Mittelerde: Schatten des Krieges23.08.2017, Benjamin Schmädig

Vorschau: Eine bessere offene Welt?

Der Vorgänger war ein perfektes Spiel für zwischendurch: Sein knackiges Kampfsystem, das schnelle Meucheln und die fast komplett als systemisches Fundament durchschaubare Kulisse machten es ideal für kurze Sitzungen – von denen ich dann auch erstaunlich viele dem Herr-der-Ringe-Ableger widmete. Für den Nachfolger hatte ich mir aber schon auch eine lebendige Welt erhofft, die mehr sein würde als eine dreidimensionale Anordnung von vor allem Dutzenden Kleinstaufgaben...

Offen, größer – besser?

Tatsächlich öffnet Entwickler Monolith auf der gamescom erstmals zumindest einen Teil der offenen Welt und ließ uns frei darin spazieren. Das Knifflige daran: Die knappe Zeit mit einer Messedemo reicht nicht aus, um entscheidende Unterschiede festzumachen. Ob der Schauplatz also nicht nur aus nebeneinander angebrachten Missionszielen besteht, sondern sich wie eine lebendige Welt anfühlt (so man in Mordor davon wirklich davon sprechen sollte), wage ich aufgrund des knappen Eindrucks daher nicht zu sagen.

Aufgefallen sind zumindest kleine Änderungen. So beherrscht Talion jetzt einen eleganten Doppelsprung und bewegt sich inzwischen nicht nur dann zügiger fort, wenn man eine Taste drückt, nachdem er über ein Hindernis oder von einer Höhe

Talion bewegt sich schneller durch die noch größere offene Welt als im Vorgänger.

gesprungen ist, sondern auch nach Sätzen an Häuserwänden oder anderen akrobatischen Bewegungen. So überwindet er deutlich schneller Luft- und Höhenlinien.

Wirren der Eroberung

Und er beherrscht natürlich – typisch Fortsetzung – etliche neue Fähigkeiten, sammelt zahlreiche neue Waffen und kann beide vielseitiger individualisieren. Zu jeder Fähigkeit gibt es in Schatten des Krieges etwa drei Spezialisierungen, die er außerdem wechseln darf, falls er über entsprechend Punkte verfügt. Er macht Orks außerdem zu Verbündeten und beschwört Kreaturen, die ihm kurzzeitig zur Seite stehen. Das kommt ihm u.a. beim Erobern feindlicher Festungen zugute, wo es eine von ihm zusammengestellte Armee mit den Truppen Mordors zu tun bekommt. Weil Michael eine dieser Eroberungen schon in unserer E3-Vorschau beschrieben hat, verweise ich an dieser Stelle einfach darauf.

Eine Sache missfällt mir dabei auch in der gamescom-Demo: die Scharmützel sind unangenehm unübersichtlich. Im ersten Teil waren Kamerabewegung, Animationen und Kampfverlauf so gut abgestimmt, dass ich sämtliche Symbole abgeschaltet habe und das Geschehen trotzdem jederzeit überblicken konnte. Doch wenn sich in den oft engen Höfen der neuen Festungen teils doppelt so große Kreaturen tümmeln wie zuletzt, geht diese Übersicht oft verloren. Dadurch wird die zuvor wunderbar präzise Arcade-Action in der aktuellen Demo zu einem mitunter wilden Prügelwahn, in dem zu häufig der Zufall einen Treffer landet – auf beiden Seiten.

Darf dort nicht vorbei!

Immerhin kommt aber nicht nur ein solches Erstürmen hinzu; Talion wird sich auch in Bosskämpfen mit mächtigen einzelnen Gegnern anlegen. Während einer Präsentation zeigte Monolith ein solches Duell, bei dem es der ehemalige Krieger Gondors mit einem Balrog namens Tar Goroth zu tun bekommt. Ganz ohne Hilfe kommt er dabei allerdings nicht aus, denn mit Carnan steht ihm ein der Natur verbundenes Wesen zur Seite, dessen Herkunft und Ziel die Entwickler entweder nicht vollständig erklären konnten oder aus erzählerischen Gründen nicht vorwegnehmen wollten.

Mächtige Bosse sollem ihm dabei häufiger in die Quere kommen, oder vielmehr: er ihnen.

Carnan ist Tar Goroth in Größe und Stärke jedenfalls beinahe ebenbürtig und während sie mit dem Balrog ringt, schießt Talion auf dessen verwundbare Stellen. Später nutzt er seine Helferin wie ein Reittier, während man sie aktiv wie einen Caragor steuert.

Bringen Bosse Leben?

Und genau solche Bosskämpfe sind es, die die Welt dann auch lebendiger machen sollen. Das sagt mir jedenfalls einer der Entwickler, als ich nach der Präsentation danach frage, wie Monolith die rein systemische Umgebung zu einem glaubwürdigen Schauplatz machen will. Es sollen vor allem die kleinen Geschichten sein, die man während der zahlreichen Missionen und Nebenmissionen erlebt. Zu Erzfeinde gewordene Orks, also die wichtigen Figuren des Nemesis-Systems, nehmen in ihren Ansprachen etwa auf Ereignisse der bisherigen Handlung Bezug. Man wird Orks außerdem bei mehr Tätigkeiten beobachten als in Mordors Schatten.

Ausblick

Ob die zusätzlich eingefügten erzählerischen Komponenten aus der spielerisch interessanten, aber kaum glaubwürdigen Kulisse eine lebendige Welt machen? Das lässt sich in der Kürze einer gamescom-Demo kaum daraus ablesen. Natürlich wird die Umgebung mit etlichen Aufgaben gefüllt sein – schierer Umfang ist das kleinste Problem einer Fortsetzung. Und tatsächlich fühlt sich das zweite Mittelerde spielerisch erneut richtig gut an. Zusätzliche Fähigkeiten sowie Fortbewegungsmöglichkeiten machen den neuen Talion zu einem noch agileren Helden und erlauben vor allem Spezialisierungen, mit denen man ihn genauer an spielerische Vorlieben anpassen kann. Dass viele bisher gesehenen Kämpfe aber auch enttäuschend unübersichtlich sind, schadet der schnellen Action. Ich bin zuversichtlich, dass auch der zweite Teil eine lange Zeit meine Pausen füllen wird. Dass er deutlich besser als sein Vorgänger sein kann, müsste er im Test aber erst beweisen.

Einschätzung: gut

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