The Surge13.06.2016, Jörg Luibl
The Surge

Vorschau: Kampf gegen verrückte Maschinen

Warum macht Deck 13 kein Lords of the Fallen 2? Immerhin konnte der Dark-Souls-Ableger viele Fans finden. Weil die Frankfurter von Focus Home Interactive die Möglichkeit für ein komplett neues Spiel bekamen. Zwar hat man die Rechte am Fantasy-Abenteuer an CI Games verkauft, aber das Fundament der Entwicklung lag bekanntlich beim deutschen Studio. Da verwundert es nicht, dass man in "The Surge (ab 1,85€ bei GP_logo_black_rgb kaufen)" einer Art Nachfolger im Geiste begegnet, der gnadenlose Kämpfe in der Zukunft inszeniert. Wir haben eine Alpha-Version gespielt.

Im Angesicht der irren Roboter

Schepper. Schepper. Schepper. Da steht etwas am Container und hämmert seinen Kopf immer wieder dagegen. Als es sich umdreht, erkennt man eine Mischung aus Mensch und Maschine, die erst irre glotzt und dann hysterisch faucht. In dieser nahen Zukunft des späten 21. Jahrhunderts ist scheinbar etwas schief gegangen. Aber für Fragen bleibt Hauptfigur Warren keine Zeit. Eigentlich wollte er nur einen Job bei einem Umweltunternehmen antreten, aber schon am ersten Arbeitstag wird er von Blackouts geplagt und steht plötzlich verwirrt auf einem Schrottplatz.

The Surge entsteht beim Frankfurter Studio Deck 13 soll 2017 für PC, PlayStation 4 und Xbox One erscheinen.
Immerhin steckt er in einem Exoskelett, kann mit kleinen Temposchüben vorwärts huschen und trägt eine hammerartige Waffe. Noch bevor der Kampf beginnt, sollte er sich gut vorbereiten. Es gilt nicht nur den Gegner zu fixieren, damit man ihn besser umrunden kann. In The Surge kann man sich zudem aussuchen, wo man ihn treffen will! Dafür visiert man mit dem rechten Analogstick eine der Trefferzonen von Kopf bis Fuß an, die abstrakt visualisiert werden: Weiße Quadrate zeigen ungeschützte, orange Quadrate gepanzerte Stellen. Ich kann diese Ziele dynamisch im Kampf wechseln oder per Schultertaste festlegen.

Barbarischer Technologieklau

Was bringt das? Fette Beute! Oder besser: gewollte Beute. Denn nur wenn ich z.B.

Ähnlich wie in Lords of the Fallen oder Dark Souls geht es um intensive Nahkämpfe. Nur spielt das Abenteuer diesmal in einer düsteren Zukunft des späten 21. Jahrhunderts auf der Erde.
das linke Bein meines Gegners mehrmals treffe und abtrenne, bekomme ich auch die dortige Panzerung bzw. die Blaupause für die Technologie. Natürlich wäre der Kampf viel schneller vorbei, wenn ich den ungeschützten Kopf attackieren würde; ich kann auch einfach wild auf alles einschlagen - aber wenn ich mein Rüstungsset für einen Bonus vervollständigen will, brauche ich vielleicht genau diesen Beinschutz. Das alleinige Anvisieren dieser Trefferzone reicht allerdings nicht aus, um erfolgreich zu sein. Man muss nach seiner Wahl auch abwägen, ob man horizontale oder vertikale Hiebe einsetzt. Schlage ich z.B. seitlich von rechts auf das Bein, treffe ich mit dem Rückschwung vielleicht auch das linke...

Warum ist das ein Nachteil? Weil ich nur dann eine Garantie auf die Beute an einem Körperteil bekomme, wenn ich es auch zu hundert Prozent treffe. Lande ich also noch zwei, drei Hiebe woanders, sinkt die Wahrscheinlichkeit. In dieser Situation wäre der Schlag von oben auf das Bein empfehlenswerter, weil es so nur direkte Treffer darauf geben kann. Diese physikalisch authentisch wirkende Schwung- und Kollisionsabfrage sorgt dafür, dass man sehr konzentriert agiert. Man muss auch die Ausdauer beachten, denn man kann nicht endlos zuschlagen. Und das Beste an diesem Kampfsystem ist: Auch die Attacken der Feinde sollte man für seine Verteidigung genau beobachten, sonst wird aus dem futuristischen Barbaren schnell der Gejagte.

Anspruchsvolles Kampfsystem

Ich bin in meinen ersten Kämpfen gnadenlos zusammen gehauen worden, weil ich den direkten Schlagabtausch mit elegantem Konter gesucht habe: Gerade hatte ich mich unter einem Hieb von rechts geduckt, da folgte der Rückschwung von links - autsch! Ich hätte direkt nochmal die Taste drücken oder wegrollen müssen; es gibt übrigens keinen Dauerblock und das ist gut so. Das Kontersystem setzt auf Timing kurz vor dem gegnerischen Treffer: Wer also in einem kleinen Zeitfenster erst erfolgreich ausweicht, kann direkt danach einen sehr harten Hieb landen und vielleicht zum Finisher ansetzen. Auch wenn manche Animationen noch fehlerhaft sind, fühlt sich dieses Kampfsystem bereits richtig gut an. Wer Spiele wie Dark Souls mag, wird sich hier pudelwohl fühlen.

Das Besondere am Kampfsystem ist die dynamische Auswahl der Trefferzonen sowie der Fokus auf die dortige Beute.
Ähnlich wie in Bloodborne wird die erfolgreiche Offensive belohnt: Nur wenn man Treffer landet, lädt sich die Kampfenergie auf, mit der man sich wiederum auf Knopfdruck heilen kann - es gibt also weder Tränke noch Medipakete. Und damit das Ganze nicht in ein Hack&Slay ausartet, kommt ein Ausdauersystem zum Einsatz, das dosierte Schläge forciert. Zwar gibt es keine Klassen, aber man kann den Kampfstil seines Charakters über die erbeutete Ausrüstung prägen. Je nachdem welche Implantate ich trage, werde ich also agiler oder stärker, stehe stabiler oder heile effizienter.

Fünf Waffengattungen, kein Fernkampf

Außerdem kann ich ja nicht nur Rüstungen, sondern auch andere Waffen erbeuten, die

Auch Bosskämpfe stehen auf dem Programm: Man kämpft in mehreren Phasen z.B. gegen ein Mech-Ungetüm.
zu fünf Gattungen wie "einhändig" oder "schwer" gehören. Ein Stab oder eine Doppelklinge sorgt nicht nur für andere Reichweiten und Kombinationen, sondern auch einen anderen Schadenstyp wie z.B. spitz oder stumpf. So kann es hilfreich sein, die Waffe für einen Gegner mit entsprechender Panzerung zu wechseln. Im Gegensatz zur Soulsreihe skalieren die Waffenwerte nicht mit den Charakterwerten, sondern steigen nach Gebrauch von 0 für Novize bis 100 für Meister. Wer sich auf einen Typ spezialisieren will, sollte ihn also benutzen. Auch wenn The Surge in der Zukunft spielt: Der Fernkampf über Projektile, Laser & Co wird keine Rolle spielen; es soll allerdings unterstützende Maßnahmen aus der Distanz geben.

Apropos Souls: Sterbt ihr irgendwo mit all eurer Beute ("TechScrap"), bleibt sie wie im Vorbild dort liegen, damit ihr sie zurückerobern könnt. Außerdem will Deck 13 das Leveldesign, das in Lords of the Fallen noch sehr eng und linear geschnitten war, deutlich öffnen. So werden sich innerhalb der Gebiete erst mit der Zeit diverse Abkürzungen ergeben oder Abschnitte mit mehr Erfahrung zugänglich. Die Vertikale scheint in der Erkundung allerdings keine Rolle zu spielen, zumal Warren seinen kurzen Boost nicht wie ein Jetpack in die Höhe einsetzen kann. Abgesehen davon, dass man die Erkundungsreize und die Lust auf das Besuchen bekannter Abschnitte erhöhen will, sollen auch plötzliche Storyereignisse für mehr Leben in den Arealen sorgen. Und natürlich gibt es auch Bosskämpfe.

Ausblick

Auch wenn ich mehr einstecken musste als austeilen konnte: Das hat schon richtig Spaß gemacht! Warum? Weil zum einen das Kampfsystem mit seinen separat anwählbaren Trefferzonen sowie dem Beutesystem für frischen Wind sorgt - es entstehen anspruchsvolle, angenehm wuchtige Duelle mit taktischer Note. Und wer Lords of the Fallen oder die Soulsreihe kennt, wird sich aufgrund der Konzentration auf Nahkampf inklusive Konter & Co sehr wohlfühlen. Zum anderen macht der Science-Fiction-Hintergrund wesentlich neugieriger als die bemühte Fantasy, zumal die Entwickler das Abenteuer nicht mehr in engen Levelschläuchen, sondern deutlich verschachtelter und erkundungsreicher gestalten wollen. Auch wenn noch viele Fragen hinsichtlich Story, Regie, Spielwelt und Charakterentwicklung offen bleiben: Deck 13 scheint der Schritt vom soliden Plagiat zur kreativeren Neuschöpfung zu gelingen. Ich bin gespannt, wie sich The Surge entwickelt.

Einschätzung: gut

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.