Die Sims 2: Gestrandet27.10.2007, Jan Wöbbeking
Die Sims 2: Gestrandet

Im Test:

Electronic Arts verfrachtet seine Sims auf ein einsames Atoll und lässt euch über ihr Schicksal entscheiden. Schafft ihr es, ihnen zur Rettung zu verhelfen? Oder spielt ihr den Aussteiger und macht es euch im tropischen Paradies richtig gemütlich? Wie im gerade erst erschienenen MySims gibt es auch in der neuesten Episode eine Menge zu entdecken. Aber Vorsicht: Diesmal müsst ihr euch wieder um die Bedürfnisse eurer Schützlinge kümmern.

Reif für die Insel?

Wen würdet ihr auf eine einsame Insel mitnehmen? In der neuen Sims-Episode fällt die Antwort leicht, denn dort könnt ihr eure schiffbrüchigen Inselbewohner selbst erschaffen. Wie in der Serie üblich, bastelt ihr euch eure Sims gleich zu Beginn im Editor.

Wie im Werbespot: Vor dem Kentern ist die Welt eurer selbst erschaffenen Crew noch in Ordnung (Wii).
Der Zufallsgenerator spuckt zwar meist Freaks mit neonfarbenem Irokesen-Schnitt und gezwirbeltem Schnauzbart aus, doch mit etwas Feintuning formt ihr euch daraus einen glaubwürdigen Charakter. Gebt euch aber nicht zu viel Mühe: Zumindest die männlichen Gruppenmitglieder sehen mangels Schere und Rasierer ohnehin nach ein paar Tagen aus wie Reinhold Messner.

Äußerlichkeiten spielen bei der Erschaffung eurer Schützlinge also keine all zu große Rolle. Wichtiger ist es, welchen Beruf ihr ihnen zuordnet. Es kann nicht schaden, einen Mechaniker dabei zu haben, der dank seiner Charakterwerte von Haus aus Hütten, Werkzeuge und andere nützliche Gegenstände zusammenbauen kann. Doch auch die anderen Klassen besitzen Eigenschaften, die das Leben auf der Insel erleichtern oder versüßen. Der Ranger ist z.B. geschickt beim Jagen und Fischen. Auch eine künstlerische Begabung kann von Vorteil sein, denn manche Schmuckstücke und Möbel können die Sims nur mit einem bestimmten Mindestmaß an Kreativität erschaffen. Wie im echten Leben gilt aber: Übung macht den Meister. Hat ein Koch erst eine große Hütte gebaut, steigt auch sein Können in der Kategorie Mechanik.

Ist euer Grüppchen komplett, dürft ihr euch im minimalistischen Intro anschauen, wie euer Schiff kentert und wie euer Hauptcharakter kurz darauf an einem verlassenen Strand angespült wird. Eure ersten Aufgaben sind einfach: Sichert das Überleben eures Sims und findet die anderen Crew-Mitglieder. Ersteres fällt alles andere als schwer, denn die verlassene Insel erweist sich als kulinarisches Paradies. Alle paar Meter findet ihr Bäume und Sträucher mit neuen exotischen Früchten. Von einem Kampf ums Überleben kann keine Rede sein und auch Baumaterialen gibt es im Überfluss. Treibholz wird regelmäßig an den Strand gespült, und die übrigen Rohstoffe wie Bambus, Bananenbaumblätter und Schlingpflanzen warten nur darauf, dass ihr sie erntet.

Paradies oder grüne Hölle?

Das einzige Hindernis bei der Arbeit sind die körperlichen Bedürfnisse eures Schützlings. Kaum hat euer Robinson ein wenig geackert, signalisieren die altbekannten Symbole am Bildrand, dass er dringend eine Mütze Schlaf braucht, halb ausgehungert ist und außerdem auf die Toilette muss. Für die Befriedigung des letztgenannten Bedürfnisses trägt euer Sim stets eine unendlich lange Rolle Klopapier mit sich herum.

Zu Beginn sind die zutraulichen Schimpansen eure einzigen Gesprächspartner. Ihr könnt mit ihnen Freundschaft schließen wie mit anderen Sims (Wii).
Außerdem hat er immer eine komplette spanische Wand dabei, damit weder der Spieler vor dem Bildschirm noch die herumstreunenden Schimpansen von der Verrichtung seines Geschäfts belästigt werden. Beschäftigt euren Sim ruhig ein bisschen mit den kreischenden Primaten! Das hilft nicht nur gegen seine Einsamkeit, sondern füllt auch euren Essensvorrat auf.

Befreundete Schimpansen sind nämlich durchaus bereit, euch beim Erdbeerenpflücken zu helfen. Habt ihr eine provisorische Unterkunft zusammengezimmert, wird es Zeit, die Umgebung zu erkunden. Baut euch ein schicke Kreuzung aus Floß und Tretboot und schippert auf das gegenüberliegende Eiland, um dort das nächste Mitglied eurer Crew zu treffen. In meinem Fall trifft Sim Tim auf seine weibliche Leidensgenossin Heidi. Offenbar hätte ich der guten Heidi etwas freundlichere Charakterwerte zuordnen sollen. Die olle Zippe macht jedenfalls nicht die geringsten Anstalten, sich mit Tim zu unterhalten und seine angeschlagene Gemütslage ein wenig aufzbessern. Wenn ich sie ansprechen will, läuft sie davon und leistet lieber den Schimpansen Gesellschaft. Dabei steht doch bei den Ziel-Vorgaben im Hauptmenü, dass sich die Crew-Mitglieder anfreunden sollen. An der Körperhygiene kann es nicht liegen - Tim hat gerade ein ausgiebiges Bad in der Brandung genommen. Doch auch er macht keine Anstalten, sich mit Heidi anzufreunden. Ich schlüpfe in die Rolle von Heidi und lasse die beiden ein wenig Smalltalk halten. Das scheint Tim zu gefallen, aber als Heidi ihn freundschaftlich umarmen will, stößt er die Blondine einfach weg.

                

Die Macht des Feuers

Doch dann geht mir ein Licht auf. Natürlich! Warum bin ich nicht gleich darauf gekommen? Ein romantisch knisterndes Lagerfeuer beim Sonnenuntergang - da muss der Funke einfach überspringen. Und siehe da, kaum beginnen die Flammen zu lodern, ist der Bann gebrochen. Jetzt huschen die grünen Freundschafts-Symbole im Sekundentakt über den Bildschirm, während die beiden einsamen Seelen sich gegenseitig ihre Lebensgeschichte erzählen.

Baut euren Sims Einrichtungsgegenstände, damit sie sich entspannen können. Je mehr Spielziele ihr erreicht, desto mehr Konstruktionspläne werden freigeschaltet (PS2).
Kurz darauf lasse ich die beiden einen Stamm gründen, damit sie zusammen an ihrem tropischen Paradies-Dörfchen arbeiten können. Mit Hilfe der frei geschalteten Konstruktionspläne aus dem Bau-Menü könnt ihr euer neues Heim mit vielen unterschiedlichen Schmuckstücken und Einrichtungsgegenständen wie Ketten und Muschellampen verschönern. Oder ihr baut euch Rasseln und veranstaltet eine kleine Strandparty.

Voraussetzung dafür ist natürlich, das ihr vorher genügend Rohstoffe für das entsprechende Objekt zusammengerafft habt. Wenn ihr neue Gebiete wie Höhlen und Flusstäler auf der Inselgruppe erschließt, trefft ihr dort nicht nur auf neue Baumaterialien, sondern auch auf Statuen und andere Überbleibsel einer alten Kultur, die einst die Insel beherrschte. Ihr dürft die einzelnen Mitglieder eures Stammes übrigens auch mit bestimmten Aufgaben wie Nahrungs- oder Ressourcen-Beschaffung betrauen. Wenn ihr das ewige Jagen und Sammeln satt habt, könnt ihr euch nach einiger Zeit auch ein Huhn halten und Gemüse im eigenen Garten anbauen. Oder ihr baut euch eine Angel und grillt euren Fang hinterher genüsslich über dem Lagerfeuer oder auf der eigens gebauten Kochstelle.

Direkte Steuerung

Wie in Sims 2: Haustiere für den Wii bewegt ihr eure Schützlinge direkt mit dem Analogstick. Auf eine alternative, indirekte Steuerung wie bei den PC-Vorgängern haben die Entwickler im aktuellen Teil verzichtet. Leider bleibt ihr oft an Steinen und anderen Gegenständen hängen. Sobald ihr ein neues Gebiet entdeckt habt, könnt ihr euch den Fußweg dorthin sparen. Ein Klick auf die Übersichtskarte - und schon seid ihr am gewünschten Ort.

Auf der Inselgruppe gibt es allerlei Schätze und mystische Gegenstände zu entdecken (PS2).
Auch die Tasten sind diesmal logischer belegt als in Die Sims 2: Haustiere. Einzig der Baueditor ist in seiner Bedienung ein wenig gewöhnungsbedürftig. Doch auch im neuen Teil der Lebenssimulation wird eure Geduld auf eine harte Probe gestellt. Macht euch schon einmal darauf gefasst, knapp die Hälfte der Spielzeit in Menüs und Ladebildschirmen zu verbringen. Sogar beim Blättern in den einzelnen Menü-Seiten schaufelt die PS2 Daten von der DVD in den Speicher.

Das Flair einer einsamen Insel haben die Entwickler insgesamt recht gut in die virtuelle Welt übertragen: Zwischen der üppigen und hübsch beleuchteten Vegetation gibt es eine Menge zu entdecken. Aus den Lautsprechern erklingt das ewige Rauschen des Meeres, das Kreischen der Schimpansen und anderer Tiere und in den Menüs hört ihr seichte Bongo-Rhythmen. Doch unter technischen Gesichtspunkten ist das Spiel selbst für PS2-Verhältnisse alles andere als zeitgemäß. Das Bild stockt und ruckelt alle paar Sekunden und die Pflanzen sehen aus der Nähe betrachtet arg grobpixelig aus. Zur Krönung gibt es längst vergessene Clipping-Fehler zu bestaunen, die ich in diesem Ausmaß zum letzten mal auf der PlayStation 1 gesehen habe. Als mein Sim mit der Obsternte beschäftigt war, erwachte eine riesige Felswand zum Leben und bewegte sich meterweit auf den Strand zu. Eine Geheimtür? Nein, leider nur ein gigantischer Grafikfehler.

Vorteil Fernbedienung

In der Wii-Fassung entwickeln die Felswände zwar kein Eigenleben, davon abgesehen schaut die Inselwelt aber genauso vorsintflutlich aus wie auf der PS2. EA hat sich nicht im Geringsten bemüht, die Grafik wenigstens ein bisschen aufzumotzen. Auf dem Wii ruckelt und stockt die Kamera genau so stark wie auf Sonys altem Flaggschiff. Außerdem tauchen eure Sims gerne mal mit dem kompletten Oberkörper in riesige Felsvorsprünge ein. Auch die Inselaffen laufen oft und gerne in die Bambusrohre einer noch nicht fertiggestellten Baracke hinein und spielen Schimpanse am Spieß. Trotzdem hat die Wii-Fassung zwei klare Vorteile, die das Spiel deutlich entspannter machen: Erstens verbringt ihr etwas weniger Zeit vor dem Ladebildschirm und zweitens sind Fernbedienung und Nunchuk wie gemacht für das Spiel. Euren Sim steuert ihr weiterhin mit dem Analogstick, und nebenbei navigiert ihr lässig mit der Fernbedienung durch die Menüs.          

Schludrige PSP-Umsetzung

Die PSP-Fassung unterscheidet sich inhaltlich kaum von seinen Gegenstücken für PS2 und Wii. Die Charaktere besitzen ein paar Polygone weniger, einige Icons wurden leicht umgestaltet und die Steuerung recht ordentlich auf die Handheld-Tasten umgelegt.

Auch auf der PSP könnt ihr es euch am Traumstrand richtig gemütlich machen - falls euch nicht vorher einer der vielen Grafikfehler und Bugs die Laune verdorben hat.
Außerdem nimmt neuerdings die Berufswahl eures Sims Einfluss auf sein Aussehen. Aber im Aufbau der Inseln und der Aufgaben gleicht das Spiel seinen Vorbildern beinah wie ein Ei dem anderen.

Leider hat der Zeitdruck dem PSP-Team offenbar einen Strich durch die Rechnung gemacht: Anders kann ich mir nicht erklären, dass es derart viele Bugs und Grafikfehler in die finale Version geschafft haben. Das Obst schwebt z.B. bei der Nahrungsaufnahme in der Luft vor eurem Charakter. Außerdem hat die Grafik bei Kameraschwenks häufig mit Ruckeln und Tearing zu kämpfen. Manchmal hat sich PSP sogar komplett aufgehängt - sichert also so oft wie möglich euren Spielstand. Glücklicherweise lässt sich die Fassung trotz aller Fehler einigermaßen flüssig spielen, so dass mir das Spiel insgesamt ein wenig mehr Spaß gemacht hat, als die fade DS-Fassung.  

Fazit

Na, das war doch ein netter Ausflug in die Tropen. Ähnlich wie beim an Animal Crossing angelehnten MySims hat Electronic Arts auch in den aktuellen Teil der Serie verstärkt Adventure-Elemente einfließen lassen. Doch das neue Spin-Off richtet sich eher an Fans des klassischen Spielprinzips. Statt lediglich entspannt zu erforschen und neue Objekte zu bauen, solltet ihr immer ein Auge auf die Bedürfnisse eures Sims behalten. Dank dem Überfluss an wild wachsendem Obst müsst zwar nicht ums Überleben kämpfen wie im Survival Adventure »Lost in Blue 2«. Doch auch die schiffbrüchigen Sims leben nicht vom Brot allein. Auch sie legen Wert auf ein gemütliches Zuhause und ein harmonisches Zusammenleben. Es liegt in eurer Hand, ob ihr euren Schützlingen so schnell wie möglich zur Rettung verhelft oder ihnen ein tropisches Paradies baut. Dieses Paradies ruckelt zwar in Form von grobpixeliger, arg veralteter Grafik über den Bildschirm, doch trotzdem ist es durchaus unterhaltsam, sich seine eigene blaue Lagune zu erschaffen.

Pro

interessante Abwandlung des Spielprinzips mit Adventure-Elementen
es gibt eine Menge auf der Inselgruppe zu entdecken
viele unterschiedliche Nahrungsmittel und Rohstoffe zum Bauen
sinnvolles Hochleveln der Charakterfähigkeiten

Kontra

einen Großteil der Zeit verbringt ihr in Lade
und Menübildschirmen (PS2)
grobschlächtige Texturen
massive Clipping-Fehler
ständiges leichtes Ruckeln
zusätzliches Bild-Stocken
Figuren bleiben oft an Gegenständen hängen

Wertung

Wii

Wer die Wahl hat, greift zur Wii-Fassung: Kürzere Ladezeiten und intuitive Steuerung sorgen für einen entspannten Insel-Aufenthalt.

PSP

Die PSP-Umsetzung gleicht inhaltlich den Versionen für PS2 und Wii, hat aber mit Bugs und Grafikfehlern zu kämpfen.

PlayStation2

Baut euch euer Südsee-Paradies: Unterhaltsame Robinson-Simulation mit Adventure-Einschlag und veralteter Grafik.

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