Test: Arcania: Gothic 4 (Rollenspiel)

von Jörg Luibl



Entwickler:
Release:
15.10.2010
12.10.2010
28.05.2013
08.05.2015
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ab 14,99€
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Inkonsequentes Weltdesign

Atmosphärekiller: Man kommt in eine Taverne und alle Gäste heißen "Reisender", haben nichts zu erzählen.
Wenn ich in einem der Dörfer oder in einer der imposanten Burgen unterwegs bin, zeigt auch das Weltdesign sein beschränktes Gesicht: Zum einen gibt es fast kein Leben in den Gemäuern - ja, da stehen Wachen rum und ab und zu läuft einem jemand über den Weg. Und bei Regen gehen die Leute tatsächlich rein; sehr schön. Aber wie viele Klonfiguren muss man auf seiner Reise ertragen? Egal ob Grengar, Herwar oder Garv - zu viele Männer und Frauen sehen identisch aus, obwohl es nicht mal viele NPCs gibt! Dass die Gestik aus der Mottenkiste kommt, kann man noch ertragen. Dass der Held in Dialoganfängen immer seinen Helm verliert, kann man verschmerzen. Aber dass neue Charaktere wie alte aussehen, dass die Frau des Barons wie die Schmiedin nebenan aussieht, ist eine Zumutung.

Und warum muss die erste große Taverne "Zur gespaltenen Jungfrau" so ein erbärmliches Bild hinterlassen: Da öffnet sich das Spiel gerade mit weiteren Aufgaben, man freut sich darüber, dass die Wirtin mit und an ihrer Theke mal etwas anders aussieht als die ewig gleichen Frauenfiguren mit ihrer hüftsteifen Brust-raus-Haltung. Und dann? Dann kann man dort nicht mal mit den Gästen sprechen, die auch keine Namen tragen, sondern einfach "Reisende" sind. Dass die Entwickler nicht gerade kreativ bei der Namensfindung sind, weiß man spätestens, wenn man in einem Stollen einem Mann mit Spitzhacke begegnet, der "Digger" heißt. Okay, geschenkt, aber kann man nicht wenigstens in einer Taverne für mehr Charaktere sorgen? Selbst wenn sie nur sagen würden, woher sie kommen! Das würde der Spielwelt wenigstens weitere örtliche Ankerpunkte verleihen. Wieso kann man im Jahr 2010 nicht mehr Leben, nicht mehr Reize für Dialoge in diese sterile Botkaschemme bringen? Erinnert sich noch jemand an das Konzert von InExtremo in Gothic? Das waren noch Zeiten. Eine Taverne lebt vom Reiz der Unbekannten! Lasst wenigstens einen Barden spielen oder einen Narren auftreten, aber baut doch nicht einfach einen Raum mit Bots!

Atmosphärische Rudimente

Nur ganz wenig Charaktere wurden so individuell gestaltet: Man begegnet zig Klonfiguren, egal ob männlich oder weiblich.
Hinzu kommen viele kleine Inkonsequenzen, die an der Atmosphäre nagen: Warum hat die Taverne in der viel größeren Stadt Stewark eigentlich keinen Namen? Warum sieht der einzige Gast dort genauso aus wie der Wirt? Warum sieht der Bäcker aus wie zwanzig, aber spricht wie ein Greis? Warum brät da ein fettes Schwein über dem Spieß in der Stadt, aber niemand sitzt dort und isst? Auch hier zeigt sich die Oberflächlichkeit der Story: Immerhin soll es gerade eine Hungersnot (!) geben, über die man sich ein paar Meter weiter beschwert! Warum reißen sich die Armen nicht um das Fleisch? Und wenn ich an diesen Spieß gehe, kann ich ihn drehen - ohne dass etwas passiert. Ich bekomme weder Fleisch noch werde ich angesprochen. Das ist alles ein Armutszeugnis der Dramaturgie.

Von diesen Pseudo-Aktivitäten, die wie typologische Rudimente aus Gothiczeiten wirken, gibt es noch mehr: Man kann sein Schwert schleifen, sieht die Animation, aber nichts passiert - nicht mal eine Statistikänderung. Man kann an ein Lesepult gehen, sieht die Animation, aber nichts passiert. Es gibt zwar viele Regale, aber überhaupt keine Bücher, in denen man mal à la Oblivion stöbern könnte, um sich über die Geschichte des Landes oder Mythen und Gebräuche zu informieren. Sprich: Man wird für seine Neugier einfach nicht belohnt; selbst wenn man sich in den Krieg und die Machtlage hinein steigern will, kann man das nicht tun - es gibt keine Lektüre dafür. Gerade Einsteiger werden mit den wenigen Informationen des Intros sowie den kargen Dialogen kaum mit der Welt und ihrer Historie vertraut gemacht. Warum kann man nicht mal Flugblätter oder Notizen finden, die die Machtlage oder Parteien veranschaulichen? Warum kann man nicht mal ein Buch über Innos finden, in dem sein Kult erläutert wird? Erst ein Krämer informiert in einem der wenigen guten, weil endlich mal etwas längeren und religionshistorisch interessanteren Gespräche über die Hauptgötter eines Reiches.

 
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Kommentare

James Dean schrieb am
Habe das Spiel mal aus Langeweile angefangen, wollte die ungespielten Spiele meiner Steam-Library mal zumindest anzocken. Ich finde es aktuell nicht so schlecht, wie immer behauptet. Das Kampfsystem gefällt mir persönlich besser als das von The Witcher 1 und 2, auch wenn es wirklich sehr simpel ist bisher. Die Welt ist optisch ganz passabel gestaltet, die Synchronsprecher sind auch okay. Schwachsinnig war bereits die erste Quest: 3 Prüfungen für eine Hochzeit, kek. Und natürlich muss es in ein Grab gehen, um einen Dolch zu holen.
Kommt natürlich nicht an Gothic heran, aber es ist so - bisher - ganz nett. Bin aber gespannt, ob ich in ein paar Stunden sagen werde, es sei der größte Mist unter der Erde. Wer weiß, was mich noch erwartet :lol:
Aglitterdrip schrieb am
Habe mir das Spiel günstig bei Ebay reingezogen. Als Müll würde ich es nicht bezeichnen (technisch ist es sehr gut gelungen), aber die Handlung ist gähnlangweilig mit vielen, zum Teil langen Laufwegen. Hole-bringe-zerstöre, und das ohne jegliche Highlights. Nach ca. 8 Std. wurde mir das echt zu dumm. Warum das Leben mit solch sinnlosem Zeugs vertrödeln?
westernhero schrieb am
So - ich habe es mir nun auch angetan... warum, weiß der Teufel.. :)
Das ist inhaltlich so mit ganz großem Abstand der größte Software Müll, den ich je spielen durfte - und ich bin 37.
Eine Beleidigung an jeden intelligenten Spieler... für Gothic Fans eigentlich eine Kriegserklärung...
Was für ein Drecksspiel. Wahnsinn.
Die 40% sind sehr sehr großzügig angelegt.
Ich finde man muß das so deutlich sagen!
Ninnghizidda schrieb am
Wie laut startseite in den 4p store charts aktuell arcania noch das zweitbest verkaufte spiel im 4players store is ..(sogar die teure SE für 70.-)
Und direkt neben dem button für den einkauswagen steht noch :
Das meint die 4Players-Redaktion:
Gothic im Namen, totale Langeweile im Spiel: Spellbound bietet Einbahnstraßenquests mit grenzdebilen Dialogen und primitivem Kampfsystem.
Es is einfach unglaublich^^
wundert mich das die trotzdem insolvenz anmelden mussten , dachte eigtl. da sind genug leute auf den guten namen reingefallen.
schrieb am