Im Test:
Scheinbar unscheinbar
Es fängt so unscheinbar harmlos an: Auf acht mal acht Feldern liegen Steine in vier verschiedenen Farben, Totenschädel, lilafarbene Sterne, Münzen sowie Joker. Eure Aufgabe ist es, eins der Symbole horizontal oder vertikal so zu verschieben, dass eine waagerechte oder senkrechte Kette aus mindestens drei gleichen Symbolen entsteht. Auf diese Weise zieht ihr abwechselnd mit eurem Gegner auf demselben Spielfeld - von oben rücken stets neue Symbole nach. Noch erinnert das Zusammenlegen an eine Version des Knobel-Klassikers Bejeweled - eine weitere Variation des abgekupferten Prinzips, von dem es ohnehin längst Dutzende Versionen auf sämtlichen Plattformen gibt.
Doch nach und nach wird deutlich, dass Puzzle Quest viel mehr ist als der tausendste Klon eines Denkspiels. Hat man erst einmal Zeit damit verbracht, scheint es vielmehr, als wäre das Genre der Puzzler nur ein Skelett, eine Tech-Demo - das Gegenstück
Auf den ersten Blick macht Puzzle Quest einen unspektakulären Eindruck... (Xbox 360) |
Mana, Geld und Totenköpfe
Denn hat man das einfache Zusammenlegen einmal verinnerlicht, erweitern zahllose Möglichkeiten den Horizont des Normal-Puzzlers. Auf Dauer reicht es nicht mehr, Dreierketten zu bilden: Vier nebeneinander liegende Steine werden z.B. mit einem Extra-Zug belohnt, eine Fünferreihe lässt zusätzlich einen Joker erscheinen. Dieser nimmt die Farbe der zwei anliegenden Steine an und dient, ebenso wie die Anzahl der abgeräumten Steine, als Multiplikator der eingehenden Mana-Menge. Und Mana benötigt ihr, um einen von bis zu sieben Zaubersprüchen einzusetzen. Jeder Spruch verschlingt dabei eine feste Menge an roter, blauer, grüner oder gelber Energie (Feuer, Wasser, Erde, Luft), weshalb ihr diesen Manavorrat stets füllen solltet, indem ihr die entsprechenden Steine kombiniert. Das Aneinanderreihen von Münzen spült hingegen Geld in eure Kasse, während lilafarbene Sterne die Anzahl der
im Kampf gewonnen Erfahrungspunkte erhöht. Totenschädel fügen wiederum eurem Gegner Schaden zu, und auch hier gilt: je mehr Schädel, desto größer der Schaden. Letztendlich geht es schließlich darum, die Lebenskraft des Feindes auf Null zu reduzieren.Ungewöhnlich, aber inhaltlich gleich: Die Demo für PC zum Download.
Wollt ihr einen Zauberspruch einsetzen, müsst ihr meist auf euren Zug verzichten - und spätestens hier kommen knifflige Überlegungen ins Spiel. Solltet ihr lieber das dringend benötigte blaue Mana sammeln oder ist dies der richtige Zeitpunkt für einen defensiven Zauber? Und ist es in Anbetracht des gefährlichen Gegners sinnvoll, drei komplette Säulen samt Totenschädeln vom Feld zu räumen, um dem Widersacher zu schaden? Die nachrückenden Symbole könnten ihm schließlich viel neuen Spielraum zum Kombinieren bieten... Vom ganz normalen "Wie rücken die Symbole nach, wenn ich diese Reihe Steine abräume?" ganz abgesehen.
Kopfzerbrechen zu zweit
Die Gegner (Orks, Elfen, Skelette, Wölfe, Fledermäuse, Zwerge, Drachen usw.) stellen euch dabei vor eine knackige,
... doch dann ist man schneller und vor allem länger dabei, seinen Charakter weiter und weiter zu entwickeln, als dem Tagesplan gut tut! (PSP) |
Die Entwickler haben sich aber auch Gedanken darum gemacht, die unabhängig von der Handlung austragbaren Duelle - dazu zählen auch Mehrspieler-Kämpfe über WiFi an DS und PSP, per Splitscreen auf Wii, PS2 und 360 sowie zusätzlich via Xbox Live auf 360 - so ausgeglichen wie möglich zu inszenieren: Der stärkere Charakter erhält auf Wunsch einfach ein Handicap. Damit wird jede Auseinandersetzung zu einem fairen Duell. Das Messen der Fähigkeiten ist so vor allem deshalb so reizvoll, weil die beiden Kontrahenten mit einem in der Kampagne entwickelten Charakter das Gefecht austragen. Mit jedem Stufenaufstieg erhält das Alter Ego schließlich einen weiteren Zauberspruch, man darf seine Fertigkeiten verbessern und jedes eingefangene Reittier erlaubt den Einsatz einer zusätzlichen Fähigkeit.
Böser Bane!
Zugegeben: Die Geschichte um Bösewicht Bane, der das Land Etheria heimsucht, haben die Entwickler im RPG-Fanshop um die Ecke gekauft. Sie führt an sicherer Hand durch das Abenteuer - ihr fehlen aber überraschende Wendungen, außergewöhnliche Höhepunkte oder eine reizvolle Charakterisierung der Figuren. Schön wäre auch gewesen, wenn die wenigen Entscheidungen, die ihr während einer Mission treffen müsst (liefert ihr die Königstochter ihrem vom Vater gewählten Gemahl aus oder lasst ihr sie ziehen) spielerische Folgen hätten und es mehr solcher Verzweigungen gäbe. Immerhin findet ihr in den Tavernen
der Städte viele Informationen zum Hintergrund der Geschichte. Zudem begegnen euch hin und wieder amüsante Gestalten, die einige der zahlreichen freiwilligen Aufgaben auflockern. In solchen Momenten verleiht die Sprache des Drehbuchs den Akteuren auch eine Eigenständigkeit, welche die Unterhaltungen sonst missen lassen. Infinite weiß übrigens um diesen Makel; er soll in Zukunft nicht mehr auftauchen... Die Geschichte wird auf allen Systemen in unbewegten Bildern erzählt (DS)
Nein, Puzzle Quest ist kein Epos - doch das schadet ihm nicht. Denn so könnt ihr euch darauf konzentrieren, die offene Welt frei zu erforschen (euer Alter Ego bewegt sich auf einer vorgegebenem Schiene zum ausgewähltem Ziel), Nebenaufträge zu erledigen, Runen den Klauen mächtiger Wächter zu entreißen und zu Waffen zu schmieden, Reittiere zu fangen und zu dressieren, Monster zu bändigen und ihre Zauber zu erlernen, eure Zitadelle zu erweitern, Städte zu belagern und stärkere Ausrüstung zu kaufen. Spätestens an diesem Punkt wird klar: Dies ist kein simples Knobeln. Im Grunde ist Puzzle Quest ein ausgewachsene Taktik-Rollenspiel - nur dass es seine Spieler nicht mit dem Regelwerk vom Umfang eines Lexikons überrollt.
Pimp your ride
Denn das Trainieren von Reittieren, also das Verbessern ihrer Fähigkeiten, oder das Lernen der Zaubersprüche von Monstern sowie das Erstellen neuer Waffen aus aufgelesenen Runen ist den Kämpfen z.B. sehr ähnlich. Allerdings geschieht dies mit einer jeweils anderen Variation des zugrunde liegenden Prinzips. Schließlich müsst ihr gegen die gefangenen Tiere unter Berücksichtigung eines knappen Zeitlimits kämpfen, eine bestimmte Anzahl an Mana plus nur hier vorkommende Schriftrollen sammeln sowie eine vorgegebene Anzahl auf dem Spielfeld verteilter Hämmer und Ambosse abräumen. Die Herausforderungen sind mitunter ausgesprochen knifflig und lockern den Heldenalltag spürbar auf - eine hervorragende Idee!
Doch bevor ihr überhaupt so aktiv werden könnt, müsst ihr eure Zitadelle um neue Gebäude erweitern: u.a. eine Höhle, die als Gefängnis dient, und eine Schmiede, in der ihr die Runen verarbeitet. Seid ihr an zusätzlichem Einkommen interessiert, solltet ihr außerdem eine Belagerungshalle bauen, denn nur dann stehen euch Katapulte zur Verfügung, mit denen ihr Städte angreifen könnt. Eine knifflige Aufgabe, denn besonders in den ersten Stunden gehören die Städte zu den stärksten Widersachern. Doch wer siegreich ist, streicht anschließend die Steuern des eroberten Gebietes ein! Und davon erhalten Abenteurer nicht nur frische Kettenhemden, Helme, Schuhe oder Schwerter; gegen Geld dürfen sie auch ihre
Werte aufbessern - falls der nächste Stufenaufstieg wieder einmal in zu weiter Ferne liegt.Der Trailer vermittelt einen kurzen Eindruck des genialen Spielprinzips.
Allzu umfangreich fällt die Entwicklung des eigenen Charakters allerdings nicht aus; schon allein deshalb, weil die vier Charakterklassen (Druide, Krieger, Magier, Ritter) lediglich die Grundausstattung der Klischeekiste abdecken. Zudem lassen sich die Figuren nur begrenzt den eigenen Vorlieben anpassen, da jede Klasse im Verlauf des Abenteuers einen vorgegebenen Satz an Zaubersprüchen lernt. Immerhin wird jeder Spieler ein ihm eigenes Set an Zaubersprüchen mit in den Kampf nehmen, sobald er sich für ein Reittier entscheiden und aus seinem später großen Vorrat an Zaubern höchstens sechs auswählen muss.
Vom Kleinsten auf die Größte
Bleibt nur die Frage, inwiefern sich die Versionen für PSP, DS 360, Wii sowie PS2 voneinander unterscheiden.
Auf dieser Weltkarte steuert ihr eure zahlreichen Ziele an. (360) |
Die einzigen spielerischen Unterschiede sind zum einen das Set vorherbestimmter Spielfelder für jedes DS-Monster und zum anderen die an wenigen Punkten verbesserten Regeln für einige Zauber der Konsolenvarianten. Neu ist z.B. die Wartezeit von besonders starken Sprüchen vor ihrem nächsten Einsatz. Vorteile haben Besitzer der Microsoft-Konsole, weil sie mit 1200 Punkten deutlich günstiger wegkommen als andere Spieler und nicht nur im gleichen Raum gegen einen Kumpel antreten, sondern sich auch online mit Freunden und Unbekannten messen dürfen.
Fazit
Es ist enorm, welche riesige Staubwolke ein so scheinbar kleines Spiel aufwirbeln kann! Puzzle Quest wurde aus der Not heraus geboren - schlug aber ein wie der Sprengkopf einer dicken Blockbuster-Bombe. In dem Krater, den es hinterlässt, werden sich mit Sicherheit nicht nur Nachkommen niederlassen, sondern auch etliche Nachahmer. Doch wieso? Genau genommen ist es weder innovativ noch reizt es seine Rollenspielaspekte voll aus. Das muss es aber nicht, denn seine wahre Stärke liegt in dem auf den ersten Blick banalen, beim zweiten Hinsehen enorm tiefgründigen Kampfsystem. Mit allem, was dazu gehört, denn der Zitadellen-Bau, das Erobern von Städten, das Einfangen von Monstern oder Reittieren und nicht zuletzt das Schmieden besonders starker Waffen haben direkt mit dem Kampf zu tun. Das komplette Spiel wirkt wie aus einem Guss - ein Guss, in dem alles greifbar scheint und trotzdem stets eine Herausforderung stellt. Dass verschiedene Aufgaben zusätzlich das Prinzip abwandeln und so zum Umdenken zwingen, tut dem Antrieb ebenso gut wie die durchdachten Mehrspieler-Duelle. Wer Puzzle Quest außen vor lässt, verpasst eines der packendsten Spiele, welche das Jahr 2007 - und im Fall der Wii- sowie PS2-Umsetzungen: 2008 - zu bieten hat!
Pro
Kontra
Wertung
360
Dank leicht verfeinerten Regeln und Online-Mehrspieler-Duellen die beste Version des genialen Spielprinzips!
PSP
Bis auf den nicht vorhanden Online-Modus der 360-Fassung ebenbürtig - süchtig machend!
NDS
Die schwächste Version des Taktik-Kobel-Knüllers ist immer noch ein Platinkandidat!
PlayStation2
Obwohl das Bild etwas gequetscht wird: Auch auf PS2 macht Puzzle Quest süchtig!
Wii
Umständliche Remote-Steuerung - aber auch die Wii-Umsetzung macht ungemein süchtig!
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