Im Test:
FF10: Ein Meisterwerk kehrt zurück
Dass die Final-Fantasy-13-Trilogie unter dem Strich nicht alle Erwartungen erfüllen konnte, liegt auch daran, dass Square/Square Enix während der PlayStation-Ära die Messlatte für die Serie sehr hoch gelegt hatte. Final Fantasy 7 auf der PSone gilt als einer der Meilensteine für Sonys 32-Bit-System. Und mit Final Fantasy 10, dem Serieneinstand auf der PS2, hat man seinerzeit eines der emotionalsten Rollenspielerlebnisse fernöstlicher Prägung schlechthin geschaffen. Mit dem in vielerlei Hinsicht ungewöhnlichen Final Fantasy 10-2 kam zwei Jahre später erstmals in der Serien-Historie eine direkte Fortsetzung, die spielerisch bis in die Gegenwart Nachwirkungen zeigt. Insofern scheint es eine gute Idee von Square Enix, diese beiden Rollenspiel-Erlebnisse zu bündeln und als Sammlung mit zahlreichem ergänzenden Material einem neuen Publikum zu präsentieren. Doch kann ein zwölf Jahre altes Spiel überhaupt noch faszinieren?
Natürlich kann es das - denn Emotionen sind zeitlos. Wie ein guter Film verliert auch ein Spiel, das hauptsächlich über die Figurenzeichnung, die Erzählung, die Atmosphäre sowie die dabei entstehenden Gefühle punktet, kaum an Wirkung. Gleichgültig, wie alt der Titel ist. Und Final Fantasy 10 ist ein solches Spiel. Euphorie, Freude, Trauer, Wut: Das Abenteuer von Tidus und Yuna bringt viele Saiten zum Schwingen. Der epische Hintergrund der Rettung Spiras, das von einem diffusen Ungeheuer namens "Sin" bedroht wird, tut sein Übriges und verfehlt auch heute seine Wirkung nicht.
Technischer Fortschritt wirkt noch heute
Final Fantasy 10 war das erste Spiel der Serie, das nicht mit vorgerenderten, sondern mit "echten" 3D-Hintergründen gearbeitet hat. Es war die erste FF-Episode, die dank der PS2-DVD-Technologie genügend Speicher nutzen konnte, um komplette Sprachausgabe zu bieten. Und es war das erste Spiel der Reihe, das nicht nur Musik des meisterhaften Nobuo Uematsu bot, auch wenn die seiner Feder entstammenden Themen das Spiel und die damit verbundenen Gefühle bis heute prägen. Dieser technische Fortschritt ist nach heutigen Maßstäben zwar kalter Kaffee, doch damit wurde eine exzellente Basis für die HD-Version geschaffen. Bei den komplett neu gestalteten Hauptfiguren ist dies am ehesten spürbar. Die Mimik ist zwar hier und da noch etwas hölzern, doch sie könnte auch problemlos aus der zweiten Spielegeneration für die PS3 stammen. Gleiches gilt für die Hintergründe, die nicht nur mit schicken Texturen aufgewertet, sondern auch vom ursprünglichen 4:3- auf ein 16:9-Bild aufgezogen wurden. Und die schon seinerzeit herausragenden Rendervideos mittlerweile in voller HD-Pracht betrachten zu können, macht ebenfalls einiges her. Ganz zu schweigen von den neu abgemischten Musikstücken. Doch es wurde nicht überall so viel Sorgfalt an den Tag gelegt. Nicht nur, dass man mit Clipping konfrontiert wird, viele der Nebenfiguren wurden nur minimal angepasst. Sprich: Es bleibt ein uneinheitlicher Eindruck zurück, wenn Tidus in voller HD-Montur und mit fünf Polygonfingern an jeder Hand von Figuren umringt wird, die geringer aufgelöste Kleidung am Körper haben und deren Hände aus dem Äquivalent einer Lego- bzw. Playmobil-Hand bestehen, auf dem Texturlinien die Finger abgrenzen.
Denn man bekommt auch spielerisch viel geboten: Ein klassisches rundenbasiertes Kampfsystem (das allerdings durch Reaktionstests bei Sonderaktionen angereichert wird), überschaubare Levelerforschung und eine umfangreiche Charakterentwicklung auf dem so genannten Sphärenbrett gehören zu den Highlights. Wie seinerzeit in der deutschen (bzw. internationalen Version) hat man hier zu Beginn des Spiels die Wahl zwischen einem einfachen und einem Profi-Brett, das einem noch mehr Möglichkeiten zur Verfügung stellt, um die Fähigkeiten der Figuren seiner Spielweise anzupassen und aufeinander abzustimmen.
Ein Punkt, der nur die deutsche Version betrifft und der definitiv hätte angepackt werden müssen, ist die Übersetzung der Untertitel: Schon bei der Erstveröffentlichung 2002 waren die Texte grenzwertig, da sie mitunter den Sinn oder die Stimmung einer Szene entstellt haben. Zwölf Jahre später haben die Flapsigkeit und der gezwungen wirkende Jugend-Jargon eine humoristische Note des Anachronismus hinzugewonnen. Angesichts des Aufwands, den man mit dem Remastern betrieben hat, verstehe ich nicht, dass man kein ordentliches Dolmetscher-Büro mit dem erneuten Übersetzen der Dialog-Texte beauftragt hat - es hätte dem Spiel gut getan und den Fans einen zusätzlichen Anschaffungs-Anreiz geboten.
FF10-2: Alles bleibt anders
Das hierzulande 2004 erschienene Final Fantasy 10-2 ist in vielerlei Hinsicht außergewöhnlich. Es markiert z.B. die erste direkte Fortsetzung zu einem Final-Fantasy-Spiel, nachdem bis dato die Serienableger keine inhaltlichen Zusammenhänge herstellten und sich im Bestfall vielleicht den Schauplatz teilten. Doch 10-2 setzte direkt an die Geschehnisse von 10 an. Statt des Untergangs durch Sin drohte Spira nun Gefahr von innen: Verschiedene politische Gruppierungen versuchten, das krisengeschüttelte Land für sich zu vereinnahmen. Trotz dieser ernsten Thematik bedeutete dies jedoch nicht, dass man dem ruhigen, häufig düsteren Grundton des Vorgängers folgte. Man spielte die drei weiblichen Hauptfiguren Yuna, Rikku und Paine, die eher wie eine fernöstliche Variante von "Drei Engel für Charlie" wirkten. Eine interessante Randnotiz: Der zweite Teil des Films mit Drew Barrymore, Lucy Liu und Cameron Diaz erschien im gleichen Jahr wie FF10-2 in Japan. Das Spiel wirkte poppiger, die Figuren erschienen flapsiger, man setzte mehr auf Situationshumor, verzichtete auf Uematsu-San als Komponist und ließ hinsichtlich der Erzählung einige Wünsche offen – es gab viel Leerlauf. Darüber hinaus hat man zahlreiche mechanische Änderungen eingebracht.
Der Zahn der Zeit
Ein Problem, das sich sowohl FF10 als auch FF10-2 in HD teilen, sind die Ladezeiten, die beim Betreten eines neuen Bereiches deutlich höher liegen als vor zwölf bzw. zehn Jahren auf der PlayStation 2. Doch trotz dieses Mankos und der anderen angesprochenen Probleme, kann allen Fans der so genannten JRPGs eine Kauf-Empfehlung ausgesprochen werden – wobei ich im Zweifelsfall sogar zur Vita-Version raten würde. Wieso? Ganz einfach: Auf dem kleinen Bildschirm fallen die thematisierten Upgrade-Unterschiede zwischen Haupt- und Nebenfiguren nicht so stark auf, das Gesamtbild ist dadurch stimmiger. Ein Wermutstropfen ist allerdings, dass 10-2 auf Vita zwar auch Teil der Kollektion ist, aber im Gegensatz zu 10 nicht auf Modul ausgeliefert wird, sondern separat herunter geladen werden muss.
Fazit
Auch wenn technisch nicht alles überzeugend in die HD-Ära transportiert wurde, führt für Fans von Rollenspielen japanischer Prägung kein Weg an dieser Sammlung vorbei. Zwar fällt vor allem in Final Fantasy 10 die Diskrepanz zwischen den beispielhaft umgesetzten Hauptfiguren und den weniger behutsam aufgewerteten Allerwelts-NPCs immer wieder ins Auge - vor allem, wenn man mit der PS3-Version vor einem großen Bildschirm sitzt. Doch im Gegenzug legen alle mechanischen Vorzüge wie taktischer Rundenkampf oder das Sphärenbrett für die Charakter-Entwicklung und besonders die epische, atmosphärisch dichte sowie berührende Geschichte den Beweis ab, dass gute Spiele zeitlose Unterhaltung bieten. Dass man im Rahmen der Neuauflage nicht auch die schon 2002 anachronistisch wirkenden, unpassenden deutschen Texte überarbeitet hat, ist allerdings bedauerlich. Ebenso bedauerlich ist, dass die Fortsetzung 10-2 für die Vita nur als Download Teil des Paketes ist. Dennoch: Diese Kollektion zweier Rollenspiel-Highlights der vorletzten Konsolen-Generation ist gelungen.
Wertung: sehr gut
Pro
Kontra
Wertung
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