F1 201017.03.2010, Michael Krosta
F1 2010

Vorschau:

Die Formel 1 steht in diesem Jahr ganz im Zeichen der Comebacks: Zum einen lässt sich Rekordweltmeister Michael Schumacher wieder in seiner geliebten Rennserie blicken und zum anderen ist die Königsklasse dank des neuen Lizenznehmers Codemasters nicht länger exklusiv an PlayStation-Plattformen gebunden: Sie kehrt auch auf den PC zurück. 360-Piloten dürfen sich dagegen zum ersten Mal in ein F1-Cockpit quetschen...

Egoisten

Die EGO-Engine hat bei Rennspielen schon oft bewiesen, was in ihr steckt: Egal ob Race Driver: GRID oder Colin McRae: DiRT - technisch lief es bei Codemasters bisher immer rund. Allerdings sind die Anforderungen für ein Formel 1-Spiel wesentlich höher, denn das komplette Starterfeld umfasst hier nicht nur acht, sondern immerhin 24 Boliden. Zudem kann man - mit Ausnahme von Monaco - keine spektakulären Stadtkurse verwenden. Klassische Pisten wie Hockenheim, Monza oder Suzuka bieten im direkten Vergleich halt etwas weniger fürs Auge. Trotzdem schlägt sich das Formel 1-Spiel nach der ersten Präsentation ähnlich gut wie Rückkehrer Schumacher bei seinem ersten Rennen: Da man sich immer noch im Pre-Alpha-Stadium befindet, fehlt zwar noch der Feinschliff und Ruckeln sowie Pop-Ups stehen auf der Tagesordnung,

Das dynamische Wettersystem lädt zum Reifenpoker ein.
doch hinterlassen die schicken Flitzer mit ihren tollen Spiegelungen, der Cockpitansicht und dem Schadensmodell bereits einen sehr guten Eindruck. Gleiches gilt für das dynamische Wettersystem, das den Rennausgang entscheidend beeinflussen kann, wenn man bei der Reifenwahl zu hoch pokert.

Pressestimmen

Mittlerweile reicht es nicht mehr, sich nur hinter dem Lenkrad wacker zu schlagen. Neuerdings muss man sich auch vor den Medien beweisen und sich in Interviews den Fragen der kritischen Journalisten stellen. Leider konnten wir bisher nur einen kleinen Ausschnitt sehen, der hauptsächlich zur Personalisierung diente. Zudem kann man sich entscheiden, ob man seine Zukunft drei, fünf oder gar sieben Jahre in der Formel 1 sieht. Dabei sollen einige Veränderungen die Motivation in der Karriere aufrecht halten: Zum einen versucht einen der Manager in besseren Teams unterzubringen, zum anderen wird auch das Auto von den Ingenieuren schon in der laufenden Saison immer weiter entwickelt. Für das Setup kann man entweder selbst Hand anlegen oder nach einigen Testrunden dem Mechaniker die Aufgabe übertragen. Dieser meldet sich zwischendurch auch immer via Boxenfunk - ein Kommentatoren-Duo wie in der Vergangenheit wird es nicht mehr geben. Dafür soll ein Aspekt berücksichtigt werden, der auch in der realen F1-Welt eine zunehmende Bedeutung hat: Teamduelle. Es ist also nicht nur wichtig, wie man sich gegen das restliche Fahrerfeld schlägt, sondern insbesondere auch, wie man sich gegen den Kollegen behauptet.

Den Geschwindigkeitsrausch darf man selbstverständlich auch in der Cockpitansicht erleben.
Zudem warten in jedem Rennen bestimmte Herausforderungen: Sitzt man z.B. beim Grand Prix in Monza in einem Ferrari, ist der Erwartungsdruck höher, für die Tifosi einen Sieg einzufahren. Wie bei Codemasters bekannt, lässt sich vor jedem Rennen der Schwierigkeitsgrad anpassen und auch die Rückspulfunktion ist wieder mit von der Partie.

Realistischer Ansatz

Trotz dieser Funktionen wollen die Entwickler mehr einen realistischen Ansatz verfolgen. Eine Gummiband-KI ist z.B. tabu - stattdessen sollen sich die Kontrahenten durch das effektive Nutzen der Kampflinie auszeichnen. Gesehen hat man davon in diesem frühen Stadium noch nicht viel: Ganz im Gegenteil, denn in den Proberunden hatte die KI noch merklich mit der Wegfindung sowie Wetterumschwüngen zu kämpfen. So entstand jedes Mal in der ersten Schikane nach dem Start in Monza eine Massenkarambolage und auch in den folgenden Runden schafften es die Mitbewerber nur selten, die Kurven ordentlich zu fahren. Zudem reagierten die anderen Fahrer nicht auf Unfälle und leisteten noch nicht die versprochene Gegenwehr bei Überholversuchen.

Ja, es ist noch sehr früh, aber diesen Punkt darf man nicht aus den Augen verlieren, damit des F1 2010 (ab 14,51€ bei kaufen) nicht so ergeht wie Supercar Challenge von System 3 - eigentlich ein solides Rennspiel, das sich durch die grottige KI-Leistung aber selbst disqualifiziert hat. Das Fahrgefühl ist schon ordentlich und zeigt, dass es die Entwickler ernst meinen, die Serie nicht in einem Arcaderacer zu verarbeiten. Wer etwa in Kurven zu kräftig aufs Gaspedal tritt oder im Geschwindigkeitsrausch den Bremspunkt verpennt, landet blitzschnell im Kiesbett oder der Bande - und das kann mit einem aktivierten Schadensmodell schnell das Ende des Rennens bedeuten.    

Die Mischung macht's 

Auch die Reifenwahl spielt eine wichtige Rolle: Die Intermediate-Mischung überhitzt z.B., wenn man zu lange im Trockenen unterwegs ist. Technische Defekte, die z.B. Sebastian Vettel beim Auftaktrennen im Bahrain am letzten Wochenende ausgebremst haben, soll es im Spiel dagegen genau so wenig geben wie Safety-Car-Phasen. Dafür wird man auch während der Fahrt leichte Änderungen am Setup "on the fly" durchführen können. Aufgrund des Nachtankverbots haben die Boxenstopps merklich an Spannung verloren. Zumindest muss man im Spiel aber (optional) darauf achten, den Geschwindigkeitsbegrenzer zu aktivieren, wenn man keine Strafe kassieren will.

Apropos: Das Flaggen- bzw. Strafsystem soll ebenfalls konsequent integriert werden. Wie gut es funktioniert, bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall sollte man die Augen nach Wrackteilen offen halten, da die Streckenposten im Spiel nicht sofort zum Besen greifen und der Dreck folglich eine gewisse Zeit auf dem Asphalt herumliegt. Fährt man z.B. unachtsam in einen abgerissenen Heckflügel,

Die Boliden warten mit vielen Details und einem Schadensmodell auf. 
kann man sich schnell den eigenen Boliden beschädigen. Ausdauernde Controller-Piloten wird es sicher freuen, dass man auf Wunsch realistische Renndistanzen fahren darf und damit pro Rennen ca. zwei Stunden seinen Runden dreht.

Ausbaufähige Steuerung

Die Steuerung reagiert beim Lenken teilweise noch etwas zu sensibel - in anderen Situationen (vor allem bei hohen Geschwindigkeiten) dagegen zu schwammig. Hier ist noch Feintuning nötig, damit sich beim Fahren ein Gefühl für das Fahrzeug entfalten kann. Spannend wird zu sehen, wie sich die Weiterentwicklungen auswirken, die im Laufe der Saison am Auto vorgenommen werden. Geht es nach Codemasters, werden sich die Boliden der einzelnen Teams alle unterschiedlich anfühlen: Ein Ferrari soll sich demnach vor allem für eine aggressive Fahrweise eigenen, während andere Teams in erster Linie auf eine gute Balance und sichere Kontrolle setzen. Welche Vor- und Nachteile die einzelnen Flitzer haben, wird sich aber erst im Laufe der realen Saison herausstellen, die man sich bei Codemasters ganz genau ansehen wird. Bleibt auch zu hoffen, dass man auch für Besitzer von Force Feedback-Lenkrädern etwas bieten wird. Da diesbezüglich zuletzt DiRT 2 eine gute Figur gemacht hat, wird man die Kräfte der F1-Boliden aber sicher ebenfalls gut auf die Motoren der Lenkräder übertragen.

Online-WM

Zwar ist die Karriere das Herzstück, doch darf man auch ein einzelnes Grand Prix-Wochenende (inkl. Trainings- und Qualifying-Sessions) absolvieren sowie beim Time Trial auf die Jagd nach Bestzeiten gehen. Über die Mehrspieler-Modi gibt es noch kaum Informationen. Fest steht zumindest, dass Codemasters neben Onlinerennen auch das Starten im LAN via System Link ermöglicht. Außerdem wird man auch hier eine komplette WM absolvieren dürfen. Wie viele Spieler gleichzeitig auf die Piste dürfen, ist noch nicht bekannt - zumindest auf den Konsolen dürfte es aber unwahrscheinlich sein, dass mehr als 16 Fahrer gleichzeitig an den (Online-)Rennen teilnehmen dürfen. 

Ausblick

Codemasters hat sich die begehrte Formel 1-Lizenz von der FIA gesichert? Diese Nachricht habe ich damals mit etwas gemischten Gefühlen aufgenommen. Klar, die Engländer sind für ausgezeichnete Rennspiele bekannt und haben mit der EGO-Engine eine beeindruckende Technik im Haus. Aber von anspruchsvoller Simulation hat man sich in den letzten Jahren immer weiter entfernt- und F1 2009 für PSP und Wii war ein kleiner Schock. In meinen schlimmsten Vorstellungen hatte ich ein F1-Spiel mit einer fantastischen Grafik vor Augen, bei dem vor allem Arcade-Fans auf ihre Kosten kommen. Nach den ersten Proberunden in Birmingham bin ich entsprechend erleichtert: Zwar wird F1 2010 keine Hardcore-Simulation, aber doch deutlich anspruchsvoller als erwartet. Allerdings muss die Steuerung noch deutlich verfeinert werden, damit sich wirklich das Gefühl der Kontrolle über die PS-starken Boliden einstellen kann. Auch die KI muss noch beweisen, ob sie ihrem Namen und den vollmundigen Versprechungen gerecht werden kann. Features wie das dynamische Wettersystem sind aber genau so willkommen wie das Schadensmodell. Interessant wird zudem, wie man die Pressekonferenzen sowie den Leistungsdruck gegenüber dem Team-Kollegen in den Spielablauf integrieren will. Die Zeichen stehen jedenfalls gut, dass die virtuelle Formel 1 spannender wird als das langweilige Auftakt-Rennen zum Saisonstart in Bahrain.

Ersteindruck: gut

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