UFC Undisputed 201030.03.2010, Benjamin Schmädig
UFC Undisputed 2010

Vorschau:

Jackie Chan gegen Vitali Klitschko - wer würde diesen Kampf gewinnen? Anfang der 90er Jahre wollten die Gründer des Ultimate Fighting Championship wissen: Welche ist eigentlich die überlegene Kampfkunst? Aus der Frage wurde zunächst knallharte, inzwischen streng reglementierte Realität in aufwändigen Show-Events. Die Smackdown vs. Raw-Macher beantworteten im vergangenen Jahr allerdings eine ganz andere Frage: Wer macht das derzeit beste Kampfspiel? Jetzt wollen sie ihr eigenes Spiel »zerstören«!

Tanze Sambo mit mir!

»Zerschmettern« oder »zerstören«: Glaubt man den Worten des Produzenten Neven Dravinski, macht UFC Undisputed 2010 (ab 13,69€ bei kaufen) genau das mit seinem Vorgänger. Denn so gut der erste auch war, so viel besser sei der nächste Schritt. Keine Frage: Das sind nur markige Floskeln, mit denen uns Dravinski auf diesen nächsten Schritt heiß machen will. Immerhin bestand tatsächlich hier und da Nachholbedarf - besonders die letztjährige Karriere entpuppte sich als vergleichsweise dröger Gegenpol zu den taktisch anspruchsvollen Kämpfen. Also zuerst zu den

Video: Produzent Dravinski stellt die wichtigsten Neuerungen des Kampfsystems vor.Kleinigkeiten: Lange Haare gibt es jetzt ebenso wie zum gewählten Spitznamen passende Zurufe vom Rand des Oktagons.

Und schon steigt Dravinski in die überarbeitete Charaktererstellung ein. Blöd, dass das Auswählen von Körperteilen oder Kleidungsstücken noch immer Ladeschluckauf verursacht. Dafür sind die Menüs weniger verschachtelt, Tattoos darf man ab sofort nicht nur an vorgegebenen Positionen, sondern frei platzieren sowie beliebig dehnen oder quetschen. Und wem es nicht passt, wie sein martialartiges Alter Ego seine Gegner vor dem Kampf per Fauststoß grüßt, der wählt eben eine andere Animation. So weit, so gutes Beiwerk. Viel wichtiger ist die Wahl des Kampfstils, schließlich kommen zu den bekannten noch Karate, Sambo sowie eine Form des Ringens hinzu. Darum geht's aber gar nicht; entscheidend ist nämlich, dass die UFC-Athleten nicht mehr auf zwei Stile festgelegt sind, sondern aus dem gesamten Pool aller Techniken schöpfen! Unterschiedlich zugeschnittene Vorlagen gibt es natürlich weiterhin - trickreiche Taktiker ertüfteln sich jedoch ihr eigenes »Set«. Jede Technik kostet dabei Punkte und gewählt wird, bis das Kontingent erschöpft ist. Der finale Kniff: Stärkere Versionen einer Technik kosten mehr Punkte als deren »Basispaket«. Irgendwann will das Spiel dann neuerdings noch wissen, ob man eigentlich einen Links- oder einen Rechtshänder verkörpern will und ob der Kämpfer zwischen den zwei Stellungen wechseln kann.

Vom Niemand zum...?

Tja, und so ausgestattet ist Dana White - der Bernie Ecclestone der UFC - plötzlich im Bild und macht dem Youngster ein Angebot: »Beweise dich in der WFA, Rookie! Wenn du was drauf hast, darfst du in der UFC antreten.«

Wie, WFA? Gibt's die überhaupt? Und wenn ich mich schon durch eine kleinere Liga kämpfen muss, warum beginnt meine Karriere dann nicht gleich als Ultimate Fighter, dem UFC-Pendant zum DSDS-Newcomer? »Dass Ultimate Fighter nicht im Spiel vorkommt, hat lizenzrechtliche Gründe«, erklärt Produzent Dravinski und fügt hinzu: »Aber das ist durchaus etwas, was wir für die Zukunft im Auge behalten.« Und die WFA existiert tatsächlich. Es handelt sich zwar um eine eingemottete Serie, deren Rechte aber die UFC hält. Man schöpfe damit aus dem Potential der vorhandenen Rechte.

Nur wer seine Trainingseinheiten richtig dosiert, darf um den Titel kämpfen.
Soll mir Recht sein - mit dem Aufbau vom Sternchen zum Star fügt sich UFC 2010 immerhin in die Riege bewährter Sportsimulationen ein. Mit dem Unterschied, dass die Entwickler das Wort »Simulation« offenbar ungern hören. Ob es mit dem befürchteten Massensog zu tun hat, der schon den Renn- und Flugsimulationen das Wasser abgegraben hat?

Aufstieg und Fall

Dabei darf sich ausgerechnet UFC gerne mit der »Wie-in-echt«-Plakette schmücken. Natürlich ist es ein »Kampfspiel«! Es kommt der Realität allerdings ungewöhnlich nahe. Und das soll in Version 2, Verzeihung: 2010, eben auch die Karriere verdeutlichen. Beispiel Training: Ihr habt eure Werte für starke Griffe in den Himmel trainiert und wollt euch jetzt anderen Fähigkeiten widmen? Bitte sehr! Falls man die Griffe dann aber vernachlässigt, werden deren Werte bald wieder purzeln. Ach, und wer sich allzu viel Zeit mit dem Aufstieg in die UFC lässt, den holt irgendwann das Leben ein. Wie alt der eigene Athlet höchstens werden kann, wusste Dravinski zuletzt nicht genau - die Zahl 46 schwirrte durch den Raum. Was er aber wusste: Fortschreitendes Alter wirkt sich auf die Verfassung aus! Langwierige Verletzungen wird es hingegen nicht geben. Sie gehören aber ebenfalls zu den Elementen, über die man bei Yuke's bereits nachdenkt.               

So. Mittelgewichtler erstellt, in die UFC aufgestiegen, Gewichtsklasse dominiert - und dann? Dann steigt man in die nächst höhere Gewichtsklasse auf. Das geht zwar nicht nach Belieben, sondern nur in vorherbestimmten Momenten und man muss seinem Alter Muskelprotz kein zusätzliches Gewicht antrainieren, um die Bedingungen für die neue Klasse zu erfüllen. Hervorragende Kämpfer erhalten so aber eine neue Herausforderung, was die Karriere offener und abwechslungsreicher machen dürfte. Wer seinen selbst gesteckten Zielen hingegen zu lange hinterherläuft, kann Online-Camps beitreten, in denen er beim Sparring mit menschlichen Mitstreitern übt oder interne sowie übergreifende Turniere bestreitet.

Selbstverständlich konnten wir uns auch beim ausführlichen Anspielen des neuen Undisputed noch keinen tiefen Einblick von der Karriere verschaffen. Die erweiterte Laufbahn verspricht dank der offenen Kampfstile allerdings schon jetzt individuellere Athleten und damit auch offenere Duelle auf der einen Seite. Auf der

Wer so jubeln will, sollte alle Facetten des einzigartigen Kampfsystems kennen!
anderen Seite dürfte sie dank Klassenwechsel und des dynamischen Trainings abwechslungsreicher werden als anno 2009. Nicht zuletzt spielt in diesem Jahr noch das Verhältnis zu den Kontrahenten und zum Zuschauer eine Rolle, weil man am Tag vor dem Kampf die Wahl hat: Zeigt man seinem Gegner die kalte Schulter oder entgegnet man ihm mit Respekt? Inwiefern sich das Verhältnis auswirkt, ist allerdings noch nicht bekannt. Im Ring merken sich die Gegner allerdings meine Stärken und Schwächen und versuchen entsprechend zu kontern. Überhaupt wirkt die Präsentation mit zusätzlichen Ansagen und mehr Gesichtern lebendiger als zuletzt. Einläufe gibt's aber auch in diesem Jahr nicht. »Die schaut man sich einmal an und klickt sie anschließend weg«, verteidigt Dravinski - deutet aber schnell an, dass man in einer kommenden Version damit rechnen könnte. Man wisse ja selbst, dass sich einige Elemente noch nicht im Spiel befänden. Im Vordergrund stünden allerdings die Kämpfe, und da werde man keine Kompromisse eingehen.

Komfortable Gleichschaltung

Und das zeigt sich selbstverständlich auch im zweiten Serienjahr. Kein Wunder: Allzu viel hat sich im Ring gar nicht verändert. Der Ablauf wurde beschleunigt, was der Wirklichkeit ein Stück näher kommt und zum großen Teil wurde die Steuerung so umgelegt, dass sie mit weniger Kopfarbeit von der Hand geht. So werden ähnliche Griffe und Stellungswechsel - egal, ob stehend oder liegend - ab sofort über ähnliche Bewegungen des rechten Analogsticks ausgeführt. Die Wirkung von Schlägen und Tritten während des Ringens wurde zudem entschärft: Jetzt kommt viel mehr darauf an, ob man sich über die Körperbewegungen per rechtem Stick geschickt aus einem Griff befreien oder diesen in einen Takedown oder einen Aufgabegriff verwandeln kann. U.a. kann man sich mit der richtigen Technik aus einem engen Griff lösen, um aus der besseren Position zu mächtigen Schlägen anzusetzen. Nach wie vor glänzt UFC besonders bei der Simulation des Ringens - so ungern Dravinski das auch hören mag.

Zumal es die erste Fortsetzung ja nicht beim umschlungenen Nahkampf belässt, denn auch die mittlere Distanz wurde aufgewertet. Wie? Indem ich ankommenden Schlägen und Tritten mit einer Bewegung des Oberkörpers ausweiche. Das funktioniert in alle Richtungen und wirkt glaubwürdiger als das Blocken und Kontern des Vorgängers. Außerdem werden meine Bewegungen weniger von vorher berechneten Abläufen eingeschränkt - die Physik bestimmt diesmal noch stärker, ob ich die gewollte Aktion ausführen kann. Einen ähnlich großen Schritt in Richtung Realismus macht das Kombo-System, weil es sich weniger als im letzten Jahr auf vorgefertigte Tastenkombinationen verlässt. Stattdessen spielen die Position und die Bewegungen der Kontrahenten zueinander eine entscheidende Rolle. Nicht zuletzt kann man seinen Gegner jetzt auch gegen den Ring drücken und sollte eine Verletzung zu stark bluten, beendet der Arzt den Kampf vorzeitig. Kann man Undisputed also tatsächlich als Kampfspiel bezeichnen, wie Dravinski eine entsprechende Frage abnickt? Nun, unterm Strich spielt die Bezeichnung natürlich überhaupt keine Rolle. Unterm Strich scheint das neue UFC allerdings näher an der Wirklichkeit zu sein als jedes andere Kampfspiel!    

Ausblick

Wird der Nachfolger seinen erstklassigen Vorgänger »zerquetschen«? Wohl kaum. Aber UFC 2010 wird rocken! Denn so behutsam die Verbesserungen der Kampfmechanik erscheinen mögen, so sehr erweitern sie die taktische Suche nach dem besten Kampfsport um wichtige Elemente. Man kann Schlägen besser ausweichen, dem Ringen kommt eine größere Bedeutung zu und weil die Athleten jetzt Techniken aus dem Pool sämtlicher Kampfstile einsetzen, werden die Duelle noch unvorhersehbarer. Die größten Fortschritte macht ohnehin die Karriere, denn die Sportler des Nachfolgers altern nicht nur - sie müssen sich auch um ein ausgewogenes Training kümmern und finden nach guten Leistungen in einer höheren Gewichtsklasse eine noch größere Herausforderung. Sogar die Imagepflege spielt nun eine Rolle, während es der Motivation zuträglich sein dürfte, dass man sich von der kleinen erst in die Weltklasse-Liga vorarbeiten muss. Klar: Natürlich ist es das Jahresupdate einer Sportspielserie - wahrscheinlich aber ein verdammt wichtiges!

Ersteindruck: sehr gut

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