Medal of Honor: Vanguard15.04.2007, Jan Wöbbeking
Medal of Honor: Vanguard

Im Test:

Der Einsatzbefehl ist da. EA schickt Wii- und PS2-User in den Zweiten Weltkrieg - und zwar mit einem maßgeschneiderten Ableger namens Vanguard. Besitzer von PS3 und Xbox 360 können sich dagegen noch bis zum Herbst vorm Wehrdienst drücken. Dann nämlich erscheint Medal of Honor: Airborne für die beiden Grafikmonster. Ob die Serie nach mehreren durchwachsenen Vorgängern wieder zu alter Größe zurückfindet?

Endlich mit Außerirdischen!

Um ein wenig Abwechslung ins Spiel zu bringen, hat Electronic Arts diesmal eine einschneidende Neuerung implementiert: Mitten im Gefecht werden Freund und Feind von Aliens auf einen fremden Planeten gebeamt und beharken sich in der Schwerelosigkeit mit Laserwaffen. Nein, natürlich nicht.

Eine typische Szene: Häufig arbeitet ihr euch an feindliche MG-Stellungen heran (PS2).
Es geht selbstverständlich wieder ausschließlich auf Originalschauplätzen des Zweiten Weltkrieges wie der sizilianischen Küste und in Deutschland zur Sache. Mal springt ihr mit dem Fallschirm in einem Küstenstädtchen ab und drängelt euch mit euren Kameraden durch die engen Gassen. Oft führt euch der einzige Weg durch karg eingerichtete Häuser, in denen euch der immer gleiche umgestürzte Tisch oder andere, sich wiederholende Einrichtungsgegenstände begegnen.

An anderer Stelle führt euch der Weg zu einem feindlichen Bunker über eine stark bewachsene Wiese. Während der strömende Regen mit genau so realistischem Sound auf euch nieder prasselt wie die gegnerischen Projektilsalven, verharrt ihr geduckt hinter einem großen Stein. Ihr legt das Gewehr mit der jeweiligen Taste an und wartet darauf, dass euer Gegenüber nachladen muss. Dann späht ihr über Kimme und Korn mit dem linken Analogstick an eurer Deckung vorbei. Dazu könnt ihr euch ein kleines Stück in alle Richtungen lehnen. Es wirkt ganz so, als würdet ihr in der Realität hinter einem Stein kauern und euren Oberkörper hin- und her bewegen, um an dem schützenden Hindernis vorbeizuschießen. Sobald sich der Gegner wieder aus seiner Deckung begibt, gebt ihr ihm Saures. Ist er erledigt, lauft ihr mittels L2-Taste auf dem PS2-Controller bzw. mit einem Druck auf das obere Element des Steuerkreuzes auf dem Wii los. Dank dieser Technik könnt ihr blitzschnell von Deckung zu Deckung sprinten und euch sofort wieder in die Hocke begeben. Ein kleiner Radar klärt euch darüber auf, wo sich eure Widersacher versteckt halten.

Panzer, MGs & Orden

S'ist duster draußen: Auf der PS2 wirken die Außernszenarien, wie hier zu sehen, stimmungsvoll. Die Wii kommt dagegen ins Schwitzen und die Spielgeschwindigkeit dort arg ins Stottern. 
Manchmal sammelt ihr auch Waffen-Upgrades oder Teile einer Bazooka ein, um einen gegnerischen Panzer außer Gefecht zu setzen. In einer Mission wird eine Kirche von einer der zahlreich im Spiel vertretenen MG-Stellungen bewacht. Habt ihr euch in das Dachgeschoss des Gotteshaus gekämpft, wird es unterhaltsam: Dann dürft ihr es euch an der MG 42 gemütlich machen und auf die Horden von über den Friedhof laufenden Feinden auf den selben schicken, während die im Dachstuhl baumelnde Geisel von der Decke meckert: "Kann sich mal einer um mich kümmern?" Sgt. Magnusson nörgelt solange herum, bis ihr ihn von seinen Fesseln befreit habt. Für besondere Leistungen bekommt ihr nach der Mission übrigens eine Medaille verliehen. Kämpft ihr euch z.B. durch eine Mission, ohne einmal die Hundemarke abzugeben, könnt ihr dank dem "Bronze Star" länger sprinten. Ein anderer Orden sorgt für mehr Ausdauer beim Kugeln einstecken.                

Besser als Call Of Duty?

Klingt bisher alles recht spaßig, gell? Ist es im Grunde auch, jedoch kommt nie die Spannung auf, wie in den dynamischen, abwechslungsreichen Schlachten eines Call Of Duty 2 auf Xbox 360 und PC. Die Gegner wechseln zwar ab und an ihre Position oder ziehen sich zurück, meist bleibt es aber trotzdem beim gleichen Ablauf:

Kein Zielwasser getrunken: Die dümmlichen

KI-Kameraden würden nicht mal das Pinkelbecken treffen (PS2).Man arbeitet sich Stellung für Stellung voran. Außerdem schmälert der arg konventionelle Aufbau der Kulissen den Spielspaß. Die Areale sind eng durch umgestürzte Trümmer, Zäune und anderes Gerümpel begrenzt. Und zwar derart eng, dass gerne auch mal der Platz zum Ausweichen fehlt, wenn ihr aus unerwarteter Richtung von einem Kugelhagel begrüßt werdet.

Als ob das nicht genug wäre, stellen sich euch auch noch die eigenen Kameraden in den Weg: Häufig kommen sie hinter euch her gerannt und stellen sich genau so hinter oder neben euch hin, dass ihr dem gegnerischen Beschuss nicht mehr ausweichen könnt. Wenn sie nicht damit beschäftigt sind, euch den Weg zu versperren oder in die Schusslinie zu laufen, stehen sie herum, wie die Ölgötzen. Vorpreschen und die ganze Arbeit erledigen dürft ihr alleine. Da Vanguard ein Action-Shooter ist und ihr den Kollegen keine Befehle wie in Brothers in Arms geben dürft, müsst ihr wohl oder übel mit dem Verhalten eurer KI-Kollegen leben.

Die Schwächen des Wii

In manchen Missionen sprengt ihr strategische Ziele wie eine Brücke in die Luft (Wii).
Ein weiteres Manko ist die öde Grafik. Die ohnehin etwas karg ausgestatteten Kulissen sind nur mit äußerst verwaschenen Texturen vollgepflastert. Nur die Charaktere, ihre Gesichter und Waffen sind etwas schicker in Szene gesetzt. Auf der PS2 wirkt das Bild ein wenig unruhiger durch flimmernde Texturen und viele Alias-Treppchen an geraden Kanten. Aber immerhin leidet das Spiel dort nicht unter den heftigen technischen Problemen, mit denen ausgerechnet die Wii-Fassung zu kämpfen hat. Während auf der sieben Jahre alten Sony-Konsole alles flüssig über den Schirm flimmert, schaltet das Spiel auf der Wii in Zeitlupe, sobald ihr euch aufs freie Feld bewegt. Wow, Bullet Time in einem Weltkriegs-Shooter! Zum Glück seid ihr die meiste Zeit aber in eng begrenzten Arealen unterwegs, in denen das Problem nicht auftritt.

Doch das temporäre Schneckentempo ist nicht das einzige Manko der Wii-Fassung: Die Grashalme bestehen dort aus deutlich hässlicheren Riesenpixeln. Werdet ihr getroffen, verfärbt sich der Bildrand kurzzeitig rot. Anders als auf der PlayStation bekommt ihr auf der Wii dabei hässliche Farbabstufungen zu sehen, die mich an schlecht kodierte Filmchen auf dem Mega CD erinnerten. Sogar die Wandtexturen der Wii-Version sind mit unschönen Farbübergängen verziert. Sehr gelungen wirkt dagegen die sporadisch auftauchende von Pathos durchtränkte Hintergrundmusik. Das traurige Gefiedel drückt genau das aus, was ich empfinde, wenn ich die entstellten Texturen der Wii-Umsetzung zu Gesicht bekomme.                   

Die Frage der Steuerung

In punkto Steuerung schneiden beide Varianten etwa gleich gut ab. Mit der klassischen Padsteuerung des Dual Shock 2-Controllers bewegt ihr euch etwas souveräner über das Schlachtfeld. Zielen lässt sich hier einen Deut unpräziser als in Call Of Duty 3, aber doch recht ordentlich. Mit der Wii-Steuerung kam ich besser zurecht als mit denen der Wii-Varianten von Call Of Duty 3 und Far Cry: Vengeance. Wie bei der Konkurrenz haben sich auch die Entwickler von Medal Of Honor Vanguard für eine Mischung aus Joypad- und Lightgun-Steuerung entschieden. Peilt ihr den mittleren Bereich des Bildschirms mit der Fernbedienung an, könnt ihr direkt auf eure Gegner zielen und sie mit dem B-Knopf ins Nirvana schicken.

Die engen Wege werden meist von Trümmern begrenzt (Wii).
Bewegt ihr das Zielkreuz dagegen an den Bildschirmrand, dreht sich die Kamera in die jeweilige Richtung. Ihr könnt sogar selbst bestimmen, wie groß die Box sein soll, in der ihr das Zielkreuz frei bewegen könnt, ohne dass sich die Kamera dreht. Oder ihr fixiert das Zielkreuz in der Mitte des Bildschirms. Eine konventionelle Steuerung mit Steuerkreuz und Analogstick wie in Call Of Duty 3 wird dagegen nicht angeboten. Schade übrigens, dass auch die Vanguard-Entwickler nicht versucht haben, eine Maussteuerung für den Wii-Controller umzusetzen, bei der sich das Bild exakt so bewegt, wie die Fernbedienung in eurer Hand.

Fans von Online-Gefechten schauen auf beiden Konsolen in die Röhre. Nintendo erlaubt zwar noch keine Online-Modi für Wii-Spiele, doch für die PS2-Fassung hätte EA wenigstens einen einfachen Modus integrieren können. Bis zu vier Spieler müssen sich mit flüssig laufenden Splitscreen-Duellen auf einer Hand voll Maps begnügen. Es warten Standard-Modi wie Deathmatch, Team-Deathmatch, Capture the Flag und King of the Hill auf euch. Bei der Schnitzeljagd werden Vorräte gesammelt und in die eigene Zone verfrachtet.        

Fazit

Medal Of Honor Vanguard kann den Abwärtstrend der Serie nicht stoppen. Das Vorkämpfen von Stellung zu Stellung ist durchaus unterhaltsam, mutet aber im Vergleich zu Krachern wie Call Of Duty 2 und 3 etwas verstaubt an. Die Auseinandersetzungen fallen deutlich weniger dynamisch und spannend aus als bei der Konkurrenz. Zusätzlich wird die Action von vielen kleinen Mankos wie der mangelnden KI der Kameraden, den engen, monotonen Levels sowie der unscharfen Grafik geschmälert. Ausgerechnet auf dem Wii kommen noch technische Probleme wie Slowdowns und grobe Farbabstufungen dazu. Immerhin macht das Zielen dank der recht ordentlichen Wii-Steuerung auf der Nintendo-Konsole einen Deut mehr Spaß als mit dem konventionellen PlayStation 2-Controller. Wer nur einen Wii besitzt und sich durch den Zweiten Weltkrieg ballern möchte, kann sich den Kauf mangels hochwertiger Alternativen also trotzdem überlegen.

Pro

recht ordentliche Wii-Steuerung
Schießen und Sprinten aus der Deckung klappt vorzüglich
spannende Feuergefechte
realistische Soundeffekte
dichte Vegetation

Kontra

keine Online
und Netzwerk-Modi
dämliche KI-Kameraden
abwechslungsarmes Design
enge Levels schränken Bewegungsfreiheit ein
karg eingerichtete Häuser
starke Slowdowns im freien Gelände (Wii)
hässliche Farbabstufungen (Wii)
Grashalme aus Riesenpixeln (Wii)
verwaschene Texturen

Wertung

PlayStation2

Etwas fader, linearer Weltkriegsshooter mit Schwerpunkt auf Action

Wii

Die Wii-Fassung des Shooters hat mit technischen Problemen zu kämpfen.

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