Steel Battalion: Heavy Armor12.04.2012, Jan Wöbbeking
Steel Battalion: Heavy Armor

Vorschau:

40 Knöpfe, zwei fette Sticks, schwere Metall-Pedale und ein mehrfach gesicherter Selbstzerstörungsschalter: Der Controller von Steel Battalion war ein Monster. Besitzer des gigantischen Schaltpults können sich aber den Weg auf den Dachboden sparen, denn der dritte Teil wird exklusiv mit Kinect gesteuert.

Zweibeinige Herrscher

Bei unserem ersten Probespiel wollte der Funke nicht überspringen, obwohl die weit ausholenden Bewegungen laut Entwickler mindestens so viel Mech-Atmosphäre ins Wohnzimmer bringen wie das gute alte Pult aus Metall und Plastik. Die Bewegungserkennung von Kinect kommt immer dann zum Einsatz, wenn man einen der im Cockpit verteilten Hebel und Knöpfe benötigt. Man soll sich direkt wie im Schaltzentrum fühlen: Hier etwas ziehen, dort einen Knopf drücken, das Periskop heranziehen - all das wird mit vorgegebenen Gesten erledigt.

In der Praxis kann dabei allerdings einiges schief gehen:  Das größte Problem ist das Drehen der Sicht. Will man einen Schalter in der hinteren Ecke erreichen, bewegt man die Kamera nicht einfach mit dem Stick. Stattdessen winkt man wie im Film Johnny Mnemonic umständlich in der Luft herum. Der Befehl funktioniert folgendermaßen: Hand heben, still halten und je nach gewünschter Richtung ruhig und gerade zur Seite wischen. Hat es geklappt, dreht sich der Blick nur um läppische 45 Grad. Will man noch weiter nach hinten schauen, ist ein zweites „Wischen“ nötig.

Gesten-Probleme

Volltreffer: Nahe Feinde lassen sich direkt durch das Sichtfenster anpeilen.
Volltreffer: Nahe Feinde lassen sich direkt durch das Sichtfenster anpeilen.

Dem vorspielenden Entwickler war die Bewegung bereits in Fleisch und Blut übergegangen, diverse Journalisten und auch wir hatten aber Probleme damit. Viel zu oft wandert die Hand versehentlich an einen Hebel, zum Periskop oder an irgendein anderes Instrument, welches man gerade überhaupt nicht gebrauchen kann. In der Hektik des Gefechts sorgen solche Ungenauigkeiten für unnötigen Frust - vor allem, wenn man mal wieder mitten ins Kreuzfeuer gerät und nicht rechtzeitig die rettenden Waffen und Hebel erreicht.

Glücklicherweise verzichten die Entwickler nicht komplett auf eine konventionelle Steuerung. Sobald man durch das Sichtfenster schaut, wird der Stahlkoloss ganz klassisch mit den Sticks und Buttons kontrolliert. Laufrichtung, Zielkreuz, Abzug: All das liegt auf dem Gamepad und lässt sich präzise bedienen. In diesen Situationen macht es richtig Spaß, mit dem schweren Kampfkoloss  durch die Steppe zu donnern und feindliche Blechbüchsen mit dicken Kanonen zu verschrotten.

Junger Mann zum Mitreisen gesucht

Ab und zu spielt man den Seelsorger für die Crew...
Ab und zu spielt man den Seelsorger für die Crew...

Auch wenn man im Cockpit das Periskop mit einer Geste herbeigezogen hat, kommt das Gamepad zum Einsatz. Dann zoomt man surrend mit Analogstick und Buttons an entfernte Gegner heran und räumt sie aus dem Weg, bevor sie gefährlich werden. Das Schlachtgetümmel ist wieder gut inszeniert: Überall auf den weitläufigen Arealen rumst, qualmt und explodiert irgendetwas. Aus der Nähe wirkt das Gebotene aber weniger beeindruckend. Eigentlich runde Cockpit-Elemente besitzen Ecken und Kanten und sind nicht selten mit Matschtexturen zugekleistert. Außerdem weckt die glänzende Haut der Besatzung Erinnerungen ans Wachsfigurenkabinett.

Die Kameraden spielen diesmal eine wichtige Rolle: Wenn man ein Crew-Mitglied oder einen verbündeten Soldaten in einem der Geschicklichkeitstests rettet, soll das Auswirkungen auf den Verlauf der Geschichte haben. Sterben zu viele Mitstreiter im Kugelhagel, werden die späteren Schlachten außerdem deutlich knackiger. Ist man alleine im Mech unterwegs, muss man z.B. persönlich nachladen. Normalerweise kümmert sich der ewig nörgelnde Deutsche Rainer um das Hantieren mit der schweren Munition. Der Rest der Crew wirkt ebenfalls wie ein Sammelsurium lebendig gewordener Klischees: Das farbige Mitglied brabbelt beinahe so aufgekratzt wie Eddy Murphy in Beverly Hills Cop. Immerhin passen die flapsigen Sprüche gut zur brenzligen Action.

Einzelkämpfer haben es schwer

...will z.B. ein traumatisierter Kamerad stiften gehen, muss man ihn rechtzeitig mit einer Geste am Bein festhalten.
...will z.B. ein traumatisierter Kamerad stiften gehen, muss man ihn rechtzeitig mit einer Geste am Bein festhalten.

Manchmal muss man die Kollegen auch per Kinect-Bewegung mit einem Handschlag beruhigen, sie durch die Luke ziehen und kurz danach eine Handgranate hinaus werfen. Oder man steht von seinem Stuhl auf und schaut aus der Luke heraus. Hält man dann noch die Hände vor die Stirn, kann man sich mit dem Feldstecher einen Überblick verschaffen oder mit dem MG-Geschütz ein paar Feinde aus dem Weg mähen.

Die Geschichte spielt in der alternativen Realität des Jahres 2082. Lt. Powers und seine Crew helfen dabei, das besetzte Gebiet der ehemaligen USA zurückzuerobern. Die Mission führt durch weitläufige Wüstengebiete, über verschneite Pässe und durch enge Straßenzüge. Da es in dieser Welt keine Computer gibt, kommt die Kriegsführung ohne präzise gesteuerte Bomben, Atomraketen oder andere Hightech-Waffen aus; stattdessen kämpfen die Armeen mit grobschlächtigen Battle-Mechs gegeneinander. Multiplayer-Schlachten wie in MechAssault sind nicht geplant – im Gegenzug wird es aber einen Koop-Modus geben, in dem bis zu vier Live-Nutzer Seite an Seite durch feindliches Gebiet donnern. Dort lassen sich ähnlich wie in Syndicate neue Upgrades zum Aufmotzen freischalten. Der legendäre Eject-Button aus dem Vorgänger ist übrigens auch wieder dabei, allerdings mit weniger drakonischen Konsequenzen. Seinerzeit musste man noch rechtzeitig drauf hämmern, wenn der eigene Mech kurz vor der Zerstörung stand. Schaffte man es nicht, wurde der komplette Spielstand gelöscht.

Ausblick

Warum nur dieser übertriebene Fokus auf hakelige Gesten? Die Vision eines Kinect-Cockpits voller Hebel kann ich durchaus nachvollziehen. Doch wenn man schon das Gamepad zur Hilfe nimmt, sollte man sich auch im Bauch des Mechs mit dem rechten Stick umschauen können. Stattdessen musste ich beim Anspielen für jede 45-Grad-Drehung umständlich in der Luft herumwischen – und hatte danach meist irgendeinen unnützen Hebel in der Hand, bevor ich mich endlich wehren konnte. Hoffentlich legen die Entwickler noch einige Funktionen auf den klassischen Controller um, denn dann besitzen die Mech-Schlachten durchaus Potential. Als mir die Handhabung nur noch ab und zu dazwischen funkte, gestaltete sich meine Landung an einem Strand richtig motivierend. Nach und nach kämpfte ich mich an der Küste entlang, nutzte die Deckungen, zerbröselte jede Menge Roboter und beim dritten Anlauf auch die Geschütze im letzten großen Bunker. Die Koop-Missionen per Xbox Live klingen ebenfalls interessant - allerdings nur wenn From Software  sich nicht darauf versteift, möglichst viele Funktionen mit Kinect-Gesten zu verkomplizieren.

Ersteindruck:
befriedigend

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