World Snooker Championship 200704.02.2007, Mathias Oertel
World Snooker Championship 2007

Im Test:

Holt die Queues aus dem Schrank, poliert die Kugeln und vergesst ja die Kreide nicht: Es ist Zeit für eine Runde Billard - oder auch Snooker. Im Auftrage Segas kredenzt Blade Interactive mit World Championship Snooker 2007 bzw. der Handheld-Variante World Snooker Challenge 2007 die neueste Auflage der vor allem in England beliebten Randsportart. Wie können die Ballspezialisten dieses Jahr abschneiden?

Einlochen ist angesagt

Zugegeben: Ich kenne Snooker vornehmlich aus Eurosport-Übertragungen und bevorzuge privat lieber eine gepflegte Partie Pool. Da wiederum gebe ich unumwunden zu, dass mein Enthusiasmus, die Kugeln in die Löcher zu stoßen, deutlich größer ist als mein Talent. Außerdem habe ich seit geraumer Zeit das Rauchen aufgegeben und meide daher Etablissements, in denen zu stark gequalmt wird - wie z.B. Pool-Hallen.

Zahlreiche Anzeigehilfen sowie eine gute Steuerung machen die Pool- und Snooker-Spielchen auch für Anfänger interessant!
Insofern bin ich Sega jedes Jahr aufs Neue dankbar, wenn eine weitere Auflage der World Snooker Championship (bzw. World Snooker Challenge auf PSP) erscheint. Dieses Mal sogar ganz besonders: Die Kugelspielchen feiern ihre Next-Generation-Premiere auf der Xbox 360.

Next-Gen-Spaß

Doch die Begeisterung und Vorfreude wich sehr schnell der Ernüchterung. Das betraf allerdings weder Spielmodi noch die nach wie vor exzellente Physik. Während Ersteres durch viele Varianten, darunter auch Snooker-/Pool-Misch-Touren auffällt, besticht Letzteres durch einen enormen Realismus. Bis auf den fehlenden Rückstoß, der einem durch den Queue bis in die Schulter fährt, hat man stets das Gefühl, dass sich alles so verhält, wie es sein muss. Dies wird vor allem bei den Trickshots deutlich, die wirklich das Letzte eures Timings abverlangen.

In diesem Zusammenhang möchte ich für die nächste Auflage einen Wunsch äußern: Baut bitte die Möglichkeit ein, eigene Trickshots aufzusetzen. Denn wenn man zu den Spielern gehört, die sich mit diesen Herausforderungen beschäftigen, gehört man mit großer Wahrscheinlichkeit auch zu denjenigen, die etwaige Veranstaltungen im Fernsehen verfolgen und vielleicht sogar aufzeichnen.

Die Hochglanz-Kugeln mit ihren Spiegelungen sehen klasse aus - die Spieler-Modelle weniger...
Und spätestens dann gehört man zu denen, die im TV gesehene Trick-Aufstellungen gerne nachspielen möchte - was hier leider nicht möglich ist.

Im Gegensatz dazu lassen die zahlreichen Konfigurationsmöglichkeiten sowie optionalen Zielhilfen, die euch dieses Mal sogar anzeigen, in welchem Bereich die weiße Kugel nach dem Stoß landen könnte, wenige Wünsche offen und machen WCS auch für Einsteiger extrem interessant.

Mehrspieler-Duelle in den verschiedenen Billard-Varianten sind natürlich auch vorgesehen. Auf 360 und PS2 neben dem Match zu zweit vor der heimischen Glotze auch online, auf der PSP "nur" über die direkte Verbindung, die aber immerhin GameSharing unterstützt.

    

Doch egal, wo und gegen wen ihr antretet, solltet ihr Geduld mitbringen. Denn im Vergleich zu den CPU-Matches, bei denen ihr im Zweifel oder bei Zeitdruck die Züge berechnen und nur das Ergebnis anzeigen lassen könnt, seid ihr bei Mehrspielerduellen fest in der Hand des Gegners.

Es wird viel Wert auf eine ansprechende TV-Präsentation gelegt - anstatt sich um eine vernünftige Next-Gen-Grafik zu kümmern...
Dies kann natürlich auch ganz gezielt eingesetzt werden, um den Gegner psychologisch unter Druck zu setzen... Dafür bleibt allerdings festzuhalten, dass die Duelle nur im Ausnahmefall mit Lags zu kämpfen haben.

Current-Gen-Technik

Aber gleichgültig, auf welchem System man spielt, zeigt die technische Umsetzung negative Auffälligkeiten: Allen Fassungen gemeinsam sind Ladezeiten, die dermaßen grenzwertig sind, dass man sich immer wieder bei der Frage ertappt, ob man sich vielleicht noch einen Kaffee holen soll. Doch just in dem Moment der Entschlussfindung springt der Ladebildschirm um und schmeißt euch ins Spiel. Also holen wir das Koffein später...

Denn wach wird man angesichts der grafischen Umsetzung auf jeden Fall. Allerdings ist es eher der Schreck angesichts der vor allem auf 360 unzeitgemäßen Kulisse, der einem durch die Glieder fährt.

Schaut man sich als Vergleich ein Spiel wie Tischtennis an, bei dem such das Geschehen im Wesentlichen ebenfalls auf zwei Personen und Physik konzentriert, wirkt Snooker auf der Microsoft-Konsole wie eine missglückte Fingerübung.

Die Sportler mögen lizenziert sein - alles schön und gut! Aber die eher an Current-Gen-Versionen erinnernden und mit wenig Details ausgestatteten sowie eher spärlich animierten  Figuren sind ein absoluter Abturner und werden von den auf Hochglanz polierten Kugeln locker in den Schatten gestellt.

Da die Kugeln auf PS2 gleichsam poliert wurden und in Relation das Figurendesign samt Bewegungen mehr aus der Hardware herausholt, liegt diese Fassung tatsächlich im visuellen Gesamteindruck vorne.

Auf die Zuschauer hätte man zu Gunsten verbesserter Spieler-Modelle und -Animationen verzichten sollen...
Die PSP-Variante (World Snooker Challenge) wiederum hat durch die Bank mit einem flüssigen Spielablauf zu kämpfen. Hier passiert es immer wieder, dass man das Gefühl hat, sowohl Spieler als auch Kugeln bewegen sich nicht so geschmeidig und hüpfen sogar gelegentlich von einer Animation zur anderen.

Beim Charakter-Editor nehmen sich die Versionen nicht viel und nutzen die jeweiligen technischen Verhältnisse gut aus. Auf der PSP z.B. habt ihr eine reichhaltige Auswahl aus festen Versatzstücken, um euer Kugel versenkendes Alter Ego zusammen zu setzen. Auf der 360 hingegen warten Schieberegler, die es euch wie bei EAs GameFace (z.B. Tiger Woods) ermöglichen, haarkleine Einstellungen im Aussehen eurer Figur zu treffen.

Doch das ist alles nur Makulatur, wenn die visuelle Basis bereits Risse hat, die in der nächsten Auflage mit einer neuen Engine behoben werden sollten.

Denn spätestens dann ist es mir egal, dass sich die zugegeben meist passenden Kommentare zu schnell wiederholen, um nach dem x-ten Spiel noch für Atmosphäre sorgen zu können. 

Fazit

Wer einen adäquaten und vor allem rauchfreien Ersatz für die regelmäßigen Ausflüge in das Pool-Etablissement seiner Wahl braucht, ist mit WCS 2007 gut aufgehoben. Allerdings galt dies auch schon für die zahlreichen Vorgänger. Sicher: Die optionalen visuellen Hilfen sind dieses Jahr besser denn je und ermöglichen auch Einsteigern schnelle Erfolgserlebnisse. Doch die alleine können keinen Kaufgrund darstellen. Dann schon eher die erweiterten Spielmodi, die allerdings auch noch deutlich Luft nach oben haben - u.a. da ich weiterhin schmerzhaft die Möglichkeit vermisse, eigene Trickkonstellationen aufzubauen und mir selber Herausforderungen zu stellen. Die Physik hingegen ist über alle Zweifel erhaben. Bedauerlich für Xbox 360-Ballversenker ist die schwache Kulisse: Mit nur zwei Spielern, einem "Schiedsrichter" sowie einem extrem überschaubaren Zuschauer-Ambiente werden die Muskeln der Microsoft-Konsole kaum gefordert. Doch im Vergleich zu Rockstars Tischtennis, das eine ähnliche Grundanforderung stellt, sehen die Figuren auf der 360 einfach nur grausam aus. Dementsprechend hinterlassen die Fassungen für PS2 und PSP im Vergleich einen besseren Eindruck. Spielerisch insgesamt unangefochten die Nummer 1, technisch mit Verbesserungsbedarf.

Pro

umfangreicher Figureneditor
diverse Spielmodi
eingängige Steuerung
glaubwürdige Physik
gute KI

Kontra

schwache Next-Gen-Kulisse (360)
keine eigenen Trickshot-Aufstellungen möglich
sich schnell wiederholende Kommentare

Wertung

360

Feine Physik, schöne Spielmodi aber Kulissen (fast) zum Abgewöhnen...

PlayStation2

Auch die Ausgabe 2007 zählt zu den besten Billard-Titeln!

PSP

Feine Billard-Simulation für die Hosentasche!

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