NFL Street 315.02.2007, Benjamin Schmädig
NFL Street 3

Im Test:

Das Spiel ist fair, der Platz ist grün und der Ball ist rund? Denkste! In EAs Street-Serie punktet ihr mit Touchdowns, Tricks und verbringt zeitweise mehr Zeit in der Luft als auf dem Asphalt. Taktische Spielzüge sind dafür Nebensache - es geht ums schnelle Spiel sieben gegen sieben. Das alles kennt ihr aus den Vorgängern, aber gibt’s auch etwas Neues?

Old school

Deutsche Texter haben es manchmal schwierig: Da freut man sich als Freund der gepflegten Heimatsprache, wenn selbst Berichte zu Rollenspiel-Schwergewichten ohne neudeutsche Anglizismen auskommen und dann hält man etwas Simples wie Straßen-Football in der Hand und der Kopf denkt nur noch Englisch. Audible, Snap oder Juke gehören jedenfalls zu meinem Alltag, seit ich mich auf den Hinterhöfen von zehn US-Städten gegen Amateure, Profis und Weltstars behaupte. Dass ich eine solche Karriere ohne Englischkenntnisse an den 

Coole Akrobatik: In der Luft haben die Straßen-Footballer am meisten drauf.
Nagel hängen könnte, liegt allerdings nicht am ur-amerikanischen Sport, sondern an der fehlenden Übersetzung. Denn NFL Street 3 (ab 23,93€ bei kaufen) kennt kein einziges deutsches Wort - genau wie seine Vorgänger. Das Handbuch spricht zwar unsere Sprache, aber wer unterwegs keine Anleitung parat hat, ist aufgeschmissen. Hätte man das bisschen Wortlaut mit ein wenig Liebe zum Fan nicht eindeutschen können?

Viel schlimmer ist aber, dass sich EA schon wieder in seine selbst gestrickte alte Mode kuschelt: Den Jungs ist es beim Verfassen des Handbuchs offenbar egal, ob ich die Grundlagen des Sports kenne und einen Zugang zu ihrem Spiel finde. Ich muss einen Artikel darüber schreiben - natürlich beschäftige ich mich so lange mit den Regeln, bis der Sinn des Playbooks bei mir ankommt. Hätte mir ein Kumpel UMD oder PS2-Disk in die Hand gedrückt, würde ich ihm mit dem Finger an die Stirn tippen und das Spiel dankend returnieren. Auch wenn die sehr guten Übungen alles Wichtige zur Steuerung verraten - wie Football funktioniert wisst ihr entweder schon vorher oder gar nicht.

Verschluckte Spieler

Und nicht nur das zu knappe Handbuch

NFL Street 3 in Aktion: Offizieller Trailer
erscheint  im Hinblick auf die EA-Tradition konventionell; der Eindruck zieht sich durch das ganze Spiel. Kurz gesagt: Kennt ihr NFL Street 2, kennt ihr auch den dritten Teil. Dabei war schon die erste Fortsetzung kein Pflichtkauf für Besitzer des Erstlings. Ein paar neue Plätze, eine Hand voll neuer Tricks, ein besseres Team-Management - das war's. Die triste Farbgebung verblasst gegen das farbenfrohe NBA Street; vor allem auf PS2 gibt es dort lebendigere Spieler. In Sachen PSP wirkt Street 3 frischer; das kleine Bild verschluckt gesichtslose Akteure eher als eine Mattscheibe und solange God of War nicht auf dem Handheld läuft, darf der sich hinter seiner schwächeren Technik verstecken.

Dafür leidet die Übersicht gerade auf dem kleinen Bildschirm, weil ihr z.B. kaum erkennt, unter welchem eurer Footballer der blaue Kreis des aktiven Spielers leuchtet. Ganz zu schweigen davon, dass die Kamera auf beiden Systemen stur geradeaus schaut. Ihr wollt vom rechten Rand quer über den Platz passen?

Selbst harte Tacklings krachen leider nicht so heftig, wie man es sich vorstellt.
Kein Problem - wer will schon sehen, ob sein linker Angreifer gerade gedeckt wird? Und wen interessiert es, wo der von ihm gesteuerte Spieler steht, solange er den Ball führenden Gegner im Blick hat...

Klamotten und Goldkettchen

Habe ich vorhin gesichtslose Akteure erwähnt? Eine Übertreibung, zugegeben. Allerdings fehlt euren vom Zufall erstellten Spielern tatsächlich das Profil einer einzelnen selbst gebauten Identifikationsfigur. Im Gegensatz zum Vorgänger verfolgt ihr nämlich nicht nur die Karriere eines Footballers, sondern dreht an den Werten des gesamten Teams. Außerdem nehmt ihr Quarterbacks, Center usw. der geschlagenen Teams in eure Mannschaft auf. Das macht den Weg an die Spitze abwechslungsreicher, dafür nerven die ständigen Ladeunterbrechungen im PSP-Menü gewaltig. Man könnte annehmen, dass die Entwickler nach zwei Jahren mit UMDs umgehen können - Pustekuchen.          

Ob ihr euren Spielern Klamotten kauft, ihnen einen krassen Haarschnitt verpasst oder Goldkettchen an Hals und Gelenke hängen wollt: Geld dafür verdient ihr nach jedem noch so erfolglosen Match, Entwicklungspunkte zum Aufwerten ihrer Fähigkeiten erhaltet ihr in Trainingssitzungen. Letztere finden als Street Event statt, in denen ihr nur Bälle fangen oder in einer Runde "Jeder gegen jeden" den Ball so lange wie möglich halten müsst. Eine willkommene Abwechslung zu den gewöhnlichen Partien - wobei

Noch einmal hoch hinaus: In der Luft kommt ihr am schnellsten und sichersten voran.
selbst die nicht nach herkömmlichen Regeln ausgetragen werden. Abgesehen davon, dass jedes Team nur sieben Mann auf den Platz stellt, könnt ihr weniger Spielzüge als im Simulations-Vetter Madden NFL nutzen, dafür aber tricksen, was die Schultertaste hergibt.

Gesprungene Tricks

Es hat sich zwar auch hier seit dem Vorgänger wenig geändert, aber die krachigen Blocks, Spiel entscheidenden Gamebreaker und lässigen Wall-Moves bringen viel Schwung in den sonst taktisch geprägten Football - eine Mischung aus hartem Rock, brachialem Industrial und schnellem Metal gibt den Ton vor. Ich hätte mir nur deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Spielzügen gewünscht. Ihr könnt vor einem Zug zwar die Taktik der Gegner vorhersagen und habt bei Erfolg bessere Chancen nach vorne zu kommen oder die Angreifer zu stoppen. Es reicht aber, immer wieder eine Hand voll Taktiken einzusetzen, da die meisten Möglichkeiten zum gleichen Ergebnis führen. Für eine coole Runde zwischendurch reicht das - etwas mehr Tiefe wäre trotzdem schön gewesen.

Apropos cool: Neu sind Wall-Moves und Gamebreaker wie gesagt nicht, aber mit den erweiterten Möglichkeiten fühlt sich beides dynamischer ab als im Vorgänger. Wenn ihr einen Gamebreaker ausführt, bringen eure Spieler z.B. keine automatischen Touchdowns mehr zustande. Stattdessen behaltet ihr die Kontrolle und führt besonders harte Tacklings aus oder rammt wie eine Dampfwalze durch die Abwehr. Die Gamebreaker-Leiste füllt ihr wie gehabt mit Tricks, wie den erwähnten Wall-Moves, auf. Springt dazu an eine Mauer, springt ein zweites Mal ab und schon kauft ihr mit einer Rolle oder einem Salto eurem Gegner den Schneid ab. Quarterbacks werfen hingegen im Sprung Pässe, wobei ihr auch über Mülltonnen oder Kisten rennen könnt, um abzuheben.

Rennen, verteidigen oder Tricks?

Den Spaß am Sport fängt Street 3 besser ein als seine Vorgänger, ja. Aber irgendwie wollte der Funke nicht auf mich überspringen. Der dritte Teil wirkt nun mal... altmodisch. Ihm fehlt der Pep, das Krachige, der Knall beim Touchdown - irgendwas! Selbst mit den neuen Spielvarianten unterscheidet sich der Funsport-Ableger weniger von Madden NFL als NBA Street vom Live-Vorbild. Dazu kommt, dass ihr die Verteidigung ohnehin eher konventionell angeht:

Auch von Kisten könnt ihr abspringen.
Ihr haltet eure Gegner zwar mit bösen Blocks auf, dürft aber kaum Tricks ausführen. Nur der Angriff wirkt fühlt sich so an, wie man es von einem Street-Titel erwartet. Für PSP-Besitzer kommt sogar hinzu, dass die Footballer keine Kommentare abgeben, sondern nur schriftlich von sich "hören" lassen.

Trotz Gemecker: Die verschiedenen Spielvarianten konnten mich auch in längeren Sitzungen bei der Stange halten. So dürft ihr jetzt auch in Zeitspielen antreten, wo ihr innerhalb einer Minute punkten müsst. Die restliche Zeit wird eurem Konto gutgeschrieben. Richtig klasse ist aber erst Playbook Elimination - eigentlich ein normales Match, bei dem aber jeder erfolglose Spielzug aus eurer Liste gestrichen wird. Wer zuerst keine taktischen Möglichkeiten mehr hat, verliert. Oder ihr sammelt mit Tricks Punkte, die ihr beim Touchdown einstreicht. Beim Defensive Scoring macht ihr vor allem in der Defensive Punkte und in Yards for Points führen lange Läufe mit dem Ball zum Erfolg. Wenn ihr in den zehn Städten der Karriere um Respekt spielt, wechseln sich die Varianten ständig ab, so dass ihr - wie in NBA Street - oft umdenken müsst. Und nicht zuletzt sorgen natürlich Mehrspieler-Partien für Abwechslung, auch wenn ihr euch nicht online miteinander messen dürft.      

Fazit

Wenn ich raten müsste, würde ich sagen: Entweder verkauft sich NFL Street in Nordamerika wie geschnitten Brot oder die Serie bedeutet EA weniger als ein aufgelöstes Krümel Salz in Tomatensuppe. Wer sich im dritten Teil der Serie auf mehr als nur Tuning freut, dürfte jedenfalls enttäuscht sein. Dabei bringen die neuen Spielvarianten zunächst Schwung in den Football-Alltag - Playbook Elimination ist sogar richtig klasse - und die aktiven Gamebreaker ziehen euch vom Beobachtersitz mitten aufs Feld. Damit macht Street 3 immer noch Laune, füllt jede Lernpause mit links aus; fühlt sich aber auch zu matt an, um gegen die Konkurrenz aus dem eigenen Haus zu bestehen. Selbst wenn Football auf der Straße Spaß macht, zeigt nur NBA Street, wie sehr es auf den Hinterhöfen krachen kann. Dabei erwarte ich gerade vom Football, dass das Zuschauen weh tut - wenn Schulterpolster aufeinander donnern oder mein Spieler den Touchdown im Asphalt versenkt. Auf PSP senken ständige Ladehemmungen im Menü und die fehlenden gesprochenen Kommentare auf dem Platz den Spaß noch weiter. Nur die gesprungenen Tricks sehen in beiden Fassungen wirklich cool aus. Alles in allem tritt Street 3 zu sehr auf der Stelle. Für einen Schritt nach vorn hätten sich die Entwickler mehr als eine Hand voll frischer Spielvarianten einfallen lassen müssen.

Pro

flotter Football ohne Taktik
aktive Gamebreaker-Moves
coole Wall-Moves
Training für alle Charaktere
gutes Tutorial
rockiger Metal-Soundtrack

Kontra

nicht einmal deutscher Text
keine nennenswerten Neuerungen
teilweise unübersichtliche Kamera
keine Spieler-Kommentare (PSP)
störende Ladezeiten im Menü (PSP)
Anleitung erklärt keine Spielzüge

Wertung

PSP

Der Handheld wirkt wie das Zuhause der schnellen Action.

PlayStation2

Die coolen Tricks bieten zu wenig Neues für eine Fortsetzung.

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