Historisches Stillleben
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Die ersten zehn Minuten in Los Angeles.
Was für ein akribisch recherchiertes Stillleben! Nicht nur die Mode und die Architektur, nicht nur berühmte Denkmäler und Sehenswürdigkeiten von Parks bis hin zu Filmgeländen, selbst Schaufenster, Schuhe, Bowlingbahnen und kleinste Gegenstände vom Teddy bis hin zum Lippenstift scheinen direkt aus dem Jahr 1947 auf Xbox 360 und PlayStation 3 gebeamt zu werden. Wie viele Jahre haben die Entwickler in Foto- und Filmarchiven verbracht? Dieses Los Angeles wirkt wie ein virtuelles Gemälde, das man staunend als Tourist erkunden kann.
Selbst die sozialen und politischen Konflikte werden in knapp fünf Stunden Zwischensequenzen und zig Dialogen greifbar: Die untergeordnete Rolle der Frau zwischen dominanten Chauvinisten, die Alkoholprobleme einer ganzen Gesellschaft, die diskriminierten Schwarzen, die immer noch als „Neger“ bezeichnet werden und nur als Hilfsarbeiter oder Türöffner arbeiten. Dazu all die Feinde Amerikas von Kommunisten über Japaner bis hin zu Nazis. Hinzu kommen die psychischen Probleme all der Kriegsheimkehrer, die als Obdachlose, Säufer oder Gewaltverbrecher enden. All das kann man sich als interessierter Zeitreisender ansehen und anhören.
Thriller ohne Spannung
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Cole Phelps hat in Japan gekämpft, trägt die Tapferkeitsmedaille und gilt als junge Hoffnung der Polizei. |
Aber man würde viel lieber mit Spannung im Nacken ermitteln oder anspruchsvolle Kriminalrätsel lösen als nach spätestens vier Stunden immer wieder gelangweilt zu gähnen, weil sich das Spielprinzip in monotonen Schleifen wiederholt, weil es sowohl an der belanglosen Action als auch, und das wiegt viel schwerer, an der viel zu einfachen Adventure-Komponente scheitert. Echte Rätsel gibt es nicht, knifflige Situationen haben Seltenheitswert. Dabei ist man nicht als virtueller Urlauber unterwegs, der mit Sinatra im Ohr authentische Hollywoodrequisiten betrachten will, sondern als detektivischer Held in einem Thriller – und davon spürt man in den 12 bis 15 Stunden viel zu wenig.
Die Fassade ist so schön, die Ausgangslage so vielversprechend: In der Rolle des Polizisten Cole Phelps jagt man den Verbrechern in der Stadt der Engel nach – 21 Fälle warten auf den ehrgeizigen Kriegsveteranen, der sich vom einfachen Verkehrspolizisten langsam hoch arbeitet zum Ermittler der Mordkommission. Er muss mit zig Bewohnern sprechen, zig Tatorte aufsuchen und Verdächtige interviewen. Und die überzeugen durch die Bank mit einer schauspielerischen Qualität, die ihresgleichen sucht. Gerade zu Beginn ist man von der fantastischen Mimik und vor allem den Verhören überaus angetan. Da kann man die technischen Probleme im Hintergrund verzeihen: Es ruckelt des Öfteren, es gibt Pop-ups, Fade-ins und kleine Bugs. So mancher Fußgänger schwebt schon mal über dem Boden. Manchmal bleibt ein Kollege auch einfach stehen, anstatt ins Auto zu steigen oder man kommt nicht auf Anhieb durch Türen, weil er sie blockiert.