Vorschau: Rennen nach Maß
Höhere Zugänglichkeit trifft höheren Realismus
Die Richtung ist klar: Project Cars 2 versteht sich genauso als eine Simulation wie der Vorgänger. Trotzdem wollen die Entwickler die Zugänglichkeit erhöhen und auch Gelegenheitsspieler für den anspruchsvollen Motorsport begeistern. Nein, keine Sorge: Die Fahrphysik wird nicht verweichlicht, damit sich die knapp 200 PS-Monster von Audi über Neuzugang Ferrari bis Zonda einfacher zähmen lassen. Lediglich eine Reihe optionaler Fahrhilfen wie ABS oder Traktionskontrolle greifen auf Wunsch unter die Arme oder sind in manchen Serien selbst unter realistischen Bedingungen verfügbar. Tatsächlich will man mit dem neuen Reifenmodell den Realitätsanspruch sogar noch weiter erhöhen anstatt ihn zurückzuschrauben. Die überarbeitete Fahrphysik macht dabei eine hervorragende Figur: Die Boliden kommen zwar jetzt etwas schneller ins Rutschen als im Vorgänger, doch kann man gleichzeitig ein besseres Gespür für die Grenzbereiche entwickeln und ausbrechende Hecks sicherer abfangen.
Kleine Fehlerteufel
Trotz Verbesserungen bei der Fahrphysik passieren bei der Zieldurchfahrt manchmal aber noch Dinge mit den Wagen, die mit der Realität nichts zu tun haben und eher für Lacher sorgen, wenn sie arg seltsam durch die Gegend hoppeln. Dinge, die bis zur Veröffentlichung hoffentlich noch aus der Welt geschafft werden. Gleiches gilt für das Strafsystem, das dem Fahrer schon mal grundlos eine Zeitstrafe aufbrummt. Und auch bei den Boxenstopps muss noch Hand angelegt werden: Es darf nicht sein,
Nützliche Hilfen
Abseits der Fahrhilfen will man weniger erfahrenen Rennpiloten aber auch an anderer Stelle entgegen kommen. So kann man jederzeit auf eine Onscreen-Hilfe zurückgreifen, um nicht von all den Einstellungen und Optionen erschlagen zu werden. Das gilt insbesondere für das Setup, das bekanntlich eine Wissenschaft für sich darstellt. Damit nicht jeder Spieler zunächst ein Ingenieurs-Studium absolvieren muss, stellt man dem Schrauber nicht nur Erklärungen in Textform, sondern auch einen Renn-Ingenieur zur Seite. Wie in manchen Titeln von Milestone kann man ihm sagen, wo der Schuh drückt und er nimmt anschließend automatisch die Änderungen am Setup vor, um die geäußerten Probleme wie Über- oder Untersteuern zu beheben. Außerdem ist es jetzt möglich, sich beim Zeitfahren die Setups von schnellen Fahrern direkt aus der Bestenliste herunterzuladen und sogar deren Leistungen durch das Beamen in die Cockpits von bis zu drei Geisterwagen genau zu studieren. So erhält man z.B. nützliche Hinweise für den perfekten Bremspunkt oder die Ideallinie.
Maßgeschneidertes Racing
Neben der gelungenen Fahrphysik, dem attraktiven Fuhrpark und einer ordentlichen Auswahl an Strecken zählen aber vor allem die individuellen Anpassungen zu den ganz großen Stärken von Project Cars 2. Rollender oder stehender Start? Formationsrunde? Eine Rennen von bis zu 999 Runden? Oder doch lieber ein Zeitlimit? Tag- oder Nachtrennen mit optionaler Zeitrafferfunktion? Komplettes Rennwochenende mit Training und Qualifikation? Manuelle Boxenstopps? Volles Schadensmodell? Hier darf man quasi alles nach Wunsch festlegen. Neuerdings sitzt auf Wunsch sogar ein Spotter auf der Tribüne, der auch abseits von Indycar- und NASCAR-Veranstaltungen den Fahrer mit Informationen versorgt. Selbst die Bildschirmanzeigen lassen sich frei platzieren oder sogar ausblenden. Diese Vielfalt an persönlichen Einstellungen lässt kaum Wünsche offen! Dank der neuen Live-Track-Technologie 3.0 darf man sich sogar für jede Strecke die Jahreszeit aussuchen, in der man auf die Piste gehen will. Wer also schon immer davon geträumt hat, bei Eis und Schnee über die Nordschleife zu brettern, findet hier seine Erfüllung. Selbst völlig unsinnige Kombinationen wie ein Indycar auf einem gefrorenen Eissee in Schweden werden gestattet.
Zwei Klassen sind nicht genug
Dabei muss freilich auch die KI mitspielen, die sich dieses Mal nicht nur hinsichtlich des Schwierigkeitsgrades, sondern separat beim Aggressionslevel anpassen lässt. Insgesamt machen die KI-Piloten bisher eine ordentliche Figur, sind aber noch ausbaufähig: Zum einen greifen die Fahrer bereits auf mittleren Einstellungen hin und wieder zur Brechstange und schießen den Spieler gnadenlos ab. Zum anderen verschaffen sie sich durch Abkürzungen manchmal unfaire Vorteile, ohne dabei Konsequenzen fürchten zu müssen. Als Spieler wird man bei ähnlichen Vergehen mindestens verwarnt oder muss sogar eine Strafe fürchten.
Überarbeitete Karriere
Der Karrieremodus wird anders gestaltet als im Vorgänger. So gehört der etwas unübersichtliche Kalender der Vergangenheit an. Stattdessen wählt man jetzt einfach die Rennserie, in der man starten will und klappert die Veranstaltungen ab. Ursprünglich hatte Slighly Mad angekündigt, dass es erneut keine Barrieren bei der Wahl geben würde. Mittlerweile hat man sich allerdings dazu entschlossen, die Top-Serien innerhalb der Karriere erst freizuschalten, wenn man zuerst die nötigen Erfahrungen in einer niedrigeren Klasse gesammelt hat.
Ausblick
Wow, bezüglich der Einstellungsvielfalt und den Features von Project Cars 2 können sich viele andere Rennspiele eine dicke Scheibe abschneiden – allen voran Forza Motorsport, das sich immer noch vielen klassischen Elementen wie dem Qualifying verweigert. Man wird regelrecht erschlagen von den zahlreichen Möglichkeiten, die sich einem beim Aufsetzen der Veranstaltungen und dem Herumschrauben am Setup offenbaren. Der grafische Fortschritt hält sich im Vergleich zum visuell eindrucksvollen Vorgänger zwar in Grenzen, aber bei der Physik und dem neuen Reifenmodell geht es definitiv einen Schritt nach vorne, auch wenn die Qualitäten eines Assetto Corsa beim Fahrgefühl und dem Force Feedback trotz der spürbaren Verbesserungen nicht erreicht werden. Auch die überarbeitete Karriere wirkt mir im Vergleich zu F1 2016 zu trocken, spielt damit aber in einer ähnlichen Liga wie die übrige Konkurrenz. Gespannt bin ich darauf, wie sich das geplante Rangsystem schlagen wird, das genau wie Gran Turismo Sport neben den fahrerischen Fähigkeiten auch den Sportgeist der Spieler bewerten und beim Matchmaking berücksichtigen will. Project Cars 2 bringt nach den jetzigen Eindrücken jedenfalls alles mit, um an der Spitze der Rennsimulationen mitzukämpfen!
Einschätzung: sehr gut / Fit4Hit
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