Mittelerde: Schatten des Krieges08.06.2017, Michael Krosta

Vorschau: Zurück ins Tolkien-Reich

Auf der Kinoleinwand mag es mittlerweile etwas ruhiger um das Fantasy-Universum von J.R.R. Tolkien geworden sein, doch auf PCs und Konsolen stehen die Geschichten von Mittelerde weiter hoch im Kurs. Bei Schatten des Krieges laden Warner und Monolith-Produktions ein weiteres Mal dazu ein, sie mit Hilfe des Nemesis-Systems selbst zu gestalten. Wir durften bereits Hand anlegen und eine der vielen Festungen erstürmen…

Starkes Fundament

2014 sorgte Mittelerde: Mordors Schatten für eine angenehme Überraschung, an deren Faszination vor allem das innovative Nemesis-System einen großen Anteil hatte. Was liegt da näher, als auf diesem starken Fundament aufzubauen? Entsprechend wirken viele Elemente auf Kenner des Vorgängers vertraut, wenn man erneut Einblicke in die Uruk-Gesellschaft sowie die Beziehungen und Rollenverteilungen der einzelnen Krieger erhält, die alle über individuelle Stärken und Schwächen sowie ein ausgezeichnetes Gedächtnis verfügen. Und genau wie damals kann man die hierarchischen Strukturen einmal mehr beeinflussen und sich so bestimmte Facetten der Geschichte unter der eigenen Regie zusammenschmieden. Hier geht man sogar noch einen Schritt weiter, denn die Interaktionen beschränken sich nicht länger nur auf die einzelnen Krieger, sondern die gesamte  Spielwelt. Im Zentrum stehen dabei die Festungen, mit deren Einnahme man gleichzeitig über das dazugehörige Territorium herrscht.

Viele Wege führen in den Thronsaal

Mit einem Balrog ist nicht zu spaßen!
Beim Anspielen durften wir uns jetzt erstmals selbst daran versuchen, eine solche Festung einzunehmen, die übrigens genauso prozedural generiert werden wie die Orks. Doch bis man schließlich dem Hausherren (Overlord) in seinem Thronsaal für den finalen Schlagabtausch gegenübersteht, ist es ein weiter Weg: Bevor die Erstürmung beginnt, verschafft man sich zunächst einen Überblick über die feindlichen Truppen inklusive der Warlords und kümmert sich anschließend um die Zusammenstellung seiner eigenen Armee. Dabei nimmt der Schlachtplan zur Einnahme der Victory Points vor allem durch die Anwendung diverser Perks Formen an: Schickt man z.B. lieber Selbstmord-Attentäter zur Sprengung des Haupttors vor und geht mit dem altbekannten Protagonisten-Duo Talion / Celebrimbor direkt durch die Mitte oder sorgt man lieber für ein Ablenkungsmanöver und erklimmt flott die Mauer, um ins Innere der Festung zu gelangen? Die Beschaffenheit der Befestigungen sind ebenfalls Faktoren, denen man Beachtung
Als Waldläufer Talion kommandiert man die Erstürmung der Festung und teilt auch selbst ordentlich aus.
schenken sollte, denn es macht schon einen Unterschied, ob man eine (brennbare) Holz- oder eine massive Steinwand überwinden muss.

Bei den Kämpfen spürt man erneut gewisse Parallelen zu den Batman-Spielen von Rocksteady, wenn man mit leichten und schweren Schlägen austeilt, Attacken ausweicht oder auf die Konter per Tastendruck lauert. Inmitten der Massenschlachten wirkt das Geschehen allerdings einen Tick chaotischer und damit unübersichtlicher als bei den Prügeleien des Fledermaus-Helden. Allerdings wird die Rollenspiel-Komponente durch das neue Gear-System nach oben geschraubt, denn mittlerweile lassen sich nicht nur die Fähigkeiten des Helden, sondern auch dessen Ausrüstung verbessern. So hinterlassen z.B. manche besiegte Gegner hochwertigere Waffen oder stärkere Rüstungen.

Hilfreiche Unterstützung

Darüber hinaus hat man noch ein paar weitere Asse im Ärmel, die das Überleben auf dem Schlachtfeld etwas einfacher gestalten: So kann man sich z.B. einen Bodyguard zuweisen lassen, der auch auf Zuruf zu Hilfe eilt. Oder man schickt verbündete Truppen „undercover“ zu den Overlords, um diese zu stürzen. Das Versklaven von Gegnern ist ebenfalls wieder möglich – umgekehrt können allerdings auch die eigenen Leute in Gefangenschaft geraten. Darüber hinaus gibt es wandelnde Heilpakete – z.B. in Form von Bogenschützen, mit deren Niedermetzeln man seine Lebensenergie regenerieren kann. Ist die Schlacht gewonnen, darf man nicht nur Umbaumaßnahmen vornehmen, sondern bestimmt auch einen neuen Herrscher aus den eigenen Reihen als neuen Overlord für die jüngst eingenommene Festung – die perfekte Belohnung für treue und kompetente Mitstreiter! Ein Sieg ist aber nur dann langfristig wertvoll, wenn die anschließende Verteidigung des Territoriums gelingt. Denn es besteht immer die Gefahr, dass die Orks zum Gegenangriff blasen und dabei die Festung sogar wieder zurückerobern.

Was wird die offene Welt abseits der Festungen zu bieten haben?
Doch nicht nur in diesem Fall lassen die Gegner gehässige Sprüche vom Stapel. Die kleinen Einspieler und Zwischensequenzen, bei denen man sich einen guten Eindruck von den detaillierten Gesichtern und der ausdrucksstarken Mimik der Widersacher machen kann, stellen wieder ein kleines Highlight dar. So macht sogar Sterben Spaß, wenn man beim anschließenden Neuversuch vom Overlord oder War Chiefs aufgezogen wird. Manchmal bekommt man sogar ein kleines Ständchen geboten, falls man den Truppen eines Barden gegenübertritt – herrlich. Bleibt zu hoffen, dass die prozeduralen Kombinationen auch auf Dauer für Unterhaltung sorgen und sich nicht so schnell wiederholen.

Offene Fragen in offener Welt

Von der offenen Welt gab es im Rahmen der Demo leider noch nicht viel zu sehen. Daher lässt es sich noch nicht abschätzen, ob Monolith motivierende Erkundungsreize schaffen kann oder lieber den einfachen Weg wählt und Mittelerde mit überflüssigem Sammelkram zukleistert. Ein ebenso großes Fragezeichen steht noch hinter der Geschichte: Das Nemesis-System liefert zwar nette kleine Handlungsstränge, doch das große Ganze ist ebenfalls von Bedeutung – insbesondere deshalb, um zu erfahren, wie sich die Handlung rund um die Auseinandersetzung mit Sauron in den Kanon von Der Hobbit und Der Herr der Ringe einfügt.

Ausblick

Bei Mittelerde: Schatten des Krieges machen Monolith und Warner dort weiter, wo man bei Mordors Schatten aufgehört hat: Im Fokus steht erneut das Nemesis-System, das zusammen mit der stärkeren Einbindung von Rollenspiel-Elementen um einige interessante Facetten erweitert wird. Allerdings leidet man bei der Erstürmung von Festungen angesichts der zahlreichen Möglichkeiten fast schon unter einer Qual der Wahl und wird von Perks sowie alternativen Routen oder Optionen regelrecht erschlagen. Allerdings sei gesagt, dass der gespielte Abschnitt bereits mitten im Spiel angesiedelt war und zu Demo-Zwecken viele Fähigkeiten freigeschaltet wurden. Das Gefühl der Massenschlachten wird prima eingefangen und weckt sofort Erinnerungen an die epischen Vorlagen aus den Kinofilmen, garniert mit den lässigen Sprüchen der aufwändig gestalteten Orks und Uruks. Das Kampfsystem mit seiner Anlehnung an die Batman-Titel der Rocksteady Studios fühlt sich ebenfalls gut an, obwohl mir das Gekloppe manchmal etwas zu unübersichtlich und chaotisch erscheint. Zudem bleiben weiter viele Fragen offen, die wir uns schon bei der ersten Vorschau gestellt haben: Wie wird sich die Story entfalten und in den bisherigen Kanon einfügen? Was hat die offene Welt zu bieten? Und wird die prozedurale Generierung von Gegnern und Festungen auf Dauer für genügend Abwechslung sorgen? Bisher hinterlässt Schatten des Krieges angesichts der vielen Möglichkeiten und wuchtigen Inszenierung einen überzeugenden Eindruck, der hoffentlich auch beim Gesamtwerk erhalten bleibt.

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