The Crew 216.05.2018, Mathias Oertel
The Crew 2

Vorschau: Arcade-Fahrspaß in den USA

The Crew startete im Dezember 2014 mit großen Ambitionen. Eine Ubisoft-typische offene Welt, dazu eine ordentliche Arcade-Fahrphysik, ein für ein Rennspiel eher ungewöhnliches RPG-System und eine passable Story standen allerdings technischen Macken sowie einem Beutekisten-System gegenüber. Mit Erweiterungen und kostenlosen Patches wurden dann einige Probleme behoben. Mit dieser Erfahrung im Gepäck soll The Crew 2 (ab 10,99€ bei kaufen) Ende Juni durchstarten. Wir haben in Berlin für die Vorschau eine fast fertige Version gespielt.

Die USA als Abenteuerspielplatz für PS-Fanatiker

Während sich inhaltlich einiges verändert hat und man in The Crew 2 u.a. auch mit Flugzeugen oder Booten unterwegs ist, bleibt sich der Arcade-Racer in einem wichtigen Punkt treu und zeigt sich als offener PS-Spielplatz. Warum sollte man das Grundkonzept nach einem erfolgreichen Vorgänger mit mehr als 13 Millionen Spielern, mehr als 20 Updates und zwei kostenpflichtigen Erweiterungen auch auf den Kopf stellen? Man ist erneut in den gesamten USA unterwegs, wobei sowohl die Städte als auch die Landstriche auf das Wesentliche komprimiert wurden. Dennoch kann man weiterhin in einem Rutsch von der Ost- zur Westküste fahren, von der kanadischen bis zur mexikanischen Grenze reisen oder seine Fahrzeuge in Großstädten wie Los Angeles, New York, Detroit oder Miami präsentieren.

Die gesamten USA (wenngleich in komprimierter Form) stehen als Spielplatz für PS-Kapriolen zur Verfügung.

Doch bevor man sich in den Vereinigten Staaten vergnügt, sollte man im Rahmen des angebotenen Tutorials die verschiedenen Gruppierungen kennenlernen und sich mit ihren Herausforderungen beschäftigen, damit man seine erste fahrbaren Untersätze bekommt. Unter anderem warten Straßen-Racer, Drifter und Tuner, Offroad-Fanatiker oder Adrenalin-Junkies, die vorrangig mit Schnellbooten oder Flugzeugen unterwegs sind. Vier Fraktionen gibt es, die allesamt ihre eigenen Wettbewerbe und Belohnungen mit sich bringen, aber in keinerlei Konkurrenz zueinander stehen. Wer Angst hat, dass man sich irgendwann für entscheiden muss und dann keinen Zugriff mehr auf die anderen Aufgaben hat, kann sich beruhigt zurücklehnen. In The Crew 2 ist Spaß und die Freiheit des Spielers von höchster Wichtigkeit und bekommt von Ivory Tower auch keine Steine in den Weg gelegt. Das heißt aber nicht, dass man sich zurücklehnen kann und keine Anstrengungen unternehmen muss, um sich hochzuarbeiten.

Wie es euch gefällt

Sehr schön: Es gibt nicht nur dynamisches Wetter, sondern komplett modellierte Cockpits für alle Fahrzeuge.

Um sich die Gunst der Teams zu sichern, sollte man vorrangig an den vorhandenen Wettbewerben teilnehmen, die auf der übersichtlichen sowie beeindruckend stufenlos zoombaren Karte markiert und nach mehreren Filtern sortiert werden können. Bei Erfolg sowie bei besonderen Fahr-Aktionen werden die Fans in den sozialen Medien gesteigert. Je mehr Fans (quasi die Reputationswährung) man hat, desto höher steigt man im Rang und hat entsprechend neue Wettbewerbe zur Verfügung bzw. Zugang zu neuen Fahrzeugen oder Tuning-Teilen. Auf eine zusammenhängende Story wie die Rache-Mär des Vorgängers wird hier komplett verzichtet. An Schlüsselstellen gibt es zwar  recht ansehnliche Einspieler als Belohnung, die auch die wichtigsten Fraktions-Mitglieder vorstellen. Doch hier steht die zwanglose Unterhaltung sowie der Fahrspaß im Vordergrund. Und der stellt sich allerspätestens in dem Moment ein, an dem man nicht nur durch Aufforderung im Spiel (zur Vorstellung der Mechanik), sondern auf eigenen Wunsch nicht nur das Fahrzeug, sondern die Vehikel-Gattung ad hoc wechselt.  

Der Fuhrpark ist abwechslungsreich: Man ist auch mit Motocross-Bikes unterwegs.

Sitzt man in einem Moment noch in einem von zahlreichen lizenzierten sowie natürlich vor Pferdestärken strotzenden Sportwagen und jagt über den Highway, kann man über ein simples Auswahlmenü in einen Flieger umsteigen oder ein Schnellboot unter dem virtuellen Hintern materialisieren – was natürlich nur Sinn ergibt, wenn man Wasser mit entsprechendem Tiefgang unter sich hat. Doch wenn man es richtig macht, kommt durch diese im Rennspiel vollkommen frische Wechselmöglichkeit eine enorme Dynamik in die Welt von The Crew 2, die selbstverständlich auch in besonderen Wettbewerben genutzt wird. Bei mir hat es in den ersten Stunden zudem seinen Anteil daran gehabt, dass ich eher selten von der komfortablen Teleportfunktion zum ausgesuchten Wettbewerb Gebrauch machte. Stattdessen habe ich per Hybridreise die Umgebung kennengelernt und so ganz nebenbei auch noch den einen oder anderen Mini-Wettbewerb wie das möglichst schnelle Umkurven von Slalomstangen mitgenommen. Dass man sich natürlich auch ganz andere Ziele setzen kann, wie z.B. das Landen eines Bootes auf einem Hochhaus, versteht sich von selbst.

Purer Arcade-Fahrspaß – bis aufs Driften

The Crew 2 gibt dem Spieler die Freiheit, das zu machen, was er möchte. Wer einfach nur Arcade-Rennen an Arcade-Rennen hängen möchte, kann dies ebenso tun wie der "Forscher", der einfach nur die Landschaft erkunden möchte. Allerdings haben wir in den ersten Stunden noch keine echten Indizien dafür gefunden, dass die Erkundungsfahrer besonders belohnt werden. Man kann zwar "spontane" Herausforderungen gegen Zeiten/Leistungen anderere Spieler erleben und von Zeit zu Zeit über ein beim Näherkommen immer intensiveres "Bing" auf besondere Tuningteile stoßen, die man sich einverleibt. Doch die Frequenz schien unverändert, egal ob man dauernd am teleportieren ist oder frei herumfährt. Apropos Tuning: Auch hier zeigt man sich als konsequente Fortsetzung. Nach erfolgreichen Rennen warten Symbole als Belohnung, die jeweils für ein Tuning-Teil stehen. Das wiederum kann nach dem Einsammeln dazu genutzt werden, um sein Vehikel aufzumotzen. Das wird spätestens bei späteren Wettbewerben nötig, wenn die mitunter aggressiv fahrende Konkurrenz nominell stärkere Karossen hat. Über die Tuningteile können diese Defizite größtenteils ausgeglichen werden. Und im Zweifelsfall hilft fahrerisches Können. Das wird übrigens durch die in den meisten Punkt komplett auf den Punkt gebrachte Arcade-Fahrphysik gefördert und gefordert.

Die Fahrphysik hinterlässt über weite Strecken einen richtig guten Eindruck. Das Driften ist allerdings noch eine Ausnahme, die überarbeitet werden sollte.

Selbst bei hohen Geschwindigkeiten, die schon in der spielbaren Version auf Xbox One X keinen Grund zur Engine-Klage hinterließen, kann man ohne allzu große Bedenken auf Spitzkehren zurasen, findet nahezu intuitiv den richtigen Bremspunkt und schafft es mit etwas Übung, die Karre elegant hindurch zu schlängeln. Gelingt es einem dabei gleichzeitig, sich an gegnerischen Fahrern vorbei zu mogeln, ist die Freude umso größer. Auch in der Luft und zu Wasser geben die zugrunde liegenden Physikmodelle keinen Grund zur Klage. Bemerkenswert dabei: Mit den Booten wirkt sich der Wellengang bei Ausflügen in den Ozeanen an der Ost- und Westküste spürbar aus und weckt damit Erinnerungen an Wave Race auf dem N64, während in der Luft auch fortgeschrittene Manöver wie ein Überkopf-Flug in Bodennähe kein allzu großes Problem darstellen. Womit ich aber partout nicht warm werde, ist das Fahrverhalten in den Drift-Wettbewerben: Viel zu empfindlich und selbst im Rahmen des Arcade-Ansatzes hochgradig unrealistisch, benötigt man viel Übung, um die schon beim geringsten Anlass ausbrechende Karre unter Kontrolle zu halten und zu Höchstpunktzahlen zu zwingen. Hier war der bislang letzte Need-for-Speed-Ausflug deutlich angenehmer zu kontrollieren – einer der wenigen Bereiche, in denen The Crew 2 bislang hinter der offenen Welt von Ghost Games zurückstecken muss und der für den Release oder zumindest einen Patch danach angefasst werden sollte.

Besser als Forza Horizon?

In einem kleinen unscheinbaren Menü kann man einen Fahrzeugwechsel initiieren...

Nachdem der Vorgänger in der Startphase unter einer spröden Technik litt, hat Ivory Tower für The Crew 2 viel Arbeit in die Engine gesteckt. Unter dem Strich scheint sie zwar nicht mit dem mithalten zu können, was Playground Games aus Forza Horizon hinsichtlich des Detailgrades herausholt. Doch sowohl die unterschiedlichen Landstriche Amerikas werden ebenso überzeugend und glaubwürdig abgebildet wie die Stadtstrukturen von Los Angeles, New Orleans oder Miami – hier hat man übrigens auch seinen Stützpunkt, an dem man u.a. seinen Avatar gestalten kann, der einen in der Spielwelt am Lenkrad vertritt und in dem man seinen Fuhrpark präsentiert bzw. umgestaltet. Sehr schön auch, dass es für alle Fahrzeuge eine schnieke Cockpit-Ansicht gibt. Boote, Flugzeuge (leider wird der Steuerknüppel bei Bewegungen in dieser Version noch nicht animiert), Offroader, ATVs, Motocross-Maschinen: Ausnahmslos alles lässt sich auch in dieser intensiven Kameraperspektive fahren. Doch selbstverständlich kann die Kamera man auch hinter dem Fahrzeug, auf der Stoßstange oder der Motorhaube platzieren.

... der in Sekundenbruchteilen umgesetzt wird. Die daraus entstehende Dynamik sowie die damit angebotenen Möglichkeiten heben The Crew 2 von anderen Arcade-Racern ab.

Ebenfalls sehr angenehm: Schließt man sich zu einer Crew zusammen, um gemeinsam die Rennen anzugehen und die USA unsicher zu machen, wirkt der Netzcode gegenwärtig schon recht potent. Unter den (natürlich eingeschränkten) Vorschau-Bedingungen zumindest gab es keine Probleme mit Lags. Da zudem der Vorgänger in dieser Hinsicht nach anfänglichen, schnell ausgeräumten Schwierigkeiten keinerlei Probleme mehr zeigte, bin ich zuversichtlich, dass man für die Team-Fahrer eine stabile Umgebung zur Verfügung stellt. Weniger angenehm: Ausgehend von einigen Menüpunkten scheinen Ubisoft und Ivory Tower an den Crew Credits festzuhalten, die neben den Social-Media-Fans und dem Spielgeld als dritte Währung integriert werden und im Vorgänger für Echtgeld in den Stores zu kaufen waren. Während der etwa vier Stunden mit diesem Build wurde zwar ausreichend Preisgeld aufs Konto überwiesen – zumindest hatte ich nicht das Gefühl, das Grind nötig war. Doch abhängig von dem Kurs von Crew Credits zu Echtgeld sowie den hoffentlich regulierten Fortschritten beim Kauf neuer Karossen besteht die Gefahr, dass man sich erhebliche Karrieren-Verkürzer gegen Echtgeld-Einsatz kaufen kann. Doch das ist derzeit noch alles hypothetisch – im Test werden wir natürlich genauer darauf eingehen.

Ausblick

Konnte The Crew erst nach einigen inhaltlichen und vor allem technischen Patches (Stichwort: Engine) seinen ganzen Reiz entfalten, stehen die Chancen für den Nachfolger deutlich besser, gleich von der Startlinie weg eine große Rolle im Arcade-Racer spielen zu können. Die Idee, Flugzeuge, Boote und "normale" Fahrzeuge nicht nur in Rennen einsetzen zu müssen, sondern nahezu jederzeit spontan zwischen ihnen wechseln zu können, ist einfach nur cool – sowohl konzeptionell als auch in der Umsetzung. Dadurch gewinnt das Rennspiel nicht nur eine zusätzliche Dynamik, sondern auch ein Überraschungsmoment, das dem PS-Ausflug in die komplett offenen (wenngleich angenehm komprimierten) USA gut zu Gesicht steht.  Natürlich besteht die Gefahr, dass sich diese Mechanik irgendwann totläuft. Doch wenn die Karriere mit abwechslungsreichen Missionen bzw. Rennen sowie dem einen oder anderen in der Spielwelt versteckten Gimmick punkten kann, dürften hier zahlreiche unterhaltsame Stunden warten. Insbesondere, wenn man der noch etwas aus dem Rahmen fallenden Driftmechanik eine Änderung verpasst. Während die Physik in allen anderen Bereichen mit ihrem Arcade-Ansatz überzeugt und einen die Unterschiede der verschiedenen Fahrzeuge samt Auswirkungen von Tuning-Optionen spüren lässt, ohne an  Kontrolle einzubüßen, schlingern die Drifter wie ein Stück Seife über den Asphalt. Zusätzlich besteht freilich die Gefahr, dass die Crew Coins als dritte (und einzige für Echtgeld erwerbbare) Währung empfindlich Karrierefortschritt oder kompetitive Rennen gegen menschliche Fahrer stören. Doch zu diesem Punkt und weiteren offenen Fragen wie z.B. der finalen Technik werden wir im Test Ende Juni Antworten finden.

Einschätzung: gut

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