Assetto Corsa27.01.2016, Michael Krosta

Vorschau: Harte Konkurrenz für Forza und GT

Mit seiner exzellenten Physik mischt Assetto Corsa (ab 17,99€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) auf dem PC an der Spitze der Rennsimulationen mit. Geht es nach Entwickler Kunos Simulazioni, will man auf PS4 und Xbox One ebenfalls die Herzen der Racing-Fans erobern. Müssen sich Forza und Gran Turismo warm anziehen? Wir haben erste Probefahrten mit der Konsolen-Umsetzung gewagt..

Ein weiter Weg

Als Sony dem italienischen Team Ende 2014 ein Entwicklerkit zuschickte, um die Möglichkeiten einer Umsetzung von Assetto Corsa auszuloten, sah es ganz schön düster aus. Wie Marco Massarutto bei der Vorstellung erzählt, liefen erste Prototypen mit gerademal 15 Bildern pro Sekunde – und das ohne die üblichen Grafikeffekte und das Post Processing. Zu aufwändig und ressourcenfressend schienen die zahlreichen Physikberechnungen, welche die Hardware zunächst zu überfordern schienen.

Doch seitdem ist viel passiert: Anstatt zu kapitulieren, suchte das kleine Team nach Optimierungsmöglichkeiten – und wurde fündig. Mittlerweile peilt man zumindest auf der Sony-Konsole optimistisch eine Bildrate von 60fps bei 1080p an. Auf der Xbox One sah man sich dagegen gezwungen, die Auflösung auf 900p zu reduzieren. Generell stellt die

Starke Fahrphysik, umwerfendes Force Feedback: So macht Rasen Spaß!
Umsetzung für die Konsole aus Redmond laut Massarutto aufgrund der schwächeren Hardware eine deutlich größere Herausforderung dar. Trotzdem ist man zuversichtlich, auch auf der Xbox One die hohe Bildrate gewährleisten zu können.

Nur geringe Abstriche

Wie ist das möglich? Geht das Studio bei den aufwändigen Berechnungen der Fahrphysik auf den Konsolen etwa Kompromisse ein, um die Umsetzungen überhaupt realisieren zu können? „Nein“, verspricht Massarutto. „Auf den Konsolen entspricht die Fahrphysik exakt dem PC-Vorbild.“ Und tatsächlich: Bei den ersten Probefahrten mit einer Pre-Alpha-PS4-Version, bei denen ich mich hinter die vertraute Club Sport Wheel Base V2 von Fanatec klemmen durfte, merkte ich hinsichtlich des Fahrgefühls keinen Unterschied zur PC-Fassung der Rennsimulation. Da ist es wieder – dieses überragende Force Feedback, das mich jede kleine Unebenheit der lasergescannten Pisten spüren lässt und es mir erlaubt, ein Gefühl für den Wagen und seine Grenzen zu entwickeln wie in kaum einem anderen Racing-Titel. Wenn man hier mit lizenzierten Boliden von Audi, BMW, Mercedes, Ferrari & Co über Strecken wie Spa Francorchamps oder die legendäre Nürburgring Nordschleife prescht, wird das Fahren zum Erlebnis! Es verwundert kaum, dass laut Massarutto die Autohersteller anklopfen und darum bitten, ihre Modelle mit diesem beeindruckenden Stück Simulationssoftware ihren potenziellen Kunden virtuell präsentieren zu wollen...

Der brandneue Racing-Hybrid Ferrari FXX K feiert in der Konsolen-Version seine Premiere, wird aber auch für den PC umgehend nachgereicht.
Während PS4- und Xbox-Piloten also (zum Glück) keine Abstriche bei der glänzenden Fahrphysik zu befürchten haben, mussten die Entwickler an anderer Stelle Kompromisse eingehen: Auf den Konsolen wird sich das Starterfeld vermutlich bei 16 bis 18 Fahrzeugen einpendeln. Außerdem kämpft die Technik derzeit noch mit der Darstellung, denn zu den angepeilten konstanten 60 Bildern pro Sekunde hat man noch einen weiteren Optimierungsweg vor sich, auf dem man hoffentlich auch zu einer Lösung kommt, um das mitunter heftige Tearing zu eliminieren. Für einen Pre-Alpha-Status läuft das Spiel allerdings schon überraschend gut und hat sich nach den geschilderten Problemen bei den Anfängen technisch schon ordentlich gesteigert.

Träume und Tankstopps inklusive

Lust auf eine Runde Spa im P1?
Inhaltlich profitiert die spätere Umsetzung davon, dass die bisher verröffentlichten Dream-Pack-DLCs vom PC bereits von Anfang an enthalten sein werden. Damit wird nicht nur der ursprünglich überschaubare Fuhrpark um einige schnittige Modelle bereichert, sondern es finden sich auch weitere lasergescannte Pisten wie der Nürburgring (inkl. Nordschleife und Touristenversion), Barcelona und Brands Hatch. Übrigens meinte Massarutto, dass man in Zukunft PC- und Konsolenfassungen möglichst zeitgleich mit neuen Inhalten versorgen und damit auf dem gleichen Entwicklungsstand halten will. Nur einen Wermutstropfen müssen Konsoleros verdauen: Während Assetto Corsa auf dem PC extrem MOD-freundlich gestaltet wurde und entsprechend mit zahlreichen User-Erweiterungen unterstützt wird, bleibt PS4- und Xbox-Rasern der Zugang sowie die Nutzung dieser Inhalte verwehrt. Doch auch bei Kunos Simulazioni legt man nicht die Hände in den Schoß, sondern will die Simulation kontinuierlich weiterentwickeln: Bis zur Veröffentlichung im April möchte man z.B. die Boxenstopps für Rennen gegen die KI umsetzen. Bisher darf man lediglich in Online-Veranstaltungen die Box ansteuern. Leider war das Feature in der gezeigten Version aber noch nicht enthalten.

Für Controller optimiert

Dafür konnte man bereits einen ersten Blick auf das neu gestaltete Menü werfen, das jetzt mehr auf die Navigation mit dem Controller ausgerichtet ist und recht aufgeräumt wirkt. Apropos Controller: Bisher habe ich die PS4-Version ausschließlich mit dem Lenkrad gespielt. Wer sich jetzt Sorgen macht, dass eine Simulation dieses Kalibers mit dem PS4-Pad wahrscheinlich unfahrbar sein dürfte, dem sei gesagt: Auf dem PC funktionierte die Steuerung mit dem 360-Controller nach etwas Eingewöhnungszeit ganz ordentlich – vergleichbar mit DiRT Rally. Klar ist etwas mehr Feingefühl gefragt, aber dann lassen sich die Flitzer sogar ohne Fahrhilfen gut kontrollieren, auch wenn die Faszination ohne Lenkrad und das geniale Force Feedback sich am Controller nicht so sehr entfalten kann.

Weiter ausbaufähig

Auch bei den nachmodellierten Cockpits zeigt sich die Detailversessenheit der italienischen Entwickler.
Kunos Simulazioni schraubt zwar weiter fleißig an neuen Inhalten und Ergänzungen, aber auch bei der Veröffentlichung auf den Konsolen wird es noch einige Dinge geben, die nicht umgesetzt werden können. Zwar stehen erneut mehrere Tageszeiten und Streckenkonditionen zur Auswahl, doch echte Nachtrennen, nasse Witterungsbedingungen oder gar ein dynamisches Wettersystem bleiben auf der Wunschliste. Auf meine Nachfrage hin erklärt Massarutto, dass man liebend gerne solche Inhalte anbieten würde, doch sei dafür das Team mit seinen 30 Leuten einfach zu klein. Das sei auch der Grund, weshalb man kein so detailliertes Strafsystem wie bei iRacing anbieten könne, doch hat man zumindest ein rudimentäres Pendant, um Abkürzungen und aggressives Fahren zu ahnden.

An Veranstaltungen findet man alles von Zeitrennen gegen die Uhr über Hotlaps und Trainingsläufe bis hin zu Renn- und Drift-Wettbewerben. Außerdem gibt es eine Karriere mit vorgegebenen Aufgaben und Wagen, die allerdings schon auf dem PC recht trocken ausfiel und auf den Konsolen vermutlich kaum überarbeitet werden dürfte. Die KI erweist sich auf der PS4 ähnlich happig wie bei der PC-Version: Selbst auf den unteren Stufen wird den Fahrern viel abverlangt, wenn man bei den Konkurrenten mithalten will. Ein Schlüssel liegt dabei nicht nur bei den Fahrkünsten, sondern auch dem richtigen Setup. Wie schon bei der Fahrphysik machen die Entwickler auch hier keine Abstriche: Auch auf den Konsolen dürfen Mechaniker im Detail an den Boliden herumschrauben.

Ausblick

Ginge es allein um das Fahrgefühl, wäre Assetto Corsa auch auf den Konsolen ein klarer Platin-Kandidat! Vor allem in Verbindung mit einem guten Lenkrad müssen sich sowohl exklusive Platzhirsche wie Forza Motorsport als auch Project Cars dieser grandiosen Rennsimulation geschlagen geben, deren authentisch anmutende Fahrphysik zudem von einem exzellenten Force Feedback getragen wird. Es hapert nur am Inhalt: Zwar kann man nicht viel mehr von einem derart kleinen Team erwarten, aber im Vergleich zu den Mitbewerbern fehlen hier Elemente wie Wetter, Nachtrennen oder eigene Lackierungen und es mangelt hinsichtlich Community-Funktionen und einer ansprechenden Präsentation. Assetto Corsa wirkt trotz des mittlerweile vergrößerten Fuhrparks und mehr Strecken immer noch wie ein Rohdiamant, dem an manchen Stellen der Feinschliff fehlt. Trotzdem haben Konsolen-Raser allen Grund zur Freude: Räumt man bei Optimierungen noch die letzten technischen Hürden aus dem Weg und gibt auch inhaltlich weiter Gas, wartet mit Asseto Corsa ein beeindruckendes Fahrerlebnis, das man neben dem PC dann auch endlich auf den Plattformen von Sony und Microsoft genießen darf.

 

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