Alester der rote Priester
Neben Mors von der Nachtwache spielt man auch diesen roten Priester: Alester. Pro Charakter gibt es drei Kampfstile, die eher aggressives, ausgeglichenes oder defensives Vorgehen unterstützen.
Der zweite Charakter ist Alester Sarwyck, der reiche Sohn eines Lords und ausgebildete rote Priester – er kann sich anfangs zu einem Bogenschützen, Schleicher oder flinken Kämpfer spezialisieren. Seine Besonderheit ist, dass er auch ein wenig Magie in Form arkanen Feuers im Kampf einsetzen kann, was in der Low-Fantasy von George R.R. Martin eher Seltenheitswert hat. Er hat fünfzehn Jahre auf den Summer Isles verbracht und kehrt zu Beginn des Abenteuers in seine Heimat zurück, um dem Begräbnis seines Vaters beizuwohnen und sein Erbe als Lord anzutreten. Im Gegensatz zu Mors kann er sich nahezu alles leisten und genießt den Respekt seiner Umgebung. Aber auch sein Weg durch die Geschichte wird kein luxuriöses Kinderspiel: Ein machthunghriger Bruder schart Söldner um sich und will sich den vakanten Thron erkämpfen, obwohl er ein Bastard ist. Wie das gehen soll? Die Schwester ehelichen!
Alester trifft also auf extrem hitzige Verhältnisse, die Bevölkerung ist deprimiert, das Land liegt teilweise in Trümmern. Wie soll er auf seinen Bruder reagieren? Die harte Hand oder etwa Verständnis? Man hat die Wahl, ob man den Ursachen der Ereignisse wirklich auf den Grund geht, ob man dabei eher auf die Stimme der Bevölkerung, der fürstlichen Ratgeber oder auf seinen eigenen Instinkt hört. Schon in diesen ersten Kapiteln gibt es Aufträge, die Auswirkungen auf spätere Kapitel haben. Dabei stehen die Entscheidungen in den gut geschriebenen Dialogen im Vordergrund: Man sollte sich genau überlegen, wie man auf wen reagiert, zumal man nicht sofort den konkreten Text, sondern nur seine Gedanken zum Thema lesen kann. Schön ist, dass die möglichen Antworten nicht farblich markiert oder moralisch sortiert werden – man muss sie
Ob das interessante Kampfsystem mit der Zeitlupe für anspruchsvolle Taktik sorgt, bleibt abzuwarten - noch konnten wir es nicht ausgiebig genug spielen.
lesen und mit der Situation abschätzen, um ihre finale Wirkung zu ergründen. Dazu passt, dass es kein Moralsystem gibt: Man häuft weder gute noch böse Punkte an, sondern entscheidet sich je nach Situation für eine Lösung.
Die taktische Zeitlupe
Etwas unübersichtlich in der Handhabung, hinsichtlich der Animationen zu eintönig, aber auf den ersten Blick interessant wirkte das taktische Kampfsystem mit seiner Zeitlupe: Kommt es zu einem Gefecht, kann man pro Charakter bis zu drei Aktionen in einem Kreismenü stapeln, während das Geschehen dahinter verlangsamt weiter läuft – alle Beteiligten bewegen sich dann wie in Gelee, wobei das Hauen und Stechen, Blocken und Parieren nicht mal ansatzweise an die Klingentänze des Hexers heran reicht. Maximal wird man die Kontrolle über drei eigene Figuren gleichzeitig haben: Alester, Mors und dessen Hund. Man kann den Kampf nicht komplett pausieren und in Runde spielen, sondern hat ein begrenztes Zeitfenster, in dem man pro Charakter drei Entscheidungen hinsichtlich Konter, Waffentyp und Schlagart treffen muss; es soll bis zu acht wählbare Aktionen geben.
Jeder Charakter hat zwei Waffensets zur Verfügung und muss im Gefecht auf die Wahl der drei Schadenstypen achten: stumpf, scharf oder spitz? Je nachdem wie der Gegner gerüstet ist, gibt es effiziente Vorteile bei der richtigen Wahl der Klinge. Wenn jemand in schwerem Plattenpanzer auftaucht, sollte man auf das scharfe Kurzschwert verzichten und eher zur spitzen Pike greifen, um zuzustoßen. Außerdem kann man seine Spezialaktionen nicht unbegrenzt ausführen, da sie Ausdauer kosten – wer Letztere zurückgewinnen will, muss in eine defensive Haltung gehen. Was sich in der Theorie gut anhört, wirkte in der Praxis noch etwas durchwachsen. Noch konnte ich diesen Zeitlupen-Kampf nur kurz ausprobieren; ob sich das auf Dauer wirklich taktisch spielt oder das Ganze zu einem langweiligen Spezialangriff-Durchschalten verkommt?
Die Szenen innerhalb der Burgen wirkten stimmungsvoll und auch draußen sorgten Schneefall und Architektur für eine ansehnliche Spielwelt. Aber an das ebenso markante wie detaillierte Artdesign von The Witcher II wird diese Kulisse nicht heran kommen, zumal die Städte noch recht leblos wirkten.
Im Laufe des Abenteuers wird man seine Fähigkeiten mit Spezialschlägen, Kontern und Sonderaktionen genau so weiter entwickeln können wie die Chance für kritische Treffer oder die Ausdauer. Interessanter als dieser martialische Standard wirken jedoch die besonderen Merkmale beim Aufstieg der Charaktere: Für jede positive Eigenschaft wie z.B. „Geborener Anführer“ wird man als Ausgleich eine negative wie z.B. „Allergiker“ aus einer Liste wählen müssen. Ich bin gespannt, inwiefern sich das auf das Spiel auswirkt.
Zwölf Schauplätze in Westeros
Es wird zwölf Kulissen vom hohen Norden mit Castle Black bis runter nach Riverrun und Kings Landing geben, die man frei begehen und erkunden kann. In Schulterperspektive bewegt man seinen Charakter durch mittelalterliche Gassen oder Gemäuer, während man die Kamera nach Belieben dreht. Man sammelt Gold und Ausrüstung, kauft neue Waffen und hört sich nach Quests um. Abseits der relevanten Hauptaufträge soll man in jedem Kapitel genug Nebenaufträgen nachgehen können, von denen wir erst ein paar sehen konnten, die angenehm vom Hau-weg-bring-her-Prinzip abweichen. Cyanide spricht von 25 bis 40 Stunden Spielzeit. Wie in der TV-Serie umrahmt übrigens die Musik von Ramin Djawadi das Abenteuer; der Deutsch-Iraner komponierte auch schon für Prison Break, Iron Man und Kampf der Titanen.