Rayman: Raving Rabbids07.12.2006, Mathias Oertel
Rayman: Raving Rabbids

Im Test:

Seit mittlerweile etwas mehr als einem halben Jahr lockern Videos von seltsamen Hasen mit Klostopfern den Redaktionsalltag auf. Und inzwischen ist ein fulminantes "D´AAAAAAAH" als Ausdruck von Begeisterung oder Enttäuschung nicht mehr aus unserem Sprachgebrauch wegzudenken. Doch können die Raving Rabbids wirklich das halten, was die Clips versprechen? Und kann die eigentlich für Wii konzipierte Mini-Spiel-Sammlung auch auf den anderen Systemen punkten?

Verrückte Hasen und Pömpel

"Kann mir jemand sagen, wie diese Dinger heißen, die die Hasen in den Rayman-Videos schwenken? Ich kenn die nur unter dem Begriff "Pömpel". Aber da gibt es doch bestimmt etwas Normales, etwas Handelsübliches?"

Als Antwort bekomme ich "Klostopfer". Pömpel gefällt mir besser. Entspricht dem verrückten Charakter der Hasen. Und klingt auch besser: "Mini-Spiele-Sammlung rund um durchgeknallte Pömpel-Karnickel" fasst Rayman Raving Rabbids (RRR) prägnanter zusammen als "Eine Sammlung kleiner unterhaltsamer Spielchen, die sich um verrückte Kaninchen drehen, die mit Klostopfern bewaffnet die Weltherrschaft übernehmen wollen".

Pömpelhasen machen Jagd auf euch: Die Bosskämpfe jedes Wettkampftages sind zumeist wie Rail-Shooter aufgebaut. 
Nachdem diese Begrifflichkeiten geklärt sind, ein kurzer Satz zur ohnehin unerheblichen Story: Eines friedlichen Tages erheben sich die bis dahin für friedlich gehaltenen Hasen, nehmen auf ihrem Weg zu Allmacht Rayman gefangen, der fortan Tag für Tag zu ihrem Vergnügen in einer Arena antreten muss, um Prüfungen zu bestehen, bis ihm schließlich die Flucht gelingt. Klingt nicht nach sehr viel. Ist es auch nicht! Andererseits: Brauche ich eine Story bei einer Spielesammlung? Nicht wirklich. EyeToy Play, Wario Ware und wie sie alle heißen, machen auch ohne jegliche Hintergrundgeschichte Spaß.

Dieser Spaß stellt sich (vornehmlich mit mehreren Spielern) grundsätzlich auch auf allen Systemen ein. Was einem Großteil den Karnickeln zuzuschreiben ist, die mit ihren teilweise herrlich blöden Gesichtsausdrücken, ihren Kostümen, ihren übergroßen Zähnen sowie ihrem "D´AAAAAAAAAAAAH" immer wieder für einen Lacher gut sind.

In punkto Steuerung gibt es allerdings zwischen den Versionen himmelweite Unterschiede, die sich unter dem Strich extrem auf den Spielspaß auswirken.

Wii: Die Königsvariante

Dass RRR mit dem Wii als Hauptplattform im Hinterkopf produziert wurde, merkt man an allen Ecken und Enden: Die über 70 Minispiele (deren Zahl sich aber durch Widerholungen und Varianten eines Games auf etwa 40 relativiert) fordern erst mit Nunchuk und Remote richtig. Es macht einfach einen himmelweiten Unterschied, ob man die Wii-Remote in kleinen oder größeren Kreisen schwingt, die PC-Maus in Kreisbewegungen über das Mousepad gleiten lässt oder einfach nur den Stick auf einem Joypad im Kreis rührt.

Dabei greift das Anforderungsspektrum nahezu alles auf, was mit den frischen Wii-Steuerungsmechanismen möglich und machbar scheint: Schnelle Auf- und Abbewegungen mit Nunchuk und Remote z.B., um einen Sprint hinzulegen; oder Zielen mit der Remote, während man mit dem Nunchuk wie ein wilder mit Hoch/Runter-Bewegungen eine Schwengelpumpe

Auf Wii und PC können bis vier Spieler gleichzeitig antreten, auf der PS2 maximal zwei...
simuliert, um Karottensaft zu fördern, den man auf die nahende Kaninchenhorde abschießt; und natürlich finden sich auch Spielchen, in denen die Remote mit leichten Bewegungen das Gegenstück zu einem Holzlabyrinth darstellt, durch das ihr mit Kippen und Schwenken eine Kugel lenken müsst.

Ja, ich gebe es zu: Anfangs war ich extrem skeptisch. Doch im Vergleich zu EyeToy wirkt die Wii-Steuerung noch intuitiver und ich habe auch weniger Probleme, mich vor Familie und Kollegen zum Affen zu machen. Alles wirkt homogen und wie aus einem Guss: Wii und Rayman Raving Rabbids sind ein himmlisches Paar.

PC: Wii-Emulation mit Problemen

Wenn es ein System gibt, das am ehesten dazu geeignet scheint, die außergewöhnlichen Kontrollmechanismen des Wii reproduzieren oder wenigstens ein "Wii light" darzustellen, dann fällt dem PC diese Aufgabe zu. Und in manchen RRR-Spielchen ist der Arbeitsaufwand mit Maus oder Tastatur ähnlich intensiv wie auf der neuen Nintendo-Konsole. Aber selbst wenn man dem Team guten Willen attestieren muss, die Hasen auf den Rechner zu bringen, wirkt das Geschehen nicht immer überzeugend und kann auch nicht in dem Maße den Spaß transportieren, wie es die Wii-Version schafft.

        

Alternativ kann man auch ein PC-Pad bemühen, um die Anforderungen zu lösen. Doch wie es der Teufel will, eignet sich für bestimmte Wettbewerbe aber die Maus-/Tastatur-Kombo besser. Dummerweise kann man allerdings nicht immer frei wählen, sondern muss sich vor dem Neustart bzw. dem Einladen eines Spielstands festlegen. Ein Umschalten während des laufenden Spiels ist leider nicht möglich.

Dieser Hasenchor hat es faustdick hinter den Ohren!
PS2: Wenn´s nicht anders geht

Auf der guten alten PlayStation 2 hingegen ist man auf pure Pad-Steuerung festgenagelt. Die funktioniert zwar absolut einwandfrei, doch im Vergleich zu PC und vor allem Wii hält sich der Spaß in sehr konventionellen Grenzen. Hier ist es einfach nur noch eine nette Sammlung mehr oder weniger interessanter Mini-Spielchen.

(Kleine) Probleme überall

Trotz des immensen Bonus, den die Wii-Version dank ihrer Steuerung genießt, hat es das gute alte Schlappohr aus der Feder von Kult-Designer Michel Ancel verpasst, Ansprüche auf eine Wertung im sehr guten Bereich anmelden zu können. Das wiederum liegt an grundlegenden Problemen mit Spielmechanik sowie der Auswahl an Mini-Games - Mankos, die auch die anderen Versionen betreffen.

Denn wie bereits erwähnt, mag die Anzahl von 70 der kurzweiligen Spielchen unter dem Strich zwar richtig sein, doch zieht man Wiederholungstäter ab und schaut nur auf die grundlegend verschiedenen Disziplinen, verringert sich die Zahl um ein Erhebliches und dürfte sich in etwa um die 40 einpendeln. Was sicherlich immer noch eine mehr als befriedigende Ausbeute darstellt.

Zumal es einem auch relativ leicht gemacht wird, durchzukommen: Von den vier an jedem "Wettbewerbs-Tag" zur Verfügung stehenden Disziplinen müssen nur drei erfolgreich gemeistert werden, damit sich das Haupttor öffnet, das die "Boss-Disziplin" verbirgt. Und genau an diesem Punkt schwächeln die Welteroberungskarnickel. Denn hinter dem riesigen Türbogen wartet in den meisten Fällen ein Railshooter, in dem ihr mit dem Pömpel Schlappohren in allerlei Varianten , wie z.B. Cowboys, Piraten, Urlaubsbunnys oder Sam Fisher-Kaninchen (!) abschießt. Gelegentlich dürft ihr auch ein Rennen bestreiten, bei dem es allerdings nicht darauf ankommt, als erster ins Ziel zu kommen, sondern nur darauf, im vorgegebenen Zeitrahmen die Linie zu überschreiten. Hier wurden maßgebliche Chancen verschenkt, um aus der durchweg guten Unterhaltung ein exzellentes Party-Spiel zu machen.

Die Rhythmus-Spiel-Einlagen gehören optisch und spielerisch zu den Highlights, nutzen sich aber auf Dauer ab...
Auch die Rhythmus-Wettbewerbe, in denen Rayman zu Songs wie Misirlou aus Pulp Fiction oder Bunny-Cover-Versionen von Girls They Wanna Have Fun oder La Bamba versucht, die großäugigen Schreihälse mit seinen Tanzkünsten zu überzeugen, können nur anfänglich punkten: An den witzigen, teilweise zum Brüllen komischen Verrenkungen hat man sich spätestens nach dem ersten Durchspielen (das solo etwa drei bis vier Stunden dauert), satt gesehen.

Kulisse mit Höhen und Tiefen

Auch in punkto Grafikpomp gibt es zwischen PS2, PC und Wii große Unterschiede. Keine Fassung dringt dabei in außergewöhnliche Bereiche vor, bietet aber stimmungsvolle Kulissen und gute, immer wieder groteske und witzige Animationen. Aber während die PC-Variante sich wenigstens durch hohe Auflösungen auszeichnet und mit kaum wahrnehmbaren Ladezeiten punktet, gibt es auf der PS2 hin und wieder Kantenflimmern und Ladezeiten aus der Hölle - was sich vor allem bei Wettbewerben, die kurz sind und nur aus einem Versuch bestehen, sehr negativ auf die Motivation auswirkt. Die Wii-Version liegt sowohl grafisch als auch hinsichtlich der Ladezeiten auf einem akzeptablen Niveau zwischen ihren Brüdern.

Ein weiterer Grund, der gegen die PS2-Fassung spricht, ist die nur mäßige Mehrspieler-Unterstützung: Während Wii- und PC-Spieler mit bis zu vier menschlichen Kontrahenten Duelle ausfechten können, bleibt die Sony-Konsole auf zwei Spieler beschränkt.    

Fazit

Musste das sein? Mussten die durchgeknallten, in fast jeder Situation extrem witzigen Hasen wirklich auf Systemen wie PC und vor allem PS2 ihr Unwesen treiben? Gerade die PlayStation 2-Version bleibt deutlich hinter der Wii-Variante zurück und trotz guter Ansätze können auch die Rechenknecht-Karnickel nicht mit der Version für Nintendos neue Konsole mithalten. Leichte bis mittelsschwere Steuerungsdefizite, Ladezeiten aus der Hölle sowie eingeschränkte Mehrspieler-Fähigkeiten machen die PS2-Hasen zur dritten Wahl, zumal es mit den EyeToy-Spielen haufenweise Alternativen gibt. Und nur für hohe Auflösungen und hoch optimierte Ladezeiten die PC-Fassung besorgen? Nur wenn's wirklich nicht anders geht. Wer jedoch das Glück hat, noch dieses Jahr Wii in seinem Wohnzimmer aufzubauen, bekommt mit dem neuen Rayman-Abenteuer einen äußerst interessanten Starttitel. Selbst kleinere Mankos wie die unter dem Strich deutlich schwankende Qualität sowie die Wiederholungserscheinungen der Minispielchen können den Spielspaß nur eingeschränkt gefährden. Steuerung, Kulisse, Zugänglichkeit: Rayman Raving Rabbids sowie Nunchuk und Remote sind wii füreinander geschaffen!

Gut gemacht, Ubisoft! Dieses Spiel sollte sich kein Wii-Käufer mit Humor und Partylaune entgehen lassen. Man gewöhnt sich zwar sehr schnell an die Zwerchfellkracher und hat sich noch schneller durchgezockt, aber die Auswahl an Minigames ist üppig und die Steuerung passt wunderbar zum Konzept der Konsole - dieses Spiel riecht förmlich nach Wii. Selbst Neuspieler, Niespieler oder konservative Mausonlyzocker werden mit den durchgeknallten Hasen ihren Spaß haben. Ich habe mir in den Momenten, in denen man Rayman frei steuern kann, allerdings immer ein echtes Jump' n Run mit dem Schlappohr gewünscht - vielleicht kommt das ja noch. Auf dem PC und der PS2 vergeht die Faszination recht schnell, denn hier fehlt einfach das Neue, die rhythmische Controllergymnastik, das frische Timingerlebnis.

Pro

insgesamt über 70 Aufgaben
akkurate, sehr gut auf Remote und Nunchuk abgestimmte Steuerung (Wii)
nahezu nichtexistente Ladezeiten (PC)
verrückte Hasen bis zum Abwinken
total abgefahrener Humor
zahlreiche Boni und Gimmicks freizuspielen
unterhaltsamer Party-Spaß für bis zu vier Spieler (Wii, PC)

Kontra

stark schwankende Qualität der Minispiele
keine Steuerungsvariante wirklich für alle Spielchen optimal (PC)
üble Ladezeiten (PS2)
manche Mini-Spiele wiederholen sich oder werden nur variiert
Multiplayer nur für zwei Spieler (PS2)

Wertung

Wii

Coole Mini-Spielsammlung mit abgefahrenem Humor und gut abstimmter Wii-Steuerung!

PlayStation2

Vom Ansatz ganz nett, aber von unsäglichen Ladezeiten und Steuerungsproblemen geplagt.

PC

Technisch sauber, aber trotzdem fehlt das gewisse "Etwas".

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