Dungeon Siege 325.05.2011, Mathias Oertel
Dungeon Siege 3

Vorschau:

Diablo hat als Hack & Slay fast schon einen mythischen Status erreicht – was vor allem auch daran liegt, dass sämtliche Konkurrenz von Darkstone über Titan Quest bis hin zu DarkSpore mal mehr, mal weniger Probleme hatte, die sagenhafte Motivationskurve sowie das durchdachte Konzept der Teufelsjagd zu replizieren. Mit Dungeon Siege geht einer der erfolgreicheren Versuche in wenigen Wochen in eine neue Runde. Wir haben eine fast fertige Version gespielt.

Die Zeit genutzt?

Das letzte Mal konnte ich Anfang des Jahres durch die Fantasy-Welt Ehb streifen, wobei der Fokus der damaligen, zeitlich eher eingeschränkten Version auf Präsentation von Kulisse und Kampfsystem lag. Beides hinterließ einen guten Eindruck, wobei die PC-Fassung hinsichtlich der visuellen Qualität deutlich vorne lag. Allerdings blieben viele Fragen über Story, die Spielbalance oder die anderen der insgesamt vier spielbaren Helden in Dungeon Siege III (DS3) offen. Mittlerweile ist eine fast fertige Konsolen-Version bei uns eingetroffen, die Antworten gibt.

Die falsche Fortsetzung?

Zum Beispiel diese: Das Ehb-Abenteuer bringt alles mit, um auch als Nachfolger der schon lange brach liegenden Dark Alliance-Serie durchgehen zu können. Einerseits mag diese Aussage erscheinen, als ob das zuständige Team von Obisidian trotz kreativer Hilfe von Dungeon Siege-Schöpfer Chris Taylor das Thema verfehlt hätte. Doch andererseits gehört das seinerzeit bei Snowblind (arbeitet  mittlerweile an Der Herr der Ringe – Krieg im Norden)  entstandene Dark Alliance samt Nachfolger zu den absoluten Hack & Slay-Highlights und zu meinen ewigen Favoriten. Dementsprechend habe ich mich über jedes Versatzstück gefreut, das mich an den PS2- und Xbox-Klassiker erinnert hat.

Dazu gehört z.B. das Kampfsystem:  Mit seinen einfachen Attacken, seinem Block, der Ausweichrolle sowie der überschaubaren Auswahl an Spezialangriffen bringt es vertraute Element mit sich, erweitert diese aber durch zwei jederzeit umschaltbare Haltungen. Diese wechseln je nach gewählter Figur zwischen langsamen und mächtigen oder schnellen und weniger kraftvollen Angriffen, können aber auch zwischen Nahkampf und Distanz variieren.

Zusammen mit den in jeweils zwei Bereichen zu verbessernden Fähigkeiten sowie in mehreren Stufen aufrüstbaren passiven Talenten ist das Spektrum an Möglichkeiten beim Figurenaufstieg zwar nicht so üppig, wie man es von anderen Titeln kennt, aber bietet genug Optionen, um etwas zu experimentieren und seine Figur zu individualisieren. Erfreulich war festzustellen, dass der Schwierigkeitsgrad mitterweile ein gut ausgewogenes Niveau erreicht: Allerwelts-Gegner in größeren Gruppen können mitunter eine große Gefahr darstellen. Und wenn sie zusammen mit den zwar kaum Taktik, aber dafür Durchhaltevermögen fordernden Bossen auftreten, ist man froh über die zahlreichen Speicherpunkte.

Statisches Theater

Text
Dungeon Siege III geizt nicht mit action- und effektreichen Gefechten.
Das größte Déjà-vu hatte ich jedoch bei den Gesprächen mit markierten NPCs. Wie seinerzeit bei Dark Alliance gibt es nur eine Kameraperspektive, in der die für Genreverhältnisse aufwändig gestalteten, aber im mimischen Detail etwas zu sparsam animierten Figuren durch mitunter umfangreiche, aber weitgehend lineare Dialogbäume leiten. Einerseits wirkt dies angenehm altmodisch. Da aber die „richtigen“ Rollenspiele mittlerweile immer wieder mit intelligenten sowie zumeist dramatischen Schnitten die Figuren wechseln, wird aus „altmodisch“ schnell „antiquiert“ und damit spröde: Man sieht immer nur den Rücken des Helden, dessen Kiefer sich nicht zu bewegen scheint, während er spricht. Und daran können auch die durchaus gut geschriebenen und in der englischen Sprachvariante sauber vertonten Gespräche nichts ändern.

Von der im Vorfeld immer wieder angesprochenen Konsequenz, die bestimmte Entscheidungen in Gesprächen auf den weiteren Spielverlauf haben werden, war mittlerweile auch etwas zu spüren. Genaues hinsichtlich der Auswirkungen wird sich allerdings erst während der Testphase sagen lassen. Doch mit einigen Aufträgen (die man annimmt oder ablehnt) sowie der Form der Behandlung einiger Figuren wurden in den ersten Stunden bereits einige Indizien gegeben, dass es Obisidian mit dieser Aussage ernst war. Daher blicke ich der Geschichte über den Fall und Wiederaufstieg der Zehnten Legion, einer Art Eliteritterorden, gleichermaßen gespannt wie neugierig entgegen.

Sammel-Sucht

Das Salz in der Suppe fast jedes Hack & Slays ist die Beute, die man entweder in zerstörbaren Fässern, Kisten etc. sowie beim Ableben von Gegnern findet. Und hier greift man in die Vollen: Die Ausbeute ist üppig, ohne einen wie einige andere Vertreter komplett zuzuschütten. Zusätzlich lohnt es sich auch, den sparsam verteilten Händlern immer wieder einen Besuch abzustatten, da diese mitunter mächtige Gegenstände im Lager vorrätig haben.

Lob gebührt der Benutzerführung im Inventar: Nicht nur, dass es auch auf Konsolen stets nur einen „Klick“ (in diesem Fall) auf das Digipad entfernt liegt. Man erkennt auch sofort, in welchen Kategorien man neue Gegenstände begutachten bzw. anlegen kann. Und selbstverständlich kann man ohne Umschweife erkennen, ob und in welchen Bereichen die neue Waffe oder das neue Rüstungsteil Verbesserungen bewirkt.

Weniger selbstverständlich, aber dadurch noch wertvoller ist die Vorauswahl: Ist man mit dem Ritter Lucas unterwegs, wird nur die für ihn relevante Ausrüstung angezeigt. Hat man später eine der anderen Figuren als Begleiter neben sich, kann man diese allerdings ebenso einfach aufrüsten.

Das Figurendesign ist ansehnlich, die Dialoge sind dennoch zu statisch inszeniert.
Das Figurendesign ist ansehnlich, die Dialoge sind dennoch zu statisch inszeniert.
Wenn alle Stricke reißen und das Inventar wider Erwarten doch einmal aus allen Nähten platzt und der Weg zum nächsten Händler zu weit ist, kann man direkt aus dem Menü heraus Gegenstände zu Geld machen – allerdings nicht so gewinnbringend wie bei einem der Händler.

Schade ist allerdings, dass die angelegte Ausrüstung keine visuelle Veränderung der Figur mit sich bringt. Es bleibt zu hoffen, dass dieses für die Atmosphäre wichtige Element in der finalen Version Einzug hält.

Multiplizierte Freud oder geteiltes Leid?

Gibt es etwas Schöneres, als alleine bzw. mit gut agierender KI-Unterstützung durch Gewölbe, Wälder, düstere Sümpfe oder Mausoleen zu ziehen? Natürlich: Mit menschlichen Kämpfern an der Seite, wobei man nicht nur online, sondern auch offline an einem Schirm gegen die Schergen der Finsternis antreten kann.

Leider hat Obisidian offline in einem Punkt jedoch die Entwicklung verschlafen, womit ich wieder bei der Erinnerung an die Dark Alliance-Serie, den Champions of Norrath sowie vielen anderen älteren Action-Rollenspielen bin: Während es mittlerweile Titel wie die letzten Lego-Spiele von Traveller’s Tales spielend einfach schaffen, automatisch in einen Splitscreen zu schalten, wenn sich die Figuren zu weit voneinander weg bewegen, um auf einem Schirm Platz zu haben, ist man hier wie früher auf einen Schirm festgelegt. Und das führt letztlich zu einer spaßmindernden Eingeschränktheit sowie Unübersichtlichkeit. Bleibt also nur noch das Online-Spiel für freie Sicht.

In jedem Fall lässt sich festhalten, dass abseits der Darstellung Benutzerkomfort eine große Rolle spielt. Die fallen gelassenen bzw. gefundenen Gegenstände sowie Gesundheit und Fokus auffüllenden Orbs können von allen für alle gesammelt werden, so dass kein Streit aufkommt. Und hier wird die Bedeutung der figurenspezifischen Inventaranzeige ebenso deutlich wie im Solo-Spiel mit der KI.

Ausblick

Hat Dungeon Siege 3 das Zeug zur neuen Hack & Slay-Referenz? Nein! Dazu bleibt Obsidian mitunter zu sehr in alten Mechanismen stecken, ohne sie nach vorne zu bringen. Vor allem die statische Kamera in den Gesprächen sorgt dafür, dass man die eigentlich guten Dialoge derzeit irgendwann nur noch querliest und wegklickt, um sich auf die nächste Monsterjagd machen zu können. Auch das unglücklich gelöste und auf Splitscreen verzichtende Offline-Koop-Spiel ist ein kleiner Dorn im Auge – selbst wenn die Gegenstandsverwaltung vorbildlich gelöst scheint. Doch abseits dessen bleibt der bislang gute Eindruck bestehen: Die Kämpfe sind unkompliziert, machen Spaß und wurden visuell mit schicken Animationen sowie ansehnlichen Effekten angereichert, bei denen man die dem Klonlabor entsprungenen Feinde schnell verzeiht. Noch wichtiger ist allerdings die auch im Solobereich optimal austariert wirkende Ausschüttung an Gegenständen, die einen immer wieder dazu bringt, seinen Helden auf dem Weg durch Ehb zu begleiten und die Ordnung im Namen der Zehnten Legion wieder herzustellen.

Eindruck: gut

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