Final Fantasy 1021.03.2014, Mathias Oertel
Final Fantasy 10

Im Test:

Tidus, Yuna, Rikku, Wakka, Lulu, Auron: Wer mit diesen Namen nicht Fahrzeuge von Toyota oder Honda assoziiert, ist ein Kind der PlayStation-2-Generation. Oder aber ein Fan fernöstlicher Rollenspiele erster Güteklasse. Und wer noch nicht das Vergnügen hatte, mit diesen Helden anno 2002 die Welt Spira in Final Fantasy 10 zu retten, hat jetzt mit der ebenfalls die direkte Fortsetzung enthaltenden HD-Remastered-Edition Gelegenheit dazu. Was hat das Komplettpaket auf dem Kasten?

FF10: Ein Meisterwerk kehrt zurück

Dass die Final-Fantasy-13-Trilogie unter dem Strich nicht alle Erwartungen erfüllen konnte, liegt auch daran, dass Square/Square Enix während der PlayStation-Ära die Messlatte für die Serie sehr hoch gelegt hatte. Final Fantasy 7 auf der PSone gilt als einer der Meilensteine für Sonys 32-Bit-System. Und mit Final Fantasy 10, dem Serieneinstand auf der PS2, hat man seinerzeit eines der emotionalsten Rollenspielerlebnisse fernöstlicher Prägung schlechthin geschaffen. Mit dem in vielerlei Hinsicht ungewöhnlichen Final Fantasy 10-2 kam zwei Jahre später erstmals in der Serien-Historie eine direkte Fortsetzung, die spielerisch bis in die Gegenwart Nachwirkungen zeigt. Insofern scheint es eine gute Idee von Square Enix, diese beiden Rollenspiel-Erlebnisse zu bündeln und als Sammlung mit zahlreichem ergänzenden Material einem neuen Publikum zu präsentieren. Doch kann ein zwölf Jahre altes Spiel überhaupt noch faszinieren?

Natürlich kann es das - denn Emotionen sind zeitlos. Wie ein guter Film verliert auch ein Spiel, das hauptsächlich über die Figurenzeichnung, die Erzählung, die Atmosphäre sowie die dabei entstehenden Gefühle punktet, kaum an Wirkung. Gleichgültig, wie alt der Titel ist. Und Final Fantasy 10 ist ein solches Spiel. Euphorie, Freude, Trauer, Wut: Das Abenteuer von Tidus und Yuna bringt viele Saiten zum Schwingen. Der epische Hintergrund der Rettung Spiras, das von einem diffusen Ungeheuer namens "Sin" bedroht wird, tut sein Übriges und verfehlt auch heute seine Wirkung nicht.

Die Hauptfiguren wurden von Grund auf überarbeitet. Bei vielen Nebenfiguren beließ man es bei minimalen Verbesserungen.
Hinsichtlich der überzeichneten Gestik in manchen Dialog-Sequenzen merkt man FF10 sein Alter zwar an, doch im Gesamtkontext haben sowohl Geschichte als auch Figuren kaum etwas von ihrer Faszination eingebüßt.

Technischer Fortschritt wirkt noch heute

Final Fantasy 10 war das erste Spiel der Serie, das nicht mit vorgerenderten, sondern mit "echten" 3D-Hintergründen gearbeitet hat. Es war die erste FF-Episode, die dank der PS2-DVD-Technologie genügend Speicher nutzen konnte, um komplette Sprachausgabe zu bieten. Und es war das erste Spiel der Reihe, das nicht nur Musik des meisterhaften Nobuo Uematsu bot, auch wenn die seiner Feder entstammenden Themen das Spiel und die damit verbundenen Gefühle bis heute prägen. Dieser technische Fortschritt ist nach heutigen Maßstäben zwar kalter Kaffee, doch damit wurde eine exzellente Basis für die HD-Version geschaffen. Bei den komplett neu gestalteten Hauptfiguren ist dies am ehesten spürbar. Die Mimik ist zwar hier und da noch etwas hölzern, doch sie könnte auch problemlos aus der zweiten Spielegeneration für die PS3 stammen. Gleiches gilt für die Hintergründe, die nicht nur mit schicken Texturen aufgewertet, sondern auch vom ursprünglichen 4:3- auf ein 16:9-Bild aufgezogen wurden. Und die schon seinerzeit herausragenden Rendervideos mittlerweile in voller HD-Pracht betrachten zu können, macht ebenfalls einiges her. Ganz zu schweigen von den neu abgemischten Musikstücken. Doch es wurde nicht überall so viel Sorgfalt an den Tag gelegt. Nicht nur, dass man mit Clipping konfrontiert wird, viele der Nebenfiguren wurden nur minimal angepasst. Sprich: Es bleibt ein uneinheitlicher Eindruck zurück, wenn Tidus in voller HD-Montur und mit fünf Polygonfingern an jeder Hand von Figuren umringt wird, die geringer aufgelöste Kleidung am Körper haben und deren Hände aus dem Äquivalent einer Lego- bzw. Playmobil-Hand bestehen, auf dem Texturlinien die Finger abgrenzen.

Die bereits vor zwölf Jahren beeindruckenden Zwischensequenzen haben bis heute nichts von ihrer emotionalen Sogwirkung verloren.
Hier hätte man sicherlich noch mehr machen können. Doch obwohl man diesen visuellen Diskrepanzen immer wieder begegnet, fallen sie letztlich nur wenig ins Gewicht.

Denn man bekommt auch spielerisch viel geboten: Ein klassisches rundenbasiertes Kampfsystem (das allerdings durch Reaktionstests bei Sonderaktionen angereichert wird), überschaubare Levelerforschung und eine umfangreiche Charakterentwicklung auf dem so genannten Sphärenbrett gehören zu den Highlights. Wie seinerzeit in der deutschen (bzw. internationalen Version) hat man hier zu Beginn des Spiels die Wahl zwischen einem einfachen und einem Profi-Brett, das einem noch mehr Möglichkeiten zur Verfügung stellt, um die Fähigkeiten der Figuren seiner Spielweise anzupassen und aufeinander abzustimmen.

Ein Punkt, der nur die deutsche Version betrifft und der definitiv hätte angepackt werden müssen, ist die Übersetzung der Untertitel: Schon bei der Erstveröffentlichung 2002 waren die Texte grenzwertig, da sie mitunter den Sinn oder die Stimmung einer Szene entstellt haben. Zwölf Jahre später haben die Flapsigkeit und der gezwungen wirkende Jugend-Jargon eine humoristische Note des Anachronismus hinzugewonnen. Angesichts des Aufwands, den man mit dem Remastern betrieben hat, verstehe ich nicht, dass man kein ordentliches Dolmetscher-Büro mit dem erneuten Übersetzen der Dialog-Texte beauftragt hat - es hätte dem Spiel gut getan und den Fans einen zusätzlichen Anschaffungs-Anreiz geboten.

FF10-2: Alles bleibt anders

Das hierzulande 2004 erschienene Final Fantasy 10-2 ist in vielerlei Hinsicht außergewöhnlich. Es markiert z.B. die erste direkte Fortsetzung zu einem Final-Fantasy-Spiel, nachdem bis dato die Serienableger keine inhaltlichen Zusammenhänge herstellten und sich im Bestfall vielleicht den Schauplatz teilten. Doch 10-2 setzte direkt an die Geschehnisse von 10 an. Statt des Untergangs durch Sin drohte Spira nun Gefahr von innen: Verschiedene politische Gruppierungen versuchten, das krisengeschüttelte Land für sich zu vereinnahmen. Trotz dieser ernsten Thematik bedeutete dies jedoch nicht, dass man dem ruhigen, häufig düsteren Grundton des Vorgängers folgte. Man spielte die drei weiblichen Hauptfiguren Yuna, Rikku und Paine, die eher wie eine fernöstliche Variante von "Drei Engel für Charlie" wirkten. Eine interessante Randnotiz: Der zweite Teil des Films mit Drew Barrymore, Lucy Liu und Cameron Diaz erschien im gleichen Jahr wie FF10-2 in Japan. Das Spiel wirkte poppiger, die Figuren erschienen flapsiger, man setzte mehr auf Situationshumor, verzichtete auf Uematsu-San als Komponist und ließ hinsichtlich der Erzählung einige Wünsche offen – es gab viel Leerlauf. Darüber hinaus hat man zahlreiche mechanische Änderungen eingebracht.

Drei Engel für Spira: Yuna, Rikku und Paine lassen Stimme und Waffen sprechen.
So hat man sich z.B. vom rundenbasierten Kampfsystem verabschiedet und ist wieder zum so genannten ATB (Active Time Battle) zurück gekehrt, bei dem für jede Figur in Abhängigkeit der zuletzt gewählten Aktion eine Abkühlphase stattfindet, bevor sie wieder an der Reihe ist. Dadurch wurden die Auseinandersetzungen einerseits hektischer als im Vorgänger, andererseits bekamen die Kämpfe dadurch eine neue Dynamik. Gleichzeitig kehrte man dem Sphärenbrett den Rücken. Mit dem exklusiven Fokus auf die drei Protagonistinnen wurde es notwendig, einen "Klassenwechsel" anzubieten, um Zugriff auf unterschiedliche Fähigkeiten zu haben. Das wurde mit dem so genannten "Garment Grid" ermöglicht, bei dem die Figuren durch den Wechsel auf ein anderes Kostüm andere Talente nutzen konnten. Dies ist übrigens ein Element, das in abgewandelter Form auch in Lightning Returns: Final Fantasy 13 angewendet wird. Unter dem Strich kommt das Pop-Abenteuer von Yuna zwar weder inhaltlich noch erzählerisch oder mechanisch an den wegweisenden Vorgänger heran. Doch als Teil des Gesamtpaketes, das mit zusätzlichem Material wie z.B. dem zwischen den beiden Teilen überleitenden Video "Eternal Calm" alles zu Spira vereint, ist auch 10-2 wieder ein Vergnügen.

Der Zahn der Zeit

Final Fantasy 10-2 war die erste echte Fortsetzung in der Serien-Geschichte.
Im Gegenzug zur Geschichte bzw. der erst spät Fahrt aufnehmenden Erzählstruktur oder den emotionalen Auswirkungen hat 10-2 gegenüber dem Vorgänger technisch zulegen können. Das galt seinerzeit für die PS2-Version und hat auch in der HD-Remastered-Variante Bestand. Die Mimik des weiblichen Trios ist ausgefeilter und damit ausdrucksstärker als noch zwei Jahre zuvor, die Animationen im Allgemeinen hinterlassen ebenfalls einen verbesserten Eindruck. Allerdings ist auch hier unter HD-Verhältnissen eine Diskrepanz bei der Detailverliebtheit bei wichtigen und weniger wichtigen Figuren sichtbar – auch wenn sie unter dem Strich geringer ausfällt als bei Final Fantasy 10. Immerhin ist die grausame PAL-Umsetzung, die seinerzeit auf der PS2 wichtige Punkte kostete, kein Thema mehr. Auf PS3 und Vita ist das Upgrade auf 16:9-Bildschirme hervorragend gelungen.

Ein Problem, das sich sowohl FF10 als auch FF10-2 in HD teilen, sind die Ladezeiten, die beim Betreten eines neuen Bereiches deutlich höher liegen als vor zwölf bzw. zehn Jahren auf der PlayStation 2. Doch trotz dieses  Mankos und der anderen angesprochenen Probleme, kann allen Fans der so genannten JRPGs eine Kauf-Empfehlung ausgesprochen werden – wobei ich im Zweifelsfall sogar zur Vita-Version raten würde. Wieso? Ganz einfach: Auf dem kleinen Bildschirm fallen die thematisierten Upgrade-Unterschiede zwischen Haupt- und Nebenfiguren nicht so stark auf, das Gesamtbild ist dadurch stimmiger. Ein Wermutstropfen ist allerdings, dass 10-2 auf Vita zwar auch Teil der Kollektion ist, aber im Gegensatz zu 10 nicht auf Modul ausgeliefert wird, sondern separat herunter geladen werden muss.

Fazit

Auch wenn technisch nicht alles überzeugend in die HD-Ära transportiert wurde, führt für Fans von Rollenspielen japanischer Prägung kein Weg an dieser Sammlung vorbei. Zwar fällt vor allem in Final Fantasy 10 die Diskrepanz zwischen den beispielhaft umgesetzten Hauptfiguren und den weniger behutsam aufgewerteten Allerwelts-NPCs immer wieder ins Auge - vor allem, wenn man mit der PS3-Version vor einem großen Bildschirm sitzt. Doch im Gegenzug legen alle mechanischen Vorzüge wie taktischer Rundenkampf oder das Sphärenbrett für die Charakter-Entwicklung und besonders die epische, atmosphärisch dichte sowie berührende Geschichte den Beweis ab, dass gute Spiele zeitlose Unterhaltung bieten. Dass man im Rahmen der Neuauflage nicht auch die schon 2002 anachronistisch wirkenden, unpassenden deutschen Texte überarbeitet hat, ist allerdings bedauerlich. Ebenso bedauerlich ist, dass die Fortsetzung 10-2 für die Vita nur als Download Teil des Paketes ist. Dennoch: Diese Kollektion zweier Rollenspiel-Highlights der vorletzten Konsolen-Generation ist gelungen.

Wertung: sehr gut

Pro

zwei zeitlose Rollenspiel-Highlights der PlayStation-2-Ära
Hauptfiguren und Hintergründe sehr gut ins HD-Zeitalter transportiert
neu abgemischte Musik (FF10)
unterstützt Speicherstand-Austausch zwischen Vita und PS3
beinhaltet u.a. Last-Mission-Dungeon der
internationalen Version (FF10-2)

Kontra

Ladezeiten
die alten deutschen Texte sind heute noch weniger zeitgemäß als vor zwölf Jahren (FF10)
10-2 nur als Download-Code (Vita)
viele Nebenfiguren wurden nur wenig bis gar nicht optimiert

Wertung

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