Tony Hawk's Project 824.11.2006, Paul Kautz
Tony Hawk's Project 8

Im Test:

Acht Jahre, acht Spiele, acht unterschiedliche Qualitätslevels - die Tony Hawk-Reihe (THPS) hat mittlerweile mehr Höhen und Tiefen gesehen als das durchschnittliche Skater-Knie. Der letztjährige Auftritt im »American Wasteland« hat die Motivation nach den eher mauen Underground-Teilen wieder ordentlich ansteigen lassen, da muss das frische Project 8 erstmal rankommen!

Acht Skater sollt ihr sein!

Story? Gedöns, ich will skaten! Aber gut, wenn's denn unbedingt sein muss: Tony Hawk ist in der Stadt, in der es von viel versprechendem Skaternachwuchs nur so wimmelt. Ihr seid einer davon, aber Tony braucht acht - nur acht! Die werden Teil seines »Project 8«, also gebt ihr euer Bestes, damit der Birdman auf euch aufmerksam wird. Auf dem Weg zum Skaterglück sammelt ihr trickreich Golfbälle ein, führt spezielle Manöver auf Zuruf aus, findet Gaps, beeindruckt andere Skater, führt Classic-Tricks wie SKATE oder COMBO aus, posiert für

Das Aufgabenspektrum ist abwechslungsreich, herausfordernd und durch die gestaffelten Schwierigkeitsgrade auf von Einsteigern gut zu bewältigen.
Fotos oder gewinnt Turniere. In der großen, offenen Stadt, deren knapp zehn Gebiete nach und nach freigeschaltet werden, lauern etliche Personen und Hotspots, an denen es derlei Aufgaben gibt. Potenzielle Aufgaben werden auf einem rotierenden Kompass angezeigt, der euch den Weg weist - aber auch schon nach kurzer Zeit derart mit Zielen vollgepflastert ist, dass die Orientierung schwer fällt. Ab und an läuft euch auch ein Pro wie Tony Hawk, Rodney Mullen, Jason Lee oder Daewon Song über den Weg, der besonders knifflige Herausforderungen in petto hat. Je mehr von diesen Aufgaben ihr erfüllt, desto höher werdet ihr im internen Ranking gestuft - und desto schneller winkt der Platz in der Acht...

Gerade für Einsteiger ist da das neue Schwierigkeitssystem sehr hilfreich, denn fast jede Aufgabe ist in drei Anspruchsbereiche unterteilt: Einfach, Pro und Krank. Während Neulinge mit der ersten Stufe gemächlich an die Materie herangeführt werden, haben selbst Profis mit einigen kranken Aufgaben ihre Schwierigkeiten. Das Schöne daran: Der Übergang zwischen den Levels ist fließend, habt ihr »Einfach« geschafft, könnt ihr den Auftrag immer wieder versuchen, bis ihr auch die nächste Stufe geknackt habt. Gute Idee, guter Lerneffekt, der von dem vorbildlichen Tutorial noch verstärkt wird.

Profis von der Stange

Die grundlegende THPS-Spielmechanik ist auch in Project 8 gleich geblieben: Seid ihr mit eurem Board in der Luft, stehen euch Flip-, Lip- und Grabtricks zur Verfügung, dazu gesellen sich Manöver wie der Manual oder Flatland-Tricks - und natürlich Spezielmoves wie Tony Hawks legendärer »900«. Alles so weit

»Nail the Trick« ist ebenso neu wie nutzlos - sieht aber wenigstens ziemlich gut aus.
vertraut, aber es gibt auch Neuerungen, allen voran »Nail the Trick« (NTT): Drückt ihr im Flug beide Analogbuttons gleichzeitig, wird die Zeit verlangsamt, die Kamera zoomt in eine Nahaufnahme eurer Füße und des Skateboards. Beide Analogsticks kontrollieren eure Beine, mit denen ihr euer Brett in verschiedene Richtungen stoßen, dadurch coole Tricks vollführen und das Ganze schließlich sauber landen könnt. In der Theorie: Super! Anzusehen: Spitze! Sinnvoll: Nö. »Nail the Trick« sieht schweinecool aus, ist aber alles andere als intuitiv - ich habe bis zum Ende nicht vernünftig herausgefunden, warum ich mal einen fetten Trick perfekt lande oder gleich zu Beginn die Kombo radikal versaue! Darüber hinaus ist das Ganze spielerisch bedeutungslos: Man kann es zwar in eine Kombo einbinden, aber ein gutes Spezialtrick-Manöver gibt mehr Punkte, und man riskiert damit nicht, eine gute Kombo zu vermasseln - jedenfalls nicht in dem Maße. Außerdem wird NTT ausschließlich analog gesteuert, was sich natürlich mit der restlichen Tricksteuerung beißt, die digital einfach viel präziser auszuführen ist. Legt ihr also Wert auf Tricknailing, solltet ihr euch ein schnelles Umgreifen angewöhnen. Die nächste Neuerung: Mit voller Spezialanzeige könnt ihr euch einen Geschwindigkeitsboost gönnen - auch das ist eher unter »nette, aber im Grunde nutzlose Idee« einzuordnen.

Ihr habt dieses Mal weitaus weniger Personalisierungsmöglichkeiten als bisher von der Serie gewohnt.
Wer mit den Editoren der letzten TH-Teile seine Freude hatte, sollte sich besser festhalten: Es gibt jetzt weitaus weniger Personalisierungsmöglichkeiten als gehabt! Trick-Editor, Park-Editor: weg! Zugegebenermaßen gibt es in der Karriere die Möglichkeit, an bestimmten Punkten ein paar kleinere Objekte nach Gutdünken zu verschieben, aber das ist bestenfalls Makulatur. Auch der Spielereditor wurde radikal kastriert: Euch stehen fünf Grundmodelle zur Verfügung (auf PS2 und Xbox nur drei, und ausschließlich Männer!), die wesentlich weniger frei nach Gusto umgestaltet werden können: Ein paar Brillen, ein paar Frisuren, ein paar Klamotten - jeder GTA-Teil bietet mittlerweile mehr. Kameras werden weder an PS2 noch 360 unterstützt, außerdem finde ich es blöd, dass man die rotzhässlichen Tattoos der erwachsenen Skater nicht entfernen kann.        

Breiter Schuh in Nahaufnahme

Neben dem eingeschränkten Skater-Kader müssen PS2- und Xbox-Kullerer mit weiteren Einschränkungen leben: So gibt es hier keinen Online-Modus mehr, sondern nur noch die Möglichkeit für zwei Spieler, gegeneinander

PS2- und Xbox-Kulisse ist deutlich schwächer als auf der 360 - dafür ruckelt's hier nicht!
anzutreten. Außerdem sind die »Pro Tricks« der 360 vorbehalten: Das ist im Grunde ein Schauraum, in dem ihr per Motion Capturing aufgezeichnete Animationsschnipsel von Profi-Skatern analysieren könnt: Dazu dürft ihr die Kamera schwenken, zoomen, das Ganze vor- und zurückspulen sowie verlangsamen. Eine coole Idee, die auch sehr stylisch präsentiert wird, allerdings nur begrenzten Unterhaltungswert bietet - gerade, da anfangs eher unspektakuläre Manöver präsentiert werden, während die aufregenderen freigespielt bzw. via spielinterner Währung gekauft werden müssen.

Spielt ihr die 360-Version, gibt's die volle Ladung: Ihr dürft online gegen bis zu sieben weitere Skater antreten, neben den üblichen Modi wie Horse oder Trick Attack gibt es einen neuen namens »Walls«, der an den Klassiker Tron angelehnt ist: Jeder Spieler zieht eine Linie hinter sich her, die wie eine Wand wirkt - wer darauf trifft, ist raus. Leider läuft der Online-Modus nicht sehr lagfrei, aber da ihr in den meisten Modi nicht direkt gegeneinander antretet, ist das noch verschmerzbar. Online könnt ihr außerdem eure Statistiken mit anderen Spielern vergleichen: Wer fuhr den längsten Manual, wer ist wie oft an einer bestimmten Aufgabe gescheitert, wer ist am weitesten gesprungen - über alles wird penibel Buch geführt.

Figuren- und Umgebungsdesign ist gelungener denn je.
Verknote mich ruckelig!

Im Vergleich zum letztjährigen »Hey, wir haben nicht so richtig viel Zeit. Schmeiß mal die PS2-Version durch den HD-Konverter, das merkt garantiert keiner!«-Version ist Project 8 gerade auf der 360 ein Augenschmaus: Die Skate-Animationen sind nach wie vor Zuckerstücke, die Umgebung sieht zumindest ordentlich aus - nicht irre, aber auch keine Ansammlung von mehr oder weniger quadratischen Objekten wie anno dannemals. Auch die Figuren haben an Details und Leben dazugewonnen, selbst wenn gerade die Gesichter leicht zombiehaft blass sind (gerade Tony Hawk sollte einen Besuch beim Dermatologen in Erwägung ziehen, wenn er tatsächlich so aussieht) und der Übergang zwischen Gesicht und Kopf bemerkenswert holprig ist. Und das stilvolle, entgegen der Serientradition geradezu erschreckend ruhige Intro-Video ist sowieso super - interessanterweise lässt es sich auf der 360 erst spät abbrechen, während auf PS2 und Xbox ein Knopfdruck jederzeit für Ruhe sorgt. Aber es gibt auch Probleme, gerade auf der 360: Flüssig läuft das Spiel nicht! Speziell in HD gibt es erschreckend viele Ruckler, die in Kombination mit der gelegentlich konfusen Kamera einen sinnvollen Kombo-Lauf schwierig machen. Fehler in der Schattenberechnung (der Wurf eines festen Objektes baut sich teilweise direkt vor euch auf) und die 

Der Multiplayermodus bietet euch gewohnt viele Spielvarianten - online aber nur an der 360!
scheußlichen Fall-Animationen (Ragdoll-Physik in ihrer schlimmsten Form!) trüben ebenfalls den an sich guten Grafikeindruck. Interessanterweise ist die Xbox-Fassung die ausgewogenste: Zwar fehlen Details und gute Texturen, aber die Geschwindigkeit ist kontant hoch, die Schatten von Anfang an mäßig. Eine nette Idee ist auch, dass ihr während der happigen Ladepausen coole Skate-Videos zu sehen bekommt.

Wie gewohnt gibt's ordentlich was auf die Ohren: Mehr als 50 Tracks von Bands wie Wolfmother, Damian Marley, Immortal, Bad Religion oder The Ramones warten auf ihren Einsatz, den ihr wie gewohnt nach eigenem Geschmack filtern könnt. Dazu erwartet euch viel englische Sprachausgabe der Pros selbst, wahlweise verständlich gemacht von deutschen Untertiteln. Interessantes Nebendetail: Ist eure PS2 auf Englisch eingestellt, gibt's französische Bildschirmtexte.       

Fazit

Project 8 ist noch mehr »Back to the roots« als American Wasteland: Hier geht’s wirklich nur ums Skaten! Keine Autos, keine BMX-Bikes, keineRollstühle, dafür super Steuerung, viiiiiele Skate-Möglichkeiten, offene Welt, gute Grafik - im Grunde stimmt alles. Aber: Man wird den Eindruck nicht los, dass der größte Teil der Entwicklungszeit ausschließlich der 360-Fassung zugute kam, während die anderen Versionen in aller Eile zusammengeschustert wurden - auf Xbox und PS2 gibt’s weniger Figuren, keinen Online-Modus und keine Pro Tricks. Auf der anderen Seite ist die 360-Fassung die einzige, die immer wieder überdeutlich ruckelt - das gibt’s so nicht mal auf der PS2! Und »Nail the Trick« ist zwar nett anzusehen, mehr aber auch nicht: Spielerisch hat es ungefähr den Nutzwert des »Natas Spin«, die Ausführung ist viel zu unzuverlässig (ich wage zu behaupten, dass das Einflechten eines NTT-Manövers in eine Kombo selbige zum Scheitern verurteilt) - keine Chance gegen echte Meilensteine wie Manual oder Revert! Project 8 ist ein prima Arcade-Skater, der viele Qualitäten früherer THPS-Spiele wiederbelebt, aber sich gleichzeitig mit unnützen Ideen das Leben selbst schwer macht.

Pro

einfache Steuerung
gute Grafik
tolle Animationen
viele Tricks
große, nahtlos ineinander übergehende Levels
einsteigerfreundliches Schwierigkeitsgrad-System
cooles Intro
nette »Pro Tricks« (360)
spaßige Mehrspielermodi

Kontra

»Nail the Trick« alles andere als intuitiv
ruckelige Grafik (360)
deutlich eingeschränkte PS2
und Xbox-Version
weitaus weniger Personalisierungsmöglichkeiten als gehabt
kein Online-Modus (PS2, Xbox)
ruckeliger Online-Modus (360)
scheußliche Sturz-Animationen
lange Ladezeiten
teils fehlerhafte Schattenberechnung

Wertung

360

Spaßige Arcade-Skaterei mit technischen Problemen und einigen unnützen Ideen.

XBox

PlayStation2

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