Godus03.04.2014, Benjamin Schmädig
Godus

Vorschau:

Klick, klick, kliiiiiiiiick, klick... Was? Ach, ich spiele Godus. Das aktuelle Projekt von Peter Molyneux, dem Erfinder des Götterspiels. Godus, das die "Neuschöpfung des Götterspiels" sein soll. Klick, klick, klick... Gott zu sein ist ja toll, klick. Ich starte das Spiel und klick-klick-klicke erst einmal auf alle Häuser meiner Untertanen, um ihren Glauben einzusammeln. Toll... klick, kliiiiiick... so als Gott! Oder verwechsele ich gerade Free-2-Play-Sammelwahn mit großer Echtzeitstrategie? Klick. Ist es vielleicht Molyneux selbst, der da etwas verwechselt hat?

Der alte Gott...

Am Konzept ändert Molyneux in seiner "Neuschöpfung" nichts: Ähnlich wie in Populous hebe oder senke ich Land, damit mein Volk auf ebenen Flächen siedeln kann. So wächst es und je größer es wird, desto mehr Fähigkeiten erhalte ich. Mit diesen steigere ich Schnelligkeit und Effizienz meiner Untertanen, ich erkläre Ansammlungen kleiner Hütten zu Siedlungen, deren Anwohnern ich verschiedene Berufe zuweise und ich pflanze neue Bäume oder stecke bestehende in Brand. Über Handelsposten tausche ich sogar Güter mit anderen Spielern des einheitlichen Onlineuniversums.

Es ist ein ruhiges Spiel, in dem ich viel Zeit damit verbringe die Umgebung meiner Siedler zu ebnen, damit neue Häuser entstehen. Ich sehe zu, wie sie Gebäude errichten und Felder beackern. Wenn sie an einem dafür vorgesehenen Ort einen Schrein errichten, erhalte ich eine göttliche Kraft wie das Zerstören ihrer Häuser oder das Herbeirufen von Regen für eine schnellere Ernte. Und wenn sie eine Art Aussichtspunkt einnehmen, öffnet sich ein neuer Teil der großen Weltkarte. Irgendwann blicke ich von weit oben auf das Land, kann Landschaft schneller verändern – am Kern ändert sich aber nichts. Kämpfe gegen andere Spieler oder vom Spiel gesteuerte Götter sind in der aktuellen Version noch nicht enthalten.

... mischt neue Karten

Im Detail erweitert der Mann, der sich nach seiner Zeit bei Microsoft mit seinem Studio 22cans unabhängig gemacht hat, das Prinzip Populous. Denn in Godus kann ich mein Volk gezielter lenken; u.a. durch das Festlegen der Berufe (Hausbau, Feldarbeit

Fortgeschrittene Götter lassen es regnen und die Vegetation gedeihen.
oder Bergbau) sowie das Setzen von Wegpunkten für einzelne Menschen oder ganze Gruppen. Ich schicke außerdem Schiffe auf Erkundungsreise, deren Besatzung in einer separaten Welt auf kleinen Inseln landet, wo sie Tempel einnimmt. Dafür muss ich ihr einen sicheren Weg bauen – an feindlichen Kreaturen vorbei und über unwegsames Gelände. Als Belohnung erhalte ich Aufkleber, mit denen ich weitere Fähigkeiten freischalte.

Die Fähigkeiten werden auf Sammelkarten dargestellt und ich benötige mehrere Aufkleber, um eine der Karten zu erhalten. Und weil schnell etliche Karten zur Wahl stehen, muss ich mich entscheiden: Soll der Einflussbereich bestimmter Siedlungen zunehmen, sollen sich meine Untertanen noch schneller bewegen, wenn ich ein Monument der Geschwindigkeit errichte oder soll ich mehr Glauben von Siedlern erhalten, die neben Bäumen oder in großer Höhe wohnen? Gut, dass ich die Aufkleber auch erhalte, indem ich Schatztruhen öffne, die in der ganzen Welt vergraben sind. Glaube ist übrigens meine Ressource, die ich für alle Handlungen vom Verändern der Landschaft über das Erschaffen von Siedlungen bis hin zum Einsatz einer göttlichen Kraft benötige.

Das Zahlenspiel

Molyneux hat also Recht, wenn er die individuelle Entwicklung unterschiedlicher Spieler erwähnt – allerdings bedeuten die meisten Sammelkarten lediglich die Erweiterung ohnehin bestehender Fähigkeiten oder solcher, die ich automatisch erhalte. Echte Individualisten wachsen in Godus daher nicht heran. Und für mich ist das mehr als ein Wermutstropfen, denn ich fühle mich auch von dem Zahlenspiel in enge Bahnen gezwängt: Ständig sehe ich die Größe meiner Bevölkerung, bei deren Erreichen ich die nächste Sammelkarte erhalte. Immer überlege ich, ob ich neue Aufkleber in eine 25-prozentige Steigerung hier oder zusätzliche zehn Prozent da investieren soll. Die Belohnung? Stets nur die nächste nummerierte Zielvorgabe, noch eine Sammelkarte, mehr Aufkleber. Ich werde mehr gelenkt, als dass ich lenken darf.

In einem Zug

Das Heben und Senken der Landschaft haben Molyneux und 22cans dabei nach den Beschwerden zahlreicher Spieler überarbeitet: Mit einem großen Update stellten sie vor kurzem die Beta-Version 2.0 vor, in der die Anzahl der benötigten Klicks reduziert wurde. Die Landschaft besteht etwa aus dünnen übereinander liegenden Schichten und um eine Schicht zu entfernen muss ich nicht mehr wie in Populous kleine Areale Stück für Stück "wegklicken". Stattdessen ziehe ich mit gedrückter Maustaste über den zu entfernenden Streifen – weg ist er. Den Glauben meiner Untertanen sammele ich jetzt ebenfalls ein, indem ich die Maus einfach über alle Häuser ziehe. Das ist in der Tat bequemer!

Doch warum muss ich alle paar Minuten jedes einzelne Haus meines großen Landes suchen, um möglichst viel Glauben einzusammeln? Hat Molyneux etwa die mobilen Plattformen im Blick, auf denen das Spiel ebenfalls erscheinen soll?

Vom Zelt bis ins Weltall: Die Godus-Zivilisation ahmt die Geschichte der Menschheit nach.
Auf denen ist das "Herumtasten" zum Auflesen von Gegenständen schließlich ein gängiges Prinzip, das vor allem einen haptischen, allerdings keinen spielerischen Nutzen hat.

Verklickt

Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs; das größere Problem ist die Landschaftsgestaltung. Die erfordert nämlich trotz der verbesserten Handhabung noch immer zahllose Klicks. Denn obwohl der Vorgang später vereinfacht wird, schiebe ich stets endlos viele Streifchen unterschiedlich hoher Gesteinsschichten, bis ein Gebiet endlich eine komplette Siedlung tragen kann.

Es geht ja nicht nur um die Siedlungen: Ich schiebe Schichten, um die endlosen Truhen auszugraben, in denen die wichtigen Aufkleber lagern. Ich schiebe Schichten, um die Seefahrer meiner Erkundungsreise in die Tempel zu geleiten. Und immer schiebe ich Schichten, um neues Siedlungs- und Ackerland zu erschließen. Das ganze Spiel besteht aus dem Ziehen und Schieben der Landschaft – was ich schon nach anderthalb Stunden satt hatte, als ich mehr als 150 Klicks benötigte, um einen hohen Felsen von meinem Ackerland zu entfernen.

Ausblick

Mir gefällt der ruhige Ausbau meiner Welt, das teilweise direkte Lenken meiner Untertanen sowie die Anbindung an ein einheitliches Onlineuniversum. Und natürlich muss ich dem Spiel zugestehen, dass es offiziell erst zu 49 Prozent fertiggestellt ist. Dennoch wirkt Godus eindimensional. Das Vergrößern des Volkes zum Selbstzweck, die überschaubaren Möglichkeiten meiner Individualisierung, das nervtötende Einsammeln der einsamen Ressource und das umständliche Gestalten der Umgebung: Wo ich in From Dust auf majestätische Weise mit Sand, Feuer und Wasser spielen durfte, hängt mir das profane Dauerklicken hier zum Hals heraus. Molyneux versteckt die "Neuschöpfung des Götterspiels" hinter dem gängelnden Klick in einer hübschen Kulisse - und das ist selbst mit Blick auf noch kommende Inhalte ernüchternd.

Einschätzung: befriedigend

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Kommentare

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LeKwas

Godus wurde eben delistet, es kann nicht mehr gekauft werden.
https://store.steampowered.com/news/app ... 2?l=german

Das Spiel hing seit mittlerweile 10 Jahren als Early Access Titel fest, und hat ein 'größtenteils negatives' Userrating. Es hat auch seit 2016 keine Updates mehr erhalten, und ebenso lange gab es keine Kommunikation mit der Community.

Zuletzt bearbeitet vor 4 Monaten

vor 4 Monaten