Overkill's The Walking Dead09.12.2015, Michael Krosta

Vorschau: Zombie-Apokalypse hautnah

Zombies und Schienen-Shooter gehören einfach zusammen: Das hat schon Sega bei The House of the Dead erkannt und auch Capcom, als man Resident Evil entsprechende Lightgun-Ableger spendierte. Nach den spannenden Telltale-Episoden und dem weniger gelungenen The Walking Dead: Survival Instincts scheint jetzt die Zeit reif zu sein, das apokalyptische Comic-Universum von Robert Kirkman mit moderner VR-Technologie als beklemmenden Horror auf Schienen zu inszenieren. Wir haben es mit dem StarVR-Headset ausprobiert...

Kein Entkommen

„Willst du beim Spielen aktiv sein und deinen Körper einsetzen?“, fragt mich der nette Mann, bevor er mir die VR-Brille aufsetzen und mich von der realen Welt in die virtuelle Apokalypse entführen möchte. Ich zögere einen Moment und antworte: „Klar, warum nicht?“. Eine gute Entscheidung, wie sich später herausstellen sollte. Zunächst bin ich bei meiner Ankunft im zombieverseuchten Washington enttäuscht, denn genau wie schon bei HoloLens versagte auch hier die im Vorfeld durchgeführte Kalibrierung. Statt eines halbwegs scharfen 3D-Bildes erwarteten mich extrem starke Doppelkonturen und alles war verschwommen. Und das erwies sich spätestens in den Auseinandersetzungen mit der untoten Meute als sehr störend, auch wenn die übertriebenen Zielhilfen das Schlimmste verhinderten. Ein Zeichen dafür, dass die Technologie noch nicht ausgereift ist oder irgendetwas mit meinen (eigentlich guten) Augen nicht stimmt? Ich tippe und hoffe auf Ersteres, wurde das StarVR-Headset doch erst im Juni enthüllt und war auch bei unserem ersten Antesten im Sommer noch ein früher Prototyp. Nach Gesprächen mit Kollegen hatten diese augenscheinlich mit ähnlichen Problemen zu kämpfen und die Kalibierung lieferte nicht die gewünschten, knackscharfen Ergebnisse.

Wegrennen ist nicht drin: Man ist zwar bewaffnet, aber an einen Rollstuhl gefesselt.
Abgesehen von den technischen Problemen hatte mich die VR-Experience in Kirkmans Apokalypse aber schnell gepackt. Nicht nur, weil die Abschottung von der realen Welt und die lauten Kopfhörer auf den Ohren die Immersion enorm steigern. Auch deshalb, weil ich meine Ausgangslage so beklemmend finde: Ich bin kein ausgebildeter Soldat oder ein Polizist wie Rick im Comic oder der TV-Serie. Ich bin noch nicht einmal ein gewöhnlicher Zivilist, der zur Not die Beine in die Hand nehmen und vor der heranstürmenden Meute davonlaufen kann. Nein. Denn ich sitze hier. An einen Rollstuhl gefesselt. Ohne Waffe. Und ich kann mich in den ersten Minuten dieser beeindruckenden Techdemo nur umsehen, während das bedrohliche Stöhnen immer näher kommt und zwei Typen im Nachbarraum wild darüber diskutieren, ob sie mich in meinem Rollstuhl überhaupt mitnehmen oder diesen Fleisch-Ballast nicht doch besser zurücklassen sollen. Kurz gesagt: Meine Lage könnte wohl kaum schlimmer sein!

Intensive Flucht

Die Plastik-Shotgun ist - genau wie das StarVR-Headset - mit Sensoren ausgestattet, um die Position und Aktionen zu erfassen.
Zu meinem Glück gehen sie das Risiko ein und kurz bevor mich der erste Untote anknabbern kann, werde ich durch die engen Gänge des verwüsteten Gebäudes geschoben. Was für ein Gefühl! Da ich ebenfalls auf einem Stuhl sitze, identifiziere ich mich noch stärker mit dem, was dort auf dem Bildschirm passiert und kann perfekt in die Rolle der Spielfigur hinein tauchen. Es ist in mehrerer Hinsicht eine clevere Idee, mein Alter Ego aus der virtuellen Realität in einen Rollstuhl zu setzen: Zum einen umgeht man dadurch das typische Steuerungsproblem, sich mit einem Controller oder einer aufwändigen Vorrichtung per pedes durch die VR-Welt bewegen zu müssen, was unter Umständen auch die so genannte Motion Sickness fördern kann und Übelkeit hervorruft. Zum anderen verstärkt die eingeschränkte Bewegungsfreiheit und Abhängigkeit das Gefühl der Bedrohung und Hilflosigkeit. Ganz nüchtern betrachtet ist diese Art der VR-Erfahrung aber eigentlich nichts anderes als der klassische Schienen-Shooter, der eher wie ein interaktiver Film wirkt. Aber das ist ein Kompromiss, mit dem ich mich als Fan von Segas Zombiehatz oder Dead Space Extraction anfreunden kann.

Probleme werden mit der Pumpgun gelöst  

Und gerade als ich darüber nachdenke, was es mit der Eingangsfrage rund um die körperliche Aktivität auf sich hat, liefert mir die Demo schon die Antwort: Während meiner Figur im Spiel eine Schrotflinte übergeben wird, drückt mir gleichzeitig einer der Entwickler eine Plastikwumme in die Hand. Diese lässt sich nicht nur stilecht mit dem Zurückziehen des Vorderschafts manuell nachladen, sondern ist auch mit Sensoren ausgestattet, dank denen sämtliche Bewegungen und die Position der Pumpgun ohne große Verzögerung von der realen in die virtuelle Welt übertragen werden. Die Haltung der Arme wird allerdings nicht erfasst und das Abbild im Spiel wirkte angesichts der unnatürlichen Darstellung leicht befremdlich.  

Die Gefahr lauert überall...
Das genaue Anvisieren der beißwütigen Angreifer war angesichts der missglückten Kalibrierung zwar nahezu unmöglich, doch dank einer stark übertriebenen Zielhilfe war es mir mit den hektischen Blindschüssen dennoch möglich, fast alle in einem Blutrausch niederzustrecken. Bis zu dem Moment, in dem das Betätigen des Abzugs nur noch von einem fatalen „Klack“ quittiert wurde und ich mangels Patronen gezwungenermaßen als Happy Meal mein virtuelles Leben und damit auch die Demo beenden musste. Ob die Plastik-Wumme später mitgeliefert wird, steht aktuell noch genauso in den Sternen wie der Ausbau der Tech-Version zu einem vollständigen VR-Spiel. Wünschenswert wäre beides. Doch bis dahin hat nicht nur die Software, sondern auch die Hardware noch einen weiten Weg vor sich...

Ausblick

Was für ein intensives Erlebnis! Auch wenn die VR-Technik von Starbreeze mit Kalibrierungsproblemen sowie umständlicher Handhabung bei unserem ersten Testlauf im Sommer offensichtlich noch in den Kinderschuhen steckte und diese spezielle Version von Overkill's The Walking Dead bisher nicht über den Status einer kurzen Tech-Demo hinausgeht, ist das Abtauchen in diese Zombie-Apokalypse dank der Headset-Abschottung unfassbar beklemmend und dazu noch erschreckend packend inszeniert. Besonders gut gefällt mir die Idee, dass mein Alter Ego an einen Rollstuhl gefesselt ist. So wird nicht nur das Gefühl der Hilflosigkeit verstärkt, sondern auch effektiv der Gefahr von Übelkeit entgegen gewirkt, weil man sich aus guten Gründen nicht selbst aktiv fortbewegt. Die spielerischen Freiheiten halten sich hier allerdings genauso in Grenzen wie in jeder anderen Schießbude auf Schienen, denn mit den festen Bahnen und eingeschränkten Interaktion fühlt man sich eher als Teil eines Horrorfilms statt eines offenen Abenteuers.

Eindruck: gut  

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