F1 201818.07.2018, Michael Krosta

Vorschau: Formel Media

Zuletzt demonstrierte Codemasters mit F1 2017 eindrucksvoll, wie man selbst jährlich erscheinende Fortsetzungen stetig und spürbar weiterentwickeln kann. Am Ende gab es sogar unsere Auszeichnung zum Rennspiel des Jahres. Im August geht F1 2018 (ab 36,90€ bei kaufen) an den Start: Wir haben bereits erste Proberunden gedreht und verraten in der Vorschau, ob das Team mit seinem neuen Creative Director nochmal eine Schippe drauflegen kann...

Eine starke Basis

Auf jeden Fall kann man auf eine sehr gute Basis aufbauen: Wie gewohnt finden sich dank der offiziellen Lizenz wieder alle Fahrer, Teams und Strecken der aktuellen Saison im Aufgebot, wobei die Rückkehr des Hockenheimrings und die Wiederaufnahme des traditionellen Gran Prix von Frankreich auf dem Circuit Paul Ricard nicht nur heimische Fans erfreuen dürfte. Auf den Abstecher nach Malaysia muss man im Gegenzug zwar verzichten, bekommt mit den 21 offiziellen Strecken der Saison aber immer noch genug zu tun, zumal für manche Pisten wie Suzuka auch wieder alternative Kurzvarianten oder zusätzliche Rennen bei Nacht wie in Monaco angeboten werden.

An der Auswahl der Spielmodi ändert sich nicht viel: Vom einfachen Grand Prix über Zeitfahren und Herausforderungen bis hin zu Meisterschaften wird wieder das übliche Programm aufgefahren. Im Zentrum steht erneut die vorbildliche Karriere, in

In F1 2018 muss man sich wieder den kritischen Fragen der Reporter in Interviews stellen.
der man nicht nur hinter dem Steuer sitzt und beim Austüfteln des richtigen Setups als Mechaniker tätig ist, sondern mit Testfahrten und strategischen Entscheidungen die Fahrzeugentwicklung mit über 120 möglichen Upgrades voran treibt.

Showman oder Sportsmann?

Zwar konnte die Forschungs- und Entwicklungsabteilung bereits im Vorgänger ins Stocken geraten, doch für F1 2018 hat sich Codemasters eine Menge einfallen lassen, um der Karriere zusätzlichen Pepp zu verleihen. Zum einen feiern die Interviews ein Comeback, in denen man die Fragen der Reporterin unter Zeitdruck beantworten muss. War das Feature bei F1 2010 eigentlich nur ein recht sinnloses Gimmick, sollen sich die Antworten hier spürbar auf den Spielverlauf und die einzelnen Abteilungen innerhalb des Teams auswirken. Kritisiert man z.B. öffentlich und abfällig die Motoren-Entwicklung, wie es z.B. Fernando Alonso in der Vergangenheit gerne getan hat, kommt das nicht unbedingt gut an. Auch das bewusste Sticheln gegen andere Fahrer kann zur Folge haben, dass sie im nächsten Rennen vielleicht ähnlich rücksichtslos vorgehen wie ein Max Verstappen. Generell hat man die Wahl, ob man sich in der Öffentlichkeit eher als Showman à la Lewis Hamilton oder eher als Sportsmann inszenieren möchte. Dabei zeigt eine Leiste an, in welche Richtung die Persönlichkeit eher ausschlägt.

Dank DRS, ERS und taktischen Optionen bei der Motorleistung sollen wieder spannende Überholmanöver garantiert werden.
Zudem hält das in der Vergangenheit schon häufiger praktizierte Regelwerk-Hickhack der Formel Eins jetzt auch Einzug ins Spiel. Konkret bedeutet das: Es kann passieren, dass die FIA innerhalb der Karriere beschließt, bestimmte Komponenten zu verbieten, wenn sie in Verdacht stehen, dem Team einen unfairen Vorteil zu verschaffen. Solche Aktionen können Planungen bei der Fahrzeugentwicklung schon mal komplett über den Haufen werfen. Auch hier üben die Interviews einen gewissen Einfluss aus, wobei nicht nur die eigenen Statements, sondern auch die der anderen Fahrer und deren Teamchefs berücksichtigt werden. Zudem soll man auch eigene Teammitglieder gezielt darauf ansetzen können, Entwicklungen der Konkurrenz im Auge zu behalten und sie zu kritisieren. Mir gefällt die Rückkehr der Frage-Antwort-Spielchen vor allem deshalb, weil sie jetzt viel besser in den Spielverlauf eingebunden werden. Weniger angetan bin ich dagegen von der schwachen Inszenierung und habe außerdem die Befürchtung, dass sich die Themen so schnell wiederholen könnten wie die Sprüche der Kommentatoren. Ähnlich schwach wirken die Siegerehrungen, in denen die Piloten mit ihren versteinerten Mienen eher den Eindruck erwecken, als wären sie gerade nach einem Unfall ausgeschieden. Das geht besser!

Tolles Fahrgefühl

Obwohl das Mindestgewicht der Boliden in der laufenden Saison leicht erhöht wurde und Codemasters die Fahrphysik mit Verweis auf reale Daten hinsichtlich Chassis, Fahrwerk, ERS (manuelle Aktivierung) und Reifentemperaturen verbessert haben will, fühlt sich das Rasen nach den ersten Testfahrten sehr vertraut an, wenn man den Vorgänger kennt. Wie gewohnt hat man dabei eine große Auswahl, den Anspruch durch diverse Fahrhilfen anzupassen und kann Unfälle durch die optionale Rückspulfunktion weiterhin rückgängig machen.

Eine zentrale Neuerung des neuen FIA-Reglements wird selbstverständlich ebenfalls berücksichtigt: Ab sofort sind die Flitzer mit dem hässlichen Halo-System ausgestattet, der den Piloten im Cockpit zusätzlich schützen soll. Ausgenommen davon sind logischerweise die klassischen F1-Boliden, deren Anzahl auf 20 Modelle hoch geschraubt wurde. Während sich die realen Piloten bereits mit dem Schutz arrangiert haben und sich über keine Beeinträchtigungen bei der Sicht beschweren, ging es mir beim Fahren in der Cockpitperspektive leider anders: Vor allem die Mittelstrebe störte mich massiv und ich fühlte mich spürbar unwohl, weil ich nicht mehr alles vor mir im Blick hatte. Dessen ist man sich auch bei Codemasters bewusst und wird

Die Auswahl an klassischen (und Halo-freien) Boliden wird erweitert.
es daher erlauben, die zentrale Sektion des Halo-Systems optional zu entfernen. Das mag nicht realistisch sein, dürfte das Fahren in der Cockpitansicht aber deutlich angenehmer gestalten – gut so!            

Mehr Technik-PS

Darüber hinaus verpasst man nicht nur der Karriere mit neu gestalteten Räumlichkeiten eine Frischzellenkur, sondern will auch die ohnehin schon beeindruckende Technik der hauseigenen Ego-Engine noch weiter aufbohren. Die Kult-Strecke in Monaco bekommt z.B. eine Generalüberholung und auch hinsichtlich der Partikeleffekte, der Darstellung von Nebel, Himmel und aufgewirbeltem Staub will man zulegen. Da schon F1 2017 eine prächtige Figur gemacht hat, muss man aber schon ganz genau hinschauen oder einen Direktvergleich mit dem Vorgänger anstellen, um die Fortschritte festzustellen.

Am ehesten fallen Fortschritte bei der Performance auf: Zwar gibt es in der Box beim Umschauen oder während der Start-Vorbereitungen weiterhin ein deutliches Tearing zu sehen, doch auf der Strecke ist mir bei konstant hohen Bildraten bisher noch nichts in dieser Richtung aufgefallen. Dabei sei allerdings angemerkt, dass wir das Spiel zwar auf einer PS4 Pro, aber nur an einem 1080p-Fernseher ausprobiert haben.

Ausblick

Die ganz große Steigerung wird es bei F1 2018 im Vergleich zum letzten Jahr wohl nicht geben. Dafür ist das neue Paket dem Vorgänger dann doch zu ähnlich, was Umfang, Fahrgefühl und die Struktur der Karriere angeht. Trotzdem hat das offizielle Spiel zur populären Rennserie das Zeug, den Motorsport und dessen Faszination einmal mehr sehr gut einzufangen. Ich bin schon gespannt darauf, wie viel Einfluss die Interviews und spontanen Regeländerungen letztlich auf die Karriere haben werden. Allerdings würde ich mir diesbezüglich und auch bei den Siegerehrungen noch eine ansprechendere Inszenierung wünschen, die aktuell noch zu lieblos wirkt. Am tollen Fahrgefühl gibt es dagegen kaum etwas zu meckern: Es fühlt sich einfach klasse an, hinter dem Steuer dieser leichtgewichtigen Kraftpakete zu sitzen! Froh bin ich, dass man die Sichtbeeinträchtigungen im Cockpit durch das Halo-System auf Wunsch entschärfen darf. Ein großes Fragezeichen steht dagegen noch hinter dem Mehrspieler-Modus, bei dem man mit einem Rangsystem im Stil von GT Sport den fairen Umgang miteinander fördern und gleichzeitig auch das Matchmaking verbessern will. Gerade Fortschritte in diesem Bereich könnten dafür sorgen, dass F1 2018 erneut aufs Goldpodest rast.

Einschätzung: sehr gut / Fit4Hit  

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