Lost Planet: Extreme Condition09.01.2007, Jörg Luibl
Lost Planet: Extreme Condition

Im Test:

Auf der Xbox 360 und dem PC ließ euch Capcom Anfang 2007 im Angesicht von Tiefschnee und Kältetod ums Überleben kämpfen. Der eisige Trip eroberte unseren Gold-Award und erscheint nach einem Jahr endlich auch für PlayStation 3. Können die Japaner die fortgeschrittene Technik ausnutzen und die Kulisse ähnlich wie auf dem PC noch aufbohren? Hat man die Ki verbessert? Gibt es zusätzliche Elemente?

Tiefkühlhölle XXL

Komm zur Sache, Baby! Quassel nicht so lange um den heißen Brei herum! Mach endlich Butter bei die Fische! Es gibt

Die PC-Fassung liegt grafisch nicht nur auf par mit der Xbox 360, sondern ist etwas detailreicher: Die Einschusslöcher der Gatling Gun simulieren die Tiefe besser als auf der Konsole, die Schatten des Helden sind weicher. Leider kann die PS3-Fassung da nicht mithalten - sie ist sogar technisch schwächer als die 360-Fassung.
Menschen, Bücher und Filme, die verdammt lange brauchen, um so etwas wie Interesse oder gar Neugier zu wecken. Auch Spiele können Labertaschen sein, die erst spät in die Gänge kommen und sich irgendwann vielleicht zu einem ersten Höhepunkt erbarmen, bevor sie im Finale der letzten Stunde den Bildschirm ganz leicht erzittern lassen. Lost Planet gibt gleich Vollgas und fängt mit einem Erdbeben an. Da zittert es nicht irgendwann leicht, da kracht es gleich ganz gewaltig.

Es gibt keine langatmigen Schießübungen, keine ausufernden Einweisungen, es geht sofort rein in die Tiefkühlhölle mit Monstern der Größe XXL. Kaum hat euch das Intro darüber aufgeklärt, dass ihr euch auf einem lebensfeindlichen Eisplaneten namens E.D.N. 3 befindet, schrillen schon die Alarmsirenen und ihr hastet mit ein paar schwer bewaffneten Kameraden durch futuristisch anmutende Gänge. Die düsteren Atemmasken, die leuchtenden Kampfanzüge, die rot strahlenden Sichtgeräte - alles erinnert an eine Mischung aus Killzone und Star Wars. Endlich wieder frische Science-Fiction!

Technik I: Der PC schlägt die Xbox 360

Der Stil passt, die Welt fühlt sich gut an und das Team von Producer Jun Takeuchi gibt schon mal einen technischen Vorgeschmack auf das nächste Projekt: Resident Evil 5 . Und er besiegte sogar den alten Capcom-Fluch schlechter PC-Umsetzungen: Im feinen Detail sieht das Ganze auf dem Rechner noch einen Tick besser aus als auf der Xbox 360.  Dunkle Bereiche werden erhellt, die Schattenwürfe des Helden sind weicher, so dass man auf dem Schnee keine Kanten mehr sieht.

Lost Planet auf dem PC:

Spielszenen: Download Video

Spielszenen Dx10: Download Video

Bildergalerie: Erste Impressionen

Lost Planet auf der PS3:

Vergleich zur 360: Download Spielszenen Außerdem ist die Ausleuchtung mancher Räume einen Tick besser, was sich z.B. in leuchtenden Bodenkacheln zeigt, die es so auf der Xbox 360 nicht gibt. Unsere Gefechte liefen butterweich bis zu einer maximalen Auflösung von 1280x1024 unter Direct x9. Wir haben die Aliens auf einem Core 2 Duo mit je 2,4 Ghz, drei GB Ram sowie einer nVidia 8800 gejagt. Das ist sicher eine optimale Technik, aber laut Capcom soll das auch auf einem PIV mit 2,5 Ghz, einem GB Ram und einer 256 MB-Grafikkarte sauber laufen - das sind die Mindestvoraussetzungen. Aber Vorsicht: Lost Planet wurde zwar für das neue Betriebssystem Vista und Direct x10 optimiert, und sieht hier noch besser aus, aber hier braucht ihr für ruckelfreie Action mehr Potenz unter der Haube oder müsst einige Details runterschrauben; die Auflösung ist hier auf 1280x960 beschränkt. Schön ist auch, dass die Steuerung per Tastatur/Maus frei konfigurierbar ist. Schlecht ist nur, dass das Spiel auf dem PC noch sporadisch abstürzte - hier hat Capcom bereits einen Patch angekündigt.

Technik II: Die PS3 zeigt die schwächste Kulisse

Auf der PlayStation 3 sieht Lost Planet trotz einem Jahr Wartezeit am schwächsten aus. Es bietet immer noch explosive, gute Unterhaltung, aber leidet unter Kantenbildung, Flimmern und sporadischen Rucklern.
Und auf der PlayStation 3? Nach einem Jahr zusätzlicher Entwicklungszeit hätte man erwarten können, dass Capcom auf Sonys Konsole ähnlich wie auf dem PC mit optischem Feintuning auftrumpft. Aber anstatt die Kulisse noch mal aufzubohren, serviert man eine Fassung, die in vielen Bereichen zwar auf par ist, aber in einigen auch deutlich schwächer. Lost Planet sieht im Jahr 2008 insgesamt einen Tick schlechter aus als die alte Originalvariante auf der Xbox 360. Man muss zwar genauer hinschauen, aber dafür haben wir unser Vergleichsvideo parat. Es gibt zum einen mehr Kanten und teilweise ein seltsames Flimmern auf Texturen, die es an Körnigkeit vermissen lassen; außerdem wirken die Farben etwas verwaschener. Und gerade im Bereich der Kontraste ist die PS3 eine Klasse schlechter als der überlegene PC: Manchmal wirkt das Licht wie ein einziger, blendender Farbbrei ohne Konturen.

Auch die Performance ist ein zweischneidiges Schwert: Einerseits liefen unsere Online-Gefechte mit 15 Mann selbst in chaotischen Situationen mit Explosionsorgien meist sehr flüssig. Man kann also auch im Multiplayer loslegen und Spaß haben. Andererseits haben wir innerhalb der Kampagne immer wieder Einbrüche in der Framerate bemerkt, wenn es richtig zur Sache ging - das ist zwar kein chronisches Phänomen, aber dennoch ärgerlich, wenn man bedenkt, dass die Kulisse nicht mal aufgebohrt wurde. Auch sonst hat man sich wenig Gedanken um Zusätze gemacht: Frank West als spielbarer Charakter ist cool, aber dass das Einsammeln der Münzen null Auswirkung hat, ist enttäuschend. Auf der Xbox 360 gab es dafür Achievements, hätte man hier nicht Trophäen oder Zusatzmaps anbieten können? Auch die KI zeigt weiterhin ihr lethargisches Gesicht in der Kampagne...

Die Explosionseffekte sind auf dem PC farbenfroher. Außerdem profitiert das Spiel unter Windows von der "XSI Ambient Occlusion", die die Umgebung besser ausleuchtet und manche Bereiche aufhellt, die auf der Konsole dunkel blieben.

Action im Eis

Weg von der Technik, zurück ins Spiel: Die Japaner verstehen ihr dramaturgisches Handwerk - und das auf allen Plattformen. Die Bedrohung wird nicht erst langsam aufgebaut, sie ist sofort spürbar. Ein Kreischen, Alarmrufe und plötzlich schlittern in sich zusammengerollte Wesen über die Gänge, die wie übergroße insektoide Jojos beschleunigen und ihre Krallen beim Abbremsen über die Metallplatten schleifen lassen - Funken sprühen, Geifer spritzt und ihr dürft schon nach ein paar Minuten mit dem Maschinengewehr dahin feuern, wo es den einheimischen Akriden weh tut: in diesem Fall auf die orange pulsierende Spitze des Schwanzes. Später können es Gelenke, der Bauch oder einzelne Tentakel sein.

Da verbirgt sich die Thermalenergie, ohne die man hier nicht überleben kann. Eure Energieleiste schrumpft beständig und muss über das wertvolle Orange immer wieder aufgefüllt werden - entweder durch erlegte Akriden oder noch besser: die Aktivierung von Thermalstationen. Schüsse auf den Panzer der Viecher bringen gar nichts, nur das geschickte Umrunden samt gezieltem Beschuss sorgt dafür, dass sie irgendwann vereisen und sich in tausend Splitter auflösen. Die Folge: Unheimlich dynamische Action, die euch immer wieder antreibt.

Aber das ist noch gar nichts. Kaum Luft geholt, begegnet man dem ersten Bossmonster, einer Art Riesenwanze, die den Bildschirm mit ihrem massigen Körper verdunkelt und beim Krabbeln das Dröhnen eines flächendeckenden Bombenangriffs verursacht - inklusive wabernder Rauchwände und raumgreifender Kollateralschäden. Aber keine Angst: Das ist alles noch Teil des gespielten Prologs, in dem ihr erfahrt, dass Mr. Big Bosswanze tatsächlich "Grünauge" heißt und euren Vater auf dem Gewissen hat. Die Story? Rächt ihn!

Die Eröffnung bebt

So muss ein Einstieg aussehen - spannend, fulminant, beeindruckend. Lost Planet zeigt von Beginn an, dass es projektilreiche

Der Wüstenplanet lässt grüßen: Riesige Würmer donnern unter der Oberfläche, bevor sie das Eis durchbrechen und sich auf euch stürzen. (360)
Unterhaltung auf höchstem technischen Niveau zelebriert. Wer sehen will, was seine Xbox 360 drauf hat, sollte sich den Trip ins Eis gönnen. Nicht nur die von kaltem Blau bis zu warmem Rot reichenden Lichtspiele und die plastischen Oberflächen von Felsen oder Boden können begsietern: Es passiert einfach unheimlich viel auf einmal und die japanischen Designer nutzen nicht nur die Höhe von Gebäuden, Schluchten und Co oder die schiere Größe als Stilmittel, sondern auch die Vielfalt der Akridenarten. Diese Wesen sind eine einzige Augenweide: Mal schweben sie wie schillernde Mantas oder riesenhafte Schmetterlinge durch die Luft, mal brechen sie wie Krebse oder Käfer aus dem Boden. Es gibt schaben-, skorpion-, spinnen-, quallen- und wurmartige Wesen, die für euch eine einzige Bedrohung darstellen.

Sehr schnell wird deutlich, dass man sich in Sachen Figurendesign und Animationen auf ein kreatives Fest freuen darf. Und das Beste ist: Was die ersten Augenblicke an Artenreichtum und Bewegungsfinessen versprechen, hält Lost Planet bis zum Finale durch. Es gibt grandiose Augenblicke, die an Frank Herberts "Der Wüstenplanet" erinnern: Man kommt auf eine weite Hochebene und der Boden beginnt zu beben. Irgendwo zieht sich eine Naht wie eine Schlange durch den Schnee, die Erde bricht auf und es donnert unterirdisch, weil sich ein gigantischer Wurm unter dem Eis auf euch zubohrt, der dann mit einem ohrenbetäubenden Kreischen aus dem Boden bricht, um euch zu jagen - das sind fantastische Momente!

Lost Planet Xbox 360:

Trailer 5; 0:19 Min.

Trailer 4; 0:19 Min.

Trailer 3; 3:25 Min. Dazu gehört auch das dichte Schneetreiben, das Versinken im weißen Pulver oder das Bersten von Eisdecken. Und es ist der Einsatz der Schräge sowie der Höhe in der Landschaft, die immer wieder verschneite Steilhänge und Abgründe markieren, die für Abwechslung sorgen. Diese Welt schaut man sich einfach gerne an. Hinzu kommen bemerkenswerte Szenen auf windumtosten Gipfeln oder vor vulkanisch glühenden Felslandschaften, in denen die am Horizont gleitenden Akriden fast schon ein Gefühl von zauberhafter Anmut statt Monströsität vermitteln. Manchmal herrscht eine seltsame Idylle im Angesicht des Feindes.

An einigen Stellen wünscht man sich sogar ein Fernglas oder ein Kreaturenarchiv mit mehr Informationen über diese Spezies. Wie in Beyond Good & Evil würde man diesen Schneeplaneten auch gerne erkunden. Aber Capcom inszeniert hier keine Kultursafari für arte-Freunde, sondern einen Waffenporno für Popcorn-Cineasten. Also ballert man sich durch die Ureinwohner des vereisten Planet, ohne im Laufe der Story mehr über sie zu erfahren. Hat man hier etwas verschenkt? Vielleicht.

Grandiose Bosskämpfe

Das ist schade für Entdecker, aber immer noch extrem unterhaltsam für Eroberer: Die Bosskämpfe gehören zum Besten, was es an Action auf

Wunderbare Szenen unter der Erde: Die Akriden bevölkern diese vulkanische Welt in Schwärmen. (360)
der Xbox 360 gibt. Sie imponieren nicht nur aufgrund ihrer Bild- und Effektgewalt, die alles um euch herum in tausend Splittern erzittern oder Staub in dichten Schwaden aufwirbeln lässt, sondern auch, weil sie sehr fordernd und abwechslungsreich sind. Die Eisgiganten brechen durch Dachkonstruktionen, reißen den Erdboden auf oder krabbeln aus gewaltigen Deckenlöchern... 

Später gilt es, gegen besonders mächtige Mechkämpfer zu bestehen, die euch mit Lenkraketen und EMP-Lasern beharken. Hier gibt es ab und zu Kameraprobleme, wenn man selbst in einem Mech sitzt, da die Sicht blockiert werden kann. In dieser Situation kann man leider nicht in die Egoperspektive wechseln.

Trotzt dieser kleinen Hürden rocken diese Bosskämpfe: Mal müsst ihr die Gelenke einer Riesenakridenspinne zerschießen, um sie zu Fall zu bringen und den ungeschützten Bauch zu erreichen. Mal müsst ihr erst peitschende Tentakel zertrümmern, die sich daraufhin wie Schlangen in den Erdboden zurückziehen und einen Tunnel freigeben. Und ihr? Raus aus dem Mech, rein in den Tunnel, um die Eingeweide des Ungetüms mit Raketen zum Kochen zu bringen! Aber Vorsicht: Irgendwann schnellt ein Tentakel zurück und packt euch! Das ist wirklich grandiose Action, die nach GoW eindrucksvoll unter Beweis stellt, was Next-Generation-Unterhaltung leisten kann.

Kleine Durststrecken

Es gibt allerdings auch Phasen, in denen Lost Planet sein Bedrohungspotenzial einfach nicht gut genug ausspielt. Obwohl sich hier und da ein Schuss Survival-Horror angeboten hätte, etwas mehr Düsternis und Panik, bleibt der Puls bei den Erkundungen der Tunnel und Gebäude immer im ruhigen Bereich. Es gibt dunkle Areale, die sich für plötzliche Überfälle nach langer Stille angeboten hätten, ihr habt sogar eine Taschenlampe. Aber die ist erstens nicht nötig und sorgt zweitens nicht für Herzklopfen. Meist sind die Akriden in ihrem Fokus zu langsam oder zu harmlos; vor allem die dreifüßigen pilzartigen

Alles lässt sich zerstören, Hitzewellen strömen durch Gänge und werfen euch zurück. Wer explosive Action sucht, wird hier fündig! (360)
Kreaturen bewegen sich sehr pomadig.

Und trotz der vielen Erdbeben, die vor allem durch die Bosskämpfe oder Mechattacken ausgelöst werden, will sich auch deshalb nicht die letzte Begeisterung einstellen, weil der Kampf gegen menschliche Gegner schwach inszeniert wird. Das Figurenverhalten ist einfach zu lethargisch, als dass man gefordert werden könnte. Wer sich einmal Meter für Meter durch Rainbow 6: Vegas gekämpft hat, wird sich hier wie auf einer Ferientour fühlen. Natürlich will Lost Planet Arcade- und keine Taktik-Action zelebrieren, aber die KI der Schneepiraten und der Konzernsöldner ist teilweise unterirdisch schlecht.

Ja, manche gehen in Deckung und die NEVEC-Kämpfer sind etwas besser. Aber man kann die Feinde meist in aller Ruhe aus der Distanz abschießen, wenn man ein Scharfschützengewehr nutzt; manchmal bewegen sie sich nicht mal nach einem Treffer. Hier hätte etwas mehr Organisation für eine authentische Atmosphäre sorgen können. Auch an der Stelle, wo man einen Militärzug an Mechs und Kämpfern attackieren soll - eine grafisch klasse inszenierte Stelle - scheinen die Feinde trotz ihrer Überzahl und der waffentechnischen Überlegenheit kaum eine koordinierte Attacke fahren zu können. Man stürmt rein, ballert sich durch und gut.

Aber Vorsicht: Lost Planet ist dennoch kein Zuckerschlecken auf dem zweiten der vier Schwierigkeitsgrade, denn die Akriden und die Zahl der Gegner wird euch gehörig ins Schwitzen bringen. Und spätestens die Bosskämpfe verlangen volle Konzentration und so manche Wiederholung - freies Speichern ist nicht möglich; es gibt lediglich automatische Rücksetzpunkte. Einsteiger sollten daher lieber auf der ersten Stufe spielen. Hier wird man die elf Missionen allerdings in sechs bis sieben Stunden durch haben; wer die klassischen zehn Stunden Unterhaltung sucht, sollte lieber Stufe 2 wählen und an jeder Schneewehe nach Waffen buddeln sowie Bonusmünzen einsammeln.

Kletterhaken, Steuerung & Co

Die Steuerung ist auf Konsole schnell verinnerlicht. Zum Start auf dem PC habt ihr die Wahl, ob ihr mit Gamepad oder Maus und Tastatur spielen wollt - das Xbox 360-Pad wird dabei voll unterstützt und sofort erkannt; auf der PS3 könnt ihr ebenfalls alles euren Wünschen anpassen. Wir haben uns natürlich auch mit Nager und WASD in den Tiefschnee gewagt: Ob Sprunghaken, Ausweichrolle oder Granate - alles kein Thema. Und ein Kopfschuss mit der Maus ist eben doch etwas komfortabler, selbst wenn die Zielerfassung in Lost Planet eine angenehme Toleranz zeigt.

Es gibt jedoch keine Möglichkeit, die Schulter an die Wand zu pressen oder den Feind aus der Deckung heraus anzuvisieren wie etwa in GoW oder Rainbow Six: Vegas . Natürlich ist Lost Planet kein Taktik-Shooter, sondern bietet Action der geradlinigen Sorte. Es gibt aber viele Stellen, vor allem in Gebäuden und Tunnels, an denen diese Möglichkeit sinnvoll gewesen wäre und das Spielerlebnis bereichert hätte. Das ist allerdings kein großer Kritikpunkt, denn ihr könnt euch auch so hinter Mauern rollen oder leicht geduckt laufen. Allerdings ist das per Tastatur/Maus etwas kniffliger als mit Gamepad.

Neben dem Kampf zu Fuß sorgen vor allem die Gefechte in den Mechs für Nervenkitzel: Manche lassen sich in Panzer oder Schneemobile verwandeln. (360)
Selbst hinter stabil wirkenden Hindernissen seid ihr übrigens nicht sicher: In Lost Planet lässt sich einfach alles in seine Einzelteile zerlegen - von der Straßenlaterne bis hin zu Türmen und LKW. Solltet ihr irgendwo einen Stahlzaun oder ein verschlossenes Tor sehen, solltet ihr nicht erst den Schlüssel suchen, sondern den Raketenwerfer durchladen und draufhalten. Das geht so weit, dass ihr unter Tage mit einem Panzer das Erdreich aufbohren könnt, um den Weg freizumachen. Allerdings geht das nicht so weit wie anno dazumal in Red Faction , wo ihr euch den Weg durch das Erdreich ballern konntet, sondern nur an vorgegebenen Stellen. Trotzdem bereichern gerade die in Schneemobile oder Panzer verwandelbaren Mechs das Spielerlebnis.

Das Zielvisier lässt sich sehr gut bewegen, mit der Maus noch einen Tick präziser: Ihr könnt über das Digikreuz näher an eure Feinde heran und die Schulterperspektive sogar über wenige Klicks in eine komplette Egosicht verwandeln. Das Zielen mit den zig Waffen funktioniert auch ohne Gegnerfixierung einwandfrei, zumal ihr über den linken und rechten Bumper die Kamera schnell um 90 Grad drehen könnt - ideal in hektischen Situationen, von denen es in Lost Planet jede Menge gibt. Schade ist, dass man nicht richtig spurten kann: Es gibt neben dem normalen Laufen nur eine Geschwindigkeit, in der man durch das Weiß joggen kann.

Was die fehlende Deckungstaktik wieder ausgleicht ist auch der Kletterhaken: Ihr könnt aus jeder Situation eine Klippe, eine Kante oder einen Sims anvisieren, das Eisen abfeuern und euch in die Höhe schnellen lassen. Außerdem hilft er euch beim Abseilen in die Tiefe. Dadurch kommt eine angenehme Dynamik ins Spiel, denn man kann sich auf diese akrobatische Weise geschickt in Position bringen oder Feinde umgehen. Da sich auf den Karten überall mehrgeschossige Gebäude, Türme oder Anhöhen mit reichlich Waffen oder Granaten befinden, gewinnt auch der Multiplayermodus an Reiz.

Mechwarriors delight

Das Aushängeschild des Spiels sind neben den brachialen Bosskämpfen die coolen Mechs: PTX-140, T-ENG, GAB - 25M oder L-P-9999. Im Laufe des Abenteuers begegnet ihr diversen Varianten, die manchmal Nahkampfkettensägen bieten, sich in Bikes oder Panzer transformieren und manuell mit Waffensystem von dem MG über Schrot bis hin zu Lasern oder Rakete bestückt werden können. Einige können einfach springen, andere sogar doppelt in die Höhe schnellen oder elegant über den Boden gleiten. Manche rollen über Ketten, andere krabbeln wie Spinnen.

Das Design der Metallkonstrukte ist genau so genial wie das der Akriden und irgendwann kristallisieren sich Favoriten heraus, in die man immer wieder gerne einsteigt. Schön ist, dass es immer wieder auch Kämpfe zwischen Mechs gibt, die zu wahren Explosionsorgien führen können, weil in den weitläufigen Arealen nicht nur kleine Fässer, sondern ganz Tanks und Lastwagen stehen. Wer sich einen Granatwerfer montiert, darf loslegen. Schön ist auch, dass die Sprünge verdammt gut aussehen und taktisch Sinn machen, denn ihr könnt über das geschickte Gleiten und Feuern so manchen Mech oder Akriden kontern.

Story & Cutscenes

Lost Planet wirkt im Vergleich zu GoW zunächst wie ein Epos: Es gibt sehr viele, technisch sehr gute Zwischensequenzen, die eurer Rolle als Vaterrächer Wayne Leben einhauchen und Capcoms Ruf als Cutscenemeister alle Ehre machen. Wenn der Lady Mech heranrauscht, Wayne mal eben in einem Kampf düpiert und die geschnürten Stiefel seiner Besitzerin in den Schnee stapfen, kommt Freude auf.

Im Multiplayer-Modus geht es auf neun Karten in vier Spielmodi zur Sache. (360)
Die Überleitungen zwischen Spiel und Film sind sauber, die Regie streut immer wieder geschickt Dialogfetzen ein. In Flashbacks erinnert ihr euch z.B. an euren Vater, der im Kampf gegen Grünauge gestorben ist und Solid Snake nicht unähnlich sieht. Richtige Informationen über seine Vergangenheit bleiben jedoch aus.

Mit den Machenschaften des mysteriösen Konzerns NEVEC kommt wenigstens sehr früh eine rätselhafte Partei abseits von Schneepiraten und Akriden ins Spiel. Was steckt hinter dem so genannten Grenzprojekt? Das weckt die Neugier, aber Capcom nutzt das Potenzial des Szenarios nicht, um den Planeten oder die Helden richtig interessant zu machen. Man hat erzählerisch keinen Wert auf die Hintergrundwelt gelegt, sondern lediglich das Rachemotiv sowie den Verrat in einer kleinern Gruppe von Protagonisten ausgearbeitet.

Auch das ist unterhaltsam, aber nicht packend genug. Obwohl die Figuren in den Cutscenes sehr markant wirken und einige interessante Charaktere wie Basil einen Schuss Schauspielkunst bieten, ist der Plot relativ einfach gestrickt und manche Dialoge wirken fast dümmlich - das Bösewichtgeschwafel und die Sorge um den Heroen gipfeln manchmal in B-Moviephrasen. Richtig enttäuschend ist das Ende mit einem sehr profillosen Oberbösewicht namens Dr. Isenberg.

Immerhin erliegt Capcom diesmal nicht so ganz dem japanischen Kitsch wie etwa im letzten Onimusha und versucht eine erwachsene Story zu bieten. Das gelingt stellenweise, aber selbst am Ende bleiben zu viele Fragen offen. Und die Figuren wachsen einem kaum ans Herz. Als im Finale die virtuellen Tränen fließen, beobachtet man das relativ kalt und nimmt nicht wirklich teil. Immerhin wurden alle Sprecher sehr gut besetzt, vor allem Basils rauchige Stimme passt wunderbar - allerdings ertönt alles in englischer Sprache mit deutschen Untertiteln.

Multiplayer

Der Kampf in und um die verwinkelten Gebäude ist schnell, action- und abwechslungsreich. Neben diversen Granten und Mechs stehen euch alle Waffensysteme zur Verfügung. (360)
Leider gibt es keine Möglichkeit, das Abenteuer kooperativ zu erleben oder in die Rolle eines NEVEC-Soldaten zu schlüpfen. Nach der Kampagne könnt ihr noch mal als Schneepirat Wayne in jede Mission abtauchen, um die versteckten Bonusmünzen zu sammeln - das bringt euch allerdings nicht mehr als Zusatzpunkte für die Gamerscore. Ihr könnt hier auch den Schwierigkeitsgrad wechseln oder euch noch mal an Bosse wagen, die ihr beim ersten Durchlauf nicht erledigen konntet; z.B. an den Riesenwurm, der die Eiskruste bersten lässt und laut Story eher umgangen werden soll.

Interessanter ist natürlich der gnadenlose Kampf im Netz. Capcom bietet online vier Mehrspielermodi, die ihr zum Spaß oder für Ranglistenpunkte angehen könnt: In Elimination und Team-Elimination geht es den Feinden in klassischer Manier an den Kragen, in "Flüchtling" könnt ihr euch entweder als Gejagter behaupten oder auf die Seite der Jäger schlagen. Neben dem Vernichten der Gegner bringt euch auch das Aktivieren der Stationen Punkte; Headshots werden ebenso gezählt wie Serienkills.

Das macht zwischendurch Spaß, verströmt angenehmen Arcadewind und ist aufgrund der mehrgeschössigen Areale und Mechanzüge abwechslungsreicher als so manche militärische Flurdurchwanderung. Teamtaktiker kommen am ehesten im Kampf um die Wärmestationen auf ihre Kosten: Hier gilt es, schnell und klug die wichtigen territorialen Markierungen zu erobern und zu halten. Der Host kann ein Zeitlimit, Friendly Fire, die Ausrüstung und das Punktekonto bestimmen.

Das Spiel läuft flüssig, auch während unserer Testspiele in den PS3-Lobbys, selbst wenn sich sechzehn Mann die Raketen um die Ohren oder in Mechrüstungen durch die Luft jagen. Ob die Arenen von Lost Planet lange gut besucht sein werden, wird vom kommenden Support abhängen. Etwas mehr Abwechslung könnte derzeit nicht schaden, denn man hat kaum Möglichkeiten zur Individualisierung seines Online-Helden - ein paar Streifen hier, eine andere Weste, das wars. Bisher gibt es nur drei Figurenmodelle und neun Karten zur Auswahl. Zwar steigt man im Laufe der Matches im Rang auf, aber bisher hat das kaum Auswirkungen. Spiele wie Rainbow Six: Vegas belohnen Veteranen mit zig neuen Kleidungsstücken oder Waffen. Hier hat Capcom allerdings schon Nachschub über Xbox Live versprochen.

Fazit

Spannend, imposant, unterhaltsam: Lost Planet fängt mit einem Erdbeben an und serviert euch über elf Missionen viele grandiose Nachbeben. Die spektakulären Bosskämpfe gehören zum Besten, was man derzeit auf der Xbox 360 und am PC-Bildschirm erleben kann; das Kreaturendesign der Akriden ist einfach wunderbar. Hier ist so viel Kreativität spürbar, dass man diese Welt der insektoiden Monster am liebsten mit dem Fotoapparat durchstreifen würde. Das Szenario ist so frisch wie Neuschnee, die Cutscenes sind technisch klasse und die Steuerung flutscht. Zwar gibt es zwischendurch kleine Durststrecken in der Dramaturgie, was Story, Bedrohungsgefühl oder das Finale angeht, und vor allem die KI der menschlichen Gegner ist ein großer Schwachpunkt, aber Capcom beweist nicht nur eindrucksvoll, wie Unterhaltung der nächsten Generation aussehen kann, sondern auch, wie man Konsolenaction technisch hervorragend auf den Rechner überträgt: Dieses Spiel sieht auf dem PC noch einen Tick besser aus und enthält alle Maps, die es bisher über Xbox Live gegeben hat. Das, was Lost Planet an Deckungsfinessen fehlt, macht es dank Kletterhaken und transformierbarer Mechs über seine Dynamik wett. Producer Jun Takeuchi und sein Team haben vielleicht nicht das ganze Potenzial ausgeschöpft, das zwischen Eis und Schnee verborgen lag, aber sie servieren euch verdammt gute Action in einer Tiefkühlhölle, die man auch im Multiplayer immer wieder gerne besucht.

Update, 27. Februar 2008, Fazit für die PS3-Version:

Nach einem Jahr habe ich mehr erwartet als ein Bundle mit allen Maps und ein paar zusätzliche Skins im Multiplayer. Lost Planet ist auf der PS3 grafisch und technisch einen Tick schlechter als damals auf der Xbox 360. Und das ist enttäuschend, denn das Spiel selbst bietet ja immer noch explosive Action vom Feinsten, geniale Bosskämpfe und Adrenalin pur - richtig gute Unterhaltung! Okay, dass die lethargische KI nicht auf ein forderndes Niveau gehievt wurde, kann man vielleicht noch verschmerzen. Aber leider kann Capcom den grafischen Schwung der hervorragenden PC-Umsetzung nicht auf Sonys Konsole übertragen: Die stärkere Kantenbildung, das sporadische Flimmern, die alles in grelles Licht tauchenden Überblendungen und die heute etwas verwaschen wirkenden Texturen dämpfen die Euphorie im Eis. Obwohl das Spiel im Multiplayer mit bis zu 16 Mann angenehm flüssig läuft, zeigt es in der Kampagne auch ab und zu Einbrüche in der Framerate - das muss nach einem Jahr nicht sein! Dass es auch anders geht, dass es auch grafisch besser auf PS3 geht, zeigen andere Umsetzungen, teilweise von Capcom selbst: Oblivion sah z.B. einen Tick besser aus und Devil May Cry 4 war wenigstens auf par mit der Xbox 360. Bei aller Kritik an der Technik: Wer gute Action sucht, wird immer noch gut bedient. Unterm Strich ist dieses Abenteuer unterhaltsamer als vieles von dem Shooterkram, der in letzter Zeit die Regale flutete - egal ob Kane & Lynch, Conflict: Denied Ops oder Area 51. Aber es ist definitiv nicht mehr Gold wert.

Pro

frisches Szenario
wunderbare Kulisse
 sehr gute Umsetzung (PC)
alle DL-Maps enthalten (PC, PS3)
grandioses Figurendesign
klasse Mech-Einsatz
spektakuläre Bosskämpfe
hervorragende Animationen
cooler Kletterhakeneinsatz
ideenreiches Leveldesign
sehr gute Zwischensequenzen
fast voll zerstörbare Spielwelt

Kontra

 lethargische KI
 schwaches Finale
Storypotenzial nicht genutzt
keine kooperative Kampagne
ab und zu Kameraprobleme in Mechs
keine Deckungsbewegungen, kein Sprinten
ab und zu Ruckler (PS3)
mehr Kanten & Flimmern (PS3)
sporadische Abstürze (PC)

Wertung

360

Wer Action liebt, muss zugreifen: Verdammt heißer Bosskampf-Tanz im Tiefschnee!

PC

Die Action im Eis sieht auf dem PC noch besser aus - eine klasse Umsetzung!

PlayStation3

Immer noch fulminante Action, aber die grafisch und technisch schwächste Variante.

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.