Torino 200618.02.2006, Mathias Oertel
Torino 2006

Im Test:

Spätestens seit Winter Games auf dem altehrwürdigen C64 haben Spiele Hochkonjunktur, die sich als thematisch sortierte Sammlung diverser Sportarten präsentieren. Passend zum derzeit stattfindenden olympischen Kräftemessen kommt von 2K Sports das Spiel zu den Spielen. Kann sich Torino 2006 (ab 21,31€ bei kaufen) auf dem Treppchen platzieren?

Edelmetall oder Blech?

Ob allein oder mit maximal bis zu vier menschlichen Teilnehmern, die per Hot Seat nacheinander antreten dürfen – Torino 2006 soll Spaß auf breiter Front bieten.

Das olympische Symbol zieht sich durch das gesamte Spiel - leider fehlt aber jegliche Olympia-Atmosphäre...
Doch auch nach einigen Stunden und diversen Mini-Wettbewerben immer wieder das gleiche Bild: Der absolute Funke will weder in den Mehrspieler-Partien und noch weniger im drögen Solo-Betrieb einfach nicht überspringen.

Dass einzeln recht schnell die Luft aus den 15 Disziplinen raus ist und man diesen Modus eher zu Trainingszwecken nutzt, lässt sich bei Spielen dieser Art ja sogar noch verschmerzen.

Doch dass auch mit mehreren Joypad- bzw. Keyboard-Athleten das Ende der Spielspaß-Fahnenstange dermaßen schnell erreicht ist, scheint dem olympischen Gedanken, den das Spiel zumindest vom Titel her suggeriert, überhaupt nicht zu entsprechen.

Angezogene Spielspaßbremse

Versteht mich nicht falsch. Hat man vier Sportbegeisterte zusammen und macht sich auf Medaillen- bzw. Punktejagd setzt schnell das aus vergleichbaren Spielen bekannte Prinzip ein: Man pusht sich und die Gegner zu neuen Höchstleistungen und wird stets aufs Neue angespornt, den Gegner im nächsten Versuch in Grund und Boden zu fahren…

Doch gleichzeitig stolpert man immer wieder über Punkte, die traurig aufzeigen, wie viel mehr möglich gewesen wäre.  Denn auch wenn sich 15 Events z.B. nach einer stattlichen Anzahl anhören, bleibt unter dem Strich weitaus weniger Variation übrig als erwartet. Denn mit Ski Alpin (vier Events), Eisschnelllauf (drei Events), dem mit insgesamt drei Events

Auch wenn zwei Läufer zu sehen sind: Simultane Vergleiche menschlicher Spieler per z.B. Splitscreen oder LAN fehlen völlig!
befahrenen Eiskanal Langlauf sowie Ski-Langlauf und Skispringen, die auch im Biathlon bzw. in der Nordischen Kombination Einzug halten, relativiert man die anfänglich akzeptable Zahl auf gerade mal fünf Disziplinen – fünfeinhalb, wenn man das Schießen beim Biathlon getrennt zählt.

Zusätzlich gibt es selbst bei Disziplinen, in denen ihr gegen einen CPU-Gegner antretet wie z.B. dem Eisschnelllauf, keine Möglichkeit zum direkten Vergleich im Splitscreen – auch hier ist Warten angesagt. Dementsprechend gibt es bei der PC-Version auch keinerlei Möglichkeit zu LAN- oder gar Online-Duellen.

Und als ob das nicht reichen würde, bieten die Variationen der einzelnen Events kaum Abwechslung – mit Ausnahme der alpinen Ski-Disziplinen, die durch die Bank Spaß machen.        

Aber wieso muss man beim 1500 Meter-Eisschnellauf haargenau die gleiche Spielmechanik zum Einsatz kommen lassen wie beim Gegenstück über 500 Meter, wenn kleine Abweichungen umgehend für Abwechslung und möglicherweise sogar für eine minimale Taktik-Komponente gesorgt hätten?

Die alpinen Ski-Disziplinen gehören zu den Highlights.
So bleibt der Eindruck, dass Torino rechtzeitig zu den Spielen fertig werden musste – koste es, was es wolle…

Da hilft auch nicht, dass es dem Team von 49 Games gelungen ist, für jede Disziplin durchaus interessante Kontroll-Mechanismen zu entwickeln, die mit ganz wenigen Ausnahmen nichts mehr mit purem Button-Mashen zu tun haben, sondern Timing und Können verlangen.

Allerdings nicht zu viel Können, da sich das Spiel auch an Einsteiger richtet und die Steuerung dementsprechend vereinfacht wurde. Das fällt vor allem bei den Parade-Disziplinen von 49 Games, den bereits als Solo-Spielen veröffentlichten Skispringen und Ski Alpin auf.

Übrigens hat man im Rahmen der Motivation in den unteren Schwierigkeitsgraden auf Disqualifikationen usw. verzichtet. So bekommt man z.B. beim Auslassen eines Tores im Slalom eine kleine Zeitstrafe, anstatt aus dem laufenden Wettbewerb geworfen zu werden.

Atmosphäre Fehlanzeige

Dass die Langzeitmotivation nach wenigen Sessions deutlich abnimmt, liegt aber nicht nur an den Spielmechaniken. Auch die Präsentation ist weit davon entfernt, sich olympiareif zu zeigen. Wenn man bedenkt, dass selbst C64-Spiele wie Winter Games von Epyx mit Hymnen sowie Eröffnungs- und Schlussfeier protzen konnten, sind die Siegerehrungen der olympischen Software staubtrocken: Der Erstplatzierte springt verhalten jubelnd auf dem Podium auf und ab, die anderen zwei schauen enttäuscht aus der Wäsche. Keine Musik, keine Stimmung und nur jubelndes Zuschauerrauschen im Hintergrund.

Beim Bobfahren stimmt vor allem eines: die Geschwindigkeit!
Da fühle ich mich nicht wie ein Olympionike. Die bereits angesprochenen Eröffnungsfeierlichkeiten sucht man ebenfalls vergeblich – einzig eine nette Kamerafahrt vor jeder Disziplin stimmt auf den Wettbewerb ein.

Technisch ok

Lässt man mal die grob aufpixelnden Bäume außer Acht, die sich ab und an unschön ins Bild mogeln, kann sich Torino 2006 durchaus sehen lassen. Zwar ist man weit davon entfernt, irgendwelche Referenzen auch nur ansatzweise ins Wanken zu bringen, doch die Animationen gehen in Ordnung, die Texturen passen und die Umgebungen sind weitestgehend stimmig. Zudem stimmt das Geschwindigkeitsgefühl, wenn es darauf ankommt: beim Skifahren sowie im Bob und beim Rodeln.

An den unfreiwillig komischen Kommentaren hingegen hat man sich schnell satt gehört. Die Sprecher nehmen teilweise nicht nur falschen Bezug auf die Geschehnisse, sondern widersprechen sich dabei sogar noch. Dadurch erinnern die beiden eher an Statler und Waldorf aus der Muppet Show als an seriöse Kommentatoren.     

Fazit

Zwar kredenzt uns 2K Sports hier das offizielle Spiel zu den diesjährigen Winterspielen, doch abgesehen von dem olympischen Symbol hier und da lässt Torino 2006 sämtliche Atmosphäre vermissen, die man mit dem internationalen Kräftemessen verbindet. Unspektakuläre Medaillenvergaben, keinerlei Eröffnungs- oder Abschlussfeiern lassen wehmütige Erinnerungen an C64-Zeiten wach werden, in denen Winter Games-User mit Hymnen, fliegenden Tauben usw. verwöhnt wurden. Abgesehen davon liefert das Team von 49 Games saubere Auftragsarbeit ab, die jedoch in keinem Punkt wirklich herausragend ist. Hinter 15 Disziplinen verbergen sich im Kern nur fünf, deren Steuerung jedoch im Großen und Ganzen gelungen ist. Sowieso dürfte das Spiel zu den Spielen nur die Multiplayer-Fraktion interessieren, da man alleine sehr schnell ans Spielspaßlimit im unteren Drehzahlbereich stößt. Doch selbst in Maximalbesetzung zu viert hält sich der Spaß in überschaubaren Grenzen, da die Wettbewerbe auf Dauer zu wenig Abwechslung bieten.

Pro

stimmige Grafik
per Hotseat für bis zu vier Spieler
15 Wettbewerbe
einfache Steuerung

Kontra

keine olympische Atmosphäre
kein Online-Spiel
Disziplinen mit stark wechselndem Spaßfaktor
im Kern nur fünf Disziplinen mit Variationen
schnell nervender Kommentar
keine Splitscreen-Vergleiche
keine LAN-Duelle (PC)

Wertung

XBox

PC

PlayStation2

Im Ansatz gut, doch bar jeglicher Atmosphäre wird viel Potenzial verschenkt!

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