Sniper Ghost Warrior 213.02.2013, Jan Wöbbeking
Sniper Ghost Warrior 2

Vorschau:

Dass lange Verschiebungen bei einem Shooter oft nichts Gutes verheißen, hat jüngst Aliens: Colonial Marines bewiesen. Auch Sniper: Ghost Warrior 2 wurde im vergangenen Jahr immer wieder verschoben – ein schlechtes Omen oder sinnvolles Feintuning?

Zurück in den Tropen

Da sich der Vorgänger über zwei Millionen Mal verkaufte, will das polnische Team sich diesmal stärker ins Zeug legen: Keine wirren Schießereien mit schwacher KI, dafür mehr ruhige, überlegte Schleich-Einlagen. Bereits die PS3-Version des Vorgängers besaß einige gelungene Bonus-Levels, welche die neue Richtung einschlugen. Im ersten Teil des Spiels schleicht man wieder durch tropischen Dschungel, später geht es ins tiebtanische Hochland. Auch ins Sarajewo der Neunziger Jahre führt eine Mission, um Kriegsverbrechen des Majors Vladic zu vereiteln.

Die vielen Verschiebungen scheinen dem Spiel gut zu tun: Der dichte Dschungel wird ein wenig sauberer dargestellt als noch im letzten Jahr, so dass Blätter und kleine Äste nicht mehr für hässlich flimmernden Pixelbrei sorgen. Trotz lizenzierter CryEngine 3 ist die Kulisse immer noch weit von der Pracht eines Crysis entfernt, immerhin schleiche ich jetzt aber durch einen grafisch solide dargestellten Dschungel. Kleine Sträucher und umgestürzte Bäume erweisen sich nach wie vor als Stolperstein: Statt mich seitwärts durch Lücken zu quetschen wie Nathan Drake in Uncharted 3, muss ich häufig umständlich um große Baumwurzeln herumlaufen. An der KI wurde dagegen massiv geschraubt. Laut Producer Michael Sroczynski haben die

Ein Blick auf die Hütte in der Bucht: Wer möchte, kann sich auch im Wasser heranschleichen.
Ein Blick auf die Hütte in der Bucht: Wer möchte, kann sich auch im Wasser heranschleichen.
Entwickler die meiste Zeit daran gearbeitet, die Wachen glaubwürdiger agieren zu lassen. Im letzten Jahr stellten sie sich im Dschungel noch ziemlich dämlich an und schlugen entweder viel zu leicht oder gar nicht Alarm – neuerdings handeln sie überlegter.

Tödliche Klippen

In meiner ersten Mission pirsche ich mich im Dschungel an eine Klippe heran und sondiere erst einmal mit dem Fernglas die Lage. Es bietet eine etwas stärkere Vergrößerung als das Zielfernrohr meiner Remington SR. Am anderen Ende der Bucht patrouillieren einige Soldaten um eine Bambushütte herum. Da ich auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad spiele, werden meine Gegner nicht auf dem Radar angezeigt. Stattdessen studiere ich wie in einem Schleichspiel ihre Wege. Als der Kettenraucher aus dem Blickfeld der anderen verschwindet und sich am Ende des Stegs den Glimmstengel anzündet, muss er als Erster dran glauben. Da er ein ganzes Stückchen entfernt ist, schaue ich auf die Windanzeige und ziele ein bis zwei Linien daneben – bingo! Auf den niedrigeren zwei Schwierigkeitsgraden zeigt dagegen wieder ein roter Punkt an, wo das Projektil einschlagen wird (auf Medium erst nach vier Sekunden).

Per Knopfdruck schaltet das Spiel wieder in eine Zeitlupe, welche das Geschehen je nach Schwierigkeitsgrad unterschiedlich stark verlangsamt
Per Knopfdruck schaltet das Spiel wieder in eine Zeitlupe, welche das Geschehen je nach Schwierigkeitsgrad unterschiedlich stark verlangsamt
Danach schalte ich ein paar weitere Wachen unbemerkt aus. Die Areale sind zwar nicht frei begehbar, aber meist etwas geräumiger gestaltet, so dass mir etwas Spielraum bei meinen Missionen bleibt. Beim zweiten Anlauf begebe ich mich an den Strand und laufe am Rande der steilen Böschung entlang. Leider war ich zu übermütig, denn einen Gegner hätte ich in seiner grauen Tarnuniform fast übersehen. Als meine Widersacher Alarm schlagen, flüchte ich die Böschung hinauf und verschanze mich. Das Grüppchen versucht recht zielstrebig, den Punkt zu stürmen, an dem sie mich das letzte Mal sahen und suchen dann die Umgebung ab. Nachdem ich einen mit der Pistole erledigt habe, agieren die zwei verbleibenden Widersacher vorsichtiger und verstecken sich hinter kleinen Hügeln. Der Grund: Versprengte  Soldaten folgen einer vorsichtigen KI-Routine, während kleine Grüppchen aggressiver attackieren. Als ich mich auf die Suche begebe, überrascht mich einer der beiden Soldaten von der Seite – und schaltet mich aus. Es ist also auf jeden Fall effektiver, bedacht und lautlos vorzugehen, statt sich in Nahkämpfe verwickeln zu lassen.

Rückblick

Nathan Drake lässt grüßen: Später geht es ins tibetanische Hochland.
Nathan Drake lässt grüßen: Später geht es ins tibetanische Hochland.
In den engen Häuserruinen von Sarajewo bin ich nicht nur über Funkkontakt mit meinem Spotter verbunden, sondern arbeite mich mit zwei Kameraden durch die vom Krieg gezeichneten Häuser. Hier schleiche ich mich oft auch einmal von hinten an meine Opfer heran, um die mit dem Messer zu meucheln. Ein Grüppchen von Soldaten lasse ich sogar komplett links liegen, nachdem ich auf einer höher gelegenen Terasse daran vorbeigeschlichen bin. Zum Scharfschießen benutze ich diesmal eine M24.

Statt der Thermo-Sicht aus dem Dschungel steht mir hier nur ein Nachtsichtgerät für dunkle Keller zur Verfügung. Gut gefällt mir, dass die Entwickler ein paar Tipps von echten Scharfschützen berücksichtigen: Der Puls nimmt Einfluss auf meine Ruhe, ein Schuss im Liegen trifft sicherer als einer im Stand und laut Sroczynski soll das Projektil auch durch zu schnelles Abdrücken mit dem Analogtrigger minimal abgelenkt werden.  Ein kleiner Mehrspieler-Modus wird übrigens auch implementiert, der Fokus liegt aber klar auf der Kampagne.

Ausblick

Die Verschiebungen haben sich offenbar gelohnt: Beim zweiten Anspielen wirkte Sniper: Ghost Warrior 2 deutlich runder als im letzten Jahr. Die Kulissen können trotz CryEngine 3 bei weitem nicht mit Highlights wie Crysis konkurrieren, aber immerhin passt der Spielablauf besser zum Konzept des lautlosen Scharfschützen als im Vorgänger. Wenn City Interactive sein Versprechen hält, gibt es diesmal tatsächlich keine hektischen Massenschießereien und dafür viel behutsames Voranpirschen, neuerdings auch mit glaubwürdiger KI. Damit könnte man sogar einen kleinen Kontrapunkt zum Action-Trend setzen. Leider ist dabei immer noch zu oft die dichte Vegetation im Weg. Ob das Spiel auch Sniper Elite V2 gefährlich werden kann, wird sich zeigen – offenbar baut City Interactive weniger auf Fallen und andere taktische Manöver. Trotzdem bin ich gespannt darauf, wie sich das Spiel im Test schlägt; es erscheint am 15. März für PC, PS3 und Xbox 360.

Einschätzung:
befriedigend

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