Operation Flashpoint: Dragon Rising07.04.2009, Michael Krosta
Operation Flashpoint: Dragon Rising

Vorschau:

Mit Operation Flashpoint sorgte Codemasters 2001 für einen enorm realistischen Ansatz im Shooter-Genre. Kein Wunder, zeichneten für die Entwicklung doch die Bohemia Interactive Studios verantwortlich, die schon für die US-Army die virtuellen Trainingsprogramme VBS1 und VBS2 (Virtual Battle Space) auf die Beine stellten. Mittlerweile gehen Publisher und Entwickler getrennte Wege: Während Bohemia mit der thematisch ähnlichen ARMA-Serie weiter macht, versucht sich Codemasters selbst an einer Fortsetzung und schickt Operation Flashpoint 2: Dragon Rising in die Schlacht...

Realismus pur?

Wenn ein Spiel, dessen Schwerpunkt auf Realismus liegt, auch für Xbox 360 und die PS3 erscheint, schrillen bei PC-Usern sofort die Alarmglocken. Entsprechend groß war und ist auch noch die Skepsis im PC-Lager, wenn es um Operation Flashpoint 2: Dragon Rising geht, das bekanntlich auch auf den Konsolen veröffentlicht wird: Wie will man die komplexe Steuerung des Vorgängers auf die begrenzten Knöpfe eines Gamepads übertragen? Und wird man den Realismusgrad zurückfahren, um den Ansprüchen der meisten Konsolenspieler gerecht werden zu können? Mutiert Operation Flashpoint 2 zu einer reinen Ego-Ballerei im Stil von Call of Duty 4? Schafft es Codemasters auch ohne die Expertise von Bohemia Interactive, eine anspruchsvolle Kriegssimulation zu verwirklichen? Das sind die Fragen, die Fans des ersten Teils einige Sorgenfalten auf der Stirn bereiten. Doch Codemasters gibt Entwarnung: Dragon Rising soll seinem Vorgänger in Sachen Anspruch und Realismus in nichts nachstehen - sowohl auf dem PC als auch auf den Konsolen. Das "Hardcore-Feeling" soll beibehalten werden und die Angst ins FPS-Genre zurückkehren, denn wie schon beim Erstling kann auch hier ein einziger Treffer bereits tödlich sein. Muss aber nicht, denn auch Verwundungen sind möglich, nach denen man sich von einem Sanitäter

Video: Die EGO-Engine ist ein echtes Multi-Talent. Wie wurde sie für den Einsatz in Operation Flashpoint 2 modifiziert? Das Video liefert Antworten. stabilisieren lassen kann, falls man noch rechtzeitig in eine Deckung kriechen kann und der Retter die Versorgung rechtzeitig schafft. Eine wundersame Heilung ist nach einer Schussverletzung dagegen nicht möglich und man wird infolgedessen nur noch angeschlagen weiter machen können.

Verschiedene Befehlsschichten

Um auch Konsolenspielern die gleichen taktischen und spielerischen Möglichkeiten in die Controller-Hände zu legen wie am PC, hat man sich bei Codemasters für ein mehrschichtiges Befehlssystem entschieden, das sowohl kontextsensitiv als auch mit einem Pop-Up-Interface funktioniert - eine Sprachsteuerung wird es dagegen nicht geben. Allerdings wird man in der Rolle eines Commanders die Missionen auch abschließen können, ohne selbst einen Schuss abzufeuern. Dabei spielt auch die taktische Karte eine große Rolle, auf der man seine Truppen positionieren kann und Feindkontakte vermerkt werden. Im Mittelpunkt soll jedoch das Koop-Erlebnis stehen, denn auch wenn man alleine in die Schlacht um die etwa 220 Quadratkilometer große Insel Skira zieht, ist man zusammen mit drei KI-Kameraden unterwegs, die über den Onlinemodus auch von Mitspielern übernommen werden dürfen. Die KI gehorcht den Befehlen in der Regel recht gut, hatte aber in der Anspiel-Version im Codemasters-Hauptquartier in Southam noch mit einigen Wegfindungsproblemen zu kämpfen und hing teilweise sogar in Objekten fest, aus denen sie sich nicht mehr befreien konnte. Doch auch die Gegner sind im jetzigen Stadium noch weit davon entfernt, sich wie echte Soldaten zu verhalten: Zwar haben sie das Flankieren schon gut drauf und suchen auch fleißig nach Deckung, doch wurden wir auch Zeuge, wie sie an einer Position immer wieder nacheinander in ihr Verderben liefen. Klar, Menschen machen Fehler - und auch diesem Umstand möchte man bei Codemasters Rechnung tragen. Doch was wir hier teilweise zu sehen bekamen, lässt einen noch am "gesunden Menschenverstand" der

Vorsicht ist angesagt, denn wer sich im freien Feld bewegt, wird schnell zur lebendigen Zielscheibe.
KI zweifeln. Möchte man also das selbst gesteckte Ziel erreichen, eine möglichst realistische und menschliche KI zu präsentieren, hat man bis zum geplanten Release im Sommer noch einige Arbeit vor sich.

Distanz-Schüsse

Im Gegensatz zu vielen Shootern, in denen man sich auf relativ kurze Distanz Feuergefechte liefert, konzentriert man sich bei Flashpoint 2 mehr auf mittlere oder sogar weite Entfernungen. Daraus ergibt sich ein völlig anderer Ansatz, der dem durchschnittlichen Ballerfreund befremdlich vorkommen dürfte. Es geht nicht primär darum, alles auszuschalten, was einem vor das Fadenkreuz läuft, sondern auch relativ blind an eine Position zu feuern, wo man einen Feind vermutet - und sei es nur, um ihn abzulenken, damit der Rest des Teams ihn flankieren kann. Im Gegensatz zu Titeln wie Rainbow Six: Vegas oder GRAW ist es hier auch immer noch möglich, jedem einzelnen Soldaten separate Befehle zu erteilen und die Gruppe zu trennen. Man schlüpft entweder in die Rolle eines Infanteristen oder ist als Mitglied eines Spec Ops-Teams unterwegs, wobei Letzteres eine größere Herausforderung darstellen soll. Entsprechend gibt es zwei verschiedene Hintergrundgeschichten, die sich aber auch mehrmals überschneiden. Im Mittelpunkt steht dabei der fiktive Konflikt zwischen der US-Armee und den Truppen der Volksrepublik China, die beide nach der Herrschaft über die russische Insel Skira streben.  

    

Offene Missionsstruktur

Die Missionsstruktur soll insgesamt sehr offen angelegt werden, so dass man meist die Wahl zwischen mehreren Zielen hat, die man in Angriff nehmen darf. Dabei ist man nicht nur zu Fuß unterwegs, sondern darf auch in etwa 50 Vehikeln wie Panzern, Jeeps oder auch Hubschraubern Platz nehmen. Im Gegensatz zum Rest möchte man hier den Realismusgrad allerdings deutlich zurückschrauben und beim Fahren und Fliegen mehr den Spaß in den Mittelpunkt rücken. Entsprechend wird die Steuerung eher arcadig gestaltet, damit man einfach einsteigen und loslegen kann. Leider durften wir uns im Rahmen der Veranstaltung noch kein eigenes Bild von den Vehikeln machen, sondern konnten lediglich per pedes die Schauplätze erkunden, die nach dem Gezeigten noch etwas Abwechslung vermissen lassen. Großen Wert legen die Entwickler darauf, dass während der Missionen weitestgehend auf vorgefertigte Skripts verzichtet wird. Stattdessen sollen sich diese dynamisch entfalten, damit der Spieler auch bei mehrmaligen Versuchen immer wieder etwas anderes erlebt. Ein Checkpunkt-System

Die Engine überzeugt nicht nur mit enormer Weitsicht, sondern bietet auch ansehnliche Partikel- und Lichteffekte.
soll außerdem dafür sorgen, dass sich der Frust in Grenzen hält, doch richtet sich dieses auch nach dem gewählten Schwierigkeitsgrad. Das Gleiche gilt für unterstützende Hilfsanzeigen auf dem Bildschirm, die mit zunehmendem Anspruchs-Begehren ebenfalls ausgeblendet werden.

Das Waffenarsenal

Insgesamt stehen dem Spieler über 70 Waffen zur Verfügung. Neben einer Pistole sowie einem Messer für die seltenen Nahkampfangriffe darf man zusätzlich zwei Hauptwaffen tragen - ein ganzes Arsenal wird man nicht auf einmal mitschleppen können. Daneben müssen einige schwere Geschütze erst zeitaufwändig montiert werden, bevor man sie benutzen darf. Bei den Schusswechseln, bei denen auch verschiedene Arten von Munition zum Einsatz kommen, wird ein realistisches Ballistik-Modell angewendet, durch das es auch zu unfreiwillig tödlichen Querschlägern kommen kann.

Vielseitige Engine

Mit Operation Flashpoint 2 beweist Codemasters, wie vielseitig die hauseigene EGO-Engine eingesetzt werden kann. Verrichtete sie bisher hauptsächlich in Rennspielen wie Colin McRae: DIRT und Race Driver: GRID ihren Dienst, zeigt man hier, dass sie auch eine große Welt stemmen kann, die ohne Ladezeiten komplett gestreamt wird. Zwar gibt es noch einige Pop-Ups zu sehen und auch manche Texturen flackern noch unangenehm, doch ist die Weitsicht bereits in der gezeigten Fassung phänomenal. Dazu gesellen sich ansehnliche Partikel- und Raucheffekte, wenn etwa Häuser in Flammen stehen oder Granaten explodieren. Letztere gehen übrigens nicht im Stil von Hollywood mit einem riesigen Feuerball in die Luft, sondern detonieren relativ unspektakulär - aber somit realistisch - und hinterlassen lediglich eine kleine Staubwolke, die allerdings nachhaltig die Sicht beeinträchtigt. Bei Codemasters ist man sichtlich stolz auf das erreichte Ergebnis im Grafikbereich und hat laut eigenen Aussagen das Ziel erreicht, das man sich bezüglich der Qualität intern gesetzt hat. Ja, es sieht gut aus! Aber durch die bisher noch enthaltenen Grafikfehler sowie leicht abgehakt wirkenden Animationen bleiben bei uns die ganz großen Jubelschreie noch aus& Auf den Konsolen peilt man übrigens 30 Bilder pro Sekunden an - auf dem PC

In Hubschraubern geht es hoch hinaus. Dabei soll die Steuerung leicht zugänglich werden.  
hängt die Performance dagegen von der Leistungsfähigkeit der Hardware ab, die aber mittlerweile mehr FPS auf den Bildschirm zaubern dürfte als PS3 und Xbox 360.

Bastelstube

PC-Besitzer dürfen sich außerdem auf einen Editor freuen, mit dem man eigene Missionen erstellen darf. Dabei handelt es sich nicht um irgendeine abgespeckte Fassung, sondern man bekommt die gleichen Möglichkeiten, die auch den 70 bis 150 Leuten zur Verfügung stehen, die gerade fleißig im Codemasters-Studio an der Fertigstellung werkeln. Leider gehen Konsolenbesitzer in diesem Bereich leer aus, doch plant man hier bereits eine ganze Armee an herunterladbaren Inhalten auf die Spieler loszulassen. Trotzdem schade, dass PS3- und 360-Besitzer nicht ebenfalls in den Genuss kommen, eigene Inhalte zu kreieren, sondern sich dafür auf andere verlassen und höchstwahrscheinlich auch noch dafür zahlen müssen. Über die Mehrspieler-Modi hüllt sich Codemasters derzeit noch in Schweigen. Allerdings soll es ein Rangsystem geben, ohne dass dadurch neue Waffen oder Funktionen freigeschaltet werden. So wird der Spieler bereits von Anfang an Zugriff auf das komplette Arsenal bekommen.   

Ausblick

Es scheint so, als hätte Codemasters das Potenzial, eine ähnlich anspruchsvolle Militär-Simulation zu entwickeln, wie es Bohemia mit dem ersten Operation Flashpoint vorgemacht hat. Und wer als PC-Besitzer gedacht hat, man würde aus Rücksicht auf die Konsolen zu viele Kompromisse bei Realitätsgrad eingehen, liegt falsch: Auch auf der 360 und PS3 wird Dragon Rising ein Titel, der sich vornehmlich an Hardcore-Spieler richtet, auch wenn man den Weg bei der Vehikel-Steuerung nicht konsequent weitergehen will. Technisch scheint man mit der EGO-Engine gut gewappnet zu sein, um die große Spielwelt mit ihrer enormen Weitsicht ohne störende Ladezeiten streamen zu können, auch wenn Pop-Ups und Probleme mit einigen Texturen momentan noch das positive Bild trüben. Größtes Sorgenkind ist nach aktuellem Stand aber die KI, die sowohl im eigenen Team als auch im Feindeslager noch zu viel Unsinn macht, der sich nur schwer nachvollziehen lässt. Ich habe allerdings die Hoffnung, dass die Entwickler die Probleme bis zum angepeilten Release im Sommer noch in den Griff bekommen oder die Veröffentlichung noch nach hinten verschieben, um dem eigenen Anspruch einer realistischen Kriegserfahrung gerecht werden zu können. Es wäre schade, wenn dieses vorhandene Potenzial aufgrund eines Termindrucks nicht richtig entfaltet werden könnte...

Ersteindruck: gut

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