution Soccer Management (Sport)

von Jörg Luibl



Pro Evolution Soccer Management
Entwickler:
Publisher: Konami
Release:
21.03.2006
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ab 11,47€
Spielinfo Bilder Videos
Als Fußball-Fan hat man es derzeit schwer: Echtes WM-Fieber will nicht aufkommen, Bestechungsvorwürfe machen die Runde und in der Bundesliga stolpert ein Bayern-Verfolger nach dem anderen. Die Meisterschaft? Langweilig. Die Champions League? Ohne deutsche Beteiligung. Wenn ihr trotzdem Adrenalin und Spannung sucht, könnte Konamis erster Abstecher in die Managerwelt helfen.

Fiktive Fußballfreude

Der Druck der Bayern kann gewaltig sein - vor allem in der eigenen Arena. Aber irgendwann tut sich eine Lücke auf. Und dann kann die Schadenfreude umso schöner sein: Deisler dribbelt sich in der 88. Minute durch die Mitte und bleibt hängen - ha! Denn jetzt leitet Kehl den Tempogegenzug ein und bedient Rosicky am rechten Flügel. Der Tscheche lässt Lucio alt aussehen und schlenzt den Ball so früh in den Strafraum, dass Koller ihn mit der Brust annehmen kann - kurze Drehung, Dropkick, Tor!

Zu Beginn könnt ihr euch eine Sekretärin aussuchen, die euch in Monatsberichten auf dem Laufenden hält und an Vertragszeiten erinnert.
Wunderbar: Platz 1 in der Liga, zufriedene Fans und die Aussicht auf eine erfolgreiche Saison. Was in der westfälischen Realität ein Wunschtraum bleibt, kann auf der PlayStation 2 möglich sein. Konami serviert euch mit Pro Evolution Soccer Management (PESM) die Trainervariante des international gefeierten Fußballspiels Pro Evolution Soccer 5 (PES5). Können die Japaner die Faszination des aktiven Kicks in das passive Erlebnis eines Team-Managers übertragen? Ja, aber nur teilweise: nicht immer so perfekt wie im hauseigenen Vorbild und mit einigen atmosphärischen Abstrichen.

Ursache & Wirkung

Das Gute ist: Alles beruht auf Ursache und Wirkung, alles ist nachvollziehbar. Dass der BVB die Bayern in deren Stadion auskontern kann, liegt an zwei Wochen hartem Training: Die Viererkette um Wörns und Metzelder musste die ganz tiefe Stellung einstudieren, zwei defensive Mittelfeldspieler mit gutem Pass-Spiel mussten lange Bälle trainieren und vorne wurden Koller und Buckley auf Schnelligkeit und den frühen Abschluss getrimmt. Außerdem hat das Krafttraining dafür gesorgt, dass das Team noch in der zweiten Halbzeit Pressing spielen konnte.

Die Taktik ging auf, weil die Vorbereitung gut war. PESM verlangt von euch, sich effektiv im Wochenrhythmus auf den nächsten Gegner einzustellen: Im Westfalenstadion erwartet der BVB bald den HSV. Das ist ein ganz anderes Spiel, ein ganz anderer Gegner. Erstens sollte man zuhause offensiver eingestellt sein, zweitens haben die Hamburger andere Schlüsselspieler, auf die ihr wiederum Training und Taktik abstimmen könnt. Kurzum: Die Spieltiefe gesichert. Was wiederum kein Wunder ist, denn hinter den Berechnungsroutinen steckt Akiyoshi Chosokabe, der schon im PES5-Team Erfahrung sammeln konnte.

Effektives Training

Das Trainingsprinzip ist einfach und ähnelt dem von Fight Night: Die Fähigkeiten, die eingeübt werden, werden auch verbessert; die anderen werden verschlechtert. Sprich: Wenn ihr nie Kurzpässe einstudiert, wird jeder Profi darin Prozentpunkte verlieren. Wenn ihr nie Kraft trainiert, werden eure Jungs immer in der zweiten Halbzeit schlapp machen. Das kann über eine Saison gerechnet fatale Folgen haben. Ihr müsst also das Team auf der einen Seite speziell auf den nächsten Gegner ausrichten (spielt er Vorchecking, bieten sich sichere Kurzpässe an), aber auf der anderen Seite die Balance auf lange Sicht wahren. Natürlich kann man auch andere Formationen vernachlässigen: Wer immer mit Viererkette spielt, wird seine Verteidiger darin zur Perfektion treiben können, aber beim verletzungsbedingten Wechsel auf 3-5-2 Probleme bekommen.

Euer Präsident setzt große Hoffnungen in euch. Falls ihr Punkte sammelt, kann er euch mit Investitionen in ein Trainingslager etc. unter die Arme greifen.
Wer als Manager Erfolge feiert, gewinnt nicht nur Ruhm, sondern auch wertvolle Fähigkeiten, die sich direkt auf die Ausbildung der Mannschaft auswirken: Ihr könnt die Intensität der Trainingseinheiten erhöhen oder gleich mehreren Spielmachern Pass- und Laufstrategien zuordnen. Gerade diese Gruppentaktiken, die von einer Schlüsselfigur ausgehen, können eine Partie entscheidend beeinflussen. Zu Beginn habt ihr nur einen Regisseur. Sobald er in Ballbesitz kommt, legt ihr einzeln fest, was die Mitspieler um ihn herum tun: Spiel über Außen? Zurückfallen lassen? Spiel auseinander ziehen? Zum Kopfball in die Mitte preschen? Oder freie Räum nutzen? Abseits dieser Gruppendynamik lassen sich auch einzelne Verhaltensweisen bis ins Detail festlegen: Ricken soll keine langen Pässe mehr schlagen? Oder aggressiv in die Zweikämpfe gehen? Alles kein Problem.

Ihr habt je nach Spielertyp und Kader sehr viel Einfluss auf die Spielkultur. Und das Schöne ist: Schaut man sich eine Partie an, kann man die Wirkung sofort beobachten. Präsentiert werden die Spiele über die PES5-Engine. Und die inszeniert ansehnlichen und überaus variantenreichen Fußball: gerade hinsichtlich der Darstellung von Dribblings, Direktschüssen oder Kopfbällen. Es gibt quasi keine Wiederholungen sondern denselben unberechenbaren Spielverlauf wie im großen Vorbild, so dass das Zuschauen selbst nach einer Saison sehr unterhaltsam bleibt - ein großer Pluspunkt. Allerdings haben wir auch einige Situationen beobachtet, in denen der Ball führende Spieler plötzlich wie fremd gesteuert Richtung Außenlinie dribbelt und ohne Not ins Aus läuft. Das sind kleine Patzer die genau so ins Auge fallen wie die seltsamen Grafikfehler im Schulterbereich: hier sieht man ab und zu einfach Löcher ohne Textur.
        
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Kommentare

johndoe-freename-2320 schrieb am
Mein respekt gebührt euch für diesen test.
Ich hab das spiel und bin begeistert von der "sportlichen" tiefe,die einem bei diesem spiel geboten wird.Ebenso enttäuscht bin ich über das fehlen der wirtschaftlichen komponente.Da es jedoch der erste versuch von konami ist winning eleven tactics nach europa zu bringen, bin ich zuversichtlich, dass sich das spiel schnell weiterentwickeln wird.
Vorraussetzung sind natürlich gute absatzzahlen.
Überrascht bin ich über eure fussballerischen kenntnisse :-)
78% ist genau die richtige bewertung.Andere tester haben zum teil nur 60% gegeben, wenn ich mich nicht irre.
schrieb am