Entscheidungen ohne Konsequenzen
Auf Anthem liegen aber auch aufgrund der Rollenspiel-Expertise große Hoffnungen: Kann BioWare bei der Story dort auftrumpfen, wo Destiny so massiv enttäuscht hat? Nach unseren Eindrücken aus dem Einstieg und Endgame sieht es leider nicht danach aus. Die Gespräche mit den Bewohnern von Fort Tarsis sind bisher vor allem durch belangloses Blabla geprägt, in denen die mageren Dialogoptionen fast schon überflüssig wirken, weil sie für die Handlung ohnehin nicht relevant erscheinen. Weist man das Angebot eines Shop-Besitzers z.B. unfreundlich ab, wird man kurze Zeit später wieder mit offenen Armen empfangen und bekommt lediglich ein „Ich hab doch gesagt, dass du zurückkommen wirst“ zu hören. Wer hofft, dass bei Anthem die Rollenspiel-DNA von BioWare aufblitzt, kann nur enttäuscht werden! War man beim Einstieg von Mass Effekt noch fasziniert von dem Universum, den Schauplätzen, Charakteren und ihren Beziehungen zueinander, schafft es Anthem bisher nicht, eine Neugier für die Handlung zu wecken, die hier eher den Eindruck eines aufgesetzten Beiwerks anstatt die Lust auf eine epische Geschichte vermittelt.
Im Gegensatz zu Destiny handelt es sich bei Fort Tarsis nicht um einen Social Hub. Man kann also lediglich mit NPCs, nicht aber anderen Spielern interagieren. Mittlerweile will BioWare aber dem Wunsch vieler Spieler nachkommen und auch in Anthem einen vergleichbaren Ort anbieten, an dem sich Spieler zusammenfinden können. Bisher kann man aber ausschließlich gemeinsam im Koop-Modus losziehen – Versus-Gefechte im Stil von Destinys Schmelztiegel (Crucible) gibt es hier (noch) nicht.
Lieber gemeinsam als alleine
„Alleine stark, zusammen stärker“ - getreu dem ausgegebenen Motto während der Entwickler-Präsentation ist es tatsächlich eine gute Idee, sich zusammen mit Freunden oder anderen Spielern den Herausforderungen zu stellen. Zwar lassen sich die meisten Missionen auch im Alleingang bestreiten, doch lässt sich bereits absehen, dass Anthem hier ähnlich schnell die Luft ausgehen dürfte wie Destiny. Daher sind nicht nur die beinharten Strongholds als Gegenstück zu Strikes und Raids voll auf
Auch im Nahkampf sind die Javelins schlagfertig.
Koop-Action für bis zu vier Spieler ausgelegt, sondern auch die normalen Aufträge profitieren spürbar vom gemeinsamen Vorgehen als Verbund.
Denn erst im Team kommen die unterschiedlichen Eigenschaften der vier Javelins und das strategische Zusammenspiel voll zur Geltung. So ist das Ranger-Modell z.B. der Allrounder, der mit einem regenerativen Schutzschild sowie mittelstarker Bewaffnung einem guten Kompromiss aus Offensive und Defensive darstellt. Der Colossus fungiert mit seiner mächtigen Hülle und durchschlagenden Wummen als Tank, doch mangelt es dem Schwergewicht an der famosen Agilität, die den nur leicht gepanzerten und auf Nahkampf spezialisierten Interceptor auszeichnet. Schön zu sehen, wie unterschiedlich sich die Javelin-Typen anfühlen.
Auf der Suche nach Echos und Abwechslung
Neben der Action, die mitunter auch konkrete Mini-Aufträge wie die Zerstörung von Geschützstellungen beinhaltet, will BioWare den Spielverlauf mit kleinen Such-Einlagen aufpeppen. Die so genannten Echoes spürt man mit einem System auf, das Spielern von Dragon Age: Inquisition bekannt sein dürfte: Genau wie dort folgt man auch hier einem kleinen Richtungs-
Die Jetpack passen perfekt zu den vertikal ausgerichteten Schauplätzen.
Icon, das stärker ausschlägt, sobald man sich den Echos nähert, die meist zum Öffnen von Toren gebraucht werden.
Leider nutzt sich das Spielelement auf Dauer ähnlich ab wie die überschaubare Anzahl an Gegnertypen. Auf den ersten Blick ist die Mischung aus insektoiden Feinden wie XL-Skorpionen oder den allgegenwärtigen Scars vom Kanonenfutter bis zum gut gepanzerten Enforcer durchaus gelungen, zumal sich auch mächtige Maschinen oder Alien-Kreaturen als Hindernisse dazu gesellen. Beim Hineinschnuppern in die Endgame-Inhalte mussten wir allerdings ernüchtert feststellen, dass man überwiegend nur mit Massen an stärkeren Elite-Varianten von Gegnern konfrontiert wird, denen man bereits in den ersten Missionen begegnet ist. Hoffentlich hat das fertige Spiel diesbezüglich mehr zu bieten oder wird im Rahmen der Games-as-a-Service-Pläne noch entsprechend ausgebaut.