Ghostbusters: The Video Game19.06.2009, Paul Kautz
Ghostbusters: The Video Game

Im Test:

Die Wege der Spieleentwickler sind unergründlich: Von den Ghostbusters hat man schon seit fast zwei Jahrzehnten nichts mehr gehört, das letzte auf der Originaltruppe basierende Spiel ist fast ebenso lang her. Und dennoch ist die Marke nach wie vor ebenso beliebt wie bekannt - wenn das mal kein guter Grund für ein frisches Spiel ist!

Nuklearbeschleunigter Grünschnabel

Man stelle sich vor, dass die Rolling Stones mal eben einen Auszubildenden suchen. Einen Hiwi, einen Wasserträger, der mal hin und wieder an der Klampfe herumzappeln darf, wenn Keith Richards aus Versehen nüchtern sein sollte. Aber sonst ist er in erster Linie dafür da, die Drecksarbeit zu machen und neues, vor allem potenziell gefährliches

Video: Den nicht lizenzierten Nuklearbeschleunger durchgeladen und drauflosgejagt! In Ghostbusters geht mächtig was zu Bruch.Equipment zu testen. Klingt nach einem Scheißjob, aber hey - es sind die Stones! Da hält man wohl einfach die Klappe und macht, was von einem verlangt wird.

Genau das macht Hoss, der junge Typ mit dem Bürstenhaarschnitt, über den man sonst exakt gar nichts erfährt - er ist halt der Knappe der Geisterjäger, der im witzigen Introvideo eingeführt wird, aber sonst blasser als die graue Lady in der Stadtbibliothek bleibt. Und dennoch scheint er ein Naturtalent zu sein, denn mit dem guten alten »nicht-lizenzierten Nuklearbeschleuniger« sowie dem Geisterortungs-Ping »PKE« hantiert er wie ein Profi. Bzw. du. Ja, du, der du gerade diesen Text liest.

Neben Blassnase Hoss tummeln sich auch alle anderen Ghostbusters im dezent schäbigen New Yorker Hauptquartier: Peter Venkman, Ray Stantz, Egon Spengler und Winston Zeddemore sind immer für einen albernen Spruch gut, genau so wie unterhaltsame Nebencharaktere: Darunter die schroffe Sekretärin Janine Melnitz oder der Paragraphenreiter Walter Peck. Alle Figuren werden sowohl in der englischen als auch deutschen Fassung von ihren Originalsprechern vertont, was in den allermeisten Fällen auch wirklich super klingt - lediglich Bill Murrays unaufhörlich gurrendes Genuschel klingt so, als würde er pausenlos auf Slimer herumkauen. Aus den Filmen bekannte Figuren wie Dana Barrett (Sigourney Weaver) oder Louis Tully (Rick Moranis) sind zwar weit und breit nicht auszumachen, aber dafür kommt nach kurzer Spielzeit ein interessanter Neuzugang an Bord: Die schnuckelige Dr. Ilyssa Selwyn, vertont von der gleichsam appetitlichen Alyssa Milano.

Ghostbusters 2 ½

Die neue Geschichte stammt aus der Feder der Original-Autoren Dan Aykroyd und Harold Ramis, ist aber nicht wirklich taufrisch. Vielmehr präsentieren die beiden eine Art Best-of aus den beiden Filmen, mit Figuren wie dem Marshmallow Man, der grauen

Die Spielfiguren sehen ihren Filmpendants mit Ausnahme der Glänzehaut verblüffend ähnlich - außerdem kommen die meisten Originalsprecher zu Wort.
Lady, Slimer, Vigo oder Gozer. Macht aber nix, denn alles wird in gut inszenierten Zwischensequenzen witzig rübergebracht und flott erzählt. Letztendlich dreht sich das Ganze um die obligatorische mysteriöse Geisterplage, die sich über New York ergießt und von den Herren in den grauen Anzügen beseitigt werden muss.

Das geht natürlich am besten mit einer Protonenkanone, deren Benutzung im unterhaltsam integrierten Tutorial erklärt wird. Das Geisterfangen basiert auf vier Schritten: 1.) Der Geist muss gefunden werden, sofern er nicht gerade die ektoplasmische Zunge herausbaumeln lassend vor einem herumschwebt. Das geht mit dem PKE, eine Art elektronischer Geister-Wünschelroute, mit der man zuverlässig, wenn auch auf Dauer etwas zu langatmig, die Gespenster aufspürt. Sind sie aus dem Versteckt gelockt kommt 2.) Das Fangen mit der Protonenkanone. Jeder Geist hat eine Lebensenergie, die man erstmal niederbratzen muss. Ist es so weit, muss man 3.) die Geisterfalle auswerfen und 4.) den wie an einer elektrisch zuckenden Angel zappelnden Plagegeist da rein befördern. Mit fortschreitendem Spielverlauf bzw. dem durch Geisterfang verdienten Geld kann man sich immer nützlichere Upgrades kaufen - wie eine Falle, die sofort zuschnappt, wenn man ein Opfer darüber hält oder einen weniger wild durch die Gegend bratzenden Protonenstrahl.

        

Die Strahlen kreuzen? Logisch!

Während der Wald-und-Wiesen-Geist mit dem Protonenstrahl noch wunderbar unter Kontrolle zu bringen ist, lachen dickere Kaliber wie der gigantische Marshmallow Man nur herzhaft über derart läppische Taschenlampen. Gut, dass Tüftler Egon stets an neuem Equipment bastelt, was sich über kurz oder lang in einer mächtig wummsenden

Zu schade, dass die Story komplett ohne Koop-Modus auskommen muss - und das obwohl man die meiste Zeit im Team unterwegs ist.
Plasmakugel (vergleichbar mit einem Raketenwerfer) oder einem Stasestrahl (der Angreifer verlangsamt) bemerkbar macht. Diese Sonderwaffen, die mehr Energie als der Standard-Strahler verschlingen, sind spätestens gegen Bossmonster oder die immer wieder auftauchenden Golems eine große Hilfe. Diese schwer zu knackenden Viecher bilden sich an ausgewählten Stellen aus zu viel herumliegenden Müll - in der Stadtbibliothek erwachen auf einmal Hunderte Bücher zu unheilvollem Leben!

Gut, dass man dieser Bedrohung nie allein gegenübersteht: Grundsätzlich ist man im mal mehr, mal weniger großen Team unterwegs, was allerdings nicht nur Vorteile hat. Denn die KI der virtuellen Geisterjäger ist ihrerseits sehr immateriell. Denn wie schon bei Jericho oder Conflict: Desert Storm bedeutet ein »Bildschirmtod« nicht das Ende -  man geht nie richtig drauf, sondern wird nur umgeschmissen und bleibt hilflos zappelnd liegen. In dieser Zeit kann man von Teamkameraden gerettet werden, was im Normalfall auch gut klappt. Umgekehrt wird's schon schwieriger, denn die blöden Kumpane fallen am laufenden Band, so dass man in größeren Gefechten mehr mit Hin- und Herrennen und Wiederbeleben als mit Geisterbratzen beschäftigt ist. Liegen alle am Boden, geht's automatisch zum letzten Checkpunkt zurück, was Geduld voraussetzt: Zwar bekommt man ein von Ray Parker Jrs legendärem Ghostbusters-Song unterlegtes Video zu sehen, dennoch dauert das Laden des Speicherpunktes gut eine halbe Minute!

Du bist fast allein

Ghostbusters sieht gut aus. Wirklich gut: Das Hauptmenü ist angenehm stylisch, die Figuren sind toll designt und sofort wiederkennbar, die Mimik passt wunderbar zu den Charakteren - okay, die Gesichter glänzen gelegentlich wie Babyhintern, aber sie bewegen

Immerhin gibt es einige sehr spaßige Koop-Modi im regulären Multiplayermodus.
sich unterhaltsam. Genau wie die Geister, die authentisch eklig daherkommen. Die Levels sind zum größten Teil den Filmen nachempfunden: Das Geisterjäger-Hauptquartier (das super aussieht, aber leider sehr steril ist), das Sedgewick Hotel oder das naturhistorische Museum sind prachtvoll designt und zu einem beeindruckend großen Teil zerstörbar - bei den Gefechten geht irre viel zu Bruch, was zwar gelegentlich dafür sorgt, dass die Framerate etwas sinkt, aber unspielbar wird es nie. Das Spiel kommt zudem komplett ohne HUD aus, alle erforderlichen Anzeigen finden sich in blinkender Form auf dem Nuklearbeschleuniger. Technisch hat die 360-Fassung übrigens deutlich die Nase vorn: Während man auf PS3 mit gelegentlichem Ruckeln und viel Tearing leben muss, findet sich beides nur selten auf der Microsoft-Konsole - und das, obwohl hier die Texturen merkwürdigerweise deutlich höher aufgelöst sind.

In Sachen Multiplayerspaß ist Ghostbusters eine Enttäuschung auf hohem Niveau: Zwar gibt es einige sehr unterhaltsame Varianten für bis zu vier Spieler - allen voran »Survival«, in dem man gemeinsam immer stärker werdenden Geisterwellen standhalten muss - aber dennoch bleibt ein mittellanges Gesicht zurück. Denn eine richtige Koop-Karriere fehlt, die sich angesichts der Tatsache, dass man ständig gemeinsam unterwegs ist, eigentlich aufgezwungen hätte.

     

Fazit

Erstmal ein Riesenlob an Terminal Reality: Ghostbusters ist eine der besten Filmumsetzungen, die nicht auf einem Film basiert! Die Figuren sind wunderbar getroffen, das Design ist stimmig, lebendig  und voller Ideen, die Kämpfe werden mit irre vielen herumschwirrenden und -explodierenden Objekten ansehnlich inszeniert. Rein technisch gibt es an den Geisterjägern also mit Ausnahme der etwas zu stark glänzenden Gesichter sowie dem gelegentlichen Ruckeln nichts auszusetzen. Spielerisch hingegen haben sich die Entwickler immer wieder selbst geschleimt, denn die Geisterjagd läuft ständig nach Schema F ab: Zuerst taumelt man wie ein verirrter Satellit mit dem PKE in der Hand durch die Szenerie, um einen Geist zu finden, dann bratzt man ihn übertrieben lang mit der Protonenkanone, um ihn schließlich mit der Falle einzusacken - und all das noch ein paar Mal von vorn, bis der nächste Level kommt, der genau so aufgebaut ist. Und so schön es auch ist, dass es dedizierte Koop-Missionen im Mehrspielermodus gibt, so unverständlich ist es, dass man die Kampagne nicht gemeinsam angehen kann - wenn es gegenwärtig ein Spiel gibt, das nicht zuletzt aufgrund der nervenden Kameraden-KI nach kooperativer Action schreit wie der Marshmallow Man, dann ist es Ghostbusters! Was bleibt, ist ein liebevoller und absolut befriedigender Spaß für Fans der Filme, der aber ein paar Wünsche zuviel offen lässt, um in gute Wertungsregionen zu kommen.

Pro

schöne Grafik
witzig...
unterhaltsame Mehrspielermodi...
beeindruckendes Zerstörungs-Chaos
gute Sprachausgabe mit Original-Sprechern...
coole Physik-Nutzung
beeindruckende Soundkulisse

Kontra

gelegentliches Ruckeln & Tearing (PS3)
...aber nicht so richtig witzig
...aber kein richtiger Koop-Modus
abwechslungsarmes Missionsdesign
...inkl. nervend nuschelndem Bill Murray
lästig schwache Kameraden-KI
teils niedrig aufgelöste Texturen (PS3)

Wertung

360

Spielerisch ist die 360-Fassung zur PS3-Version identisch, hat aber technisch deutlich die Nase vorn.

PlayStation3

Eine liebevolle Hommage an glorreiche Ghostbusters-Zeiten - aber spielerisch bleiben viele Wünsche offen.

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