Battlefield: Bad Company 225.01.2010, Jan Wöbbeking
Battlefield: Bad Company 2

Vorschau:

Wer braucht schon Stützwände? In Battlefield: Bad Company 2 (ab 14,59€ bei kaufen) fliegt noch mehr in die Luft als im Vorgänger. Beinah alles und jeder lässt sich dem Erdboden gleich machen - statt dünner Skelette einst intakter Häuser hinterlassen Sprengsätze nur noch einen Schutthaufen. In einem Moment ergötzt man sich noch an der diebischen Freude über ein fieses Scharfschützenversteck und Sekunden später steht man mit heruntergelassenen Hosen da, weil die komplette Front des Gebäudes futsch ist.

Explosiver Schwedenhappen

Anders als im Vorgänger dürfen diesmal auch PC-Besitzer bei der Zerstörungsorgie mitmachen. Die Version für den Heimcomputer konnten wir leider noch nicht unter die Lupe nehmen - im Gegenzug haben wir die Konsolen-Fassungen umso genauer inspiziert.

Producer Gordon van Dyke weihte uns in die Besonderheiten von Bad Company 2 ein.
In den über dem Stockholmer Hafenbecken thronenden Büros von DICE konnten wir die Einzelspieler-Kampagne auf PS3 und Xbox 360 anzocken. Auf der Microsoft-Konsole haben wir uns außerdem einige LAN-Matches gegen andere Journalisten geliefert.

Fans der Chaotentruppe aus dem Vorgänger haben Grund zur Freude: Auch im zweiten Teil schlüpft der Spieler in die Rolle von Preston Marlowe und kämpft sich an der Seite der Zoten reißenden Kameraden Sweetwater, Haggard und Redford durch feindliche Linien. Ganz so albern wie im Vorgänger geht es allerdings nicht zu - stattdessen ist schon der Story-Trailer deutlich ernster gehalten: "Es passte nicht hundertprozentig zusammen", erklärt Producer Gordon van Dyke, "man war zwar Teil einer Losertruppe, welche an der Front die Drecksarbeit erledigen muss - andererseits stellen eben diese angeblichen Loser extrem coole Dinge an und sprengen alles in die Luft. Diesmal passt ihr ernsteres Auftreten besser zu ihren Fähigkeiten. Das heißt aber nicht, dass es nichts zu lachen gibt. Während die Jungs herumstehen oder zum nächsten Ziel laufen, sind wieder jede Menge Sprüche zu hören." Anno 2008 sorgten die Dialoge noch dafür, dass Battlefield: Bad Company von uns zum zweithumorvollsten Spiel des Jahres gewählt wurde. Falls diesmal die gleichen Autoren am Werk sind, stehen uns also rund zehn lustige Shooter-Stunden bevor. In den Zwischensequenzen dominierte bei meinem Probespiel allerdings ein ernsterer Ton.

Jagd nach der Superwaffe

Im Krieg der Vereinigten Staaten gegen Russland wird die einstige Chaotentruppe damit beauftragt, eine feindliche Superwaffe ausfindig zu machen, welche die Front in Südamerika empfindlich zu Lasten der USA verschieben könnte. Also wird das Squad auf den südlichen Kontinent geschickt, um Kontakt mit einem Geheimdienstagenten aufzunehmen. Natürlich stehen zwischen ihm und der Bad Company jede Menge Gegner, welche das Vorhaben vereiteln wollen. Die ersten zwei Exemplare patrouillieren auf einer Brücke,

Hätte mir fast einen freudigen Jodler entlockt: Die wunderhübsch nachempfundene südamerikanische Bergwelt.
als wir uns einen Pfad den Berg hinunter schreiten. Ich knie mich hinter dem erstbesten Felsbrocken in Deckung  (die Jungs können leider immer noch nicht kriechen), um den atemberaubenden Ausblick zu genießen: Das Panorama sieht beeindruckend aus und weckt ein ähnlich erhabenes Gefühl wie in dem Moment, als ich das erste mal in Crysis oder Just Cause den Blick schweifen ließ. Richte ich mein Augenmerkt auf den Stein direkt vor mir, werde ich prompt daran erinnert, nicht die Anden sondern ein Videospiel vor Augen zu haben: Aus der Nähe schauen die Umgebungs-Texturen ähnlich unscharf aus wie in Call of Duty: Modern Warfare 2. Knackig scharfe Oberflächenstrukturen wie in Gears of War 2 und Uncharted 2 sucht man in der Kulisse vergebens. Im Kontrast dazu stehen die mit verschwenderischen Feinheiten ausgestatteten Charaktere: An den Uniformen erkennt man jeden noch so feinen Nadelstich im Stoff und auch die Gesichter bieten viele Details und realistische Animationen.

Schon kurze Zeit später bekomme ich eine weitere Stärke des Spiels zu Gesicht: Die erledigten Wachen auf der Brücke haben in der Hütte daneben eine ganze Horde von Mitstreitern aufgescheucht. Also denke ich in großen Dimensionen und schicke ihnen ein hübsches Geschenk mit dem Granatwerfer über den Fluss. Mit einem lauten Knall fliegt das Häuschen in die Luft und ein Inferno aus Holzsplittern trudelt physikalisch korrekt zu Boden. Funken, dichter Rauch und fliegende Trümmer machen die Explosionen zu einem grafischen Highlight - hier lässt die aufgepeppte Frostbyte Engine ihre Muskeln spielen.                       

Deckung ist überbewertet

Nach der Überquerung der Brücke finden meine Kollegen und ich uns in einem Scharmützel zwischen auf Stelzen gebauten Bambushüttten wieder. Meine Gegner kämpfen hartnäckig und begeben sich erst dann zu Boden, wenn ich sie mit mehreren Projektilen bearbeitet habe. Sie könnten allerdings etwas fleißiger in Deckung huschen, wenn ich das Feuer eröffne. Zu leicht wird es aber auf dem von mir gewählten mittleren Schweirigkeitsgrad trotzdem nicht. Neben mir beweist gerade ein britischer Journalist, welche Vielfalt an Schimpfwörtern die englische Sprache hergibt. Kurz darauf lerne ich den Anlass für seine Hasstirade kennen: 

Im neuen Squad-Rush-Modus kämpfen zwei vierköpfige Teams um nur zwei Kisten.
Ein gegnerisches Fahrzeug dreht den Spieß um und sprengt die komplette Häuserfront weg, hinter der ich mich gerade noch versteckt habe. Verdammt, schon der zweite Lebensverlust an der gleichen Stelle! Beim dritten Anlauf sprenge ich selbst ein Loch in eine Holzterasse und rutsche unglücklich in die entstandene Lücke zwischen den Bambusstäben. Verdammt, ich hänge fest. Mein Sturmgewehr verursacht nur braune Flecken auf den Holzlatten und wenn ich größere Geschütze auffahre, würde ich selbst teil des Feuerwerks. Jetzt zeige ich dem britischen Kollegen, dass auch deutsche Journalisten ein erkleckliches englisches Schimpfwortrepertoire besitzen. Auch im Multiplayer bleibt man mitunter leider an einem Zaun oder Felsbrocken hängen - zum Glück seltener als im Vorgänger. Kurz bevor ich im wahrsten Sinne des Wortes in die Klemme geriet, habe ich noch ohne Probleme ein stationäres MG von der Seitengasse aus flankiert.

Wie im Vorgänger darf ich meinen Kameraden keine Befehle geben. Bislang verhalten sie sich aber auch ohne Order tadellos und nicht zu defensiv, im Vorgänger war das leider nicht immer der Fall. Die Kampagne führt den Spieler nicht nur durch den südamerikanischen Dschungel - es geht außerdem in Eiswüsten, in denen eine beinahe so lebensfeindliche Witterung herrscht wie momentan auf Hamburger Straßen. Mit dem Geschütz eines Hubschraubers nehme ich jede Menge aufgescheucht umherwuselnde Bodentruppen aufs Korn. Auch eine Fahrt in einem mit MG und Granatwerfer ausgestatteten Jeep und rund 14 anderen Vehikeln steht auf dem Programm. Ein weiteres Szenario ist die aus Multiplayer-Videos bekannte Wüstenlandschaft.

Stattlicher Fuhrpark

Battlefield wäre nicht Battlefield, wenn die Fortbewegungsmittel nicht auch im Multiplayer zum Einsatz kämen: Dazu gehören Panzer, Helis wie der UH-60 Black Hawk, ein Quad, kleine Motorboote und etwas größere Exemplare für zwei Personen sowie installierter Wumme. Neu dabei ist das UAV - eine fernsteuerbare Drohne. Der Spieler stellt sich an ein Terminal und sieht fortan durch die Kamera des nützlichen kleinen Hubschraubers.

In Squad Deathmatch sorgt ein auf der Map stehender Panzer für zusätzlichen Zündstoff.
Mit ihm lassen sich entdeckte Widersacher für Teammitglieder auf dem Radar sichtbar machen. Oder man erledigt den Job gleich selbst und feuert dem Feind eine Rakete entgegen. Der kleine Ausflug mit dem RC-Heli birgt aber ein Risiko: Während man die Fernsteuerung bedient, steht der eigene Charakter ungeschützt am Terminal. Auch der Flug mit dem bemannten Heli macht Spaß. Wenn ich das Geschütz bediene, habe ich aber leider das Pech, dass meist ein untalentierter (oder betrunkener?) Pilot am Steuerknüppel sitzt.

Bei meiner ersten Runde "Squad Deathmatch" am Boden stelle ich mich allerdings auch nicht viel geschickter an. In diesem neuen Modus kämpfen vier Squads mit jeweils vier Spielern um die meisten Frags. Ein Gegner nach dem anderen schickt mich auf den staubigen Boden, während ich höchstens mal ein paar Hilfe-Pünktchen abstaubte. "Ich schlage Jörg mal vor, dich nur noch auf Sims-Events zu schicken", witzelt der deutsche PR-Manager bereits. Doch dann fällt es mir wie Schuppen von den Augen: Ich habe einfach zu lange MAG gespielt! Bei Bad Company muss ich doch gar nicht in der Basis starten, sondern kann mich nach einem Tod sofort bei einem meiner Squad-Mitglieder einsteigen! Außerdem reagiert die Steuerung hier um einiges nervöser als im feinfühligen Sony-Shooter. Also wechsle ich schnell ins Konfigurationmenü, stelle die Empfindlichkeit nach meinem Gusto ein uns spawne fleißig bei den Kollegen. Siehe da: Kurze Zeit später liegen meine Widersacher schneller am Boden als David Hasselhoff im Fast-Food-Restaurant. In den nächsten Matches steigt meine Kill/Death-Ratio von 0,7 auf 1,0 und schließlich auf 1,7. Na also - es geht doch!                   

Klein aber oho?

Ebenfalls neu dabei ist Squad Rush: Zwei vierköpfige Teams kabbeln sich in hektischen Matches um zwei Kisten mit jeder Menge Technik darin. Ein Team muss sie zerstören, das andere eben jenes Vorhaben vereiteln und die gegnerische Mannschaftsstärke dezimieren. Nach dem gleichen Prinzip funktioniert das aus dem Vorgänger bekannte Rush (hieß damals Gold Rush, da seinerzeit Goldkisten zerstört wurden): Statt schneller Action auf kleinem Raum gibt es hier die volle Ladung Battlefield-Atmosphäre auf großen Maps. 

Wenn's kracht, noch 'nen Meter: Auch in der Kampagne ist der Spieler oft vielen Vehikeln unterwegs.
Eine Meute aus 24 (in der PC-Fassung 32) Spielern kämpft um die sich verschiebende Front. Die Angreifer versuchen, die zwei Kisten in Stücke zu sprengen oder zu ballern, damit sie weiter vorrücken können, bis sie schließlich den letzten posten zerstört haben. Wer es lieber klassisch mag, versucht sich am Conquest-Modus. In dieser Variante können stets alle Punkte von beiden Mannschaften eingenommen werden, bis die "Tickets" des Verlierers bis zur 0 heruntergezählt wurden.

In den letzten beiden Modi kommt sofort das typische Battlefield-Gefühl auf. Besonders unterhaltsam wird es, wenn das Squad zusammenarbeitet: Ein Mitglied verpasst einem heran polternden Panzer eine Markierung mit einer Pistole und der zweite schickt ein Geschoss aus der Panzerfaust ferngelenkt ins Ziel. Das Ergebnis lässt das Herz eines jeden Hobby-Sprengmeisters höher schlagen: Mit eine gewaltigen Wumms schraubt sich eine Wolke aus Flammen, Funken, Rauch und Trümmern in die Luft. An ein fieses Piepsen im virtuellen Ohr haben die Entwickler ebenfalls gedacht. Auch das hektische Geschrei der anderen Soldaten sorgt dafür, dass ich mich wie im Kriegsgebiet fühle. Kurz danach heize ich mit einem Quad durch die Kuhle, welche die Explosion auf dem Terrain hinterlassen hat. Der Spieler, welcher den Markierungspfeil gesetzt hat, streicht nicht nur dafür Punkte ein, sondern auch für seinen "Tracer Damage Squad Assist", also die Hilfe beim Aufreiben der Fahrzeugpanzerung. "Wir wollen die Spieler für ihre Zusammenarbeit belohnen," erklärt van Dyke, als ich den Konkurrenz-Titel MAG erwähne, "Man sollte die Kooperation aber auch nicht zu sehr erzwingen. Bei uns kann sich der Spieler z.B. entscheiden, ob er einem Squad beitritt oder ob er das Team lieber als einsamer Wolf unterstützt".

Klassenbaukasten

Auch das Personalisieren der Klassen soll spezielle Spielstrategien fördern. Es lassen sich zwar keine kompletten Klassen erstellen wie in MAG oder Call of Duty: Modern Warfare 2 , doch die vorhandenen Exemplare (Assault, Medic, Engineer, Recon) können relativ frei personalisiert werden. Wer eine bestimmte Klasse mit starken Waffen und Extras ausstatten möchte, muss sie auch im Spiel mit genau diesem Soldatentyp freispielen. Eine Ausrüstung bietet jeweils einen Platz für die Primär- und Sekundärwaffe sowie einen Slot für ein Gadget wie einen unter die Waffe montierten Granatwerfer. Dazu kommen drei Plätze für spezielles Zubehör wie eine Weste, an welcher mehr Granaten besfestigt werden oder eine leichtere Ausrüstung für mehr Ausdauer beim Sprinten. Auch Fahrzeug-Extras lassen sich freischalten und können bei geschickter Kombination für einen Vorteil sorgen. Hat ein Spieler z.B. eine schnellere Schussfrequenz freigeschaltet, lohnt es sich, wenn sein Beifahrer das Vehikel-Extra flottes Nachladen ausgewählt hat. Eine weitere Änderung gegenüber dem Vorgänger ist übrigens der Hardcore-Modus, in welchem das HUD ausgeblendet wird, es keine Killcam-Wiederholung gibt und meist schon ein Schuss genügt, um den Gegner auszuschalten. Alle vier Multiplayer-Modi lassen sich in eigenen Ranglisten-Matches auf diese Weise spielen.   

Ausblick

Als kleiner Pyromane habe ich mich beim Anzocken von Battlefield: Bad Company 2 pudelwohl gefühlt. Es sieht richtig genial aus, wenn ein Haus oder Panzer sich mit lautem Knall in seine Einzelteile auflöst, jede Menge Schutt physikalisch korrekt durch die Luft wirbelt und eine fette Rauchwolke mir schließlich die Sicht nimmt. Auch spielerisch schafft es der neueste Ableger wieder bestens, das berühmte Schlachtfeld-Feuer der Serie zu entfachen: Es wird nicht so hektisch wie in den Scharmützeln von Call of Duty: Modern Warfare 2, aber trotzdem ist man schneller in der Action als in MAG. Wer kleinere Maps bevorzugt, kann sich auf die beiden neuen Squad-Modi freuen. Oder man stürzt sich in die großen Schlachten. Da sich zumindest im Rush-Modus die heiß umkämpfte Front verschiebt, fühlte ich mich nie alleine, obwohl in den Konsolenfassungen "nur" 24 statt 256 Spieler wie in Sonys Massen-Shooter auf dem Schlachtfeld unterwegs sind. In Stockholm konnte ich mich am Ende des Tages jedenfalls kaum von der Konsole losreißen. Auch das Anzocken der Kampagne hat Spaß gemacht. Hoffentlich dominiert der neue ernste Unterton nicht zu stark. Die lustigen Dialoge sorgten schließlich für eine erfrischende Abwechslung zum vorherrschenden Pathos anderer Shooter. Zum Glück kommt in ein paar Tagen MAG auf den Markt - denn sonst würde sich die Wartezeit bis zum 4. März bestimmt wie Gummi hinziehen.

Ersteindruck: sehr gut

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