Crysis06.10.2011, Paul Kautz
Crysis

Im Test:

Es ist genau vier Jahre her, dass Crysis (ab 16,61€ bei kaufen) bei jedem Shooter-Fan für sturzbachartig einsetzende Sabberströme sorgte: Solch fantastische Grafik gab es bis dato nicht zu sehen! Und auch heute ist das Spiel von Crytek der Präsentations-Maßstab im Ballerbereich. Schon kurz danach gab es Gerüchte um Konsolenumsetzungen, die sich allerdings nie bewahrheiteten - bis jetzt jedenfalls.

Hoppla, wo kommst du denn her?

Technisch hat Crysis den Sprung vom PC auf die Konsole größtenteils gut überstanden - allerdings gibt es auch einige fiese Grafikfehler.
Technisch hat Crysis den Sprung vom PC auf die Konsole größtenteils gut überstanden - allerdings gibt es auch einige fiese Grafikfehler.
Genau genommen ist der Konsolensprung von Crysis überraschend zügig erfolgt: Erste Gerüchte gab es Anfang Juli, eine Bestätigung am 9. September - und nicht mal einen Monat später steht das Spiel im Laden. Im virtuellen jedenfalls, denn eine Verkaufsfassung ist bislang nicht geplant. 4,1 GB sind die Konsolenfassungen schwer, was zumindest zum Teil der Sprachgewalt geschuldet sein dürfte: Denn zum einen gibt es Spiele wie Rage, die einem die deutsche Zunge aufnötigen. Zum anderen welche wie Crysis, wo man die Wahl unter vollen zehn Sprachen hat - darunter auch ungewöhnliche Kandidaten wie Japanisch, Türkisch oder Polnisch.

Wer vergessen haben sollte, worum es in Crysis geht, der möge sich unseren Test der PC-Fassung zu Gemüte führen - inhaltlich ist die Konsolenversion identisch. Die Geschichte um Nordkoreaner, Frostaliens und Nanoanzugsupersoldaten ist nicht gerade nobelpreisverdächtig, aber solide inszeniert und zumindest gehaltvoller als im Shooter-Durchschnitt. Folgt ruhig dem Link, bringt euer Crysis-Wissen wieder auf den neuesten Stand. Wir warten hier. Wie wäre es bei dieser Gelegenheit mit dem Konsolen-Launch-Trailer?

Dr. Cryteks Horrorkabinett

Die Bedienung des Nanosuits wurde sinnvoll entschlackt: Jetzt müssen nur noch zwei Funktionen manuell aktiviert werden.
Die Bedienung des Nanosuits wurde sinnvoll entschlackt: Jetzt müssen nur noch zwei Funktionen manuell aktiviert werden.
Okay, zurück zum Thema: Was macht das Konsolen-Crysis anders als sein PC-Bruder? Beginnen wir mit der komplett umgemöbelten Steuerung, die nahezu perfekt an das Gamepad angepasst wurde: Alle Funktionen liegen sinnvoll auf den vorhandenen Tasten. Die Nutzung des Nanoanzugs wurde entschlackt und auf Crysis 2-Niveau gehievt - mittlerweile müssen nur noch die Panzerung und Unsichtbarkeit manuell ausgelöst werden (über die Schulterknöpfe); der Rest ist direkt in den normalen Spielfluss eingebunden.

Der nächste Punkt ist die Grafik: Logischerweise mussten da Abstriche gemacht werden, denn eine fünf bis sechs Jahre alte Konsole kann einfach nicht mit einem hochgezüchteten Renn-PC mithalten. Nichtsdestotrotz hat das Spiel den Sprung auf die schwächere Hardware erstaunlich gut überstanden. Auf den ersten Blick vermisst man Anti-Aliasing, was für einen flimmernden Dschungel sorgt, außerdem wird in der Entfernung alles verwischt, aber sonst ist das Bild top: Dichte Vegetation, mächtig rummsende Effekte, zum Teil zerstörbare Umgebung, gute Animationen. Die Entwickler nutzten die neuste Version der CryEngine für den Port, wodurch es verbesserte Lichteffekte, frische Shader sowie einen 3D-Modus gibt.

Allerdings hat die tolle Präsentation auch einige erhebliche Mängel: Mit gelegentlichen Rucklern kann ich ebenso leben wie mit groben Flackerschatten, oder ruckhaften Reflexionen auf Wasseroberflächen. Die vielen Fehler in der Kollisionsabfrage (Radio schwebt mitten in der Luft, Auto parkt einen halben Meter über einem Stein, Soldaten schleichen im Gänsemarsch durch die Luft) und Clippingfehler (meist im Zusammenhang mit zerstörten Häusern) sind schon ärgerlicher. Was aber überhaupt nicht geht, ist der furchtbare Motion Blur, den man zu sehen bekommt, wenn man in der Cockpitperspektive am Steuer eines Vehikels sitzt. Ich kann nicht so richtig beschreiben, was da schief läuft, aber es sieht aus wie Tearing - nur vertikal! Der Effekt ist nicht nur störend, ich empfinde ihn als extrem unangenehm, was bei mir dafür sorgte, dass ich Vehikel nur noch aus der Außenperspektive oder gar nicht mehr fahre. Sehr hässlich sind auch massive Pop-Ups und Fade-Ins bei Buschwerk, außerdem gibt es im Zusammenhang mit dem Laden von Spielständen immer wieder Grafikbugs. Ein Mal stand ich direkt vor einem Baum, der sich beim erneuten Laden als gigantisch aufgeblähtes Baum-Sprite präsentierte - heiliges Wolfenstein, das war mal ein schockierender Anblick! Kurz gesagt: Auf den ersten Blick ist die Grafik immer noch ansehnlich. Auf den zweiten offenbart sie ihre hässlichen Seiten.

Bye-bye, Mr. Alien

Die KI leistet gute Arbeit - Crysis ist ein herausfordernders Spiel.
Die KI leistet gute Arbeit - Crysis ist ein herausfordernders Spiel.
KI ist ein Thema, mit dem sich Crytek zurecht gerne brüstet - die ist in ihren Spielen immer ziemlich gut. In Crysis war und ist sie das ebenfalls, zumindest im Falle der Koreaner: Die teilen sich geschickt auf, rufen im Ernstfall nach Hilfe, nutzen die Umgebung zu ihrem Vorteil und nehmen den Spieler in der Gruppe clever in die Zange. Kombiniert man das mit dem schon auf der Normal-Stufe durchaus knackigen Schwierigkeitsgrad, ist das Ergebnis ein bemerkenswert herausforderndes Spiel. Was zum Teil wohl auch an dem Speichersystem liegt: Quicksave gibt es nicht, die automatisch platzierten Checkpunkte liegen zum Teil weit auseinander oder werden gelegentlich dämlich (wie direkt neben einem Gegner) platziert.

Allerdings ist nicht alles toll im KI-Land: Zum einen gibt es immer wieder Aussetzer, direkt vor einem stehende Gegner sehen einen nicht oder rennen blind an einem vorbei. Zum anderen wird die Herausforderung spürbar dumpfer, sobald Koreaner und Frostaliens den Platz tauschen - Letzere sind nämlich deutlich doofer.

Neben der Kampagne, die etwa sieben bis acht Stunden lang unterhält, gibt es... nichts. Der Mehrspielermodus der PC-Version wurde ersatzlos gestrichen. Die Spielzeit kann also nur durch die langen Ladezeiten sowie die gelegentlichen Komplettabstürze (zumindest bei mir meist in Kombination mit dem automatischen Laden eines Spielstandes) gestreckt werden.

Fazit

Hossa, ich hatte irgendwie völlig verdrängt, was für ein cooles Spiel Crysis war: Die verhältnismäßig offene Welt ist in Kombination mit den verschiedenen Nanoanzug-Fähigkeiten nach wie vor einzigartig, man kann das Ganze tatsächlich auf sehr unterschiedliche Arten spielen - in dieser Hinsicht ist auch die Konsolenversionen uneingeschränkt empfehlenswert. Auch die im Großen und Ganzen bemerkenswert vorgehende KI sorgt zusammen mit dem knackigen Schwierigkeitsgrad sowie den (teilweise unnötig nervig platzierten) Checkpunkten für ein angenehm forderndes Shooter-Erlebnis. In anderer Hinsicht ist Cryteks Vorzeige-Ballerei in gerade mal vier Jahren erstaunlich gealtert: Die Grafik wäre eigentlich noch vorzeigbar, wenn die Massen an Bugs, Clippingfehlern und Frameraten-Einbrüchen nicht für ein extrem inkonsistentes Bild sorgen würden - vom für mich körperlich unangenehmen Vehikel-Blur-Effekt ganz zu schweigen. Auch die gehäuften Abstürze sowie die Abwesenheit einer Mehrspielervariante sprechen nicht für das Spiel. Schade, denn das ergibt in Kombinationen einen gerade noch guten, aber lange keinen Ausnahme-Shooter mehr.

Pro

im Großen und Ganzen gute Grafik
vereinfachte Anzug-Nutzung
größtenteils gute KI...
knackiger Schwierigkeitsgrad
offene Levelstruktur

Kontra

nervendes Checkpunktsystem
absturzfreudig
...mit einigen fiesen Aussetzern
kein Mehrspielermodus
viele Grafikfehler

Wertung

360

Hallo Crysis, willkommen auf der 360! Du bist nicht mehr atemberaubend, aber immer noch ein guter Shooter.

PlayStation3

Die PS3-Fassung ist technisch und inhaltlich mit dem 360-Crysis identisch.

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