Summer Athletics22.05.2008, Paul Kautz
Summer Athletics

Vorschau:

Seit 1992 werden die olympischen Sommer- und Winterspiele offiziell versoftet - und da die ersten paar Male Altserientäter U.S. Gold am Programmcode saß, waren die ersten Games auch großer Mist. Im Laufe der Jahre wurden sie zwar immer besser (man denke dabei an Mario & Sonic), aber erstaunlicherweise lagen die inoffiziellen trotzdem fast immer vorn. Auch dieses Jahr gibt es wieder einen harten Kampf zwischen »Markenprodukt« und »Nebenbuhler« - wir haben beide unter die Lupe genommen.

Die Leiden der jungen Spieler

Es gibt zwei Arten von Sportspielen: Die einen, in denen es nur darauf ankommt, möglichst zeitgenau auf diverse Knöpfe zu drücken. Und die anderen, die dem Spieler schon fast die Fitness der echten Sportler abverlangen, inkl. entsprechender Beugefreudigkeit der Eingabe-Hardware. Das ging mit bergeweise geschrotteten Joysticks in Decathlon los und fand in fachgerecht in Wänden oder Fernsehern steckenden Wiimotes sein bisheriges Ende. Summer Athletics (ab 19,95€ bei kaufen), entwickelt von den Wintersport-erfahrenen 49Games , ist eine Mischung aus beidem.

Summer Athletics bietet vier Spielern die Möglichkeit, in 26 Disziplinen gegeneinander anzutreten.
Als Beispiel picken wir mal Turmspringen und Schwimmen heraus: Bei Ersterem entscheidet ihr euch zuerst für eine von sechs Sprungvarianten, eine schwerer als die andere. Danach folgt ein Reaktionstest: Wie bei den Musik-Bonusgames in Rayman Raving Rabbids kommen hier von zwei Seiten Symbole auf euch zugeschwirrt, die ihr im richtigen Moment erwischen müsst - je höher der Schwierigkeitsgrad, desto mehr Icons. Stimmen Timing und Rhythmusgefühl, vollführt der Springer die schönsten Schrauben und Dreher, bevor ein möglichst eleganter Sprung ins Wasser die Runde beendet. Falls nicht, sieht der Absprung etwa so aus wie der typische Fall von Wile E. Coyote.

Ganz anders das Schwimmen: Hier ist Fleißarbeit angesagt! Beim Kraulen werden Wiimote und Nunchuck (bzw. die beiden Analogstick der Gamepads) in einem soliden Rhythmus rauf- und runter geschwungen bzw. beim Brustschwimmen kreisförmig herumgeführt. Klingt einfacher, als es ist, denn a.) muss auch hier das Timing stimmen, sonst gerät euer Athlet schnell außer Puste. Und b.) muss die Eingabe beständig kommen, um nicht schon auf der ersten Bahn ohne Chance nach hinten zu fallen. Wii Fit für die Arme; schweißtreibend und mit erheblichem Verletzungsrisiko versehen - jedenfalls für die Spieler, die links und rechts von jemandem stehen, der stabile Ellebogen hat.

Die Hammer Bros.

Speziell in der Wii-Version ist Muskelkater angesagt: Die Schwimm-Varianten gehören zu den schweißtreibendsten Disziplinen.
Obwohl Summer Athletics keine offizielle IOC-Lizenz hat, ist deutlich sichtbar, in welche Richtung das Spiel zielt: 26 typische Olympia-Sportarten stehen zur Auswahl, darunter 100m Sprint, Staffellauf, Bogenschießen, Turmspringen, Radrennen, Hammerwerfen, Schwimmen, Hochsprung, Speerwerfen oder Weitsprung. Als Solist habt ihr die Wahl, ein schnelles Spiel, einen von mehreren vorgefertigten Cups oder gleich die ganze Sportlerkarriere zu spielen, in denen ihr mehrere Meisterschaften für euch entscheiden müsst. Viel mehr Spaß macht das Ganze natürlich im Multiplayermodus, der bis zu vier Gamepad-Spitzensportler duldet - die je nach Disziplin entweder hintereinander oder parallel gegeneinander am vierfach geteilten Splitscreen ackern. Auf der PS2 werden an dieser Stelle aus den vier Spielern allerdings lediglich zwei.        

Wie bei Mario & Sonic steuern sich die Sportarten sehr unterschiedlich. Innerhalb einer Gruppe (wie Schwimmen, Laufen oder Springen) gibt es zwar logischerweise immer gewisse Ähnlichkeiten, aber die Designer haben sich Mühe gegeben, jeder Disziplin etwas Individualität einzuhauchen. Das führt natürlich unweigerlich dazu, dass vor jedem Start erstmal eine Beschreibung der Kontrollmethode eingeblendet wird, aber nach kurzer Zeit hat man den Dreh raus. Das ist z.B. beim Hammerwerfen wörtlich zu nehmen: Zuerst dreht ihr die Wiimote langsam im Kreis, dann immer schneller und schneller, um schließlich die gedrückt gehaltene B-Taste loszulassen und den Hammer in Richtung Horizont zu beflügeln. Beim Bogenschießen

Summer Athletics sieht gut aus, aber nicht viel mehr: Speziell die Figuren sind grob geraten.
müssen Nunchuk und Wiimote »auseinandergezogen« werden, beim Hochsprung kommt es auf gut getimtes Schütteln beider Eingabegeräte an, was dem Anlauf nehmen entsprechen soll. Klar, dass dieses Feeling auf den anderen Plattformen nicht ganz so intensiv vermittelt werden kann, ganz besonders PC-Spieler sollten sich dringend ein ordentliches Gamepad an den USB-Port stecken - eine Tastatur-und-Maus-Olympiade ist einfach falsch.

Technisch macht Summer Athletics einen soliden Eindruck: Die Athleten mögen grob geschnitzt, mau texturiert und etwas zu gut eingeölt sein, aber sie bewegen sich flüssig und zeigen sowohl im Falle eines Erfolgs als auch bei einer Niederlage ausdrucksstarke Mimik und Gestik - ganz zu schweigen vom affigen Maskottchen, das immer irgendwo im Hintergrund herumtanzt. Nach jedem Durchgang gibt es automatische Replays, in denen die wichtigsten Momente in schöner Zeitlupe und aus verschiedenen Winkeln gezeigt werden. Die Arenen sind ansehnlich gestaltet, das Publikum geht euphorisch mit, die Soundkulisse erzeugt wohlige Olympia-Atmosphäre. Als Bonus für Fans übernimmt übrigens Marek Erhard die Rolle des Stadionsprechers - sein durchdringendes Organ sollte Besuchern der HSH-Nordbank-Arena (The Stadium Formerly Known As »AOL Arena« bzw. »Volksparkstadion«) bekannt vorkommen.     

Ausblick

Kaum hat sich mein Muskelkater von Mario & Sonic bei den Olympischen Spielen verzogen, schon geht's weiter: Summer Athletics ist spätestens in der Wii-Version genauso schweißtreibend wie unterhaltsam! Die Auswahl der Sportdisziplinen ist abwechslungsreich genug, um die Abwesenheit der offiziellen Olympia-Plakette auf der Verpackung vergessen zu machen, die Steuerung geht einfach von der Hand und spätestens im Multiplayermodus ist sowieso die Hölle los. Gegenwärtig gab es allerdings noch viele Timing-Probleme, gerade die Rhythmusspielchen beim Turm- oder Hochsprung waren mehr Glückssache. Und obwohl die Technik durchaus vorzeigbar ist, kann sie mit dem auf Hochglanz polierten, offiziellen Spiel Beijing 2008 nicht mithalten.

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