The Turing Test10.06.2016, Michael Krosta

Vorschau: Mensch oder Maschine?

Testkammern, Hightech-Geräte und Umgebungsrätsel: Das Konzept von Turing Test riecht verdächtig nach Portal. Sicher keine schlechte Basis, aber besitzt das 3D-Knobelspiel von Bulkhead Interactive genug eigene Ideen? Wir haben für die Vorschau die ersten Rätselräume gelöst...

Türöffner gesucht

Ich hatte keine Ahnung, was mich erwartet. Als ich mich an die Spielstation von The Turing Test begab und langsam durch eine Schneelandschaft schlenderte, deutete für mich inhaltlich zunächst noch alles auf eine Spielerfahrung im Stil von Dear Esther, Everybody's Gone to the Rapture oder Kholat. Erst als ich ein sonderbares Hightech-Gerät in meinen Händen hielt, mit dessen Hilfe ich überhaupt erst durch Energieumleitungen die Türen in den abgeriegelten Testkammern öffnen konnte, war die Sache klar: Das hier ist ein Puzzlespiel nach Portal-Manier, bei dem der Name Programm ist.

Das EMT verschießt nicht nur Energiekugeln, sondern saugt sie auch wieder an.
Der Turing Test beschäftigt vor allem Informatiker mit Schwerpunkt KI-Forschung, denn die von Alan Turing 1950 vorgestellten Aufgaben sollten aufzeigen, ob eine Maschine über ein dem Menschen gleichwertiges Denkvermögen verfügen kann. Er stand z.B. auch im Mittelpunkt des gelungenen Kinofilms Ex Machina, in dem durch ein Testprozedere bestimmt werden sollte, wie menschlich die hochentwickelten Androiden agierten.

Das Grundprinzip des Spiels ist genauso simpel wie beim Vorbild, denn das Hightech-Werkzeug EMT (Energy Manipulation Tool) verschießt zwar keine Portale, dafür aber kleine Energiekugeln, die man sowohl über größere Distanzen einsammeln als auch mit einem Schuss präzise an ein gewünschtes Ziel befördern kann. Sie dienen in erster Linie dazu, Türschlösser zu aktivieren und damit Zugang zur nächsten Testkammer zu bekommen. Alternativ sorgt man mit Batterien für die nötige Energieversorgung. Diese kann man jedoch nur tragen und nicht mit dem EMT verwenden.

Was sich auf den ersten Blick so einfach anhört, wird dank des durchdachten Leveldesigns zu einer ganz schön kniffligen Angelegenheit. Warum? Zum einen ist es gar nicht so einfach, die nötige Zahl an Batterien aufzutreiben bzw. an den gewünschten Platz zu befördern. Da müssen z.B. erst diverse Hebel in der richtigen Reihenfolge betätigt werden oder man muss sich ganz genau überlegen, bei welchen Energieknoten die Kugeln oder Batterien mehr Sinn ergeben, um am Ende tatsächlich den Ausgang öffnen zu können. Auch der Einsatz und die Bedienung von Magneten spielt eine wichtige Rolle, z.B. für den Transport der Batterien über Hindernisse hinweg.

Cleveres Design

Warum man all diese Tests auf sich nehmen muss, ist bisher noch nicht klar. Antworten soll die Story liefern, die mit einer Stimme aus dem Off die Knobel-Missionen begleitet. Ihr fehlt zwar das sarkastische Auftreten von GlaDOS und sie schlägt eher ernste Töne an, aber zumindest wird die Spannung aufrecht erhalten, warum man überhauft als Versuchskaninchen auserkoren wurde. Offenbar befindet man sich in einer Forschungsstation der International Space Agency auf dem Jupiter-Mond Europa und übernimmt die Rolle der ISA-Ingenieurin Ava Turing. Angesichts des Hintergrunds rund um den Turing Test wird es aber sicher noch ein paar inhaltliche Überraschungen bei der Geschichte geben.

Die erwarte ich auch beim Spieldesign, das hoffentlich noch um zusätzliche Elemente erweitert wird. Zwar gefällt die Mechanik schon sehr gut und bringt die grauen Zellen auf Trab, aber ich hoffe, dass das EMT noch um weitere Funktionen ergänzt wird und neben reinen Logik-Aufgaben zwischendurch auch Geschicklichkeits-Passagen

Das Ziel ist eigentlich immer einfach: Öffne den Ausgang. Doch der Weg dorthin ist nicht ganz so simpel...
eingestreut werden, bei denen es vor allem auf gutes Timing oder eine gute Hand-Auge-Koordination ankommt. Diese kommen mir bisher etwas zu kurz, aber würden die Abwechslung im Spielverlauf sicher bereichern. Trotzdem wirkt das Leveldesign clever durchdacht: Genau wie bei Portal legt man offensichtlich auch hier großen Wert darauf, dass Spieler sich mit ihren Aktionen niemals in eine Sackgasse manövrieren, sondern Fehler immer wieder rückgängig machen und entsprechend frei mit Lösungsansätzen experimentieren können.

Ausblick

The Turing Test könnte ein kleines Highlight innerhalb von Square Enix Collective werden, der Indie-Förderungsplattform der Japaner. Das Konzept weckt mit den Testkammern, der Stimme aus dem Off und dem Hightech-Werzeug zwar starke Erinnerungen an Portal, doch dank eigenständiger Ideen und einem starken Leveldesign liefern die Macher von Pneuma mehr als nur einen simplen Klon. Zwar sind die Rätsel für Puzzle-Kenner zumindest in der Anfangsphase meist schnell durchschaut, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass das Niveau in späteren Arealen noch deutlich ansteigen und der Kopf ordentlich rauchen wird. Hoffentlich gesellen sich auch noch weitere Spielmechaniken und Geschicklichkeitspassagen dazu, um dem drohenden Tüftel-Trott mit mehr Variation entgegen zu wirken. Aber schon jetzt besitzt The Turing Test Hitpotenzial - ob es tatsächlich für den Award reicht, werden wir im August herausfinden, sofern es beim angepeilten Termin bleibt.

Einschätzung: sehr gut

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