Vorschau: ParaWorld (Taktik & Strategie)

von Jörg Luibl



ParaWorld
Entwickler:
Publisher: Sunflowers
Release:
12.09.2006
Spielinfo Bilder Videos
Dinosaurier und eSports? Urzeitriesen und moderne Wettkämpfe? Ja. Die ESL hat zugeschlagen: ParaWorld wird ab September offizielles Turnierspiel in der Electronic Sports League. Bis Anfang des nächsten Jahres haben die Teilnehmer Zeit, sich auf der Amateurebene einzukämpfen, bevor der Titel aus dem Hause SEK in der Pro Series anläuft. Ist das Spiel tatsächlich interessant genug für spannende Online-Duelle?

Saurier ante portas

Wir begleiten ParaWorld jetzt schon seit drei Jahren - die ersten Fakten gab es bereits Anfang 2003. Und gerade diese großen Projekte, die scheinbar ewig in den Schlagzeilen auftauchen und verschoben werden, machen irgendwann misstrauisch. Aber das Team von SEK hat die Zeit intensiv genutzt, um die Kulisse und Spielmechanik auf den Punkt zu verfeinern. Dabei hat man immer die Online-Faszination im Auge behalten, denn die Dinos sollen im September auch die Arenen rocken. Wir konnten jetzt endlich in eine fast finale Version abtauchen, über der bereits unser Award schwebt: Hier ist in Sachen Echtzeit-Strategie keine Revolution im Anmarsch, keine Umwälzung alter Werte, aber die Berliner schmieden gerade mit ihren finalen Hammerschlägen ein ganzes heißes und in mancher Hinsicht sogar einzigartiges Eisen.

In unserer letzten Vorschau haben wir bereits einen ausführlichen Blick auf das fantasievolle Szenario geworfen, die Vorzüge der hauseigenen PEST-Engine gelobt und auf die vielen kleinen Stärken aufmerksam gemacht, die diesen Titel z.B. positiv von Age of Empires III abheben. Jetzt wurden nach langer Beta-Erfahrung mit reichlich Feedback alle Arenen noch mal herausgeputzt, die Karten gestriegelt und die Stärken der Völker angepasst. Deshalb nehmen wir hier den Mehrspielermodus unter die Lupe. Gleich vorweg ein paar rhetorische Fragen: Ihr wollt eure Feinde schnell überrennen? Am besten in null Komma nichts möglichst viele Truppen aus dem Boden stampfen, um in Tank Rush-Manier alles zu überrollen? Dann vergesst ParaWorld und spielt C&C. Erstens könnt ihr hier nur maximal 52 Einheiten bauen - egal, wie viele Hütten oder Stadtzentren ihr hochzieht. Zweitens kommt es hier auf gute Taktik, clevere Konter und -noch viel wichtiger- das kluge Truppenmanagement an.

Der Army-Controller

Die Schlacht ist entbrannt, links erkennt ihr den Army-Controller: An der Spitze der Pyramide steht kein Held, sondern mein Dampfpanzer. Die Krieger der zweiten Stufe kann ich in die dritte aufrüsten, wenn ich genug Skulls habe...
Was heißt das? Ihr könnt eure Infanterie, Kavallerie oder Helden gezielt von der ersten bis zur fünften Stufe über den Army-Controller aufsteigen lassen, der euch als interaktive Benutzeroberfläche am linken Bildschirmrand begleitet. Er kann an- und abgeschaltet werden, in ihm gelten sogar Lassomethode und alle Finessen der Einheitenwahl - sprich: Gruppenbildung, Doppelklick mit Sprung zur Figur etc. Er ist quasi das Herz des Spiels und geht weit über bisherige Steuerungen hinaus. Allerdings ist das Aufrüsten innerhalb seiner gestaffelten Hierarchie nicht unbegrenzt möglich, denn es wird in einer sich nach oben verjüngenden Pyramide begrenzt: In jeder Stufe gibt es ein numerisches Limit, das euch z.B. für Level 3 nur Platz für acht, für Level 4 nur noch Platz für drei und in der höchsten Stufe nur noch Platz für eine Einheit bietet. Ihr müsst also genau überlegen, welchen Truppentyp ihr fördern wollt. Und davon gibt es verdammt viele...

Für jeden Kampf etwas

Die drei Völker bieten zwar keine Flieger, aber dafür jeweils ein knappes halbes Dutzend schwimmende Kähne für munteres Inselspringen sowie ein reichhaltiges Sammelsurium an normalen Kämpfern, Transportern und Spezialisten wie die über weite Distanzen springenden Jetpack-Krieger, die Sumo-Ringer mit Bereichsschaden oder die Giftmischer, die den Feind mit Schlangen begrüßen. Mal abgesehen davon, dass Kriegsmammuts und Rhino-Ballisten mächtigen Schaden anrichten, sind vor allem die bemannbaren Saurier und Fahrzeuge taktisch interessant: Kleine Streitwagen können mit einem, imposante Triceratops-Titanen gleich mit vier Kriegern bestückt werden. Der Vorteil: Lasst ihr drei Bogenschützen und einen Heiler hinauf, habt ihr quasi eine mobile Fernkampfkreatur geschaffen, die auch noch Verwundete retten kann. Jedes Volk bietet euch derartig interessante Kombinationen, so dass kreatives Tüfteln gefragt ist. Angehende Paläontologen können sich übrigens über alle Einzelheiten wie Statur, Lebensumfeld oder Geschichte der original nachmodellierten Saurier im Archiv informieren.

Aber egal ob wissenschaftlich korrekt oder nicht:
Lust auf bewegte Bilder? Hier ein paar Trailer zur Auswahl:

Download Titelmusik

Download Dinosauriergeburt

Download E3-Trailer
Eine Armee, die mit den mächtigen Urzeitwesen in den Kampf zieht, sieht einfach prächtig aus. Es wäre natürlich noch viel fantastischer gewesen, wenn die Saurier bei ihrem Fall Gebäude oder Einheiten zerstört und damit Schäden angerichtet hätten. Eine funktionierende Physik wurde aus Gründen der Spielbarkeit allerdings nicht eingebaut, so dass selbst das größte Ungetüm einfach ohne Widerstand in Gebäude fällt und irgendwann verschwindet - viele Clippingaugenblicke inklusive. Dafür serviert euch ParaWorld das ganze Spektrum an Mauer-, Turm-, Fallen- und Bunkerbau - und zwar im Gegensatz zu Age of Empires III vollkommen undurchlässig für Projektile.

Army-Controller

Die Kulisse ist fantastisch: Die Urzeitriesen bewegen sich herrlich animiert, das Gras weht im Wind. Schade nur, dass es keine integrierte Physik-Engine gibt.
Zurück zum Aufrüsten, zurück zum Army-Controller: Ein wichtiger Nebeneffekt ist, dass im Moment des Aufrüstens ein verletzter Krieger geheilt wird. Man sollte im Gefecht also immer einen Blick auf seine kämpfende Truppe werfen und vor allem seine hochdekorierten Veteranen möglichst in der letzten Sekunde aufpeppeln. Das funktioniert über die Landschaft im Getümmel weniger gut, weil es in Schlachten teilweise ein heilloses Durcheinander gibt, aber die saubere Oberfläche des Army-Controllers lässt euch jederzeit den richtigen Mann finden, da dort auch seine Trefferpunkte dargestellt werden.

Allerdings ist hier jede Aktion abhängig von einer wichtigen Ressource: den Skulls. Und diese Schädel bekommt ihr nur dann, wenn ihr wirklich aktiv seid und Saurier jagt, Gebäude oder Feinde vernichtet. Das ist gut so, denn wer eine schlagfertige Armee aus hochgerüsteten Einheiten aufbauen will, muss etwas dafür tun - sinnloses an die Front werfen von Truppen bringt gar nichts, denn Skulls gibts nur für den Sieg. Überhaupt begeistert das Balancing der Völker bisher mit durchdachten Reglementierungen: Da ist nicht nur die Maximalzahl der Truppen, auch das Aufrüsten wird immer teurer - der erste Held ist noch günstig, der zweite kostet gleich das Doppelte. Selbst die Rohstoffe spielen eine wichtige Rolle, denn sie können nicht unbegrenzt abgebaut werden: Irgendwann erreicht euer Haupthaus ein Aufnahmelimit von 300 und um dieses zu erhöhen, müsst ihr ein Lager mit 1000 Kapazität bauen. Vernichtet ein Feind dieses Lager, habt ihr ein großes Problem: Hat er im Moment der Zerstörung z.B. 1150 Rohstoffe auf dem Konto, werden es auf einen Schlag nur noch 300. Ups? Richtig: Diese effektive Form der Wirtschaftszerstörung kann ein Spiel schnell kippen und Spezialeinheiten mit Gebäudefokus sehr beliebt machen...

Auch die Helden, die alle eigene Biografien besitzen und in der Kampagne eine Rolle spielen, sollten gut genutzt werden: Denn während das Aufsteigen in der Army-Leiter konventionellen Truppen nur mehr Trefferpunkte oder Boni im Kampf verleiht, gewährt es den heroischen Persönlichkeiten nicht nur ganz neue Spezialtalente wie etwa den gezielten Kopfschuss, die automatische Heilung oder eine direkte Fahrzeugzerstörung bei Kontakt, sondern auch universale Boni, die sich auf das ganze Volk auswirken: Anthony Cole kostet als Frischling der ersten Stufe z.B. 25 Skulls und 250 Nahrung, spendiert dafür dem Nordvolk höhere Trefferpunkte und gleich Berserker dazu - allerdings erst ab der vierten Stufe! Schafft ihr es, ihn so lange am Leben zu halten?
        

Kommentare

Nifris schrieb am
ich finde, dass man scouten nicht automatisieren sollte (der scout könnte ja dabei draufgehen). wenn man die maps kennt, dann braucht man ja auch nicht zu scouten.
und falls man die position des gegners nicht weiß, kann man ja den scout (durch wegpunkte) zu allen möglichen stellen schicken, wo sich der gegner vielleicht aufhält. wie in war3 eben.
sonst freu ich mich schon aufs spiel :twisted:
Grünschnabel schrieb am
Mal schauen, ob Paraworld das gute alte Warcraft 3 als beliebtestes Multiplayer-RTS Spiel ablösen kann.
Jörg Luibl schrieb am
Wir haben die Schleusen für diesen Strom mit geöffnet, weil wir das RTS-Wasser aus Berlin vorher geprüft haben. Was nicht heißt, dass nicht noch Haare mitschwappen.
Wir schwimmen nur dann gegen den Strom, wenn seine Quellen nicht in der Qualität, sondern in gut organisierter Hysterie liegen. Ich würde ja nie behaupten, dass die deutsche Spielepresse ein Meister dieser höchst dubiosen Disziplin wäre. Aber bei einer Hype-WM müsste das Halbfinale schon drin sein.
johndoe-freename-79054 schrieb am
Es geht mich ja nichts an, aber so wie's aussieht, ist die ganze deutsche Presse von dem Spiel begeistert. Solltet ihr da nicht ein wenig gegen den Strom schwimmen und ein paar Haare in der Suppe finden? :wink:
milchi schrieb am
oder einen Button für untätige Arbeiter - in der bunten Spielwelt ist es manchmal schwierig, seine Zimmermänner sofort zu finden oder von den anderen zu unterscheiden
Hier eine kleine Anmerkung. Das ist ganz einfach zu lösen, im Army Controller sind die Untätigen an ihren Symbolen zu erkennen, per Klick auf sie hat man sie ausgewählt, per Doppelklick springt die kamera zu ihnen, was aber normal nicht nötig ist.
Insofern hat man (zusätzlich mit der W-Taste, welche alle untätigen durchschaltet, aber das Bild nicht auf sie zentriert) alle mittel, die benötigt werden, um aktive von inaktiven zu unterscheiden :)
schrieb am