Moto GP 0716.09.2007, Michael Krosta
Moto GP 07

Im Test:

Neues Jahr, neue Fortsetzung: Nicht nur Fußball, Eishockey oder Spiele rund um die NBA bekommen ein jährliches Update mit aktuellen Lizenzen. Auch im Motorsport können wir uns mittlerweile im Zwölfmonatsrhythmus auf neue Ableger einstellen. Die MotoGP-Serie bildet da keine Ausnahme und startet auf der 360 in die 2007er-Saison. Haben THQ und Climax die Zeit genutzt, um sich der Kritikpunkte des Vorgängers anzunehmen?

Wie immer

Kaum eine Fortsetzung punktet nicht unbedingt mit Innovationen. Auch in der aktuellen Ausgabe von MotorGP werden Kenner kaum Überraschungen erleben, wenn sie auf den 18 offiziellen Gran Prix-Kursen wie Laguna Seca oder dem Sachsenring erneut um WM-Punkte kämpft, Einzelrennen absolviert oder im Training und Qualifying neue Bestzeiten aufstellt. Selbst der Extreme Modus mit seinen Höllenmaschinen und Straßenkursen ist wieder mit von der Partie - auch wenn ihr dafür erst wieder die komplette WM absolvieren müsst, bevor er freigeschaltet wird. Wer allerdings hofft, hier endlich über neue Pisten preschen zu können, wird leider enttäuscht: Im Extreme-Modus findet ihr immer noch die Strecken, die ihr bereits auf der alten Xbox in MotoGP - Ultimate Racing Technology 3 unsicher gemacht habt. Klar, sie erstrahlen hier in neuem Licht und wurden teilweise leicht erweitert, aber im Großen und Ganzen ist das alles schon bekannt. Schade, denn im Gegensatz zu den vorgegebenen Kursen des offiziellen Rennkalenders hätten die Entwickler im Extreme Modus mit komplett neuen Strecken etwas frischen Wind in die Serie bringen und dadurch auch einen Anreiz für Besitzer des Vorgängers schaffen können. Zumindest finden sich 20 neue Bikes in der Garage, die ihr - genau wie das Outfit eures Fahrers - mit diversen Stickern und Designs nach eurem Geschmack gestalten könnt. Zusätzlich dürft ihr eure Extreme-Maschinen nicht nur einstellen, sondern auch wieder wie schon im Vorgänger mit Tuningteilen aufpimpen, um noch mehr Leistung aus ihnen heraus zu kitzeln. Das alles ist für Serien-Veteranen aber nichts Neues. Auch der Karrieremodus, bei dem man gewonnene Kreditpunkte auf Fähigkeiten wie Kurvenlage, Bremsen, Höchstgeschwindigkeit und Beschleunigung verteilen kann, kennt man bereits aus den Vorgängern. Das gleiche gilt für das Medaillensystem im Extreme-Modus sowie

Der Extreme-Modus ist wieder mit von der Partie und bietet zwar neue Maschinen, aber nur leicht aufgepeppte Versionen bereits hinlänglich bekannter Strecken.
die Setupmöglichkeiten, bei denen ihr z.B. die Reifenmischung, Übersetzung, Federhärte oder den Radstand festlegt. Deshalb darf man sich die Frage stellen, ob sich die Anschaffung des 07er-Updates lohnt, wenn man MotoGP 06 bereits im Regal stehen hat und keinen so großen Wert auf eine aktuelle Lizenz legt.

Alte Schwächen

Das größte Problem besteht aber nicht mal darin, dass hier exzessives Strecken- und Modi-Recycling betrieben wird. Das gehört in Spielen dieser Art einfach dazu. Viel ärgerlicher ist, dass sich bekannte Kritikpunkte des Vorgängers auch hier wieder finden. Ich finde es unglaublich, dass man es bei Climax immer noch nicht schafft, das Motorrad nach einem Crash wieder AUF die Strecke zurück zu setzen. Stattdessen findet ihr euch in den meisten Fällen nach einem Sturz IM Kiesbett wieder und müsst euch nicht nur mühsam wieder auf den Asphalt zurückkämpfen, sondern bekommt auch eine fette Strafzeit aufgebrummt, weil ihr euch abseits der Strecke befindet. Das frustriert jetzt noch genau so wie damals! Auch stehen die Rundenzeiten der KI-Fahrer beim Qualifying in keinem Verhältnis zu ihren deutlich schlechteren

Dicke Wolken sind noch keine Bedrohung. Aber wenn ihr bei Regen auf die Piste müsst, wird das Rennen zum Eiertanz.
Leistungen während des darauf folgenden Rennens: Sich die Pole Position zu erkämpfen, ist eine echte Herausforderung; sich den Sieg einzufahren dagegen nicht - zumindest, wenn ihr in einem der beiden ersten Schwierigkeitsgrade an den Start geht.

KI-Schwankungen

In diesem Fall wird das Fahrerfeld nämlich von einem dermaßen starken Gummiband-Effekt zusammengehalten, dass das Geschehen auf dem Bildschirm so viele Ähnlichkeiten zum echten Motorsport aufweist wie ein Motorrad zu einem Gummiboot. Hier kommt überhaupt keine echte Racing-Atmosphäre auf, wenn ihr schon nach ein paar hundert Metern vom letzten auf den ersten Platz vorfahrt. Ein Hauch von Positionskämpfen findet lediglich unter den ersten drei Fahrern statt - alle anderen Teilnehmer erinnern mehr an wehrlose Statisten, die vor allem dadurch glänzen, dumm im Weg rumzustehen oder sich selbst in völlig aufgesetzte Unfälle zu verwickeln. Falls es euch selbst mal aus dem Sattel haut, braucht ihr euch keine Sorgen zu machen, denn die anderen Biker warten brav auf euch, bis ihr wieder mindestens an dritter Position fahrt. Ist das nicht toll? Ganz anders sieht die Sache aus, wenn ihr den Schwierigkeitsgrad mindestens auf die Champions-Stufe hochsetzt, denn erst hier wird der Gummiband-Effekt merklich zurückgefahren. Gleichzeitig steigt aber auch das Aggressionspotenzial eurer KI-Wettbewerber, die es weniger darauf anlegen, sauber an euch vorbeizufahren, sondern euch gnadenlos abschießen. Schon der Vorgänger hatte mit diesem Problem zu kämpfen und auch hier erinnern die anderen Fahrer an hirnlose Pistensäue, die ohne Nachzudenken in euer Heck brettern oder seitlich touchieren. Das Dumme ist, dass ihr diesen dämlichen Kamikaze-Aktionen nur selten präventiv aus dem Weg gehen könnt. Was das Fass aber zum Überlaufen bringt, ist die Tatsache, dass die Unfallverursacher meist problemlos weiterfahren können, während ihr mit eurem Sturzhelm auf dem Asphalt klebt. Warum wählt Climax den Weg solcher Extreme? Ich will weder eine vollkommen anspruchslose Gummiband-KI noch irgendwelche Rowdies, die alles ummähen, was ihnen vor die Maschine kommt! Nein, ich will eine KI, die zwar eine Herausforderung darstellt, aber sich nicht konsequent durch unfaire Mittel einen Vorteil verschafft. Ich will eine KI, die dynamisch auf das Renngeschehen reagiert und sich Chancen erarbeitet anstatt mit der Brechstange vorzugehen. Diese Wünsche gehen in THQs MotoGP-Serie leider auch in diesem Jahr nicht in Erfüllung!

        

         

So schnell wie ein Motorrad?

Zumindest in technischer Hinsicht schaltet Climax einen Gang höher: Wurde der Fahrspaß im vergangenen Jahr vor allem in den Kurven von nervigen Slowdowns gebremst, rast ihr hier mit flotten 60 Bildern pro Sekunde über die Pisten, die wie gewohnt mit verschiedenen Wetterverhältnissen aufwarten können. Zwar geben die naturgemäß sterilen GP-Kurse mit teilweise stark verpixelten Zuschauern auf den Tribünen nicht viel her, doch dafür strahlen vor allem die Extreme-Strecken mit abwechslungsreichen Kulissen und z.T. gelungenen Lichteffekten, wenn etwa die Sonne zwischen Wolkenkratzern hindurch scheint oder euch nach einer Kuppe blendet. Neben der Optimierung der Grafikengine gehören auch endlich die viel zu langen Ladezeiten der Vergangenheit an. Schade nur, dass immer noch zwischen jeder Session (Training, Qualifying, Rennen) die Strecke neu in den Speicher geladen werden muss. Ein besonderes Lob verdient sich MotoGP für die Kamerafahrten durch die Startaufstellung vor dem Rennen sowie die Inszenierung der Boxenausfahrt und Siegerehrung. Zwar werden die Sequenzen genau wie manche Einstellungen in den Replays von einem starken Ruckeln begleitet und es

Bei Fahrer- und Motorradmodellen wurde wieder mit viel Liebe zum Detail vorgegangen.
treten in manchen Mechaniker-Gesichtern schon mal üble Grafikfehler auf, aber für die Rennatmosphäre sind solche Momente eine Bereicherung. Leider wird dieses Drumherum eines Racing-Wochenendes in Spielen immer wieder gerne vernachlässigt. 

Arcade oder Simulation?

Das Fahrverhalten der PS-Monster ist serientypisch eher anspruchsvoll ausgefallen. Auch wer den Schieberegler auf einen Simulationsanteil von null Prozent stellt, wird als Anfänger zunächst Probleme haben, die Maschine besonders in Kurven auf der Strecke zu halten. Vor allem in den beiden wackeligen Cockpit-Ansichten und der Ego-Perspektive kommt man bei höheren Geschwindigkeiten schnell ins Straucheln. Leider ist der Regler mit seinen 100 Stufen ziemlich nichtssagend und ihr werdet mit Sicherheit keinen Unterschied zwischen einer Einstellung von 52 oder 53 feststellen. Selbst zwischen 50 und 100 besteht der Unterschied weniger im generellen Handling der Motorräder. Stattdessen fliegt ihr bei höheren Einstellungen lediglich schneller vom Sattel, wenn ihr in Kollisionen verwickelt werdet oder neben den Asphalt geratet. Vielleicht wäre es besser gewesen, diverse Fahrhilfen wie Bremsunterstützung oder eine "Traktionskontrolle" in

Die KI ist auch in diesem Jahr eine Schwäche der Serie: Entweder ist sie durch den starken Gummibandeffekt viel zu lasch oder agiert viel zu aggressiv als Pistensau.
mehreren Schritten anzubieten, anstatt einen so großen Spielraum zwischen Arcade und Simulation anzubieten, bei dem man nie genau weiß, wie sich die Veränderungen am Regler auf das Fahrverhalten auswirken.

Online-Ruhm

Eine der Stärken von THQs MotoGP-Serie war schon immer der Mehrspielermodus. Auch in diesem Jahr sorgen vor allem die zahlreichen Möglichkeiten über Xbox Live dafür, dass der Titel doch wieder über die 80%-Linie rast - wenn auch knapp. Neben Einzelrennen dürft ihr auch Grand Prix-Wochenenden inklusive Trainings- und Qualifikationsläufen bis hin zur kompletten Meisterschaft online absolvieren. Dazu gesellen sich Spielmodi, in denen es vor allem auf Stuntpunkte für Wheelies und andere Tricks ankommt. Und wem die vorgefertigten Spielmodi gar nicht passen, legt halt eben ein Spiel für bis zu 16 Teilnehmer nach seinen eigenen Regeln an - hier bleiben keine Wünsche offen. Die Ranglistenspiele halten sogar noch weitere Überraschungen bereit: Hier habt ihr neuerdings die Möglichkeit, in diversen Online-Turnieren anzutreten, die alle bestimmten Beschränkungen unterliegen. So dürft ihr in manchen nur mit Extreme-Bikes antreten, andere verlangen dagegen Motorräder mit Vollverkleidung oder erlauben nur bestimmte Hersteller. Ebenfalls neu sind die Pink Slip-Rennen, die mit einem großen Risiko verbunden sind: Verliert ihr das Rennen, wandert euer Schmuckstück in die Garage des Gewinnern und ihr müsst nicht nur mit der Niederlage, sondern auch mit dem Verlust eurer Maschine leben. Aber was nützen all die schönen Modi, wenn Lags den Spielspaß ruinieren? Doch es kann Entwarnung gegeben werden: In unseren Testfahrten gingen die Rennen durchweg reibungslos über die Onlinebühne, so dass MotoGP 07 diesbezüglich auf ganzer Linie überzeugen kann. Selbstverständlich könnt ihr auch im LAN zusammen am Gaszug ziehen - wer dagegen lieber mit drei Biker-Freunden vor nur einer Konsole abhängt, kann sich in Splitscreen-Rennen austoben.       

PC-Nachzügler

Mittlerweile ist auch die PC-Version mit leichter Verspätung in der Redaktion eingetrudelt. Inhaltlich bekommt ihr hier alles, was ihr auch in der Konsolenfassung findet - einschließlich Pink Slip- und Splitscreenrennen. Schließt ihr das Xbox 360-Pad an, ist selbst das Fahrgefühl identisch. Der Controller wird problemlos erkannt, so dass ihr sofort durchstarten könnt. Löblich ist

Die PC-Version ist mit dem Konsolenvorbild nahezu identisch.
der Onlinemodus: Obwohl die Spielsitzungen über Gamespy ablaufen, müsst ihr vorher keine Anmeldeprozeduren oder das Einrichten eines Kontos über euch ergehen lassen. Ein Klick genügt und schon werden euch alle verfügbaren Spiele angezeigt. Selbstverständlich dürft ihr auch eigene Sitzungen eröffnen. Zwar bekommt ihr im Vorfeld Infos zur Motorrad-Klasse, Rundenanzahl, zugeschalteten KI-Fahrern und Kollisionen, doch bekommt ihr leider keinen Indikator zur Verbindungsqualität. So kam es mehrmals vor, dass das Renngeschehen von üblen Lags gestört wurde. Würde man schon im Vorfeld über miese Pings informiert, könnte man sich solche Ausflüge sparen. Technisch hinken die MotoGP-Bikes auf dem PC dem Konsolenvorbild einen Tick hinterher. Vor allem in den Videosequenzen gibt es große Probleme mit Vsync, aber auch generell sehen die Kulissen hier nicht ganz so schön aus wie auf der Xbox 360 - zumal man für volle Details bei hohen Auflösungen schon mächtig PS unter dem Gehäuse haben muss. Ein unbestreitbarer Vorteil ist der PC-Fraktion dagegen sicher: Ladezeiten fallen hier im Gegensatz zur Konsole kaum ins Gewicht, so dass ihr euch schon nach wenigen Sekunden auf der Strecke befindet.

  

Fazit

Am Anfang war die Ernüchterung: Irgendwie hatte man das alles schon vor einem Jahr gesehen. Zwar nicht ganz so ruckelfrei und flott, aber insgesamt kam mir das, was da bei MotoGP 07 an Spielmodi, Fahrverhalten und Strecken geboten wird, sehr bekannt vor. Dabei hätte THQ die Chance gehabt, den Extreme-Modus aufzuwerten, indem man nicht nur neue Bikes, sondern endlich auch neue Pisten integriert hätte. So aber dürften sich Käufer des Vorgängers zunächst etwas veräppelt vorkommen, da auch bekannte Kritikpunkte wie die miserablen Rücksetzpunkte oder die Gummiband-KI mit ihrer fiesen Abschuss-Mentalität in höheren Schwierigkeitsgraden nicht behoben wurden. Doch wie schon in den letzten Jahren hat MotoGP das Ass im Ärmel, das für die wichtigen Spielspaß-PS sorgt: den Mehrspielermodus! Gerade über Xbox Live bzw. die Onlineanbindung der PC-Version stehen euch alle Möglichkeiten offen, die Rennen so zu gestalten, wie ihr es wollt. Hinzu kommen die neuen Onlineturniere sowie Pink Slip-Rennen, mit denen dieser Modus weiter bereichert wird. Hier hat Climax wirklich ganze Arbeit geleistet, dabei aber Fortschritte für die Solo-Biker zu sehr vernachlässigt. Für das nächste Jahr wünsche ich mir, dass sich die Entwickler auch wieder auf diesen nicht unwichtigen Teil konzentrieren, endlich ein paar neue Strecken basteln und sich der weiteren  Kritikpunkte annehmen, die sich jetzt schon seit Jahren durch die Serie ziehen. Das Potenzial ist da, um wieder eine Hitauszeichnung einzufahren, aber in der Saison 2007 ist man von diesem Ziel noch zu weit entfernt.

Pro

+  anspruchsvolles Fahrverhalten+  flüssige 60 Bilder pro Sekunde+  hervorragendes Geschwindigkeitsgefühl
Extreme-Modus mit Tuning und Straßenkursen
verschiedene Wetterverhältnisse
exzellenter Multiplayermodus+  individuelle Gestaltungsmöglichkeiten durch Logos etc.
gut modellierte Motorräder & Fahrer
kernige Motorgeräusche
unkomplizierter Onlinemodus (PC)
praktisch keine Ladezeiten vorhanden (PC)

Kontra

miese Rücksetzpunkte nach Unfällen
schlechtes KI-Balancing (entweder Gummiband oder extrem aggressiv)
Strecken-Recycling im Extreme-Modus
Extreme-Modus erst nach GP-Saison freigeschaltet
kaum Neuerungen gegenüber Vorgänger
z.T. fragwürdige Kollisionsabfrage
zu genereller Schieberegler zwischen Arcade und Simulation
vereinzelte Lags (PC)

Wertung

360

Fortsetzung ohne große Neuerungen, die vor allem mit dem hervorragenden Mehrspielermodus punktet!

PC

Auch auf dem PC bekommt ihr mit MotoGP 07 einen prima Zweirad-Racer mit tollem Mehrspielermodus.

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