Trine05.06.2009, Benjamin Schmädig
Trine

Vorschau:

"Frozenbyte". Klingelt da etwas? Erinnert sich jemand an die unabhängigen finnischen Entwickler, die unter dem Namen Shadowgrounds schon zweimal eine rasante Alienhatz auf PC-Bildschirmen inszenierten? Ich habe die Action der alten Schule jedenfalls in guter Erinnerung und war deshalb schon lange darauf gespannt, was die Skandinavier als nächstes in petto hätten. Trine (ab 15,00€ bei kaufen) heißt ihr aktuelles Projekt, das zumindest auf Bildern und im Video geradezu malerisch schön aussieht...

Ein wunderschöner Traum

Und tatsächlich: Das Erste, was ich mir nach dem ausführlichen Anschauen des Spiels notiere, ist "bildschön!". Natürlich haben es 2,5-Kulissen recht einfach, wenn sich die Kamera nie in sie herein drehen muss - dennoch gehört die märchenhafte, wie von geübter Hand gezeichnete Welt zu den

Video: Die Präsentation von Trine sucht ihresgleichen - zwar ist die Perspektive simpel, aber das Design über alle Zweifel erhaben!schönsten im PlayStation-Netzwerk, bei Xbox Live Arcade oder unter den PC-Downloads. Die Art und Weise, wie unsichtbare Glühwürmchen das Fantasyreich zu erleuchten scheinen, ist einfach bezaubernd!

Doch was hinter den faszinierenden Ansichten? Von Aliens wollen die Shadowgrounds-Macher offenbar nichts mehr wissen. Bösen Kreaturen bleiben sie allerdings treu! Schließlich sind es fiese Untote, die einen Krieger, einen Magier sowie eine mit Pfeil und Bogen bewaffnete Diebin davon abhalten wollen, das magische Artefakt "Trine" zu erkunden. Immerhin wurden die drei Charaktere in dem Artefakt gefangen und müssen sich deshalb zusammentun, um dessen Bestimmung zu erforschen. Ich ziehe also los, steuere jeweils nur einen der Protagonisten und kann jederzeit über einen einfachen Knopfdruck zwischen den Figuren wechseln.

Mein Weg führt mich über zweidimensionale Plattformen, über tödliche Abgründe, in versteckte Geheimgänge, in große Höhen und über Hindernisse, die meine grauen Zellen zum Rauchen bringen. Denn auch wenn der Krieger einem Skelett gehörig den knöchernen Allerwertesten versohlt, meine Diebin die Fasttoten auf Distanz hält und mein Magier ihnen schwere Gegenstände entgegen wirft, ist Trine vor allem ein aufwändiges Puzzle. Ein Puzzle, in dem es hauptsächlich darum geht, das physikalische Zusammenspiel zwischen Kulissen, Akteuren und Gegenständen zu nutzen.

Der hüpfende Physiker

Der Zauberer kann z.B. Kisten übereinander stapeln, um sich eine Treppe zu bauen. Er kann mit dem rechten Analogstick (wir haben einen Level der 360-Version gespielt) sogar neue Kisten zeichnen, die anschließend als physikalische Objekte manifestiert werden. Und er kann auf einem Mittelstück gelagerte Bretter so bewegen, das er sie als Brücke nutzen kann. Die elegante Bogenschützin - mein Liebling - schwingt sich an den hölzernen

Es gilt jede Menge Physikpuzzles zu knacken.
Verkleidungen der Decke über Abgründe oder klettert auf dem gleichen Weg in große Höhen. Später kommen weitere Fähigkeiten dazu: U.a. lernt die Diebin die Wirkung von Feuerpfeilen zu schätzen, während der Magier mehr als die anfänglichen zwei Kisten manifestieren und der Krieger seine Gegner mit einer schnellen Sprintattacke überrumpeln kann. Es ist u.a. die knifflige Mischung aus dem Kampf mit immer wiederkehrenden Skeletten und dem Lösen vertrackter Rätsel, die mich an Trine gefesselt hat. Wie gelange ich z.B. über eine Art Windrad weit nach oben, das selbst mein Zauberer nur mühsam im Stehen bewegen kann? Die Lösung liegt oft im zeitlich gut abgepassten Wechsel der Charaktere - und ist ebenso häufig verblüffend wie ungemein befriedigend.

So richtig Fahrt nahm die Knobelei aber erst an Fahrt auf, als ich mich mit zwei weiteren Messebesuchern auf die Reise durch das Märchenland machte. Jeder Abenteurer muss sich dabei dauerhaft für eine Figur entscheiden, der ständige Wechsel wie im Einzel- oder auch im Doppelspiel ist nicht möglich. Ein Mitarbeiter des US-Publishers Atlus erklärt mir, dass es eine Dreiergruppe sogar am schwersten hat, weiterzukommen. Denn wo es im Alleingang recht einfach fallen mag, nur einen der Charaktere irgendwie voranzubringen, muss jetzt jedes Mitglied des Teams die entsprechende Stelle überwinden - immerhin rätseln alle Solisten, Duette sowie Troikas in denselben 15 Levels. Allerdings sind die Erfolgserlebnisse  auch umso größer, wenn man sich abspricht, einen Plan ausheckt und schließlich auch den letzten der Gruppe erfolgreich über das Hindernis leitet. Umso ärgerlich, dass man kooperative Kopfnüsse nur vor einer Konsole erleben darf; online herrscht leider Funkstille.

Drei Figuren stehen euch zur Verfügung: Ein Magier, ein Krieger und ein Bogenschütze.
Doch das Besondere an den Rätseln ist übrigens nicht das zufriedene Grinsen danach - was mich begeistert hat, ist vielmehr die physikalische Spielwiese, auf der ganz unterschiedliche Herangehensweisen möglich sind! Während die eine Gruppe z.B. Kisten unter einer Wippe erschaffen könnte, um den Steg in der Waagerechten zu halten, seilt sich die Diebin einer anderen Gruppe vielleicht an einem Ende ab, um es durch ihr Gewicht herunterzuziehen. Der Krieger könnte hingegen ein drehendes Rad mit Schmackes anstoßen, damit seine Begleiter wie von einer Rampe nach oben geschossen werden. Meine Gruppe hatte wiederum den Zauberer zunächst durch Schieben und Abseilen ans Ziel bugsiert, so dass er daraufhin das Rad in Ruhe per Magie bewegen konnte - und den Rest seiner Truppe mit ihm. Ähnlich wie LittleBigPlanet ist Trine ein vielleicht nicht ganz so umfangreicher Ausflug in die wunderbare Welt der künstlichen Physik, aber auf jeden Fall eine wunderschöne Entdeckungsreise in ein Land der unbegrenzten Möglichkeiten!   

Ausblick

Sind die Finnen vielleicht die neuen Berühmtheiten der Indie-Szene, nachdem Introversion mit Multiwinia ein etwas unglückliches Händchen bewies? Nein, so einfach geht die Rechnung natürlich nicht auf. Allerdings hat Frozenbyte nicht nur schon zweimal knackige Action serviert, sondern wird in Kürze ein prächtiges kleines Abenteuer nachliefern, das nicht nur die verzauberten Augen, sondern auch den grübelnden Kopf in eine einzigartige Märchenwelt entführt. Ich bin jetzt schon unheimlich gespannt darauf, welche Kopfnüsse die restlichen 14 Levels bereithalten! Schon das Knobeln im ersten Abschnitt war nämlich nicht nur fordernd, sondern auch unglaublich befriedigend - zu dritt noch mehr als im Alleingang. Schade deshalb, dass man nicht übers Internet puzzeln kann! Und vielleicht werden LittleBigPlanetarier das eine oder andere Déjà-vu erleben. Das Herumspielen und Austüfteln einer funktionierenden physikalischen Lösung ist jedenfalls ungemein faszinierend!

E3-Eindruck: sehr gut

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