Duke Nukem Forever06.10.2010, Michael Krosta
Duke Nukem Forever

Vorschau:

Was haben wir uns schon über ihn lustig gemacht. Unzählige Aprilscherze verdanken wir nur ihm. Ein Vaporware Lifetime-Award? Wenn ihn einer verdient hat, dann er. Aber jetzt ist es der Duke, der zuletzt lacht: Nach zwölf langen Jahren und dem vorzeitigen Aus bei 3D Realms meldet sich der muskelbepackte Held dank Gearbox in der Videospielwelt zurück.

Verkehrte Welt?

Es fühlt sich surreal an. Ich sitze hier und schreibe tatsächlich eine Vorschau zu Duke Nukem Forever (ab 13,91€ bei kaufen) - und es ist nicht der 1. April. Wie kann das sein, wo der King doch eigentlich schon mit der Insolvenz von 3D Realms kurz und schmerzvoll zu Grabe getragen wurde? Randy Pitchford, Präsident von Gearbox Software und neuer Eigentümer der Duke-Marke, bringt mit einer kleinen Ansprache im Vorfeld der Hands On-Session etwas Licht ins Dunkel: Er berichtet von einem Vertrauensproblem zwischen 3D Realms und Publisher Take 2, doch er gibt zu, dass auch er sich immer öfter gefragt hat, was seine Freunde die ganze Zeit machen, deren Studio nicht weit vom Gearbox Hauptquartier in Texas lag. Sie wollten das perfekte Spiel, fasst Pitchford das verhängnisvolle Unterfangen zusammen und ergänzt: Aber das perfekte Spiel gibt es nicht. Selbst nach dem Aus von 3D Realms und gegenseitigen Klagen von und gegen Take 2 werkelten etwa acht ehemalige Mitarbeiter - quasi das Kernteam - in ihrer Freizeit weiter an Duke Nukem Forever, weil sie das Projekt auch nach der langen Zeit nicht sterben lassen wollten. Durch glückliche Umstände kam dann Gearbox ins Spiel: Zum einen bestand nach dem Erfolg von Borderlands

Die Alienbande macht wieder Ärger und hat alle Frauen entführt. Das geht natürlich gar nicht...
ein Vertrauensverhältnis zum Publisher Take 2 - zum anderen aber auch zum Kernteam von 3D Realms, denn Pitchford selbst hat eine gemeinsame Vergangenheit mit dem Duke: Er selbst feierte mit Duke Nukem 3D seinen Einstand in die Spielebranche als professioneller Entwickler. Und so kommt zusammen, was irgendwie zusammen gehört...

"Stop pissing around"

Da steht er nun&und uriniert mit einem scheinbar unendlichen Strahl in ein Pissoir, während ich mit dem Controller die Richtung verändern darf. Wo man sich bei jedem anderen Spiel vermutlich fragen würde, was die Entwickler da wohl wieder geraucht haben, ist die Sache hier klar: Hey, das ist der Duke. Da ist es selbst cool, einen Urinstrahl zu steuern. Oder auch nicht - jedenfalls nicht lange, denn anstatt sich ewig an der anfänglich lustigen Szene zu ergötzen, rafft sich auch der Duke mit einem "Time to stop pissing arround" irgendwann auf, wieder richtige Kanonen in die Hand zu nehmen. Die Situation ist angespannt: Im Football-Stadion der "Detonators" ist die Hölle los, denn ein Zyklopen-Alien veranstaltet dort gerade eine Zerstörungsorgie - und nur der King scheint dem übermächtigen Gegner gewachsen zu sein. Bevor man der schleimigen Kreatur gegenübertritt, kann man sich optional noch um die Angriffsplanung kümmern und an einem Whiteboard mit dem Controller einen Schlachtplan skizzieren. Klar, ist nur eine Spielerei, aber irgendwie trotzdem lustig - vor allem auch nach der Reaktion des Kommandanten der Spezialeinheit, der aus meinem kleinen Kunstwerk nicht so richtig schlau wird. Okay, Pläne sind eh völlig überbewertet und so begleite ich den Duke durch die Katakomben in Richtung Football-Feld, wo das Biest schon auf den Helden wartet...

Hier ist die Welt noch in Ordnung...

Bosskampf als Einstieg?

Die Sorge, dass die Entwickler dem Spieler gleich beim Einstieg einen frustrierenden Bosskampf vorsetzen wollen, ist zum Glück unbegründet: Ja, der Gegner ist groß. Ja, er hat den einen oder anderen fiesen Trick drauf. Aber so lange man in Bewegung bleibt und sich an den Rauchsäulen mit frischer Munition eindeckt, ist dieser erste Kampf eigentlich ein Kinderspiel. Nach gefühlten 50 Kopftreffern ist die Lebensleiste des Giganten dann so weit dezimiert, dass er zusammensackt. Jetzt ist die Gelegenheit, ihm mit Reaktionstests und ein bisschen Button-Mashing nach God of War-Vorbild den Rest zu geben. Die Krönung: Mit einem beherzten Tritt und einem obligatorischen Spruch erzielt man mit dem Auge des Viehs noch ein Field Goal. Tadaaaa...ähmmm...was passiert denn jetzt? Ein Abspann? Plötzlich ist ein riesiger 360-Controller mit Duke-Branding im Bild, während im Hintergrund auf dem Nobel-TV weiter die Credits laufen. Ahhh, der Duke hat sein eigenes Videospiel gespielt. Die Kamera zoomt weiter raus und gibt den Blick auf zwei Blondinen frei, die scheinbar viel Spaß mit Dukes "Joystick-Lolly" hatten. "Was it good?", fragt eine von ihnen mit lasziver Stimme. "After 12 fucking years it should be", so die gewohnt coole (und selbstironische) Antwort des Dukes - Brüller. Schnitt. Sprung in Level 15.

    

Auf Benzinsuche

Die Aliens sind mittlerweile nicht mehr nur im Videospiel, sondern tatsächlich unter heimtückischen Friedensbekundungen auf die Erde zurückgekehrt und haben kurz darauf alle Frauen gekidnappt (zumindest die heißen), um sich selbst fortzupflanzen. Für den Duke

Ja, der Duke lebt! In München konnten wir erstmals selbst Hand anlegen.
(und wahrscheinlich die meisten anderen Männer) ein absolutes Unding, weshalb er wieder zum Devastator, Railguns, Snipergewehren, der Schrumpfkanone und anderen Waffen greift, um die Welt ein weiteres Mal zu retten. Zunächst findet man sich allerdings hinter dem Steuer eines Offroad-Fahrzeugs wieder, mit dem man nicht nur Gegner platt fährt, sondern auch Hindernissen wie Gesteinsbrocken ausweichen muss. Leider ist die Steuerung in dieser Sequenz noch sehr schwammig und träge, so dass man kaum schnell genug reagieren kann. Doch der motorisierte Ausflug ist eh schnell beendet, da das Benzin ausgeht.

Also neue Mission: Benzin suchen. Ab hier geht es in der felsigen Canyon-Kulisse klassisch zur Sache, wenn man es gegen die noch eher beschränkt agierenden Aliens aufnimmt. Waffen findet man eigentlich überall und auch Munitionskisten sind keine Seltenheit. Highlight ist auch hier wieder die Schrumpfkanone, mit der man Gegner erst verkleinern und anschließend zerstampfen kann. Doch auch mit Railgun & Co fliegen im wahrsten Sinne des Wortes die Fetzen. Laut Pitchford will man den Duke auf der Grenze bzw. Schwelle des Rating Boards tanzen lassen, auch wenn man sie nicht überschreiten will. Allerdings liegt die der USK bekanntlich deutlich tiefer als die von PEGI oder ESRB - vor allem in Bezug auf Gewalt. In Amerika könnte man im Gegenzug allerdings Probleme mit der Freizügigkeit und sexuellen Andeutungen bekommen. Es dürfte also spannend werden, ob und wie stark man Inhalte noch kürzen oder verändern wird.

Der Zahn der Zeit

Facelifting ist ja vor allem bei Superstars "in", doch der Duke steht trotz seines frischen Auftretens zu seinen Falten. Anders ausgedrückt: Wenn man sich die durchschnittlichen Grafikeffekte (z.B. beim Wasser), die Texturen, Animationen sowie manche Spielmechaniken vor Augen führt, sieht man Duke Nukem Forever die lange Entwicklungszeit an. Okay, es sieht nicht aus wie ein Spiel aus dem Jahr 1998, aber von der technischen Qualität moderner Shooter ist man trotzdem weit entfernt, obwohl ich es mir sogar schlimmer vorgestellt hätte. Von daher bin ich trotz der durchschnittlichen Kulissen sogar positiv überrascht, wie sich der Duke präsentiert. Die größte Stärke ist und bleibt aber der trockene Humor - der kleine Vorgeschmack hat schon wieder für einige Lacher gesorgt.    

Ausblick

Man muss den Duke einfach lieben - sei es aufgrund seiner "Fuck You"-Einstellung gegenüber Aliens, den lässigen Sprüchen oder der rohen Gewalt. Duke Nukem mag technisch gegen Grafikperlen vom Schlag eines Killzone 3 oder Gears of War abstinken, doch in Sachen Humor und abgedrehter Ideen hinterlässt er eine ganz andere Duftmarke. Trotzdem hat Gearbox bis zum Release im nächsten Jahr (hoffentlich!) noch einiges an Arbeit vor sich: Vor allem die Steuerung muss besser werden - sei es hinter dem Steuer des Jeeps oder beim Bedienen der coolen Waffensysteme. Momentan ist ein präzises Zielen jedenfalls noch nicht möglich - es sei denn, man hat ein Scharfschützengewehr. Außerdem hoffe ich, dass die Entwickler einen ähnlich guten Rhythmus zwischen Erkundung, Action und kleinen Rätseln finden, wie beim indizierten Vorgänger. Duke Nukem Forever scheint das Zeug zu haben, dem großen Namen und einigen Erwartungen der Fans gerecht werden zu können. Ob er sich nach zwölf Jahren Entwicklungszeit aber selbst ein Denkmal setzen kann, bleibt noch abzuwarten. Ich drücke Gearbox jedenfalls die Daumen, die unendliche Geschichte erfolgreich zu Ende zu schreiben - mit einem Happy End für alle.

Ersteindruck: gut

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