Rayman Legends23.07.2013, Michael Krosta
Rayman Legends

Vorschau:

Über zu wenig Präsenz kann sich Rayman nicht beklagen: Nach den Minispiel-Ausflügen mit den Raving Rabbids feierte der Hüpf-Veteran mit Rayman Origins ein grandioses Comeback. Und selbst auf Mobiltelefonen und Tablets hat das liebenswerte Kerlchen dank Jungle Run mittlerweile viele Spieler-Herzen erobert. Es könnten bald noch mehr werden, denn mit Rayman Legends (ab 3,80€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) scheinen Ubisoft und Serien-Schöpfer Michel Ancel wieder alle Register zu ziehen, um Plattform-Fans glücklich zu machen...

Rayman vor, noch ein Tor!

Ein bisschen neidisch blicken mein Spielpartner und ich zu den beiden Entwicklern rüber, die neben uns sitzen und sich nach einem lockeren Abklatschen und dem Jubel der Zuschauer wieder voll auf das Duell zwischen unseren beiden Teams konzentrieren. Es ist aber auch wie verflixt: Da passt man einen Moment lang nicht auf und schon haben die zwei Profis das runde Leder mit einer geschickten Sprungtritt-Attacke wieder in unserem Kasten versenkt. Öhhhm, bitte was? Macht der gute Rayman jetzt etwa einen auf Soccer Kid? Nein, nicht ganz, denn in erster Linie glänzt das Hüpfabenteuer weiterhin mit klassischen Jump'n'Run-Tugenden, doch beim Ausprobieren von Rayman Legends am idyllischen Strand von Montpellier erfreute sich vor allem ein Minispiel großer Beliebtheit: Kung Foot!

Dabei ist der Name Programm, treten dabei doch zwei Teams gegeneinander an und versuchen alles, um den Ball ins gegnerische Tor zu befördern sowie Gegenspieler mit simpler Kampfkunst kurzzeitig auszuschalten. Das Konzept erinnert ein bisschen an Super Smash Bros. mit einer Prise Fußball und es geht ähnlich hektisch zur Sache: Da wird panisch gekreischt, böse geflucht, herzlich gelacht und gejubelt! Mit vier Spielern und im Idealfall zusätzlich anfeuernden Fans im Rücken ist Kung Foot ganz großer Partysport, der einmal mehr beweist, dass es manchmal eben auch die kleinen Dinge sind, die großen Spaß machen können.

Fleißiges Helferlein

Kung Foot ist zwar extrem simpel gestrickt, macht aber verdammt viel Laune.
Kung Foot ist zwar extrem simpel gestrickt, macht aber verdammt viel Laune.
Der Teamgeist kommt aber auch im Hauptspiel nicht zu kurz, denn wie schon beim Vorgänger Origins darf man die fünf abwechslungsreichen Welten mit bis zu drei Mitstreitern erkunden, um die putzigen Kleinlinge aus ihrer Gefangenschaft zu befreien. Auf der Wii U geht man sogar noch einen Schritt weiter: Hier kontrolliert ein fünfter Spieler das kleine blaue Wesen namens Murphy über den Touchscreen und greift den Helden unter die Arme. Da werden u.a. Seile durchtrennt, Rampen verschoben, Schalter betätigt oder mit dem Finger Löcher durch Hindernisse gebohrt, damit es das Quartett heil bis zum Levelende schafft. Selbst die Bewegungssensoren werden genutzt, um dem Team durch gut getimtes Drehen des Controllers das Weiterkommen zu ermöglichen. Außerdem hat man mit Murphy die Fähigkeit, gestorbene Spieler durch Antippen wiederzubeleben und kann sogar im Stil von Kirby: Power Paintbrush eigene Plattformen zeichnen, um z.B. einen Sturz abzufangen. Und wer Spaß daran hat, kann die fiesen Schergen auch einfach kitzeln - was besonders dann sinnvoll ist, wenn sie dadurch ihre Deckung vor Lachen aufgeben müssen.

Helfer Murphy kommt vor allem mit dem GamePad der Wii U voll zur Geltung.
Helfer Murphy kommt vor allem mit dem GamePad der Wii U voll zur Geltung.
Obwohl es mitunter verdammt hektisch ist, macht es unheimlich viel Spaß, die Mitstreiter zu unterstützen und es kommt im Spielverlauf immer wieder zu herrlichen Situationen, wenn panisch um Hilfe oder eine schnelle Wiederbelebung geschrien wird. Das gilt allerdings nur für die Wii-U-Fassung, denn es wird schnell klar, dass Legends in erster Linie für den Wii-Nachfolger konzipiert wurde: Bei den Umsetzungen für 360 und PS3 beschränkt sich der Murphy-Einsatz an vorgegebenen Stellen lediglich auf kleine Reaktionstests, die von jedem der vier Spieler ausgelöst werden können. Das mag die beste Alternative beim Design darstellen, doch so unterhaltsam wie auf der Nintendo-Konsole geht es dabei nicht zu. Die Vita-Umsetzung zieht mangels Mehrspieler-Modus erst recht den Kürzeren: Hier wird der Wechsel zwischen Murphy und Hauptfigur an festgelegten Abschnitten einfach erzwungen und das Spielprinzip erinnert eher an Titel wie Lemmings oder Braid, bei denen man den Helden einfach nur beschützen und sicher ans Ziel geleiten muss. Der Fokus auf den Touchscreen bringt in den Murphy-Sektionen leider einige Probleme bei der Übersicht mit sich, da man bei den Aktionen oft Teile des Spielfelds verdeckt. Es ist halt nicht so einfach, Rayman mit einem Schild vor Lavabrocken zu schützen, während er sich bewegt und man ihn kaum sehen kann, weil sich der eigene Finger im Weg befindet.

Fiesta Mexicana

Immerhin zaubert die aufgemotzte Ubiart-Grafikengine auf Sonys Handheld ähnlich prachtvolle Comic-Kulissen auf den Bildschirm wie auf den stationären Plattformen: Die fünf Spielwelten glänzen durch satte Farben, wunderschönes Design und liebevolle Details wie herab fallendes Laub, flatternde Schmetterlinge oder auch mal eine schielende Eule, die im Hintergrund auf einem Ast sitzt und ihren Kopf verdreht. Gerade Kleinigkeiten wie diese hauchen der fantasievollen Welt Leben ein. Vor allem bei den Lichteffekten hat man sich ordentlich ins Zeug gelegt, was besonders in der Unterwasserwelt begeistert, die thematisch an Jules Verne angelehnt ist, mit Laserfallen aber auch Filme wie Ocean's Twelve oder Verlockende Falle aufgreift. Selbst kleine Stealth-Einlagen müssen hier gemeistert werden, indem man unter Lichtkegeln der gefährlichen Wachroboter hindurch taucht. Doch auch in den Wald- und Sumpfwelten ist es immer wieder eine Pracht, wenn die Sonnenstrahlen durch die Wolken und Bäume brechen.

"Eye of the Tiger" auf Mexikanisch - nur ein Beispiel der genialen Musik-Bonuslevel.
Ay, ay, ay...In der bunten Fiesta-Welt legt man sich mit dem untoten Partyvolk an.
Daneben führt die Reise von einem verzauberten Wald ins eher düstere Mittelalter, das aber später von einer bunten Fiesta Mexicana mit flotten Rhythmen und tanzenden Skeletten abgelöst wird. Lustig: Hier muss Rayman eine Stufe sogar als Huhn in Angriff nehmen! Der Weg zum Finale führt aber nur über den „Olympus Maximus“, der sich thematisch an der griechischen Mythologie orientiert. Nicht nur hinsichtlich der wunderschönen Kulissen, sondern auch beim Leveldesign wird sehr viel Abwechslung geboten: Mal schwebt man mit dem kultigen Haarpropeller mit Auftrieb nach oben und weicht Hindernissen aus, schon geht es kurze Zeit später auf einer Wasserrutsche nach unten oder man schwimmt zusammen mit einem Fischschwarm an gesunkenen Wracks vorbei, während ein Stückchen weiter schon wieder Murphy auf seinen nächsten Einsatz wartet. Es ist einfach die pure Freude, diese traumhaft gestalteten Welten zu erkunden – auch dank der präzisen Steuerung, mit der man die Helden hervorragend im Griff hat. Darüber hinaus leisten die Mannen um Serien-Schöpfer Michel Ancel einen klasse Fanservice, denn das Team hat seine Lieblingslevel aus Rayman Origins mit der neuen Engine frisch aufbereitet und bietet sie als kostenlosen Bonus an.

„Help me“

Murphy öffnet den Weg durch den Kuchen!
Murphy frisst sich durch den Kuchen und öffnet den Mitstreitern dadurch neue Wege!
Alleine die herrlichen Animationen sind schon ein Hingucker, wenn man sich an Lianen entlang hangelt, die aufgeladene Faust sprechen lässt oder ganz cool zwischen zwei Wänden nach oben hüpft. Die feinen Bewegungsabläufe kommen nicht nur bei der großen Auswahl an Helden von Rayman über Globox bis hin zu weiblicher Verstärkung wie Estelia zur Geltung, denen die Entwickler außerdem eine schicke Auswahl an alternativen Outfits spendieren. Auch die Widersacher wie Hexen, Mini-Minotauren oder Kröten an Fallschirmen versprühen einen liebenswerten Charme, der es fast schon schwer macht, sie als Fieslinge ernst zu nehmen. Bosskämpfe werden ebenfalls geboten und so legt sich die Truppe u.a. mit einem riesigen mexikanischen Wrestler sowie einen fiesen Roboter-Drachen an. Letzterer wirkt vor allem dank des 3D-Designs äußerst imposant, da sie sich eindrucksvoll durch den Vorder- und Hintergrund der Steampunk-Kulisse bewegt. Im Gegensatz zum Vorgänger wurde der Schwierigkeitsgrad allerdings leicht gesenkt – nicht nur bei Endgegnern, sondern auch den Standardschurken und bei Geschicklichkeitseinlagen. Man schafft zwar immer noch eine gewisse Herausforderung, will die Spieler aber nicht abschrecken, da viele von ihnen den Vorgänger angeblich als zu hart empfunden haben. Trotzdem: Wer alle umherfliegenden Leuchtwesen („Lums“) einsammeln und sämtliche Kleinlinge befreien will, hat immer noch alle Hände voll zu tun. Apropos Kleinlinge: Den höchsten Niedlichkeitsfaktor haben für mich aber immer noch diese putzigen Kerlchen, auch wenn man sie mittlerweile schon etwas länger kennt. Doch für ihre piepsigen Stimmchen und ihr Herz erweichendes „Help Me“ sowie den obligatorischen Freudentänzen am Levelende muss man dieses Volk einfach lieben!  

Vorsicht: Gefährliche Drachen!
Vorsicht: Gefährliche Drachen!
Rettet man genug von ihnen, werden die so genannten „Invasion-Abschnitte“ freigeschaltet. Dabei handelt es sich um extra designte Bonuslevel, plötzlich von Gegnern anderer Welten bevölkert werden. Der größte Feind ist aber das Zeitlimit: Am Ende der Level warten drei Kleinlinge, die an Raketen gefesselt wurden, die nacheinander zünden. Wer tatsächlich alle drei Opfer vor ihrem Schicksal retten will, muss in einen perfekten Flow kommen und jeden Sprung sowie jede Attacke optimal timen. Mit einer Dauer von unter einer Minute sind die meisten Invasion-Level zwar sehr kurz, aber auch sehr herausfordernd.

Wider den Social-Features

Das gilt auch für die herrlichen Musik-Bonuslevel, von denen man sich bei der Wii-U-Demo bereits ein Bild machen konnte. Wenn man hier u.a. zu einer mexikanischen Variante von „Eye of the Tiger“ durch die Wüste rennt und hüpft, sind nicht nur flotte Reflexe sondern auch Taktgefühl gefragt. Pro Welt soll es einen dieser Abschnitte geben, doch deutete einer der Entwickler hinter vorgehaltener Hand an, dass sich hinter einem bisher noch verschlossenen Gemälde innerhalb der Welten-Galerie vielleicht doch noch mehr in dieser Richtung verbergen könnte. Schön wär's, denn die Musik-Herausforderungen sind eine klasse Ergänzung, die es tatsächlich nur durch Zufall ins Spiel geschafft hat.

Yeah, wieder einen der genialen Musik-Level gerockt!
Yeah, wieder einen der genialen Musik-Level gerockt!
Michel Ancel plauderte aus dem Nähkästchen und hat verraten, dass sie ursprünglich nur einen Protest gegen Publisher Ubisoft darstellten, der von den Entwicklern forderte, unbedingt Social-Features ins Spiel einzubauen. Also komponierte und textete man einen Song, in dem man übelst über diese ganze „Social-Manie“ herzog und baute eine Herausforderung als Rahmen. Beim Testen wurde dem Team dann bewusst, wie viel Spaß es macht, Level passend zur Musik zu gestalten und sie anschließend zu zocken. Die Geburtsstunde der Musik-Bonuslevel! Und was passierte mit der geforderten sozialen Komponente? Die wurde in separate Herausforderungen ausgelagert, in denen die Spieler täglich darum kämpfen, wer es am weitesten in den wechselnden Stufen schafft.

Ausblick

Trotz exzellenter Perlen wie Super Mario Galaxy oder Conker's Bad Fur Day bin ich der Meinung, dass Jump'n'Runs immer noch dann am besten funktionieren, wenn sie in klassischem 2D präsentiert werden. Das Anspielen von Rayman Legends ist eine weitere Bestätigung für mich: Dank präziser Steuerung und einem erstklassigen Leveldesign spielt der jüngste Teil der Reihe in einer ähnlich hohen Liga wie Nintendos Klempner! Die fünf abwechslungsreich gestalteten Welten sehen dank der aufgebohrten Ubiart-Engine noch famoser aus als in Origins und strotzen vor liebevollen Details – und das nicht nur auf den Konsolen, sondern auch auf der Vita. Ohne die spaßige Mehrspieler-Komponente geht in Kombination mit Übersichtsproblemen auf Sonys Handheld aber viel von der Faszination verloren, die man dank der Möglichkeiten des GamePads vor allem auf der Wii U erlebt. Nicht zu vergessen der erfrischende Soundtrack, der nicht nur in den spaßigen Musik-Bonuslevels ordentlich aufdreht. Selbst ein simples Minispiel wie Kung Foot sorgt für Partystimmung, von denen andere Titel nur träumen können. Und das, obwohl es mit vier Spielern ähnlich hektisch und etwas unübersichtlich zugeht wie bei den gemeinsamen Hüpfsessions durch die Kampagne. Charmante Präsentation, tolle Ideen und grandioser (Mehrspieler-)Hüpfspaß: Rayman Legends scheint alles mitzubringen, um selbst zur Legende zu werden!

Einschätzung: sehr gut / Fit4Hit (360, PS3, Wii U); gut (Vita)

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