Vancouver 201023.12.2009, Benjamin Schmädig
Vancouver 2010

Vorschau:

Schon vor knapp zwei Jahren machte Eurocom aus Segas offizieller Olympia-Lizenz eine Gamepad-Vernichtungs-Meisterschaft in 38 Gängen, Verzeihung: Disziplinen. Mit mäßigem Erfolg - aber mit einem besseren Ergebnis als das lizenzlose Summer Athletics von 49Games. In diesem Winter wiederholen die britischen und die deutschen Entwickler ihren Wettstreit, wenn das offizielle Vancouver 2010 (ab 5,29€ bei kaufen) gegen das bereits erschienene RTL Winter Sports 2010 antritt...

Weniger ist mehr!

38 Disziplinen! Das war eine beachtliche Menge, mit der Sega die vergangene Sommerolympiade zum interaktiven Großereignis machte. Umso beachtlicher, dass derselbe Entwickler für das wintersportliches Gegenstück gerade mal 14 Disziplinen auffährt. Immerhin: Das sind deutlich mehr als die acht bei den Winter Games von 49Games. Der Witz ist allerdings, dass sie trotzdem weniger Abwechslung bieten als die von RTL gesponserten Wettkämpfe. Vieles wiederholt sich nämlich: Vier unterschiedliche Abfahrtsläufe, die sich alle gleich anfühlen, braucht man einfach nicht. Ähnliches gilt für Bobfahren, Skeleton und Rennrodeln oder unterschiedliche

Mit neuen Ansichten erlaubt Sega neue Einsichten in den Wintersport.
langes Eisschnelllaufen. Bei RTL gibt es weniger Dopplungen, Sega verzichtet noch dazu auf Exoten wie Eiskunstlauf oder Biathlon - eins zu null für die Deutschen!

Unserer Vorschau-Version fehlten mit Ski Cross, Arials sowie Snowboard Cross zwar noch drei Ski Cross und Arials Freestyle-Wettbewerbe, aber selbst damit dürfte Vancouver 2010 in Sachen Abwechslung unterlegen bleiben. Einen Tick besser gelingen den Briten dafür die verschneiten Kulissen: Vor allem dort, wo grobe Texturen und recht unansehnliche Figuren das Gesamtbild bei Winter Sports 2010 trüben, sieht die offizielle Software-Olympiade deutlich schicker aus. Hier ziehen die Deutschen den Kürzeren. Im Gegenzug verzichtet Sega aber auf Sprachausgabe - dabei gehören die unterhaltsamen Hintergrund-Informationen und flotten Ansagen zu den Stärken der lizenzlosen RTL-Olympiade. Auch die Siegerehrungen, Absprachen mit dem Trainer und einige witzige Einspieler werten bei 49Games das Erlebnis auf. Im Vergleich dazu wirkt das hübsche Vancouver 2010 unnötig spröde.

Packender Ego-Sport

Aber am wichtigsten is auf dem Platz - oder vielmehr natürlich im Schnee. Und um es kurz zu machen: Auch dort, wo's drauf ankommt, hinterlässt das offizielle Spiel einen weniger souveränen Eindruck als die Umsetzung ohne offiziellen Segen. Spielerisch zählen nun mal wichtigere Aspekte als der Name des Großereignisses, u.a. die Tatsache, dass ich schon beim Schwungholen vor dem Start mein gutes Timing unter Beweis stellen muss, anstatt erst danach wild auf Tasten zu hämmern. Oder auch die Tatsache, dass ich den Bob nicht erst nach etlichen Übungsläufen überhaupt ins Ziel steuern kann. Bislang ist mir die die Steuerung im Eurocom-Spiel einfach nicht eingängig genug. Dass es knifflig ist, einen Wettkampf im Solospiel zu gewinnen, gefällt mir! Dass diese Kniffligkeit vor allem in der Steuerung begründet liegt, hingegen ganz und gar nicht. Schon wieder haben die Deutschen die Nase vorn.

Sehr eindrucksvoll gelingt den britischen Entwicklern dafür die meist optionale Ego-Perspektive, aus der die Abfahrtsläufe und Skiflüge wesentlich stimmungsvoller wirken als beim Blick über die Schulter. Schneeflocken treiben auf mich zu, der schwere Atem verdeutlicht die Anspannung meines Alter Egos - das Erlebte wirkt bis auf das sträflich vernachlässigte Geschwindigkeitsgefühl ausgesprochen intensiv.

Video. Die Wettkämpfe im Bob, auf einem Skeleton oder Rennschlitten sorgen für eindrucksvolle Momente.Gerade weil Bob, Skeleton und Rennschlitten in Segas Pisten auch umfallen können, sind diese Disziplinen die intensivsten der bislang spielbaren.

"Speed ist alles"!

Apropos Alter Ego: Was ich in der lizenzierten Olympiade schmerzlich vermisse, ist eine Karriere für Solisten - umso mehr, weil nicht nur Marios & Sonics Winterspiele eine bieten, sondern weil ich in Winter Sports 2010 eine ausgesprochen motivierende und vielseitige Laufbahn erleben durfte! Hier bleiben mir hingegen nur das Abklappern beliebig wählbarer Sportarten, separate Herausforderungen, die leider noch nicht spielbar waren, und natürlich der Mehrspieler-Wettstreit. Schade, dass Einzelspieler so sträflich vernachlässigt werden; besonders lange wird Vancouver 2010 wohl nicht im Gedächtnis bleiben - auch wenn die Herausforderungen so viel versprechende Namen wie "Zerstöre den Schneemann" oder "Speed ist alles" tragen.

Immerhin messen sich aber bis zu vier virtuelle Sportler vor einer Konsole, im LAN oder übers Internet. Die treten dann in frei zusammengestellten Turnieren an - vorbildlich, ganz ähnlich wie in Winter Sports 2010. Letzteres beherrscht allerdings auch den geteilten Bildschirm - und lässt so bis zu vier Teilnehmer gleichzeitig antreten, anstatt jeweils drei in die Warteschlange zu stellen, bevor sie wieder ans Gamepad dürfen. Nein, auch in Sachen Mehrspieler-Komfort dürfte Deutschland am Ende wohl als Erster über die Ziellinie schlittern.    

Ausblick

Noch durften wir nicht alle Disziplinen spielen, noch fehlten vor allem die für Solisten wichtigen Herausforderungen. Doch selbst wenn die fehlenden Möglichkeiten dem offiziellen Olympiaspiel einen Motivationsschub verpassen sollten: Segas Lizenz ist dem lizenzlosen Winter Sports 2010 spielerisch unterlegen. Die auf dem Papier zahlreicheren Disziplinen bieten weniger Abwechslung, auf das Spielen am geteilten Bildschirm verzichtet Vancouver 2010 bei den meisten Wettbewerben und Einzelspieler gucken dank einer fehlenden Karriere gelangweilt in die Röhre. Die packende Ego-Perspektive sowie stimmungsvolle visuelle Akzente gelingen den britischen Entwicklern noch am besten, während die fordernden vom Spiel gesteuerten Gegner in allen Wettkämpfen meinen Kampfgeist geweckt haben. In allen anderen Belangen wüsste ich aber nicht, wie sie ihre deutschen Kontrahenten noch einholen wollen.

Ersteindruck: befriedigend

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