Mittelerde: Schatten des Krieges21.09.2017, Mathias Oertel
Mittelerde: Schatten des Krieges

Vorschau: Koordiniertes Chaos in Mittelerde

In wenigen Wochen dürfen Spieler wieder mit dem ungewöhnlichen Duo Talion und Clebrimbor in Mittelerde wüten, Sauron das Leben schwer machen und schließlich sogar zu den Geschehnissen aus "Die Gefährten" überleiten. Wir konnten uns davon überzeugen, dass Mittelerde: Schatten des Krieges (ab 4,99€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) mehr zu bieten hat als chaotische Festungseroberungen – mehr dazu in der Vorschau.

Das Chaos regiert in Mittelerde

Als ich zum Schluss des etwa zweistündigen Spielens eine Festung eroberte, konnte ich die Bedenken von Kollege Benjamin nachvollziehen, die er im Rahmen seiner gamescom-Vorschau geäußert hatte: Die Schlachten werden zwar mit ihren dutzenden aufeinander zustürmenden Kriegern auf beiden Seiten pompös sowie filmreif inszeniert, doch die Übersicht kann in diesem Chaos schnell verloren gehen.

Was auch dann zu einem Problem wird, wenn drei, vier oder mehr gegnerische Offiziere sich ins Kampfgeschehen einmischen, man mit viel Geschick und etwas Glück einen davon so weit verletzt, dass man ihn übernehmen bzw. auf seine Seite ziehen könnte – und dann inmitten des Versuches drei stinknormale Soldaten auf einen zustürzen und kurz vor dem vermeintlichen Erfolg mit einem Angriff die Übernahme verhindern. In diesen Momenten war der Frust deutlich größer als im Vorgänger, bei dem die Auseinandersetzungen nur in extremen Ausnahmefällen in einem derartigen Chaos mündeten.

Meine Gefährten, meine Erzfeinde

Uns sind bei dem Ausflug nach Mittelerde nicht nur interessante Reittiere, sondern auch mitunter hektisch-chaotische Kämpfe begegnet.
Andererseits muss ich Monolith zu Gute halten, dass der Schwierigkeitsgrad im Allgemeinen höher zu liegen scheint als noch zu Zeiten von Mordors Schatten. Mit den neu gewonnenen Fähigkeiten, die im übersichtlichen, aber im Vergleich zum Vorgänger ausgebauten Talent-Baumes gewählt werden können, hat man zwar mehr Variationsmöglichkeiten zur Verfügung, um die Missionen zu einem erfolgreichen Ende zu bringen. Und man kann sie immer wieder ändern, um sich auf unerwartete Gegebenheiten einzustellen Doch im gleichen Zug reagieren auch die Gegner und vor allem die weiterhin per Zufall innerhalb des Nemesis-Systems erstellten Offiziere deutlich besser auf die Aktionen von Talion – und das nicht nur im weiterhin sehr zugänglichen sowie sich nach wie vor an Rocksteadys Batman-Serie orientierendem Kampf. Mit noch mehr Parametern und einem Erinnerungsvermögen ausgestattet, dass selbst Elefanten vor Scham erblassen lassen würde, ist es daher umso wichtiger, dass man sich im neu gestalteten Armee-Menü einen Plan zurechtlegt, wie man den Zwischenbossen gefährlich wird – zumal man nun auch tunlichst darauf achten sollte, wie man die einem helfenden Orks oder Trolle einsetzt und wen man in welcher Form belohnt.

Der Kampf gegen einen Balrog bringt einige neue Elemente in das Missionsdesign und wird ansehnlich inszeniert.
Denn wenn man in einer Krisensituation vor dem sicheren Tod von einem seiner eigenen Offiziere gerettet wird und ihn bei der nächsten Beförderungsmöglichkeit ignoriert, kann das schwere Folgen haben. Wenn es glimpflich läuft, wird er einen beim nächsten Todeskampf nicht mehr retten. Doch es kann auch passieren, dass er sich genau in diesem Moment auf die gegnerische Seite schlägt. Es soll sogar vorkommen können, dass  der Übergangene selbst den tödlichen Schlag ansetzt, um sich seinen neuen War Chiefs anbiedern zu können. Doch wie tief, überraschend und abwechslungsreich die Auswirkungen des Nemesis-Systems tatsächlich sind, wird erst die ausgiebige Testphase zeigen.

"Du kannst nicht vorbei" – oder musst zahlen?

Doch es gibt ja auch noch die "normalen" Story- und Nebenmissionen, die sich deutlich stärker an dem orientieren, was man aus dem Vorgänger kennt. Hier kann es zwar auch zu kleineren "Offiziers-Treffen" kommen, wenn man nicht vorher Informationen über die Standorte der gegnerischen Armee einholt. Doch statt Chaos bieten die Kämpfe hier den angenehmen Fluss, der schon Mordors Schatten zu einem kurzweiligen Vergnügen gemacht hat. Die KI zeigt sich hier ebenfalls gegenüber dem ersten Teil optimiert und reagiert besser auf die Angriffe Talions. Allerdings scheinen die Schleich-Meucheleien immer noch leicht übermächtig zu sein. Nicht nur, dass man hintereinander flanierende Scouts einen nach dem anderen ausschalten kann, ohne dass die Kameraden aufmerksam werden. Mit der neuen Stealth-Kette kann man mit etwas Geschick auch größere Gruppen ausschalten, ohne dass man gesehen wird. Im auf dem Event freigegeben Gebiet war ein recht breites Spektrum an Missionstypen verfügbar. Man konnte z.B. Verbündete befreien, in die Vergangenheit von Celebrimbor abtauchen und dort u.a. auf einem Drachen reiten, natürlich die zahlreichen Aufgaben bei der Akquise von Informationen über die gegnerische Ork-Armee abklappern und sogar einen mehrphasigen Kampf gegen einen ausgewachsenen Balrog samt Flammenpeitsche ausfechten.

Der Fähigkeitenbaum ist übersichtlicher gestaltet als im Vorgänger und lässt sich auch nachträglich anpassen, um sich für die anstehende Missions zu wappnen.
Dieser wird sehr ansehnlich inszeniert und sorgt mit seinen abwechslungsreichen Elementen, die u.a. auch Inspiration aus Beat-em-ups ziehen und mit Reaktionstests angereichert werden, für zusätzliche Abwechslung. Es bleibt allerdings weiterhin offen, inwieweit sich die Missionen innerhalb der Geschichte als Stückwerk oder als Teil eines homogegen Ganzen präsentieren. Denn auch auf diesem Event gab es zum Story-Fundament keine weiteren Infos. Auch zu den in den letzten Wochen zu einem heißen Gesprächsthema hochgekochten Beutekisten gab es in der etwa zweistündigen Spielzeit nichts Neues. Natürlich werden wir im Test darauf achten, wie aufdringlich man auf die Pay-to-Shortcut-Option hingewiesen wird und vor allem auch wie langwierig es im Vergleich ist, wenn man alle Inhalte nicht über Echtgeldeinsatz, sondern über aufgewendete Zeit freispielt. Doch abgesehen vom Immersionsfaktor, der nicht nur durch den merkwürdig anmutenden Gedanken von "Orks in Kisten", sondern auch vor allem durch Einblendungen und Hinweise auf diese Abkürzungs-Transaktionen beeinflusst werden könnte, sehe ich zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur geringes Konflikt- und damit die mögliche Wertung beeinflussendes Potenzial.

Ausblick

Wir konnten uns zwar jetzt ausführlicher und umtriebiger in Mittelerde austoben, doch gravierende neue Erkenntnisse konnten wir dabei nicht gewinnen. Ja: Der Kampf gegen einen Balrog macht Spaß und deutet mit seinen auf Reaktionstest und beinahe schon Beat-em-up fokussierten Mechaniken an, dass Monolith gewillt ist, die visuell opulente Welt mit abwechslungsreichen Missionen zu füllen. Doch über den Einstieg und damit die wichtige Story hüllt Warner weiterhin einen Mantel des Schweigens, so dass wir hier erst im Rahmen des Tests Eindrücke gewinnen können. Gleiches gilt für die Beutekisten, die in der Community zu regen sowie kontroversen Diskussionen geführt haben. In der uns im Rahmen der etwa zweistündigen Spielesession zur Verfügung stehenden Mid-/Endgame-Phase waren keinerlei Verweise auf irgendwelche Transaktionen, so dass auch hier erst einmal abgewartet werden muss, wie aufdringlich man auf diese Pay-to-Shortcut-Systeme hingewiesen wird und inwieweit diese Hinweise die Immersion beeinflussen. Dessen ungeachtet bin ich sehr gespannt, wie Monolith das Abenteuer um Celebrimbor und Talion weiterstrickt, welche Auswirkungen und Veränderungen sich langfristig innerhalb des Nemesis-Systems zeigen und wie sie sich auf die Welt auswirken, die einen durchaus lebendigen Eindruck hinterlässt.

Einschätzung: gut

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