Warhammer 40.000: Squad Command07.12.2007, Benjamin Schmädig
Warhammer 40.000: Squad Command

Im Test:

Warhammer hat Konjunktur, egal ob klassisch oder als SciFi-Ableger: Relic hat den Dawn of War in bereits vier Episoden inszeniert, Namco veröffentlichte ein PSP-Sammelkartenspiel, THQ kramte Space Hulk für Handybesitzer aus der Klamottenkiste, in Kürze erscheint Battle March und nicht zuletzt feilen die Dark Age of Camelot-Macher an Warhammer Online. Vivendi lässt euch hingegen einen Trupp aus sechs in massive Rüstungen gepackten Soldaten kommandieren...

Lizenzgurke?

Ein Hinweis für den Fall, dass sich Warhammer-Enthusiasten oder Fans martialischer Science Fiction-Gefechte euphorisch auf die taktische Herausforderung in ihrem Lieblings-Universum freuen: Auf PSP ließen bereits ähnliche große Namen, genauer gesagt Der Herr der Ringe sowie Dungeons & Dragons, in Zügen denkende Feldherren das Hosentaschen-Zepter übernehmen - und zwar mit mäßigem Erfolg. Squad Command scheint sich demnach in eine kleine Riege Lizenz-Schnellschüsse einzuordnen, die...

Halt! Schon die filmische Einführung zeigt in imposanten Szenen, dass diese Umsetzung ihrer Vorlage zumindest visuell das Wasser reichen kann.  Und das, obwohl die überraschend zahlreichen Einspielungen lediglich übereinander gelegte und animierte Cartoon-Sequenzen sind. Vom tiefen Bariton des englischen Erzählers bis zu den düsteren SciFi-Bildern wird die Testosteron-schwangere Stimmung des Originals detailgetreu eingefangen. Skeptiker erleben eine angenehme Überraschung - und werden auch später nicht enttäuscht. Denn die

Die Umgebung ist nicht nur komplett zerstörbar, sie zerfällt auch unter einem bildgewaltigen Donnern.
eindrucksvolle Atmosphäre geht nie verloren. Seien es die grimmigen Einheiten-Portraits im Ausrüstungsbildschirm, ihre in Stahl gepackten Pendants auf dem Schlachtfeld, ihr "Tod dem falschen Imperator!" oder die schmutzigen Nebelbänke in den plastischen Kulissen: Hier waren Liebhaber am Werk, die Gleichgesinnten locker ein grandioses Epos in die Hosentasche stecken könnten!

Männersache

Doch diesen Schritt wagen die Enthusiasten bei RedLynx leider nicht. Denn ihre Anweisung schien zu heißen: "Macht ein Spiel für zwischendurch. Verzichtet auf einen weit ausholenden roten Faden. Haltet die taktischen Geplänkel so einfach wie möglich." Schade. Ich erlebe auch unterwegs gerne eine große Geschichte, vertiefe mich auf dem heimischen Sofa gerne in ausufernde Taktik-Kämpfe. Warum wird dem Handheld so oft das "Nur für Zwischendurch"-Qualitätssiegel aufgedrückt? Dem Squad Command immerhin fast perfekt gerecht wird. Denn so beschränkt die Handlung und eure operativen Möglichkeiten während der Gefechte auch sind, so fest greifen die Mechanismen ineinander.

Kurz gesagt wählt ihr Waffen sowie Munitionsvorrat eures Stoßtrupps, bewegt die Einheiten nach- oder durcheinander in Position, eröffnet das Feuer oder bezieht defensiv Stellung. Letzteres ist deshalb wichtig, weil eure Männer (Frauen im Warhammer 40K-Universum? Scheint nachts die Sonne?) das Feuer eröffnen, falls ein Gegner ihr Blickfeld betritt und sie ausreichend Aktionspunkte in Reserve haben. Ihr könnt euch noch für eine der jeweils zwei getragenen Waffen entscheiden und aufpassen, dass die Marines so positioniert sind, dass auch eine einstürzende Mauer keine Gefahr bedeutet. Das war's.             

Zu platt

Und es reicht. Denn sinnvoll platzierte und halbwegs smarte Widersacher sowie die dynamischen, komplett zerstörbaren Kulissen halten die grauen Zellen Runde um Runde auf Trab. Unbedachtes Stürmen einer gegnerischer Stellung bringt euch ebenso wenig weiter wie der ständige Rückzug in die Verteidigung. Und das macht dieses Warhammer für Feldherren interessant - und zwar nicht nur für Allein-Befehlshaber. Schließlich dürfen sich bis zu acht Gleichgesinnte per Internet oder WiFi in zwei Teams organisieren und ihr taktisches Können auf neun Karten messen.

Trotzdem: Wer sich dauerhaft in Squad Command vertieft, tritt auf der Stelle. Was fehlt ist die aktive Entwicklung des sechs Mann kleinen Stoßtrupps, denn der wird nach jedem Auftrag durch einen neuen ersetzt. Man erhält zwar oft eine neue Einheit sowie stets eine neue Sekundärwaffe und kann deren Munitionsvorrat im Tausch gegen Aktionspunkte aufstocken. Aber eigene Personalentscheidungen vermisse 

Eine der Sondereinheiten: Dieser Panzer verschafft sich vor allem mit seinen Raketen Respekt.
ich ebenso wie den Schmerz beim Verlust eines Marines, den ich daraufhin durch einen unerfahrenen Soldaten ersetzen müsste. Hinzu kommt, dass sich die ausschließlich ebenen Schauplätze trotz unterschiedlicher Umgebungen (Wüste, Eislandschaft oder Stadtgebiet) weder visuell noch akustisch wirklich unterscheiden. Auch eure Vorgabe ist immer dieselbe: Vernichte alle Gegner! Selbst wenn es hin und wieder darum geht, bestimmte Einrichtungen wie Raketen-Stellungen zu vernichten, muss man das Gros der Feinde aus dem Weg räumen, um sein Ziel zu erreichen.

Zeig mir mehr!

Hinzu kommt die unglückliche Steuerung des Blickwinkels, weil die Kamera beim Benutzen des Analognippels nur winzige Schwenks in alle Richtungen macht, sich aber nicht vom Fleck bewegt. Einen umfassenden Überblick kann man sich so nie verschaffen. Stattdessen bewegt sich die Kamera, sobald man über die Richtungstasten den Cursor zum Bewegen des Zielpunktes in die Nähe des Bildschirmrands drückt - die indirekte Kontrolle fühlt sich leider träge und unkomfortabel an. Nicht zuletzt werden Mauern oft nicht durchsichtig genug, damit Einheiten dahinter deutlich sichtbar

Am DS etwas unübersichtlicher, weniger stimmungsvoll, im Kern aber dasselbe Spiel.
würden. Und ist der Gegner am Zug, fährt die Kamera nicht an den Ort des Geschehens, um Abschüsse oder Verluste zu dokumentieren.

Letzteres liegt u.a. daran, dass die Truppenbewegungen praktisch gleichzeitig stattfinden. Der Vorteil liegt trotz des mangelnden Überblicks auf der Hand: Kommt es zu Schusswechseln zwischen mehr als zwei Marines, inszeniert Squad Command packende Gefechte, in denen oft gleichzeitig ratternde MGs, dröhnende Laser und knirschende Mauereinstürze den Ton angeben. Spätestens dann, wenn mächtige Panzer oder zwei-Mann-hohe Roboter über die apokalyptische Erde walzen, lachen martialische Urinstinkte lauthals auf! Rundentaktiker erleben damit ungewöhnlich dichte Schlachten, auch wenn sie diese nur in kurzen Schüben genießen können.

Etwas schlechter treffen es nur ihre DS-Kollegen, denn auf ihrem System sehen die groben Zwischensequenzen eher wie fixe Collagen denn animierte Comics aus. Atmosphäre geht auch verloren, weil die tiefe Stimme des Sprechers simplen Textfeldern weichen musste und weil während der Kämpfe die knatternden Gewehre und Raketeneinschläge im Hintergrund fehlen. Tatsächlich bleiben die Scharmützel bis auf die notwendigsten Geräusche geradezu unheimlich stumm. Im Gegenzug wirken die Kulissen aber auch hier sehr plastisch und sind ebenfalls komplett zerstörbar. Der wichtige Kern, die taktische Herausforderung, bleibt somit erhalten - auch wenn der kleinere Bildschirm und die nicht drehbare Kamera den ohnehin schwierigen Überblick zusätzlich behindern. Darüber, dass das Befehle erteilen über Stift und Touchscreen zu umständlich ausfällt, kann man hingegen hinwegsehen, da sich die DS-Variante auf Wunsch genau so steuern lässt wie das offenbar vorrangig für PSP erdachte System.

Fazit

Warhammer 40.000: Squad Command ist eine merkwürdige Mixtur. Da werden die düsteren, brachialen PSP-Kulissen auf der einen Seite selbst höchsten Ansprüchen gerecht - auf der anderen Seite operieren die so in Stimmung gebrachten Feldherren nur mit rudimentärem Mitteln. Unterfordert fühlen sie sich zum Glück nie, denn die Gegner wurden sinnvoll platziert und verhalten sich geschickt. Allein die zerstörbare Umgebung öffnet ausreichend großen Spielraum für taktische Varianten im Kleinen. Aber es fehlen in und zwischen den Kämpfen einfach die Möglichkeiten zur Entwicklung des eigenen Trupps, zum Aufstellen und Ausrüsten der Männer sowie z.B. Luftangriffe, eintreffende Verstärkung, abwechslungsreichere Einheiten oder Höhenunterschiede. Auf lange Sicht lässt die Lizenzversoftung einfach den Umfang missen, der für mehr als ein kurzes Scharmützel ans strategische Schaltpult ruft. Wo sich nach Abwechslung suchende PSP-Besitzer immerhin von der unheimlich dichten Atmosphäre verwöhnt werden, müssen sich DS-Befehlshaber allerdings durch fehlende Hintergrundgeräusche und nüchtern vorgeführte Comic-Einspielungen beißen - was der Motivation in einem Spiel, das viel von seiner dichten Stimmung lebt, schwere Steine in den Weg legt.

Pro

sehr plastische urbane Umgebungen...
fordernde Scharmützel im kleinen Rahmen
ausgesprochen knackige Geräusche (PSP)
coole Waffeneffekte / komplett zerstörbare Umgebung
originalgetreuer Stil
schön gezeichnete Einheiten
einige eindrucksvolle mächtige Einheiten
beeindruckende animierte Einspielungen (PSP)
Mehrspieler-Gefechte über Internet und WiFi

Kontra

- ... die sich stets ähnlich sehen
umständliche Kamerakontrolle
kein Zoom zu Brennpunkten während gegnerischen Zugs
mitunter verdecken Rauch oder Gebäude die Sicht
keine echte Handlung
sehr eintöniger Ablauf, keine abwechslungsreichen Missionsziele
gar keine Hintergrundgeräusche auf DS
auf Dauer fehlt Musik oder veränderliche akustische Kulisse (PSP)
vorgegebene Einheiten
stets gleiche Missionsziele
kein Einfluss auf Entwicklung der Einheiten

Wertung

PSP

Beeindruckende Kulissen, packende Scharmützel - aber auf Dauer fehlt die taktische Tiefe.

NDS

Keine Hintergrundgeräusche und weniger eindrucksvolle Comicszenen lassen kaum Atmosphäre aufkommen.

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