NASCAR 0812.10.2007, Benjamin Schmädig
NASCAR 08

Im Test:

Obwohl EAs Sportserien eigentlich seit spätestens letztem Jahr geschlossen über die Bildschirme aller Konsolen flimmern, tut sich ausgerechnet eins der größten Ereignisse im US-Fernsehen schwer: NASCAR. Die erst im letzten Jahr vorgestellte PSP-Umsetzung wurde kurzerhand wieder eingestampft, und die Kreisfahrer auf Xbox 360 und PS3 mussten zwei Jahre warten, bevor sie endlich in einem der PS-starken Boliden aufs Gas treten dürfen. Warum es so lange gedauert hat, wissen die Entwickler. Ob sich die Zeit in der Box gelohnt hat, wisst ihr in wenigen Momenten.

Zu wenig des Guten

Vielleicht ist der kritische Blick manchmal unfair. Denn wenn man Jahr für Jahr moniert, dass EA, 2K & Co. kaum mehr tun, als Updates nachzuschieben, geht eins scheinbar verloren: Wie - im besten Sinne - aufgebläht die virtuellen Sport-Events längst sind. Was in NBA Live, NHL, Tiger Woods, PES, FIFA usw. alles drin steckt, wurde jedenfalls deutlich, als man über die Kürzungen der damals frischen "Next-Gen"-Auftritte meckern musste. Vielleicht ist es ja einfach unmöglich, die schiere Fülle lieb gewonnener Möglichkeiten mir nichts dir nichts in ein neues Grafikkleid zu stecken und unverändert auf den Markt zu werfen. Schließlich muss es einen Grund dafür geben, dass Korbleger ihre Dynasty-Karriere vermissten, Tiger Woods-Fans vergeblich Golf-Plätze suchten oder PES-Kicker keine Einführung in die Steuerung erhielten. NASCAR-Piloten mit 360 oder PS3 unter der Haube trifft in diesem Jahr, was ihre sportsmännischen Leidensgenossen längst kennen: Weder dürfen sie eine virtuelle Persönlichkeit 

Komplettausfall? Wer auf PS3 oder 360 rast, muss mit Kürzungen leben.
erstellen noch genießen sie eine Karriere wie sie PS2-Fahrer erleben.

Kreativer Boxenstopp

Und trotzdem haben mich die aktuellen Konsolen ans Gamepad gefesselt, während ich die Variante auf dem betagten System nur abnicken konnte. EA spult dort nämlich dieselbe Leier ab, über die sich schon Golfer, Basketballer, Footballer und Fußballer zu Recht echauffiert haben: Version 08 gleicht Version 07 (die übrigens nie bei uns erschienen ist) wie ein Ei  dem anderen! Die Entwickler setzen hier und da die Feile an, neue Ideen sucht man allerdings vergebens. Da ist zwar eine Karriere, "Earn Your Stripes" genannt, die nicht nur enorm umfangreich, sondern auch sehr abwechslungsreich verläuft, aber da ist auch ein für meinen Geschmack in den letzten Jahren zu stark gestiegener Arcade-Faktor. Und der vermittelt leider ein Simulationsgefühl, das sich in etwa auf Höhe der längst überholten Fahrphysik einbremst. Genau an diesem Punkt überrundet die aktuelle Fassung ihre Vorgänger: Wo NASCAR 08 (ab 49,95€ bei kaufen) auf PlayStation 2 einen kreativen Boxenstopp einlegt, spult es auf PS3 und 360 wohltuend realistische Rennrunden ab. Das Fahrmodell ist dem im Vergleich fast Rallye-ähnlichen Altbestand um Welten überlegen! Selbst auf der einfachsten Stufe fühlt es sich glaubwürdiger an. Beiden Versionen gleich sind die kompletten Fahrer, Kurse und Rennserien der NASCAR, die Möglichkeit, auch ohne Laufbahn eine Saison zu absolvieren, der selbst bei vollem Fahrerfeld flüssige Ablauf sowie deutlich sichtbare Treppchen an den Kanten sämtlicher Objekte

Immerhin dürfen auch Raser mit aktuellem Chassis mit "The Chase" eine Art Karriere bestreiten, in der sie Lizenzen sammeln, Rennwagen gewinnen  und damit schließlich auf der Strecke antreten. Klingt gut, erinnert an "Earn Your Stripes", bedeutet allerdings nicht mehr als das Absolvieren vieler kleiner Aufgaben, bevor endlich der NEXTEL Cup, also DIE große NASCAR-Saison wartet. Ganz ehrlich: Geht die Meisterschaft lieber gleich unabhängig von "The Chase" an! Für zwischendurch ist die Minikarriere eine erfrischende Entspannung; auf Dauer hält sie das Spiel nicht zusammen. Genauso wenig wie eine Online-Landschaft, in der sich keine Mitspieler aufhalten und eine weitere Ansammlung Chase-ähnlicher Minispiele. Doch wieso sind die Ausgaben auf 360 sowie PS3 dann trotzdem die bessere Wahl?                     

500 Meilen Rad an Rad

Ist das neue Fahrgefühl dafür verantwortlich, dass die ersten Runden auf einer aktuellen Konsole so lange auf sich haben warten lassen? Verständlich wäre es, denn EA macht einen riesigen Sprung - wo sich die behäbigen Boliden bislang wie leichte Rallye-Wagen angefühlt haben, wo man selbst bei mehr als 300 Kilometern pro Stunde noch mit sachtem Gegenlenken einen Dreher abfing und wo sich Gas und Bremse bisher selbst mit dem fast digitalen Verhalten der PS2-Schultertasten beherrschen ließen, donnern 2007 plötzlich schwere Geschosse, wie man sie von den Fernsehbildern kennt, über den Asphalt. Wer am Kurvenausgang zu optimistisch mit dem Gas spielt, blickt ins Infield und wird von seinem Heckspoiler überholt. Wer die Bremse überschätzt, 

Im kompletten Feld kommt NASCAR-Feeling auf: ständige Rad-an-Rad-Duelle, drei Stunden lang.
tauscht Beton gegen Lack. Und wer es mit dem Anschieben seines Vordermanns übertreibt, schießt mit 300 Sachen die Gegengerade entlang - quer stehend. Das ist NASCAR! So muss sich der Wahnsinn, 500 Meilen lang Rad an Rad zu fahren, anfühlen.

Tatsächlich kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die vom ehemaligen Simulationsmeister Papyrus (NASCAR Racing) ins Entwickler-Team geholten Jungs, einen entscheidenden Teil ihrer damaligen Software ins EA-Spiel einbringen konnten. Der Grund? Die Art und Weise, wie sich die Vehikel verhalten, wie sie ausbrechen und mit welchen Mitteln sie sich abfangen lassen, erinnert frappierend an Papyrus' letzte NASCAR-Simulation. Und die genügt selbst heute noch hohen Ansprüchen. Am besten lässt man das Fahrmodell deshalb natürlich mit einem Lenkrad wirken, auch wenn die Force Feedback-Unterstützung leider nicht so ausgefeilt wirkt, dass man jedes Wegrutschen der Reifen am geringer werdenden Widerstand erkennt. Immerhin lassen sich Linearität und Empfindlichkeit so einstellen, dass jeder die Lenkwege auf seine Bedürfnisse anpassen kann. Das gilt auch für die Gamepad-Steuerung per Analogstick - dafür komme ich mit dem zu sensiblen, in der Luft gehaltenen Lenkrad namens Sixaxis partout nicht klar. Ohne Grund ist diese Option jedenfalls mit Sicherheit nicht ursprünglich deaktiviert...

Rücksichtslose Rempler

Es ist der Realismus, der mich gepackt hat. Wer es liebt, drei Stunden und mehr auf nur einer Strecke beschäftigt zu sein, um den Lauf nach einem guten Rennen als Achter abzuschließen, weiß wovon ich rede. Mir sind die "The Chase" genannten Minispiele egal, ich will nicht einmal eine Karriere starten. Mir reicht es, eine volle Saison im NEXTEL Cup gegen harte Gegner und ohne Fahrhilfen zu bestehen. Denn so sieht echter Rennsport aus! Und dem kommt NASCAR 08 so nahe wie keine andere Simulation ihrer Art. Auch wenn der Lack nicht so gut poliert wie der Motor eingestellt wurde. Denn gerade in Sachen Kontrahenten muss EA im nächsten Jahr nachlegen. Es geht um die Fahrweise der Gegner, denen der vorausschauende Blick fehlt: Hat man Strecke und Wagen im Griff und dreht seine Runden wie es die National Association for Stock Car Auto Racing vorsieht, behält die Konkurrenz die Nerven und erlaubt knappe Tür-an-Tür-Duelle im dicht gedrängten Pulk. 

Leider fahren die Kontrahenten nicht sehr vorausschauend und rasen euch schon mal achtlos ins Heck.
Doch sobald dem Spieler ein Fehler unterläuft und er oder sie z.B. mit langsamer Fahrt auf der Ideallinie rollt, kennen die Gegner keine Gnade - ein zerstörtes Heck, sich überschlagende Boliden und ein ungewollter Boxenhalt sind die Folge. Außerdem hält die künstliche Intelligenz sehr hartnäckig ihre Linie. Klar: Das hat sie sich vom realen Rennzirkus abgeschaut - klasse! Hier sehe ich allerdings Gamepads durch die Wohnzimmer fliegen. Eine Möglichkeit zum Einstellen der Herausforderung muss her. Und ich will zumindest die Wahl haben, auch während der Gelbphasen den Wagen selbst um den Kurs zu lenken, anstatt dass das Geschehen bis zu Boxenstopp oder Neustart vorgespult wird.

Und noch etwas braucht NASCAR 09: Zum einen die Möglichkeit, mehrere Stunden dauernde Sitzungen speichern und später fortsetzen zu können und zum anderen Teilnehmer für Online-Rennen. Zwölf davon könnten sich über das Internet den Windschatten teilen - doch ich habe nie auch nur ein offenes Spiel gefunden. Vielleicht liegt es an den fehlenden Turnieren oder daran, dass es keine Herausforderungen gibt, in denen schnell ein paar Punkte gemacht und per Highscore-Liste verglichen werden können. Lasst außerdem die Spieler ihre schönsten Wiederholungen hochladen oder stellt wenigstens eine Rangliste der schnellsten Zeiten online! Immerhin ist wenigstens der komplette ESPN-Newsticker enthalten - Pflichtprogramm knapp erfüllt.                  

Ihr braucht einen Schatten!

Wer sich außerhalb der Saison in einer der drei NASCAR-Serien die Zeit vertreiben will, muss so auf "Chase for the Cup", wo die entscheidenden letzten zehn Rennen einer Meisterschaft nachempfunden werden, oder "The Chase" zurückgreifen, was im Grunde eine Ansammlung unterschiedlicher Herausforderungen ist. Dabei dürft ihr nicht von Beginn an in kompletten Rennen an den Start gehen, sondern müsst erst diverse Lizenzen verdienen. Bewegt euch z.B. so lange wie möglich im Windschatten anderer Fahrzeuge, um Gold-, Silber- oder Bronzemedaillen abzufassen, überholt innerhalb von drei Runden eine vorgegebene Anzahl Gegner oder kommt unbeschadet und möglichst schnell durch eine chaotische Unfallstelle. Habt ihr so genug Medaillen eingesackt, dürft ihr - je nach absolvierter Lizenz - auf Speedways, Superspeedways oder Straßenkursen komplette Wettläufe absolvieren, in denen ihr am Steuer verschiedener NASCAR-Legenden erneut bestimmte Bedingungen 

Auf zu "The Chase"! Die Quasi-Karriere bietet immerhin spannende Herausforderungen; Neulinge lernen hier das Fahren auf dem Speedway.
erfüllen sollt. Gelingt euch das, stellt ihr den gefahrenen Wagen in eure Garage und sobald ihr für jeden Streckentyp ein Auto euer Eigen nennt, geht es endlich um die NEXTEL-Krone. Das ist witzig, fordernd, abwechslungsreich, schlingert aber unbeholfen zwischen der realitätsnahen Laufbahn der PS2-Piloten und einer Ansammlung von Minispielen, kurz: es wirkt halbgar. Abgesehen davon gibt es noch die "Toyota Challenge" - scheinbar ein Zugeständnis an einen der Lizenzgeber. Aber wer braucht schon zehn weitere Herausforderungen, die denen aus "The Chase" gleichen?

Was besonders während der Minispiele auffällt, ist der Schwerpunkt Windschattenfahren. Und die Entwickler wissen, weshalb sie darauf Wert legen. Schließlich gibt das Fahrerfeld im Gegensatz zu den bisherigen NASCAR-Titeln deutlich kompetenter Gas als seine Vorgänger. Will heißen: Wer gegen Kontrahenten auf der schwierigsten Stufe so weit zurückfällt, dass er nicht mehr von dem geringen Luftwiderstand hinter dem Heck des vor ihm Fahrenden profitiert, hat ohne Gelbphase oder Fahrfehler keine Chance auf Anschluss. Spätestens auf den langen Superspeedways ist die Kunst des Windschatten-Surfens das A und O jedes erfolgreichen Rennens.

Das NASCAR-HUD

U.a. deshalb stellt EA den neuen Vehicle Telemetry Visor (VTV) vor, oder auf Deutsch: den Fahrzeug-Telemetrie-Visor. Oder ohne "Wir nennen alles anders"-Eitelkeit: ein neues HUD. Auf diesem seht ihr nicht nur Rundenzahl, Zeiten, Zustand des Wagens, Tankfüllung usw., sondern könnt auch die grafische Darstellung des Windschattens zuschalten. Folgt ihr so dem grünen Tunnel hinter eurem Vordermann, seid ihr auf der richtigen Spur. Auch wenn es selbst ohne VTV denkbar einfach ist, der Linie anderer Piloten zu folgen und auch wenn man am höher drehenden Motor einen

Ob Tag oder Nacht: Besonders die Lichteffekte können überzeugen.
Geschwindigkeitsüberschuss erkennt: Die Anzeige hilft zumindest NASCAR-Neulingen, das Prinzip des Windschatten-Teilens zu verstehen. Nur im Gedränge kann der VTV zum Stolperstein werden, wenn so viel Grün das Bild stört, dass man den Asphalt nur noch erahnen kann. Realitätssuchende Fahrer schalten die Anzeige deshalb ab, zumal sie der sehr lebendige Boxenfunk einschließlich Spotter und Crew Chief sowieso mit allen wichtigen Informationen versorgt.

Letztendlich ist NASCAR 08 ohnehin weniger Spiel als vielmehr eine Simulation mit praktischen Hilfestellungen, so dass selbst Anfänger die 800 PS-Monster bändigen können. Was schon beim Einstellen des Fahrzeugs deutlich wird. Auch hier gehen die Entwickler einen großen Schritt weiter als zuletzt, denn sowohl auf Xbox 360 als auch auf PlayStation 3 dürft ihr an jeder noch so kleinen Schraube drehen, um den Wagen perfekt auf Strecke und Fahrweise anzupassen! Das kostet höllisch viel Zeit, macht genau so viel Spaß - Einsteiger sind also aufgeschmissen? Mitnichten! Denn wer will, dreht einfach an gerade mal vier Reglern (Beschleunigung oder Geschwindigkeit, nachgiebiges oder straffes Fahrverhalten, hoher oder niedriger Anpressdruck sowie weiche oder harte Federung) und schon ist sein oder ihr Besuch in der Box beendet - hervorragend!                      

Überholt

Ganz im Gegensatz dazu die PS2-Variante: Bei dieser wollen etwa zwei Dutzend Einstellungen gemacht sein - sie schlägt quasi den Mittelweg ein und stellt so weder anspruchsvolle Tüftler noch unerfahrene Bastler zufrieden. Aber das gilt für die gesamte Simulation. Schließlich wirkt das Fahrverhalten spätestens im Vergleich zum aktuellen PS3-Modell wie SEGA Rally im Vergleich zu GTR. Zugegeben, das Erlebnis, in einer Lawine aus 42 heulenden Panzern mitzuschwimmen, fängt NASCAR 08 überzeugend ein. Doch wer seinen bei 300 Sachen wegrutschenden Boliden ohne Fahrhilfen nur durch leichtes Gegenlenken und nahezu ohne Geschwindigkeitsverlust wieder einfängt, kommt ins Grübeln. Hinzu kommt der kurze Bewegungsspielraum der Schultertasten am PS2-Controller, dank dem das feinfühlige Spiel mit Gas und Bremse praktisch wegfällt. Das hatte selbst bei den vorherigen Xbox-Pendants bereits besser funktioniert - PS2-Raser müssen 

Drei Videos vermitteln euch einen kurzen Eindruck vom Streckenrand:

Der Start-Trailermit fast-digitaler Beschleunigung bzw. Verzögerung auskommen. Entsprechend nachgiebig und damit unglaubwürdig ist deshalb die Physik, wenn man den Wagen im Grenzbereich bewegt.

Angst auf Knopfdruck

Genau wie bisher überzeichnet EA ohnehin viele in der NASCAR-Berichterstattung aufgebaute Klischees und fügt sie als Arcade-Elemente in das Spiel ein. So ist es z.B. völliger Unsinn, dass ich 20 Runden lang dem Führenden folge, ohne dass der sich einen Fehler erlauben würde - aber urplötzlich ins Schlingern gerät, sobald ich die Taste zum Einschüchtern drücke. Im Gegenzug schwenkt er, ebenfalls nach Knopfdruck, stets in meine Ideallinie, um seinen Windschatten mit mir zu teilen. Wieso macht ihn das ständige Unterm-Heck-Kleben nicht auch ohne Knopfdruck mit der Zeit nervös? Die Funktion ist im Programm drin; baut sie doch so ein, dass sie glaubhaft wirkt! Ähnlich hanebüchen ist das Zurückdrehen der Zeit: Untersteuere ich genau in die Bande, kann ich den Ausrutscher quasi rückwirkend korrigieren - das Zugeständnis an eine von Arcade-Racern verwöhnte Kundschaft. Selbst wenn das ein paar Minuten lang witzig sein kann: Bis auf das nur per Knopfdruck funktionierende Windschatten-Teilen und Einschüchtern, darf man diese Funktionen getrost ignorieren. Das gilt auch für die vor zwei Jahren eingeführte Team Control, über die man den restlichen Fahrern seines Teams Befehle wie "Folge mir!", "Lass mich vorbei!" oder "Blockiere meinen Hintermann!" erteilen darf. Wobei die Entwickler hier übrigens einen Gang zurückschalten, da man in diesem Jahr nicht mehr in die Cockpits seiner Kollegen springen und von da aus weiterfahren darf.

Ebenfalls den TV-Bildern abgeschaut, allerdings klasse umgesetzt ist die Entwicklung der virtuellen Persönlichkeit. Sobald die nämlich einmal zu oft einen bestimmten Kontrahenten von der Linie schubst, reagiert der in Zukunft eine Stufe aggressiver auf das Alter Ego. Andersrum kann man durch das Teilen von Windschatten sowie saubere Überholmanöver Allianzen aufbauen. Und das alles, obwohl die Fahrer von vornherein

Das Auto der Zukunft: Wegen dem großartigen Fahrgefühl auf PS3, merkt man dem Rasen auf PlayStation 2 sein Alter deutlich an.
bereits über ein an ihren realen Vorbildern angelehntes Profil verfügen. Wo auf PS3 bzw. 360 charakterlose KI-Vektoren rasen, sitzen hier Waltrip, Earnhardt Jr. oder Jarret am Steuer. Auch das ist für NASCAR-Kenner nichts Neues - aber immer noch großartig!

Unverständliches Kreiseln

Leider gilt "Das ist für Kenner nicht neu" aber gleich für die gesamte diesjährige Ausgabe, weshalb Besitzer einer der letzten beiden Saisons eigentlich keinen Grund haben, für die aktuelle Geld hinzublättern. Wirklich neu ist lediglich die "Earn Your Stripes" genannte Laufbahn, in der ihr zunächst einmal vier Qualifikationsläufe absolviert, um euch den Platz in einer der drei NASCAR-Serien oder der kleinen Whelen-Meisterschaft zu verdienen. Je nachdem, wie ihr hier in welcher Serie abschneidet - euch bleibt nur ein Versuch pro Anlauf! - erhaltet ihr eure Lizenz. Anschließend entscheidet ihr euch für einen der Rennställe, die euch einstellen möchten, erfüllt deren Vertragsbedingungen (z.B. unter den ersten 15 ins Ziel kommen, das Auto nicht verschrotten usw.) und arbeitet euch durch neue Lizenzen und Verträge langsam an die Spitze des amerikanischen Rennsports. Dabei erhaltet ihr Punkte für eure Statistik, erntet für Siege und andere Erfolge Medaillen und verbessert euren Wagen mit Upgrades.

Wer eine Pause braucht, kennt das Prozedere: Von der Laufbahn unabhängige Meisterschaften warten ebenso auf Piloten wie der "Chase for the Cup" oder Testfahrten zum Kennenlernen der Strecke und Einstellen des Fahrzeugs. Klammheimlich haben die Entwickler übrigens den Online-Modus für vier Piloten aus der hiesigen Version gestrichen - ein verschmerzbarer Verlust, wenn man den Berichten aus Übersee Glauben schenkt. Vermisst habe ich hingegen die starken Kontrahenten der modernen Fassungen, denn auf PS2 sind die Gegner, überspitzt ausgedrückt, selbst auf der schwersten Einstellung nur langsam rollende Hindernisse. Ihr Gummibandverhalten erlaubt zwar trotzdem spannende Rennen, ist in einer Simulation allerdings völlig fehl am Platz. Auch hier fehlt mir übrigens die Kontrolle über mein Fahrzeug, während der Tross bei geschwenkten gelben Flaggen langsam über den Parcour rollt. Schön wären zudem Wiederholungen, in denen ich mir packende Momente oder einfach gute Fahrten noch einmal in Ruhe zu Gemüte führen kann. Dann könnte ich stolz Replays vorführen und mich über haarscharfe, beinhart geführte Positionskämpfe bei Tempo 350 ereifern, während die meisten Zuschauer über die Faszination "Kreiseldrehen" nur unverständlich den Kopf schütteln...            

Fazit

Bei NASCAR liegen die Ansichten wie gehabt an jeweils verschiedenen Enden des Meinungsspektrums: Die einen finden "immer linksrum" strunzlangweilig, die anderen begeistern die Konzentrationsspiele, während ihr Bolide im Grenzbereich Tür an Tür mit der Konkurrenz über den Kurs schießt. Aber in diesem Jahr scheiden sich die Geister noch an einem weiteren Faktor: Will man eine lange und umfassende Karriere in einem unterhaltsamen Spiel bestreiten oder zirkelt man lieber ein realistisch anmutendes Fahrmodell eine trockene Saison lang über den Asphalt? Ich gehöre zur zweiten Gruppe - Laufbahn und Arcade-Spielchen der PS2-Version können mir gestohlen bleiben; ich will den echten Rennzirkus! Und hier ist NASCAR 08 auf den großen Systemen weiter als jede andere Konsolen-Simulation. Vielleicht ist es ja gut, dass die Entwickler auch diesmal nicht den gesamten bekannten Inhalt auf das neue Format geschaufelt haben; manchmal braucht es einfach keine überbordende Feature-Fülle. Trotzdem muss EA im kommenden Jahr nachbessern, denn vor allem die zwar starken, aber über zu weite Strecken blinden Gegner gehören noch einmal in die Fahrschule. Schön wäre es, wenn die Kontrahenten zudem das Eigenleben ihrer PS2-Gegenstücke an den Tag legen würden - damit ein Jeff Gordon auch auf der Strecke als solcher erkennbar ist. Überhaupt bekommen Besitzer der alten Konsole das umfangreichere Paket: Wer ausführlich an seiner Karriere feilen will und sich am Arcade-Gefühl nicht stört, wird auf PlayStation 2 glücklicher. Zumal die letzte Ausgabe nie in unseren Breiten erschien; der Abnutzungseffekt ist hierzulande weniger stark. Dafür hat der Kern des Spiels - Fahrphysik und Auftreten der Gegner - in Anbetracht der Konkurrenz aus eigenem Haus inzwischen endgültig ausgedient.

Pro

realistisches Fahrgefühl (PS3/360)
fordernder The Chase (PS3/360)
sehr umfangreiches oder extrem vereinfachtes Setup  (PS3/360)
Online-Rennen mit zwölf Teilnehmern (PS3/360)
Unterstützung für Lenkräder (PS3/360)
umfangreiche, abwechslungsreiche Karriere (PS2)
unterschiedliche Beziehungen zu anderen Fahrern (PS2)
glaubwürdiges Im-Gedränge-Fahren
schöne Lichteffekte, flüssiger Ablauf
nahezu alle Fahrer, alle Strecken, alle NASCAR-Serien

Kontra

Gegner fahren oft ohne Übersicht / zu aggressiv (PS3/360)
(abstellbare) Windschatten-Anzeige nimmt zu viel Sicht (PS3/360)
keine Personalisierung, keine Karriere (PS3/360)
praktisch niemand online (PS3/360)
keine Online-Turniere etc. (PS3/360)
gekürzter Umfang im Vergleich zu PS2-Version
kein Speichern während der Rennen (PS3/360)
überholtes Fahrmodell (PS2)
zu schwache und Gummiband-Gegner (PS2)
wenig Setup-Optionen (PS2)
keine echten Änderungen zum Vorjahr (PS2)
keine Online-Rennen (PS2)

Wertung

360

Später erschienen als die PS3-Version, gleicht sie ihrem Pendant wie ein Ei dem anderen.

PlayStation2

Nichts Neues auf der PS2: EA vernachlässigt die alternde Konsole und liefert keine frischen Ideen.

PlayStation3

Mit Inhalten hält sich EA zwar zurück, das neue Fahrgefühl ist allerdings wegweisend!

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