Umbrella Corps30.05.2016, Dieter Schmidt
Umbrella Corps

Vorschau: Regenschirm mit Löchern

Als man den Team-Shooter Umbrella Corps (ab 2,99€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) mit einem ersten Trailer vorstellte, bäumte sich nach dem unsäglichen Resident Evil: Operation Raccoon City die Frage auf: „Wer braucht das?“. Nach den Probekämpfen bei Capcom hat sich diese Abwehrhaltung zumindest relativiert. Ein gutes Spiel wird man dennoch nicht erwarten können.

Fühlt sich an wie Resi, schmeckt aber nicht so

Ich habe mir vorgenommen, das Wort Resident Evil einmal komplett außen vor zu lassen und unverblümt  den Team-Shooter Umbrella Corps als das wahrzunehmen, was es sein will: Ein Team-Shooter mit Zombies als dritte Fraktion. Das hat aber nicht geklappt. Karten, Zombies und Symbole erinnern einen nicht nur permanent an die Hauptspielreihe, sie wirken sogar, als hätte man alle Bauten, Texturen-Assets und Zombies aus älteren Teilen genommen und diese für das Spiel genutzt. Einerseits sorgt das gerade im Singleplayer für ein wohliges Gefühl, andererseits schwebt dennoch der große Name wie ein Damoklesschwert über dem Spiel – denn es wird bei weitem nicht der Marke gerecht. Aber das habe ich nach dem ersten Trailer ohnehin nicht erwartet.

Standard Modi mit schwacher Steuerung

Der Schnelldurchlauf der Multi-Missionen beinhaltete das Abklappern bekannter Modi. In Drei-gegen-drei-Partien muss man nach einem Abschuss Datenpakete aufsammeln (Kill Confirmed), den Spieler mit der Aktentasche jagen, wobei die „Bombe“ nach dem Ableben zum nächsten Spieler wandert, fünf Aktentaschen sammeln, Punkte sichern (Domination),  ein quasi

Die Zombies als dritte Fraktion sind in das Spielgeschehen eingebettet.
Geisel-Modus (CTF mit bewegendem Ziel), Team-Deathmatch und DNA-Proben der Zombies aufsammeln. Hier erfindet man das Rad nicht wirklich neu – aber das muss man ja auch nicht, zumal man immer die Augen nach der dritten Fraktion aufhalten muss. Gerade die Hunde sind nervige Biester, die man immer wieder nicht auf der Rechnung hat. Dennoch wirkt das Gezeigte sehr hektisch und unübersichtlich.

Die Kamera schwirrt in der Third-Person-Ansicht zu nah am Körper, das Deckungssystem schreit in einem türkisen Durcheinander  immer wieder: „Hier kannst du in hin!“, die Respawn-Punkte sind oftmals aufgrund der Fülle an aktiven Zombies so gesetzt, dass man direkt vor den Füßen der Gegner erwacht. Ab und zu klettert man auf ein Auto, statt davor Deckung zu suchen und statt an einer Häuserkante in Deckung zu gehen, läuft man in der Hitze des Gefechts auf einmal fünf Meter weiter an der Kante vorbei zu einem Zaun, der von allen Seiten beballert werden kann. Zudem wirken die grundsätzlichen Dreh- und Zielbewegungen sehr  behäbig – ein Umstand, der in Resident Evil klappt, aber zu einem Multiplayer-Shooter nicht so passen will. All das wird man in den Menüs noch hoffentlich umstellen können. 

Ein Hauch von Rainbow Six Siege

Die kleinen Karten sind grafisch nicht wirklich die Wucht, dafür hat man diverse Ebenen, Lüftungsschächte und begehbare Dächer eingebaut, was zumindest dem Spielverlauf etwas Würze verleiht. Und es macht gerade bei den One-Life-Matches durchaus Laune, sich abzusprechen, den Gegner geschlossen zu umwandern, um ihm in den Rücken zu fallen. Das wird mit wahllos zugelosten Spielern über ein Taktikrad gelöst, mit dem man sich vor dem Start einer Partie absprechen kann. Da Rainbow Six: Siege diese situative Spannung mit nur einem Leben wieder en vogue über den Laufsteg peitscht, verwundert es nicht, dass auch in dieser rudimentären Version ("One-Life-Matches") ohne Schutzmauern, Geiseln und ferngesteuerte Kameras trotzdem Spaß aufkommt. Das liegt vor allem an dem auf dem Rücken montierten Zombie-Jammer. Trifft man bei einem Ferngefecht den Jammer, so kann der Spieler trotz anschließender Deckung ins Gras beißen, stürzen sich doch alle Zombies auf ihn. Anders herum kann man mit einem funktionierenden Jammer zwischen den Zombies herumschleichen und diese als wandelnde Ziele nutzen. Und nicht selten wurden Spieler in unseren Partien von den Zombies getötet. Auch die Explosionszeit der Granaten wurde mit Bedacht gewählt, hat man doch hier ausreichend Zeit zu flüchten, wobei man auch den Explosionsradius stets sehen kann.  Wie das Balancing mit den unterschiedlichen Waffen auch mit Hinblick auf den kostenpflichtigen Skin-DLC mit zusätzlichen Schießeisen aussehen wird, bleibt abzuwarten.

Knallharte „Kampagne“

Im Singleplayer durchläuft man quasi Multiplayer-Modi, die allerdings einem guten Missions-Design unterworfen sind.
Am Ende durften wir uns noch durch den Singleplayer-Modus ballern, der zwar lediglich einige der Multiplayer-Modi verwurstet (ohne neue Karten anzubieten), dennoch aufgrund des Schwierigkeitsgrads gut funktioniert. Hier hat man ständig mit Munitionsknappheit, attackierenden Raben, Hunden sowie angriffslustigen Zombies zu kämpfen, von denen lila markierte Untote über einen extrem hohen Gesundheitsbalken verfügen, was den Spieler eher zur Flucht animiert, will man doch die kostbare Munition nicht vergeuden.  Durchlöchert man in den ersten Aufgaben Gegner wie Esspapier, verzweifelt man spätestens in der Mitte der 24 Missionen an den KI-Gegnern. Hier wird also ganz japanisch vorausgesetzt, dass man die Muße mitbringt, etliche Anläufe zu starten, um Perfektion zu erlangen.

Ausblick

Umbrella Corps ist im Grunde genommen eine Mod, die Capcom-Entwickler aus einer Laune heraus gestartet haben und jetzt für 30 Euro-Titel auf die Server schubsen. So wundert es nicht, dass man ältere Assets zu einem teambasierten Shooter zusammenmixt, gängige Multiplayer-Modi anbietet und das Ganze mit einem angesagten "One-Life-Prinzip" abrundet. Leider steuern sich die Söldner schwammig, die Deckungsmechanik ist eher ausbaufähig, das Spielgeschehen aufgrund der dritten Fraktion sehr hektisch. Dennoch muss man festhalten, dass das Kartendesign schlüssig erscheint, die One-Life-Partien durchaus ihren Reiz haben und die Singleplayer-Tour (die den Namen Kampagne nicht wirklich verdient) trotz der wiederaufgebrühten Multiplayer-Modi und –Karten solide unterhalten kann. Diese positiven Aspekte heben den Team-Shooter nach dem ernüchternden Ersteindruck gerade noch auf ein befriedigendes Niveau.

Einschätzung: befriedigend

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