Kingdom Hearts 304.06.2018, Benjamin Schmädig

Vorschau: Disneys Helden-Show

Zum Glück bin ich kein Fan der Serie! Ich kenne weder Teil eins noch dessen Fortsetzung – von den mobilen Erweiterungen des Abenteuers um Micky Maus, Donald, Goofy, Cloud, Sephiroth sowie vielen weiteren Disney- und Square-Enix-Charakteren ganz zu schweigen. Hinge mein Herz daran, hätten sich mehr als zehn Jahre nämlich wie eine verdammt lange Wartezeit angefühlt, denn trotz vieler Ergänzungen wird erst Kingdom Hearts 3 (ab 9,99€ bei kaufen) dort weitermachen, wo Teil zwei aufgehört hatte. Im Vorfeld der E3 haben wir jedenfalls einen Eindruck davon erhalten, wie es zwischen Sora und Bösewicht Xehanort weitergehen soll.

Endlich ein Ende

Kingdom Hearts 3 drei soll die zentrale Trilogie endlich abschließen: „Coming to a resolution“ zu Deutsch „eine Lösung finden“ oder „ein Ende finden“ ist jedenfalls das Motto des kreativen Kopfs, Tetsuya Nomura, und während einer Präsentation erklärt

Willkommen in Kingdom Hearts: Zum ersten Mal sind Pixar-Filme samt Figuren wie Woody, Buzz und Rex mit dabei.
der Spieleregisseur, dass die Geschichte düsterer und erneut sehr ernsthaft sein soll – aufgelockert natürlich von für Disney typischen leichten Momenten. Neu sind dabei Welten und Charaktere aus Pixar-Filmen, die sich der Megakonzern ja inzwischen einverleibt hat. Genauer gesagt u.a. spielen Toy Story und Die Monster AG eine Rolle in Kingdom Hearts 3.

Genaues behielt Nomura allerdings für sich. In einer kurzen Filmszene erklärt Fiesling Xehanort lediglich, er habe eine Kopie jener Welt gemacht, in der die Toy-Story-Figuren leben. Aus diesem Grund sind außer Woody, Buzz Lightyear und Rex fast alle Menschen und Spielzeuge verschwunden – ein Mysterium, dem das Trio Sora, Donald und Goofy natürlich auf den Grund geht. Und so habe ich in einer spielbaren Demo nicht nur auf der Straße vor Andys Haus, sondern auch in einem Einkaufszentrum mit Xehanorts

Wunderschön: Wenn Sora Arielle zu Hilfe ruft, sieht das fantastisch aus!
Komparsen gerungen, was mir einen recht aufschlussreichen Eindruck vom Kampfsystem verschafft hat.

Kumpel gegen Komparsen

Das im Kern überschaubare Prinzip bietet zahlreiche Finessen, um die von Disney und Square Enix bekannten Figuren in Szene zu setzen, und ermöglicht erfahrenen Action-Abenteurern zudem das Aneinanderreihen verschiedener Aktionen zu starken Angriffsketten. Immerhin benutzt Sora nicht nur verschiedene Schlüsselschwerter, mit denen er unterschiedliche Attacken ausführt; mit Treffern lädt er die „Klingen“ auch auf, woraufhin er sie für kurze Zeit in mächtige Spezialwaffen verwandeln kann. Wechselt man per Digikreuz zwischen den Schwertern, kombiniert man dabei Angriffe – so kann sich Sora etwa mit einem Jo-Jo an Feinde heranziehen, bevor er mit einem Hammer großen Schaden anrichtet.

Zusätzlich stehen dem Helden Charaktere zur Seite, die im normalen Getümmel nicht auftauchen. Er ruft etwa Ralph herbei, der zunächst Mauern aufstellt, um sie anschließend explodieren zu lassen. Oder ihm eilt Arielle zu Hilfe, die wie ein Fisch (technisch gesehen natürlich wie eine Meerjungfrau) aus dem Boden in die Höhe und wieder zurückspringt, als wäre der Untergrund aus Wasser, und dort Schaden anrichtet, wo sie aufkommt.

Cockpit-Ballerei

Außerdem gibt es Spielzeug-Roboter; klettert Sora in deren Cockpits, wird das Action-Adventure zum Ego-Shooter. Er ballert dann aus relativ großer Höhe, plättet die kleinen Gegner mit den Fäusten des Plastikritters und nutzt alle paar Sekunden eine Spezialattacke, was Granaten, ein starker Laser oder ein schneller Vorstoß sein kann.

Und dann sind da noch Disney-Momente, die Sora in ganz bestimmten Situationen einleiten kann. Zu sehen war ein solcher in der zweiten spielbaren Umgebung Olympus, also der Welt von Herkules, wo ein riesiger Titan Sora zu schaffen macht. Dem kann er mit normalen Attacken nämlich wenig anhaben – nach einigen Hieben muss der Riese allerdings Luftholen, so dass Sora an ihm heraufklettern, seinem Kopf ein wenig zusetzen und schließlich eine dieser Attraktionen starten kann. Die heißen

Minispiele

Mit 20 Minispielen weckt Kingdom Hearts 3 übrigens Kindheitserinnerungen und reist in eine Zeit, als mit tragbaren LCD-Konsolen frühe Videospielfreuden aufkamen. In einem Video stellt Square Enix die Minispiele vor.

Über einen eigenen Handheld greift Sora drauf zu, der zudem noch weitere Funktionen hat. U.a. findet Sora dort wichtige Notizen - mehr wollte Nomura noch nicht preisgeben. deshalb so, weil sie von z.B. Fahrgeschäften in Disneyland abgeleitet sind. Und so rattert der Bub in einem Zug namens Big Magic Mountain um den Titan, von wo aus er ein Raketenfeuerwerk auf ihn niedergehen lässt.

Flowless

Während man vor und auf dem Riesen herumläuft und auch, wenn Sora den Berg erklimmt, auf dem der Boss thront, klettert er übrigens ganz von alleine. In Kingdom Hearts 3 kann man zwar springen – steile Wände kraxelt der Held aber automatisch empor. Und er macht das an den Felsen der Herkules-Welt ebenso wie an den Schränken der Toy-Story-Welt sowie an den Regalen des dortigen Einkaufsparadieses.  Das ist praktisch, hat mich allerdings nicht überzeugt, weil den Bewegungen des Helden dadurch die Dynamik und auch das Erfolgserlebnis beim Bezwingen kniffliger Passagen fehlt. Es verlagert das Laufen lediglich in die Horizontale, was in Verbindung mit einer recht eigensinnigen Kameraführung sogar mehr störend als befreiend wirkt.

Auch den Kämpfen selbst fehlt die Dynamik eines waschechten Action-Adventures, denn das Laufen, Hauen und Zaubern (Sora stehen aus Final Fantasy bekannte Feuer-, Eis- oder Heilzauber zur Verfügung) fühlt sich lasch an. Man spürt in den Bewegungen kaum Kraft und Beschleunigung. Sora wirkt wie die Figur eines Jump&Runs

Vieles ist möglich, u.a. eine Art Hochseil-Skaten. Im Gegenzug fehlt dem Abenteuer allerdings der rechte spielerische Schwung.
sehr leicht, während man wie im rundentaktischen Gefecht nüchtern Aktionen aneinander reiht, anstatt in einen vereinnahmenden Flow zu geraten. Meins ist das nicht. Hätten mich starke Widersacher wenigstens dazu gezwungen die vielen Möglichkeiten taktisch zu clever kombinieren... Stattdessen bin ich an vielen der ständig gleichen Grüppchen irgendwann einfach vorbeigelaufen.

Das, deshalb, darum

In einen aufregenden Rhythmus kam ich auch deshalb nicht, weil sich das Spiel ständig selbst unterbricht. Kaum hat man ein kleines Areal von Gegnern befreit, halten die Charaktere ja schon wieder Kriegsrat und das tut dem Spielgefühl nicht gut. Hätten sie wenigstens Interessantes zu erzählen, doch meist stehen sie am Fleck und zerklären ausführlich, wer was wann getan hat und was man deshalb wo wie tun müsse. Tatsächlich kann ich mich nur an eine einzige charakterlich prägende Szene erinnern.

Zu allem Überfluss gab es in den bisher spielbaren Abschnitten kaum etwas zu entdecken, obwohl Square Enix darauf hinwies, dass das Einkaufszentrum zum Erkunden einlädt. Nun waren manche Fans tatsächlich davon begeistert, virtuelle Ausgaben bekannten Disney-Spielzeugs zu entdecken – ich kann mit derartigen Funden allerdings nichts anfangen. Spielerisch wertvolle Gegenstände hätte ich als sinnvoller erachtet, doch die erschöpften sich in Kisten, deren Inhalte verschiedene Energieleisten füllen. Besonders weitläufig waren die Gebiete der Demo schon gar nicht: „Schläuche mit kleinen Bäuchen“ trifft es schon eher.

Ausblick

Ich hatte Spaß mit meinem ersten Ausflug in die Welt von Kingdom Hearts. Das Kombinieren etlicher Angriffe und Zauber, der gelegentliche Wechsel in die Ego-Perspektive, die mächtigen Attraktionen und vor allem das Herbeirufen bekannter Disney-Charaktere (Arielles Erscheinen wird wunderschön in Szene gesetzt!) machen Laune und bieten etliche Möglichkeiten, den Feinden der großen Film- und Spielewelten zuzusetzen. Doch unterm Strich ist Kingdom Hearts 3 vor allem das: eine von Square Enix choreografierte Disney-Show. Ein griffiges Action-Adventure habe ich hingegen nicht erlebt. Dazu fehlten eine fesselnde Herausforderung, der nötige Wumms und den Bewegungen eine kraftvolle Dynamik – gerade das automatische Erklettern vertikaler Hindernisse lässt das Umherlaufen seltsam beliebig erscheinen. Zu allem Überfluss gibt es selbst dort kaum etwas spielerisch Wertvolles zu entdecken, wo das Erkunden eine große Rolle spielen soll. Es kann durchaus sein, dass sich das fertige Kingdom Hearts 3 als richtig gutes Abenteuer entpuppt; das dürfte vor allem von der Geschichte abhängen. Von der war in den bisher gezeigten Szenen allerdings noch fast nichts zu sehen.

Einschätzung: befriedigend

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