James Bond 007: Ein Quantum Trost07.10.2008, Paul Kautz
James Bond 007: Ein Quantum Trost

Vorschau:

Der neue James Bond mit dem furchtbaren deutschen Untertitel ist noch ziemlich genau einen Monat von den Kinokassen entfernt, das dazu gehörige Spiel erscheint eine Woche vorher. Grund genug für uns, nochmal schnell nach London zu fliegen und bei Activision die aktuellste Version des Shooters sowohl im Einzel- als auch im Mehrspielermodus auf Herz und Laseruhr zu testen.

Goldene Knarre? Die gehört mir!

Die »Golden Gun« ist der Star der gleichnamigen Mehrspielervariante: Ein sehr unterhaltsames Katz- und Maus-Spiel!
 In unseren First Facts, die jetzt gut drei Monate alt sind, wurde der Mehrspielermodus vom neuen Bond mit gerade mal zweieinhalb Worten erwähnt - mehr gab es zu diesem Zeitpunkt nicht zu berichten, die Entwickler hielten sich mit Infos zurück. Das ist mittlerweile nicht mehr der Fall, und wirkt im Nachhinein auch etwas albern, denn obgleich sich der Multiplayer-Bond sehr flott und kurzweilig spielt, hält er keine bahnbrechenden Überraschungen in petto. Aber eins nach dem anderen: Zwölf Spieler dürfen sich auf ebenso vielen Karten via Xbox Live und System Link austoben - andere Versionen als die 360-Fassung gab es in London nicht zu spielen. Drei Varianten luden zu heftigen Scharmützeln ein; die einfachste davon nennt sich pragmatisch »Classic« - sehr klassisches Deathmatch mit unterschiedlichen Spielerklassen. Die nächste trägt den klangvollen Namen »Territory Control« und orientiert sich an Battlefield: Zwei Teams treten gegeneinander an und müssen auf der Karte verteilte Items sichern. Das funktioniert recht einfach, man muss nur um den Gegenstand herumstehen, schon wird er nach kurzer Zeit dem eigenen Team angerechnet - sofern sich kein Feind in der Gegend befindet. Logischerweise können eroberte Gegenstände auch wieder vom Feind gestohlen werden, so dass ein ständiges Hin und Her für angenehmes Chaos sorgt.

Die interessanteste Spielvariante trägt den Namen »Golden Gun«: Ein Spieler hat die Namen gebende Klunkerknarre und sonst keine. Die beschränkte Auswahl wird mit einer verheerenden Feuerkraft wieder wett gemacht, außerdem gewinnt derjenige die Runde, der die meiste Zeit mit der Wumme verbringt. 

In »Territory Control« sind Teamplayer gefragt: Bestimmt Objekte müssen gesichert und verteidigt werden.
Also balgt sich jeder um die Vorherrschaft, was dadurch stimuliert wird, dass der Goldjunge als einziger stets auf der Übersichtskarte eingeblendet wird. Als Golden Gun-Träger ist man also ständig auf der Flucht, was während der Spielzeit für herrlich viel Gekeife und unterhaltsames Gefluche gesorgt hat.

 Geschürt, nicht gerüttelt

Neben dem Mehrspielermodus gab es erstmals auch die Solo-Variante zu spielen, und das gleich drei Levels lang. Der erste fing da an, wo Casino Royale aufhörte: Bond hat gerade den Kontaktmann niedergestreckt und sich höflich vorgestellt, als Bodyguards wie Bluthunde auf ihn zugestürmt kommen. Schnell die durchtrainierten Beine in die Hand genommen und in den nahe gelegenen Garten gehopst! Hier kämpfte ich mich durch allerlei verzierendes Buschwerk und Gewächshäuser, ballerte mich durch eine Landvilla und legte mich schließlich mit einem ausgewachsenen Helikopter an - bis mir ein Activision-Mitarbeiter auf die Schulter klopfte und darum bat, nicht weiterzuspielen; mehr Information sah der Level-Präsentationsplan nicht vor.            

Na schön, dann eben in den nächsten Abschnitt: Ein dunkler Hinterhof voller Rohre, Bretterstapel und einem LKW, dazwischen jede Menge Feinde. Jeder einzelne davon angeblich ein Individuum, denn die anwesenden Entwickler betonten das Credo »Bond doesn't fight idiots!« mehrmals. Die KI-Routinen sollen ganz neu und toll sein,

Die Levels sind realistisch, aber strikt linear aufgebaut.
die Gegner sich wie beim vergleichbaren Euphoria-System immer anders und überraschend verhalten. Ganz ehrlich? Hab nix davon gemerkt: Aus vollem Lauf sprinte ich in Deckung, die Kamera schaltet aus der Ego- in die Schulterperspektive, aus dem sicheren Hafen heraus verwandele ich einen Feind nach dem anderen in leblose Polygonhaufen. Ob's daran lag, dass nur der zweite von drei Schwierigkeitsgraden aktiviert war? Die Antwort auf diese Frage liefere ich im Test nach. Aber auch ohne spontanen Handstand lieferten die Gegner akzeptablen Widerstand: Je mehr Treffer Bond kassiert, desto mehr verengt die serientypische Iris das Sichtfeld, bis schließlich nur noch der letzte Checkpunkt Heilung bringt. Um das zu vermeiden, empfiehlt es sich, bei zu starken Verletzungen mal ein Ruhepäuschen in einer sicheren Ecke einzulegen - eine kurze Wartezeit später sind alle Blessuren verschwunden. Jedenfalls ballere ich mich über Hof und LKW zu einer Leiter, die zu einer Brüstung führt. Einen Sprung später sehe ich schon wieder Daniel Craig in die stahlblauen Augen und muss ihn an der Hauswand entlang zur anderen Seite führen, dabei ständig auf und ab schwenkenden Suchscheinwerfern ausweichend. Auf dem Dach angekommen warten scheinbar unendliche Gegnermassen sowie der erneute Hinweis, bitte nicht weiterzuspielen.

Ein Quantum Sprungkraft

Level drei. Wir befinden uns im ersten Drittel von Casino Royale, zusammen mit Vesper Lynd im Schnellzug nach Montenegro. Was der Film verschweigt: James Bond erledigt während der Fahrt etwa 60 Gegner. Ich renne über die Dächer des Zuges, brettere durch gläserne Dächer, springe auf eine parallel fahrende Eisenbahn und erledige von dort aus jede Menge Feinde auf dem ursprünglichen Zug, und springe schließlich in letzter Sekunde auf ein gerade abgetrenntes Abteil - puh, hoffentlich kriegt die Omega-Uhr keinen Kratzer ab! Während in der Außenaction hauptsächlich die Waffen zum Einsatz kamen (davon gibt es 26, die teilweise mit Extras wie Schalldämpfer oder Laservisier erweitert werden können), lasse ich innerhalb der Abteile vorzugsweise Fäuste und Ellbogen sprechen: Wie bei Kollege Bourne  muss ich nur nahe genug an einen Feind herankommen,

Ihr spielt stark erweiterte Szenen aus dem Film: Hier kämpft sich James Bond durch den Zug, der ihn und Vesper Lynd in Casino Royale eigentlich friedlich nach Montenegro brachte.
dann reicht ein Klick auf den rechten Stick, um einen »Takedown« zu zünden. Ich habe zwei Sekunden Zeit, die richtige (eingeblendete) Taste zu erwischen, dann liegt der Feind nach einer fiesen Animation zu meinen Füßen. Praktisch, außerdem ansehnlich aus der Außenperspektive präsentiert. Innerhalb dieses Levels kamen auch vermehrt Handys zu Zug: Diese blau leuchtenden Klingelfreunde liegen entweder lose herum oder werden von abgehakten Feinden fallengelassen. Sammelt ihr sie ein, wandert die SIM-Karte in euren Besitz, was nicht nur Text- und Sprachnachrichten mit evtl. hilfreichen Tipps, sondern auch diverse Geheimnisse offenbart. Die Spielerei mit dem Handy soll übrigens im Wesentlichen alles sein, was euch in Sachen Gadgets begegnet: Der neue Bond hat weniger mit Raketenrucksäcken und Laseruhren zu tun als seine Vorgänger.

Technisch bietet der neue James gute, aber nicht umwerfende Bilder: Realistisch aufgebaute Levels führen streng linear zum Ziel, die Figuren, allen voran der virtuelle Daniel Craig, sehen sehr gut aus, die Effekte passen zur Action. Die seht ihr die meiste Zeit aus der Ego-Perspektive, nur für spezielle Aktionen wird in die Außenansicht geschwenkt - ihr könnt nicht selbständig wechseln, das bestimmen die Entwickler. Das führt hin und wieder zu Ärgernissen: Gelegentlich könnt ihr durch Fenster oder über Geländer springen, allerdings nicht wie ihr lustig seid, sondern bloß an einer bestimmten Stelle, die dann auch mit einer entsprechenden Tasteneinblendung markiert ist. Das führte bei mir immer wieder mal dazu, dass ich wie ein hyperaktives Huhn im Red Bull-Delirium vor einem Fenster auf- und niederhüpfte, ohne die richtige Stelle zu erwischen. Machte aber nichts, denn der nächste Schulterklopfer war nicht fern.     

Ausblick

So, der Veröffentlichungstermin vom neuen Bond steht fast ins Haus, mittlerweile können sich die Entwickler nicht mehr auf einem dicken Restentwicklungszeit-Polster ausruhen. Und wie sieht das neue Spiel nun aus? Solide. Die Präsentation geht absolut in Ordnung, Freund und Feind sehen ebenso gut wie die Umgebung realistisch aus. Spielerisch hingegen herrscht bewährter Standard: Streng lineares Leveldesign, gute Action mit leicht taktischem Einschlag, schöne Takedowns - es warten keine positiven Überraschungen, aber immerhin auch keine negativen. Da birgt der Mehrspielermodus schon deutlich mehr Verblüffungspotenzial: Zwar liefert Treyarch keine brandneuen Modi, die spontan aus den Latschen hauen, aber sowohl »Golden Gun« als auch »Territory Control« hinterließen einen sehr unterhaltsamen Eindruck - das hat der gute alte James dem sonst in vielerlei Hinsicht so ähnlichen Herrn Bourne voraus.

Ersteindruck: gut

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