Dead to Rights: Retribution16.03.2010, Mathias Oertel
Dead to Rights: Retribution

Vorschau:

Ein Cop, ein Hund und eine gute Mischung aus Prügler sowie Shooter gepaart mit filmreifer Action: Das sind die Zutaten der Dead to Rights-Serie, die der USK seit ihrem ersten Teil anno 2002 ein Dorn im Auge ist. Dementsprechend gering stehen die Chancen, dass die HD-Premiere des schlagkräftigen Duos hierzulande in den Regalen stehen wird. Entgeht den deutschen Fans möglicherweise ein potenzielles Highlight?

Ein Hund, ein Mann, eine Mission

Ein kleiner Kutter schippert scheinbar führerlos auf einen Pier zu und kommt im letzten Moment knarrend zum Stehen. Ein 

Ein Cop und sein vierbeiniger Kumpan im Kampf gegen das Verbrechen: Der HD-Einstand von Jack und Shadow ist gelungen, dürfte aber hierzulande vermutlich nur über Importhändler zu kriegen sein.
Mann, schwer verletzt, fällt über die Reling auf die Holzbohlen des Pontons. Die maskierten und geschminkten Punks, die sich ihm nähern, scheinen ihn zu kennen. In jedem Fall schütten sie ihn mit einem Haufen wüster Beleidigungen zu, die auch seinen Hund und dessen zweifelhafte Herkunft nicht verschonen. Doch wo ist der Vierbeiner? Er ist weit und breit nicht zu sehen. Aber zu hören! Mit einem gutturalen Knurren werden zwei eiskalt glühende Augen sichtbar. Kraftlos, kaum hörbar gibt der Mann seinem Gefährten einen Befehl: "Shadow! Kill!" 

Buddy-Movie

Schon seit jeher war Namcos Dead to Rights-Serie (DTR) als kompromissloses Gegenstück zu einschlägigen Cop- bzw. Buddy-Movies à la "Mein Partner mit der kalten Schnauze" (im Original: K-9) oder Scott & Huutsch (Turner & Hooch) zu sehen. Mal in der Rolle des ebenso schlag- wie schusskräftigen Cops Jack Slate unterwegs, der von seinem treuen Vierbeiner unterstützt wird, ab Teil 2 dann sogar aktiv mit Shadow, versucht man, in der an New York angelehnten Metropole Grant City für Ordnung zu sorgen.

An dieser Prämisse hält auch Volatile Games  fest, das nach einem Namco-internen Team für Teil 1 und Widescreen Games bei Teil 2 sowie Rebellion für den PSP-Ableger Reckoning bereits das vierte Entwicklerteam in der DTR-Historie ist. Dass man dabei allerdings für Retribution (DTRR) hinsichtlich Jacks und Shadows Geschichte teilweise mit dem kollidiert, was mit Teil 1 erzählerisch festgelegt wurde, sollte einen nicht stören.

Brachiale Nahkampf-Action wechselt sich ab mit intensiven Schussgefechten.
Man sollte DTRR ähnlich wie Silent Hill Shattered Memories oder auch einschlägige "Remakes" bestimmter Horror-Filme (häufig produziert von Michael Bay) als eigenständiges Werk betrachten, das sich zwar eines bekannten Universums bedient, aber diesem seinen eigenen Charakter verleiht.

Überhaupt hat das bleihaltige Abenteuer von Jack und Shadow zahlreiche Anleihen bei bekannten Film-Stereotypen. So erinnert die Attitüde des Protagonisten an eine Mischung aus Steven Seagal (in seinen besten fünf bis sieben Minuten) und viel Bruce Willis als John McClane: Ein desillusionierter Cop, der nicht nur damit beschäftigt ist, das Verbrechen, sondern auch seine eigenen Dämonen zu bekämpfen. Ein Cop, der immer wieder wegen erhöhter Gewaltanwendung mit seinen Bleistift spitzenden Vorgsetzten aneckt. Ein Cop, der sich nur auf sich, seinen ebenfalls als Cop tätigen Vater sowie seinen Hund verlassen kann.

Reinrassiger Mix

Und nachdem man mit Shadow im ersten Abschnitt als Lebensretter von Jack fungierte und dem gehauchten Befehl seines Herrchens wortwörtlich bis zum letzten folgte, kommt bereits das nächste "Stirb langsam"-Gefühl auf: Im Tutorial muss Jack (ohne den besten Freund des Menschen) in ein Hochhaus eindringen, das von Geiselnehmern belagert wird.  Und auf dem

Man ist auch ab und zu mit dem übergroßen Husky Shadow unterwegs.
Weg in die oberen Stockwerke lernt man mit ihm, wie man seine Gegner nach allen Regeln der Kunst im unbewaffneten bzw. später auch im bewaffneten Kampf fertig macht.

Die Schlagkombinationen, die in alle Richtungen (also auch gegen von hinten angreifende Feinde) möglich sind, gehen locker von der Hand, bieten aber letztlich wenig Tiefgang. Zwar wird das Prügelgeschehen durch einen Block und einen effektiven Konter aufgelockert, dennoch scheint man nicht in die letzte Konsequenz zu gehen. Mit einer Ausnahme: Den Finishern, die Jack meist mit einer wüsten Beschimpfung untermalt und die schonungslos das gesamte Aggressionspotenzial des Polizisten zeigen.

Da werden in Zeitlupe und Nahaufnahme Knochen gebrochen, Tritte verteilt und im Falle der "Waffen-Takedowns" auch mal die Kniescheiben zertrümmert, bevor der finale Rettungsschuss gesetzt wird. DTRR ist nicht zimperlich und erinnert auch hier wieder an B-Film-Kost der späten 90er, die weniger auf Stil, sondern eher auf brachiale Schonungslosigkeit setzte. Das Problem ist nur, dass es letztlich zu wenige Finisher gibt, so dass man sich schnell an ihnen satt gesehen hat. Dass man sie aber dennoch häufig nutzt, liegt daran, dass man auch mit einem Anstieg der Adrenalin-Leiste belohnt wird, die bei Aktivierung in etwa den Effekt der bekannten "Bullet Time" hat.

     

Alternativ kann man auch mit maximal zwei Schießprügeln für Gerechtigkeit sorgen. Und das sogar im fließenden Wechsel: Ein zwei Schläge oder Tritte gefolgt von einem kurzen lauten Einsatz der Pumpgun und das "Recht zu Schweigen" bekommt eine neue Bedeutung.

Durch diese nahtlose Verbindung von prügelnder und ballistischer Action samt Deckungssystem, das effektives Blindfeuern ermöglicht, kommt es schnell zu stilsicher inszenierten Gefechten. Dabei ist allerdings jetzt schon absehbar, dass die KI-

Die an Splinter Cell erinnernden "Schleichabschnitte" mit Shadow gehören zu den Highlights und bieten einen Tempowechsel in der brachial inszenierten Action.
Routinen und der Schwierigkeitsgrad eher auf Masse wert legen, denn auf taktische Vorgehensweise. Man kommt zwar immer wieder in Bedrängnis, aber das ist dann eher der Gegneranzahl zuzuschreiben, als deren taktischem Verständnis. Da zudem nur noch knapp vier Wochen bis zum Release übrig bleiben, habe ich kaum Hoffnung, dass sich daran noch etwas ändern wird.

Fisher auf vier Pfoten

Die herkömmliche, wenngleich brachiale Action hätte kaum Chancen, aus dem Durchschnitt hervor zustechen, wenn nicht das tierische Element wäre. Denn nicht nur, dass man Shadow Befehle geben kann, damit er mit seinen Angriffen die Gegner ablenkt oder Jack mit herumliegenden Waffen versorgt, die er apportiert - man kann ihn in einigen Missionen sogar selbst steuern.

Und vor allem diese häufig an eine Light-Version des klassischen Splinter Cell erinnernden  Abschnitte sind es, die mich neugierig gemacht haben. Denn wer hier versucht, die körperliche Überlegenheit des überdurchschnittlich großen Huskys Shadow auszunutzen und den Frontalangriff sucht, hat zwar auch Chancen, das Ende des Levels zu sehen, doch diese sind ungleich höher, wenn man sich auf seine tierischen Sinne verlässt, schleicht, Gegner mit einem kurzen Knurren oder Bellen zu sich lockt und diese dann leise ohne Zeugen ausschaltet.

Ich hoffe, dass Shadow im Laufe der insgesamt zehn umfangreichen Abschnitte noch häufiger auf Schleichtour geht als die zwei Male in den ersten Stunden, die aber sowohl hinsichtlich des Spannungswechsels als auch bezüglich des Erzähltempos für einen gelungenen Kontrapunkt gesorgt haben.

Offene Fragen

Überhaupt sind einige Fragen offen: Schafft es DTRR, sich aus dem B-Filmflair zu lösen und mehr als nur eine simple

Die Kulisse geht in Ordnung, könnte aber detaillierter sein.
Rachegeschichte aufzutischen? Die Möglichkeit besteht, zumal man erzählerisch mit gespielten Rückblenden, interessanten Figuren und guten, wenngleich leicht stereotypen Dialogen mehr zu bieten hat als die Van Damme- oder Dolph Lundgren-Machwerke früherer Zeiten, die sich in der Anfangsphase bei mir als Assoziation einstellten. Wie abwechslungsreich gestalten sich die Aufgaben? Auch hier wird etwa ab der Mitte des Spieles mit Zeitlimits, Bosskämpfen etc. angedeutet, dass man gewillt ist, sich bis zum Finale zu steigern.

Wie weit schafft es die Kulisse, die Filmatmosphäre weiter zu steigern? Die verwendete Blitz Engine wirkt zwar nicht so potent wie z.B. Unreal-Technologie, was sich vor allem im mitunter etwas groben Figurendesign und leicht schwammigen Texturen hier und da äußert. Aber dennoch schafft sie es bislang, ein düsteres Bild der vom Verbrechen gezeichneten Großstadt Grant City zu zeichnen - was allerdings durch die schlauchigen linearen Abschnitte begünstigt wird, in denen man für meinen Geschmack zu selten die Chance hat, mit irgendetwas zu interagieren. Doch vielleicht kommen noch Momente, in denen man zwischen Shadow und Jack wechseln kann, um z.B. mit dem menschlichen Partner in diesem Duo Lichtquellen auszuschalten, damit der Hund seinen Sinnen folgend, leichte Vorteile gegenüber seinen Gegnern genießt...  

Ausblick

Shadow und Jack hinterlassen in ihrer HD-Premiere einen guten Eindruck. Was anfänglich wie anspruchslose und vorrangig auf Gewalt fokussierte Action mit B-Movie-Flair wirkt, entpuppt sich als interessanter Mix bekannter Spielmechaniken: Vor allem die an Splinter Cell erinnernden Sequenzen mit dem Hund Shadow sorgen für Abwechslung vom einseitigen Schusswaffen-Stakkato und überstrapazierten Finishern. Ich hoffe, dass Volatile Games den Spannungsbogen im Allgemeinen und das Missionsdesign mit dem Vierbeiner auf lange Sicht noch kreativer gestalten kann. Dann darf man sich auf kompromisslose Action freuen, die locker von der Hand geht, auch wenn die Kulisse weder mit interaktiven Möglichkeiten reizt noch im grafischen Detail begeistert. Während die linearen Schauplätze größtenteils stimmungsvoll wirken und sowohl Jack als auch Shadow überzeugend animiert wurden, krankt vor allem das Gegnerdesign an Klonarmeen. Allerdings wird man sich als Deutscher höchstwahrscheinlich mal wieder auf den Importhändler seines Vertrauens verlassen müssen, denn das brachiale Abenteuer wird hier vermutlich nicht offiziell erscheinen.

Ersteindruck:  gut!

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